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Molkenbuhr bezeichnet in einer sehr eindrucksvollen Rede die Resolution nicht <i l S Endziel, sondern als Weg zur sozialistischen Gesellschaft. Deutschland habe schon vor dem Kriege staatliche Eisenbahn und Post gehabt, die man mehr als sozialisierte Betriebe bezeichnen könnte, als die des bolschewistischen Rußland. Eine kleine kommunistische Gruppe auf der Tribüne unterbricht die Rede Molkenbuhrs mit Hochrufen auf Lenin und die dritte Internationale, was bei den Delegierten und den anderen Zuhörern nur Heiterkeit auslöst. Molkenbuhr fährt fort, daß er seine Zahlen über Sowjetruß- land nur den Organen der Sowjetregierung selbst entnehme. Da- nach habe Rußland jetzt 2000 industrielle Betriebe mit 1 Million Arbeitern, wahrend es früher II Millionen industrielle Arbeiter gab. Wo sind die 10 Millionen Arbeiter ge- blieben? Wo die Sozialisierung wirklich praktisch begonnen wird, zeigen sich überall deutliche Hindernisse. Deutschland ist ein Beweis dafür. Die Verhältnisse in jedem Lande sind verschieden. Die Resolution ist als Anfang, nicht als Endziel einheitlicher Grundsätze zu begrüßen. Huysmans wendet sich gegen die kommunistischen Störenfriede. Er sagt, der Kongreß gab die Tribünen allen Besuchern frei. Aber gewisse Besucher gaben den Kongreß nicht frei, sondern eine kleine Minderheit hat sich durch Geheul blamiert. Es wird nunmehr Kartenkontrolle not- wendig sein. Die Äommupisten zogen nach dieser Rede Huys- mans ab. Im Plenum wurde Mittwoch nachniittag nach dem Bericht des Belgiers Lafontaine die Völkerbundresolution e i n st i m m i g angenommen mit dem Zusätze, daß ausdrücklich die sofortige Zulassung der Mittelmächt« in den Völkerbund gefordert wird. Frau S n o w d e n(England) erstattet hierauf den Bericht über. die Hilfsaktion gegen die Unterernährung in Mitteleuropa . Huysmans referierte über den Aufruf der ö st e r r e i ch i s ch e n Partei in der Wiener Arbeiterzeitung" an das internationale Proletariat gegen die Ausbreitustgsversuche der ungarischen Reaktion nach Oesterreich . .* Die Internationale gegen Ungarn . Genf , 4. August. (Eigener Drahtbericht desVorwärts''.) Der Kongreß beschloß folgende Resolution über Oesterreich und Ungarn : Ter Kongreß protestier� energisch gegen die Verbrechers. schen Umtriebe der ungarischen Reaktion, die nicht nur einen weißen Schrecken ooganisiert, alle Freiheiten unterdrückt und das Leben Tausender von Arbeitern gekostet hat, sondern in diesem Augenblick buch die Unabhängigkeit und selbst die Existenz der österreichischen Republik bedroht. Ter Kvngreß ruft die Ententemächte auf, die Oesterreich kraft des "riedcnsschlusses eine Politik der Entwaffnung aufgezwungen haben und beschwört sie, Ungarn gleichfalls die im Friedensvertrage vorgesehene Entwaffnung aufzuer- legen. Nichtintervention würde bedeuten, daß die Ententemächte der ungarischen Reaklion gestatteü, einen Stützpunkt für die Rück- kehr der Habsburg -Monarchie zu errichten und daß sie sich damit zu Mitschuldigen der Vernichtung der oesterreichi. ' Yen Republik machten, die eine Sicherung des europäischen Frie- dcns darstellt. * Der Sergarbelterkongreß. Lebensverhältnisse und Arbeitszeit. Genf , 4. August. (WTB.) D»r Internationale Berg- arbciterkongreß hat hente vormittags die Aussprach« über L b e n s v er h ä l t n i ss e und Arbeitsbedingungen der Bergarbeiter in den verschiedenen Ländern fortgesetzt. Dabei Uagte der slowenische Delegierte Tobak darüber, daß die Bel- grader Regierung anscheinend beabsichtige, die Arbeitszeit zu ver- I ä n g e r n und gleichzeitig die Löhne abzubauen. Man habe die Bergarbeiter sogar schon aufgefordert, von sich aus dir Löhne herabzusetzen. Demgegenüber wies der belgische Delegierte

Tolstoi über öie Schuld am Krieg. Bon Paul Gutmann. Als die Völker Europas noch in schöner Eintracht, in Waffen starrend, dahinlebten, als in unzähligen Reden und Trinksprüchen Per Friede gepriesen wurde, lebte in der Einsamkeit seines russischen Landguts ein Mann, der den Völkern zurief:»Ihr lügt. Eure Friedensliebe ist Mordlust". Dieser Mann war Tolstoi . Heut, wo die völlig sekundäre Frage, wer 1014 den Anlaß zum Ausbruch der Feindseligleiten gegeben habe, selbst unter Sozialisten noch zu Auseinandersetzungen führt, beut ist es nicht unwichtig, auf dos Zeugnis jenes großen Russen hinzuweisen, der 20 Jahre vor Ausbruch des Weltkrieges seine Landsleute vor ihm gewarnt bat. Die französisch- russischen Verbrüderungsfeierlichkeiten�, so schrieb er damals in der Vorrede zuChristentum und Vaterlands- liebe",welche im Oktober des letzten Jahres in Frankreich statt- fanden, haben auf mich und wahrscheinlich auch auf viele andere Menschen zuerst einen komischen Eindruck gemacht, dann aber Ver- wunderung und endlich ein Gefühl der Emrüstung hervorgerufen". Er schildert die Revue in Kronstadt und den Gegenbesuch des russischen Geschwaders in Toulon im Jahre 1803 mit ihren Ueber- ichwänglichkeiten. ihren Trinkorgien, der hysterischen Selbstvergessen« heit der Französinnen, die sich in einem Fall bis zum Selbstmord steigerte. den Verbrüderungsszenen auf der Straße und den stitistischen Exzesten einer vor Patriotismus irrsinnig gewordenen Presse. Unter dem Donner der Kanonen war von nichts anderem die Rede als von der gegenseitigen Liebe im Diekiste des Friedens- Das ist ganz ebenso", bemerkt Tolstoi ,als ob ein Mensch beim Eintritt in eine friedliche Gesellschaft immer wieder allen Anwesenden eifrig versichern würde, er habe durchaus nicht die Absicht, irgend- jemand die Zähne einzuschlagen, oder die Knochen zu zer- breche», oder die Augen auszuschlagen, er wolle nur den Abend friedlich verbringen." So aber machten eS Russen und Fran­zosen in Toulon , die einander unter Umarmungen und Küssen öffenilich ihre Friedensliebe versicherten, während sie im geheimen dachten:Nieder mit Deutschland !" Die Frage, wer der Schuldige sei, ob derjenige, der die Erde mit Minen bedeckt, oder der Dumme, der eine davon zuerst ent- zündet hat, ist daher ebenso müßig, wie die Frage, was früher da- gewesen sei, daS Ei oder die Henne. Solange wir nur Handlungen verurteilen und nicht die ihnen zugrunde liegende Gesinnung. werden wir nie zu einer ethischen Bewertung d�S Lebens ge­langen. Die Frage nach der Schuld, an der doch alle teilhaben, ist daher entweder elende Heuchelei oder zeugt von einem rück- ständigen Denken. Tolstoi steht als der große Elhiker, der er ist, hoch über einer so kleinlicheu Auffassung der Dinge. Er steht die

D e l c o t t e auf die Lage der belgischen Bergarbeiter hin, die sich bedeutend verbessert habe. P a y e r(Ungarn ) sprach über die Kohlenversorgung seines Landes und betonte, daß die Bergwerke mit ihren 000 Arbeitern den Kohlenbcdarf ihres eigenen Landes bei weitem nicht decken könnten. Sodann forderte Payer zu tatkräftigem Auftreten gegen den weißen Terror in Ungarn auf. Die Arbeiter, die wohl in großer Mehrheit gegen die Rntediktatur gewesen seien, befänden sich jetzt zu H u n t c r t t a u s e n d e n in I n t c r n i e r u n g s l a g e r n und Gefängnissen. Bon demokratischem System, von Presse- und Redeftcih.'it könne in Ungarn gar keine Rede sein. Die Re- giernng wolle die Arbeitszeit auf 12 Stunden verlängern und die Löhne obauen. Er rufe die Internationale zum Kampfe gegen den weißen Terror auf. Der französische D'lcgicrte B a r t u c l kam nochmals auf die Forderung der deutschen Delegation, die Arbeitszeit auf sechs Stunden' festzusetzen, zurück und betonte, daß die Forderung für die französische Bergarbeiterschaft u n a n- nehm bor sei. Der Borschlag, diese Frage als Sonderfrage zu behandeln, wurde vom Generalsekretär H o d g c unterstützt. So- dann vertagte sich die Konferenz auf morgen vormittag.

Der Schrei nach 5em Recht. Eine Schrift zum Marburger �reispruch. Für die sittliche Oualität eines Volkes ist der beste Wertmesser die Energie, mit der es sich g e g e n den I u st i z m o r d auflehnt. Tie von unseren Maulpatriolen vielgeschmähten.Degenerierten" Franzosen haben durch den großartigen Kampf ums Recht im Falle Dreyfus, der jahrelang das gesamte öffentliche Leben in Frank- reich beherrschte, der Welt ein leuchtendes Beispiel gegeben-. Wir freilich haben, wie bei der Abschaffung der Miliiärjustiz ein Redner im Reichstag bemerkte, dieser in der letzten Zeit mindestens e i n. DutzendFälle Dreyfus" zu verdanken. Aber unsere Maul- Patrioten, die nicht genug Phrasen über die Tugendhaftigkeit des deutschen Volkes machen können, sind es nicht, die dey Kampf gegen diese Justiz führen. Das deutsche Volk aber kann seine sittliche Oualität nur beweisen, indem es das begangene Unrecht nicht ruhen läßt, sondern 1 den Kampf dagegen fortführt, bis es getilgt ist. In diesem Sinne begrüßen w'r die tapfere kleine Schrift, mit der der Student Henning Duderstadt aus Marburg gegen das schlimmste Urteil der Mititärjustiz zu Felde zielst: Den Freispruch der Studentenmörder von Mechterstedt(Henning Duderstadt,Der Schrei nach dem Recht", Hessischer Verlag Karl Euker G. m. b. H,, Marburg a. L.) Duderstadts Schrift deckt unbarmherzig die Blößen de? frei­sprechenden Urteils auf. Das Militärgericht hat seinerzeit jede Erörterung des politischen Untergrundes abgelehnt, auf dem die Tat geschah. Indem es Zeugen, die hierüber aussagen wollten, das Wort abschnitt, hat dos Kriegsgericht die Fiktion aufrechterhalten, als seien die Verhafteten Rebellen. gewesen, während die Zeitfreiwilligen für die Regierung kämpften. Duderstadt weist nach, daß ez sich umgekehrt verhielt. In Gotha hat das Militär rebelliert, mit Kapp und Lüttwitz gemeinsame Sache gemacht und die rechtmäßige Regierung für abgesetzt erklärt. Zum Schutz der Verfassung hat sich die Bevölkerung erhoben. Die Zeit- freiwilligen waren nicht aufgeboten von der rechtmäßigen Regierung, sondern von Kapp und Lüitwitz. Das Zeugnis des mit ihnen aus­gerückten Grafen von der Lippe in der.Lreuz-Zeitung" spricht klar dafür, daß sie- nicht-für die verfassungsmäßige Regierung, sondern für die Interessen der Reaktion kämpften. Aber- auch die Tat an-sich, sah ganz-anders aus, als das frei- sprechende Kriegsgericht sie wertete. Diiderstadt gibt die VerHand- lungsberichte. Trotz aller Einschränkung der Beweisaufnahme lassen die Zeugenaussagen ein einwandfreies Bild erkennen: Tie barbarische Mißhandlung der Gefangenen und ihre vorsätzliche Tötung,. die von vornherein beabsichtigt war und über die die Töter in der rohesten Weise frohlockten. Die Maßregelung eines Hau-ptbelastungszeugen, des Offizierstellver- treters Dahlheim , drei Tage üach der Verhandlung spricht Bände! Möge dieser Schrei nach dem Recht ein kästiges Echo in der Seele des Volks erwecken!

tiefen Zusammenklänge zwischen Kapitalismus , Militarismus einer« seils, einem falschen, künstlich gezüchteten Patriotismus andrerseits, er weiß, daß jene patriotisch sich gebärdende Verzückung nur Lüge ist, um das Volk zu betrügen,dasselbe ewig betrogene Arbeits- Volk, dasselbe, das mit schwieligen Händen alle diese Schiffe, Festungen, Arsenale, Kasernen und Kanonen, Dampfschiffe, LandungS- brücken und Hafendämme und alle diese Schlösser, Säle, Schau- bühnen und Triumpbbogen erbaut hat. welches alle diese Zeitungen und Broschüren gesetzt und gedruckt hat und alle diese Fasanen und Ortolanen, die Austern und den Wein herbeigeschafft hat, welche die von ihm ernährten, aufgezogenen und unterhaltenen Menschen essen und trinken..." Und er fährt fort:Jene Menschen aber, dieselben, welche jetzt bei den Feierlichkeiten in Toulon und Paris zechen, werden nach einer guten Mahlzeit mit halbgeleerten Gläsern guten WeinS, mit einer Zigarre in den Zähnen, im warmen Lein- wandzelt sitzen und mit Stecknadeln auf der Land- karte jene Ortschaften bezeichnen, wo noch soundso viel Mann von dem aus dem Volk ausgehobenen Kanonenfutter aufgestellt werden sollen, zur Besetzung dieser oder jener Festung und zur Erlangung irgendeines Bändchens oder Ranges." Es ist wahrlich ein trauriges Zeugnis einer von falschem Patriotismus irregeleiteten Denkweise, wenn sozialistiich geschulte Menschen noch immer beim Zusammentreffen mit ihren Genossen aus den ehemals feindlichen Ländern zuerst die Schuldsrage aus- werfen. Jede Waffe, die hüben wie drüben geschmiedet, jede« Wort von Ruhm oder Vergeltung, das gesprochen wurde, war schuld am schließlichen Zusammenprall. Jeder warme Händedruck, jedes gute Wort, jedes verzeihende Vergessen, das von eurer oder unserer Seile vollzogen wird, trägt sein winziges Teilchen zu dem so nötigen Aufbau Europas bei. Wenn aber der eine, oder der andere immer wieder auf die Tugenden seiner Nation pocht, wo- mit er die der anderen schmälert, so wird der Krieg und damit das Elend der Menschheit verewigt sein. Trianontheatcr:Untreu" von Robert Bras.so. Tie Komödie des italienischen Verfassers, die vor ein paar Jahrzehnten im Resibenztheatcr erschien, variiert dos Thema von Sardous Chrienne" pikant, indeß bei weitem nicht mit solcher Lustspiel- laune und freiem Uebermute' wie das französische Original. Von jenem geistreich spielenden Spotte über das auf Abenteuer erpichte Persönchen. das zuguterletzt dann triumphierend den faden Lieb- haberkandidaten mit dem eigenen- Ehemann betrügt, läßt sich in Pen stark-rotisch parfümierten Szenen Brassos kaum noch ein schwacher Nachhall spüren. Seine Gräsin Clara hat eine kalt- schnäuzig abgebrühte routinierte Lüsternbeit, die nicht wie dort durch einen Charme sprudelnder Lebendigkeit und drollig eiservollen, auf Schlagworte der Mode eingeschworene Naivität gemildert ist. Gatte und Liebhaber trogen beide die glatte Physiognomie leerer

t>k Berufung Dr. Ksrfens. Zu der von uns bereits gemeldeten Berufung des Dr. Korsen in dos Unterrichtsministerium wird aus dem Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung mitgeteilt: Dr. Korsen hatte seinerzeit die Anstalt mit dem Auftrage übernommen, dort als Schulreform er zu wirken. Unter Hinweis hierauf trat er nach Prüfung der Entwicklungsmöglichkeiten der Anstalt an die Unterrichtsvcrwaltung mi! dem Antrage heran. Lichtörfeldc von Amts wegen den Charakter einer Versuchsanstalt zu geben und. die Umwe-ndlung am 1. Oktober 1020 beginnen zu lassen. Gleichzeitig machte Tr. Korsen eine Reihe von organisatorischen Forderungen geltend, deren Bewilligung er für die Umwandlung für notwendig erachtele. Der Muftster H a e n i s ch bat sich dieic schillpolitischen und organisatorischen Forderungen zu eigen ge- macht und versucht, auch die sogewannte Oberleitung der staot- lichen Bildungsanstalien einen aus Vertretern der beteiligten Reichs- und Staatsressort? gebildeten Verwaltungsrat dafür zu gewinnen. Im Verlaufe dieser Verhandlungen mußte innerhalb des Ministeriums die Auffassung Platz greifen, daß letzten Endes mit der Ablehnung eines wesentlichen Teiles der erbobenen Forde. rungen zu rechnen sei. Da demnach für Dr. Karsen in Lackier- felde keine Aussicht besteht, seinen Plan auszuführen, hat er gebeten, ihn von der Leitung der Ansialt zu entbinden. Ter Minister bat die Berechtigung dieser Bitte anerkannt und sie des- halb erfüllt. Dr. Karsen hat die ihm bisher gestellten Aufgaben mit hervor- ragender Energie und Umsicht in Angriff genommen. Unter warmer Anerkennung dieser seiner besonderen Eignung ist er nunmehr in das preußische Unterrichtsministerium berufen worden. Er soll hier Gelegenheit finden, selbst die Pläne für eine erste preußische Versuchsanstalt vorzubereiten, als deren Leiter er schon jetzt in Aussicht genommen ist. Für die Leitung von Lichterfelde wird eine vorläufige Regelung getroffen werden. Denn der preußische Unterrichts- minister muß sich bei der Haltung der übrigen zur Mitwirkung berufenen Ressorts den endgültigen Entschluß über sein- Beietli- I gung an einer Weiterffihrung der Lichterfelder Anstalt v o r h e- halten. » Von nahestehe tider Seite wird uns noch mitgeteilt: Der Minister, Genosse Haenisch, hat sich mit- aller Energie dafür eingesetzt, daß eine der Hauptforderungen der ReichSschul- konferenz, ein« Versuchsschule zu schaffen, durchgeführt werde, und hat den Anisdaltsleiter, Genossen Dr. Karsen, mit allen Kräften gegen Widerstände sogar in seinem eigenen Ministerium unterstützt. Wenn er trotzdem nicht durchgedrungen ist, so liegt das an der bedauerlichen Tatsache/ daß er über diese Anstalt nicht allein verfügen kann. Den Gedanken, Versuchs schulen zu schaffen, hat er jedoch nicht nur nicht fallen gelassen, sondern durch die Berufung des Genossen Dr. Karsen seinen Willen aus- gedrückt, gerade diesen Gedanken auf daS tatkräftigste zu fördern und in die Praxis umzusetzen. Nach der obigen Mitteilung deS- Ministeriums ist zu hoffen, daß sich der Minister nach dieser Durchkreuzung seiner Lichter- selber Pläne an einer etwa beabsichtigten Weiterführung der An-. stalt nicht mehr beteiligen wird. Wann stimmt Oberschlefien ab? Auf eine Aufrage im Unter« hause erklärte Lloyd George , er hoffe, die Abstimmung in Oberschtesien sei um Weihnachten beendet. Danach scheint von der Entente ein sp ä t« r e r Abstimmungstermin, als bisher vernrutet, in Aussicht genommen zu sein. Polnisch -deutscher Gefangenenaustausch. Seit längerer Zeit schwebten zwischen dem auswärtigen und dem polnischen Generalkommando in Posen Verhandlungen über den Aus- tausch deutscher, im sogenannten Kernwerk in Posen in Haft be- findlicher Gefangener gegen polnische Gefangen.-, die in Deutschland zurückgehalten wurden. Diese Verhandlungen haben nunmehr. nach Ueberwindung mannigfacher Schwierigkeiten zu dem erfreulichen Ergebnis geführt, daß am 4. August in Stentsch fünfzehn der in Posen internierten Deutschen gegen fünf- zehn in Frankfurt a. Oder internierten Polen ausgetauscht würden.

Salondonjuans und geben sich in diesem Punkt nichts nach. Um die Zurückeroberunff oicser Dame, die sich zum Zeitvertreib gern verführen lassen möchte, wird man den eifersüchtigen Herrn Gemahl beim besten Willen nicht beneiden können. Indeß oie Mache ist geschickt, und die flott« Verve der Darstellung, die auch die beoenk- lichsten Situationen über Wasser hielt, wurde mit großem Beifall aufgenommen.'Haust Arnstadt vom Schauspielhause traf die von der Rolle vorgeschriebene Tonart verblüffend keck uno sicher. Paul Bilöt, der auch die Regie leitete, gab den Grafen, Herr Mamelo! den Ri v a l e n mit angenehmer Diskretion. 6l. Tic rote Fahne im�Wandcl der Zeit. Wie die Bücher, so haben auch die Fahnen ihre Schicksale. Besonders reich an Wechselfällen ist die Geschichte der heute überall als Revolutionssymbol geltenden roten Fahne. Ursprünglich war die rote Fahne oie Flagge der Seeräuber, also von Elementen, die. sich jenseits von Recht und Gesetz gestellt haben. Aber ihre eigentliche historische Bedeutung gewann sie erst in den Tagen der großen Revolution. Es sind jetzt genau 129 Jahre verflossen, seit sie zum ersten Male in den Straßen von Paris aufgetaucht rst. Damals wurde sie als das Banner des königstreucn, durch den Stcuerzcnsus allein wahlberechtigten Bürgertums in seinem Kampf gegen das repu- blckanisch gesinnte Volk enifaltet. Sic war die Fahne, unter der das erste Blutbad unter dem Volke ungerichtet wurde, die Fahn» des Kriegsrechts, unter dem im Jahre 1701 die berüchtigte Füsillade " des Marsfeldes geschah. Damals hatten die Truppen auf der Esplanade des Feldes das Feuer gegen die republilanischen Bittsteller eröffnet, deren Leichen bald in großer Zahl den Platz bedeckten. Dock) das Blut, das unter ihr vergossen wurde, heiligte die rote Fahne in der Vorstellung des Volkes. Aus dem Emblem des Hampfes der mowirchistischen Bürger gegen die Republikaner wurde ein Jahr später das' Sturmzeichen der Republikaner gegen den Verrat der Monarchisten. Schon im Jahre 1792 bildete sie den Gegensatz zu der Trikolore des Bürgertums, und sie wurde von dem bekannten revolutionären Journal, demPere Tuchen«", gegen die Trikolore ausgespielt.TerPere Duchene" w,ird die rote Fahne der öffentlichen Meinung entfalten", so schrieb daS Kampf- blatt der französischen Revolution in seinem wütenden Fanfaren- ton.Ter Fluch treffe Eure ausgedörrten l«ngohrtgen Schädel, Ihr Herren mit der dreifarbigen Schärpe! Hütet Euch vor der roten Fahne ves..Pere Tuchen«"!" Ties« rote Fahne desP.e Tuchenc" sollte, so erzählt die Pariser Humanite" in einer- historischen Darlegung, in der Tat bald zum zweiten Male ans den Pariser Straßen erscheinen. In den Augusttagen 1792 bereitete man sich in Paris auf den Sturm vor, den die Monarchie biinoegsegte: Volksscharcn aus Brest und Marsaille.reichten oen republikanischen Abteilungen oie Hand. Es Wurde beschlossen, daß die vier Angriffskolonneu, die die Tuilerien stürmen sollten, sich um eine rote Fnhne zu sammeln hatten. Tie notwendigen Fahnen wurden nachts in aller Eile angefertigt, Einige Tage sväter erfolgte der Tuileriensturm, der dem Hos uns der monarchistischen Versammlung den GarauS machte. In den beiden nächsten Jahren der Schreckenszeit behielt die rote Fahne ihre Be- deutuüg als Banner der republikanischen Revolution.-Und als nach dem Fall Robespierres die pseudorepublikcrnische Bourgeoisie wieder