Einzelbild herunterladen
 

Nr. 392 37. Iahrgattg

Heilage öes Vorwärts

Sonnabenö, 7. August 1 929

GroßGerün »Grgesch". Man fragt: Was ist das für ein Wort, ists bajuwarisch, mecklenborgesch, ists was zu essen, ist's ein Sport? Kurz: was i st O r g e s ch?" So hört denn: Alles, was verbrecherisch auf Sozialismus, Fortschritt drängt, das wird vom Hauptmann a. D. Escherich prompt mittelstOrgesch" aufgehängt. Der Mordstudent, der Schlagetot, und wer noch sonst das Volk gepeinigt, Protz, Junker, Schieber, Sektidiot sind hier zur Waffenmacht vereinigt. Trotz Herzklapps. Fettsucht und Marasmus führtOrgesch" sie die Bahn des Ruhms. Kurz:Orgesch" das ist derOrgasmus des wüldgewordenen Spießertums. _ M i ch. v. Li n d e n h e ck e n. Die öahnsteigkarte. Ort der Handlung: Potsdamer Bahnhof. Personen: Ich, der Mann an der Sperre, ein Aufsichtsbeamter, Volk, zwei Gepäckwagen, zwei Eisenbahnzüge. I. Akt. Ich löse mir eine Bahnsteigkarte, um meinen Schwiegervater abzuholen, erkundige mich nach dem Bahnsteig, auf dem der Zug voraussichtlich einlaufen wird, gehe zu der mir von früher her be- kannten Zeit auf den Bahnsteig. Ter Zug läuft ein mein Schwiegervater kommt nicht mit. Ich warte und mit mir eine kleine Anzahl anderer Unglücklicher, bis sich die Ankommenden, Dienstmänner, Gepäckwagen usw. verlaufen haben. Auf eine Anfrage erhalte ich die Auskunft, der von uns erwartete Zug käme 1 6 Minuten später, seit dem 1. Juni sei eine kleine Aenderung im Fahrplan eingetreten. H. Akt. Wir beschließen zu warten, man-erklärt uns der Höhe­punkt 1 1 es wäre verboten; es müßten in diesem Falle noch zwei Beamte mit uns warten, und die wären nicht da. Wir mutzten also her- unter vom Bahnsteig. Die Bahnsteigkarten sollen abgenommen und neue Bahnsteigkarlen zu dem Zuge, der 15 Minuten später eintrifft, gelöst werden. Ich überlegejetzt vor der Sperre, warum diese sinnige Verfügung. Der Grund kann nur berechtigtes Mißtrauen gegen das wartende Publikum sein. Aber was gibt's auf dem Bahnsteig zu stehlen? Außer zwei großen leeren Wagen zur Beförderung von Handgepäck befindet sich nichts auf dem Bahnsteig. Häuslich nieder» lasien kann man sich auch nicht. Der Aufsichtsbeamte kommt. Be- schwerde, Erklärungen, daß die Verfügung dabin gehe, die Bahn- steigkarten gelten nur für einen zu erwartenden Zug. Auf meinen Einwurf, auf der Bahnsteigkarte stände: Gültig für den Tag der Lösung, erwidert er: VersüglNig von oben. Da habe ich gewußt, die- neue Zeit hat angefangen. Und ich habe püch nicht geirrt. Der Mann besitzt in seinem Busen ein fühlendes Herz und läht uns die Bahnsteigkarten zurückgeben, so daß ich ohne die Neuaus- gäbe von 50 Pf. meinen Schwiegervater nun doch abholen kann. HI. Akt. Sache der Eisenbahnbehörde, die derartig lichtvolle Ver- fügungen erlätzt. Dr. M.

zeit mit dem Bettellohn von 12 M. pro Tag oder 1 M. pro Stunde abspeiste. Es kam dann eine Erhöhung des Betrages auf 15 M. pro Tag für die an der Spielleitung beteiligten Lehrer und Lehre- rinnen, auf 20 M. pro Tag für die übrigen Leiter und Leiterinnen. Mit Recht erklären diese auch 20 M. proTag oder1,66M. pro S t u n d e für durchaus unzulänglich und fordern, daß die Vergütung weiter erhöht wird und zwar mit rückwirkender Kraft, Ein von Leitern und Leiterinnen der Spiele uns übersandte Darstellung fübrt aus, daß z. B. bei einem Stundenlohn von 5 Mark ein Tagelobn von 00 Mark und ein Wochenlohn von 300 Mark herauskommen würde. Aber sie fordern noch nicht an-

Erziehungsarbeit für 1,«« M. pro Stunde? Auf den großen Außenspielplätzen der Stadt Berlin , die sie für erholungsbedürftige und spiellustige Schul« linder geschaffen hat, sind in diesem Sommer etwa 450 Leiter »nd Leiterinnen tätig. ImVorwärts" wurde bereits Mitte Juni gerügt, daß man sie bei�einer zwölfstündigen Arbeits-

Mn unsere Abonnenten. Unsere Abonnenten ersuchen wir, um Verzögerungen in der Zustellung desVorwärts" zu vermeiden, den Abonnements- betrag im ersten Drittel des Monats bei Vorlegen der Quittung zu begleichen. Beschwerden über unregelmäßige Zustellung bitten wir an die zuständige Ausgabestelle zu richten. Bei Nichtberücksichtigung der Beschwerde durch die Ausgabestelle ersuchen wir, die Zcitungszentralc, Jerusalemer Str. 5/6, oder die Hauptexpedition desVorwärts", Lindenstr. 3, hiervon zu benachrichtigen.

nähernd so viel. Sie haben beim Magistrat eine Erhöhung auf 24 Mark für Lehrer und Lehrerinnen, auf 28 Mark für die übrigen Leiter und Leiterinnen beantragl, so daß der Stundenlohn sich erst auf 2 Mark bezw, 2,33 Mark stellen würde. Nebenbei bemerkt: z w ö l f st ü n d i g ist die Arbeitszeit, weil die Leiter und Leiterinnen die Kinder nicht nur auf den Spielplätzen betreuen, sondern auch am Morgen den Abmarsch von den Sammelstellen leiten und am Abend die Heimgekehrten von dort aus in die Wohnungen entlassen. Trotz zwölfstündiger Arbeitszeitist der Antrag auf Erhö- hung abgelehnt worden, wobei dre von dem Kämmerer geltend ge- machten Bedenken den Ausschlag gegeben haben sollen. Die Leiter und Leiterinnen der Spiele baben darauf den Schlichtungs« a u s s ch u ß angerufen und hoffen- von ihm, daß er ihre Forderun- gen als berechtigt anerkennen wird. Man soll die Tätigkeit, die mit der Leitung solcher Spiele ge- leistet wird, nur nicbl unterschätzen. Es handelt sich da wirklich nicht nur um eine Sache, die etwa selber.«mr Spielerei" wäre und sich mit einemErholungsaufenthalt" vergleichen ließe. Sie ist, wenn die Leiter und Leiterinnen in den 12 Stunden jeder- zeit ihre Pflicht tun sollen, eine reichlich anstrengende Arbeit.

Achtung bei Kinderreisen nach der Schweiz . Nach einer Mit- teilung der Elsenbabndirektion Berlin ist es in letzter Zeit mehrfach vorgekommen, daß an der deutschen Grenze häufig Kinder, die zur Erholung in der Schweiz untergebracht werden sollen, die Fahrt bis zur Grenze mit einem falschen FahrpreisermäßigungS- antrage zurückgelegt haben. Hierdurch erwachsen den Kindern und deren Angehörigen in der Mehrzahl der Fälle zahlreiche Schmie- r i g k e i t e n, die eine Verzögerung der Reise zur Folge haben. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um Kinder, die auf Grund von Einzelpässen die Reise selbständig ausführen. Zur Vermeidung dieser Verzögerung an der Grenze sollen daher Anträge auf Fahrpreisermäßigung abgelehnt werden, wenn sie auf den orangefarbenen, nur für Inland- Landaufenthalt gestellt werden, aber für eine Auslandsreise Berechtigung haben sollen. Für die Einrichtung deS Festsaalrs des Rathauses für die Sitzung der Stadtvcrordneten-Bersammlung hat der Magistrat an die Sladtverordneten-Versammlung eine Vorlage auf BeWilli- gung von 24500 M. gelangen lassen. Von einer räum- l i ch e n Erweiterung des bisherigen Stadtverordneten-Sitzungs- saales bat der Magrstrat im Hinblick auf die hohen Kosten abgesehen. Die Beschlußfassung über die Neueinrichtung des Stadtverordneten- SitzungsstzaleS bleibt gemäß dem Wunsch der Stadtverordneten der neuen Stadtverordneten-Versammlung vorbehalten. Die Aufnahme einer Anleihe von 200 Millionen Mark und die Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber ist der Stadt genehmigt worden. Der Zuckerscgen", über den wir vor einigen Tagen berichteten, hat für uns einen wahren Anfragenregen" eingebracht, der

kein Ende findet. Zur Beruhigung der Gemüter sei daher mit- geteilt, daß die von uns wiedergegebene amtliche Meldung lediglich die Freigabe der Zuckermengen ankündigen sollte. Die Verteilung kann natürlich nicht an einem Tage über das ganze Reich, nicht einmal über Groß-Berlin erfolgen. Wir emp- fehlen allen ungeduldigen Hausfrauen es mit dem Berliner Wort zu halten:Nur nicht drängeln, es kommt jeder ran!" Das Gcschwisterpaar Nägler ist in vollem Umfange ge- st ä n d i g, bestreitet aber entschieden, daß eine Tötung Wolsners von vornherein beabsichtigt war. Sie wollten nach ihrer Dar- stellung, die auch glaubhaft erscheint, den Kaufmann nur be- täuben und berauben. Bock ist über das Verbrechen noch nicht vernommen. Verschiedene Hautabschürfungen an den Händen sind noch Folgen des harten Kampfes- mit seinem Opfer. Die Angäbest, die die verschiedenen Zeugen von demEhepaar" gegeben hatten, wichen schon ganz voneinander ab. Aber auch das Bild, das die Kriminalpolizei von den übereinstimmenden Angaben der Zeugen sich machen mußte, stimmte mit dem wirklichen AuS- sehen des Paares gar nicht überein. Friedhofsdicbc suchten den St.-Georgen-Friedhof am Königstor beim. Sie stahlen von einer Grabeinfriedigung ein 80 Zentimeter hohes und 8 Meter langes Bronzegitter, ohne daß der Dieb- stahl bemerkt wurde. Wahrscheinlich werden die Grabschänder die kunstvolle Arbejt zerstören und die wertvolle Bronze als Allmetall verkaufen. Die Schreibmaschinendiebe treiben es in der letzten Zeit immer ärger. Da eine einzelne Maschine 410000 M. kostet und sie da- für jederzeit willige Abnehmervfinden, so betrachten sie diese als gute Beute. In der DonnerSlagnacht allein wurden nicht weniger als 1 5 S ch r e j b m a s ch i n e n gestohlen. Bei der Großherzogin- Carolinen-Mühle A. G. in der Potsdamer Str. 38 erbeuteten fis allein 5 Maschinen, ebenso mehrere bei der Firma Schäfer u. Claus« in der Leipziger Straße 18 und der Firma Peukert in der Schlesi- schen Straße 32. Aus dem Bureau des Justizrats Mettersdorf in der Behrenstraße 23� stahlen sie zwei Schreibmaschinen, aus der Klinik des Sanitätsrates Dr. Taendler in der Johannis» straße 14/15 eine. Sommcrfest. Die Genosien der Arbeitsgruppe Osten I (15.-18. Abt.) veranstalten heute im KonzertgartenSchwanen- berg", Alt-Stralau, Tunnelstratze, ein S o m m e r f e st. Aus dem reichhaltigen Programm heben wir hervor: Borträge des Gesang- VereinsSängerkranz", M. d. A. S. B., turnerische Aufführungen der Freien Turnerschaft", Mandolinenkonzert und Reigentänze der Arbeiterjugend". Für die tanzlustige Jugend findet im Saal Ball statt. Außerdem Kinderbelusiigungen. Ansang 4 Uhr. BillettS zum Preise von 1,50 M. sind bei den Bezirksfübrern und in den mit Plakaten belegten Geschäften zu haben. Kinder frei. DaS Apollo-Theater erfreutsich auch in diesem Monat eine» ausverkauften Hauses. Das Programm ist mit viel Geschick zusammengestellt und wird so ziemlich allen Anforderungen gerecht. Herr Reinsch, der bekannte Schulreiter, hat die Zirkusmanege mit der Varielsbühne vertauscht, die Vitzr Millions zeigen großartige Marmorgruppen, während Frl. Grube durch ihre Charaktertänze gefällt und die 2 Sam ots sich in einem komischen Radfahrer-Äkt produzieren. Eine Sensation aber ist die M e ch el- Truppe mit ihren Deckenläufen. In der Kuppel des Theaters laufen sie mit dem Kopf nach unten hängend auf einer großen Melallplatte. Den Schluß und Höhepunkt des Programms bildet die Varietö-Burleske ,. F l i e g e n t ü t e n- H e i n ri ch s Glück". Wahre Lachsalven entfesselt der auch den Berlinern nicht unbekannte Paul Beckers mit seiner kleinen Gesellschaft. Solange Fliegen» tüten-HeinrichS Fliegentütenlied im Astollo-Thealer erklingt, braucht es der Direktion trotz Ferien und Hundstagsbitze um den Besuch nicht bange zu sein. Neukölln. Die Stadtverordnetenversammlung hatte gestern eine lange Tagesordnung zu erledigen, mit der sie ziemlich rasch fertig wurde. Ohne Erörterung wurde eine Reihe teils geringer, teils erheblicher Geldbewilligungen genehmigt. In den bezüq- lichen Magistratsvorlagen kehrte überall die Klage wieder, daß die Ausgaben für Materialien. Kohlen, Strom, Löhne, Frachten usw. gestiegen sind. Für die Gartenverwaltung mußten infolg« Ausführung vieler in der KriegSzeit unterbliebenen Arbeiten, die nun höhere Lohnausgaben erforderten, 300 000 Mark für ISIS nach- bewilligt werden. Von den auf 30 000 Mark veranschlagte» Kosten der beschlosienen Wiederherstellung des Spielplatzes an der Lessingstraße sollen 25 000 Mark durch die Heeresverwaltung zurückerstattet werden, die in der Kriegszeit den Platz für militärische Uebungen benutzt hat. Für Bauarbeiten am

101f

Segen öer Cröe. ! o m a n von Knut Hamsun .

Es r«gnet, der Weg ist schmutzig, aber Barbro geht tvei- ter. Es wird Abend, und da der Sankt Olafstag noch nicht gewesen ist, wird es nicht dunkel. Arme Barbro, sie schont sich nicht, sie hat eine bestimmte Absicht, sie hat ein Ziel, und so nimmt sie den ersten Kamps auf. Sie hat sich im Grunde niemals geschont, ist niemals träge gewesen, darum ist sie auch ein schönes und feines Geschöpf. Barbro hat eine leichte Auffassungsgabe, gebraucht sie jedoch oftmals zu ihrem eige- neu Verderben. Was war auch anderes zu erwarten? Sie hat gelernt, sich von einer Not in die andere zu retten, aber sie hat verschieldone gute Eigenschaften behalten: der Tod eines Kindes ist ihr nichts, aber ein lebendiges Kind könnte es gut bei ihr haben. Außerdem hat sie ein sehr musikalisches Ohr, sie klimpert weich und richtig auf der Gitarre und singt mit etwas heiserer Stimme dazu, was angenehm und etwas wehmütig anzuhören ist. Sich selbst schonen? Ho, so wenig. daß sie sich selbst völlig weggeworfen und den Verlust nicht einmal empfunden hatte. Hie und da weinte sie, und das Herz wollte ihr über dies und jenes in ihrem Leben fast brechen: das gehört dazu, das kommt von den rührenden Liedern, die sie singt, das ist die Poesie und die süße Wonne her Wehmut in ihr, sie hat häufig sich selbst und andere damit angeführt. Hätte sie ihre Gitarre mit sich nehmen können, so hätte sie heute abend Axel etwas vorgeklimpert. Sie richtet sich so ein, daß sie spät anlangt, und auf Maaneland ist alles still, als sie den Hofraum betritt. Sieh mal an, Areb hat schon in der Nähe des Hauses mit dem Mähen begonnen und wahrhastig auch schon etwas trockenes Heu eingefahren! Nun überlegt sich Barbro, die alte Oline wird drinnen in der Schlafkammer schlafen und Axel in der Heuscheune, wo sie selbst früher geschlafen hatte. Wie ein Dieb in der Nacht schleicht sie auf die bekannte Türe zu, dann ruft sie leise:Axel!"Was gibt's?" antwortet Axel so- fort.Ich bin's nur," sagt Barbro upd tritt zu ihm ein. Kannst du mich über Nacht hier behalten?" Axel schaut sie an, er ist etwas langsam, er sitzt in seinen Unterkleidern da und schaut sie an.So, du bist's?" sagt er. Wo willst du hin?" ,/Ja. das kommt nun zuerst darauf

an, ob du eine Hilfe für die Sommerarbeit brauchst," erwidert sie. Axel denkt darüber nach und fragt:Bleibst du nicht länger dort, wo du gewesen bist?"Nein, bei Schultheißens Hab ich Schluß gemacht." ,�ch könnte recht gut eine Hilfe für die Sommerzeit brauchen," sagt Axel.Aber was soll das heißen, willst du etwa wiederkommen?"Nein, du brauchst-dich gar nicht um mich zu kümmern," wehrt Barbro ab.Morgen geh' ich weiter nach Sellanraa und über die Berge, dort Hab ich eine Stelle."So, du hast dich ver- dingt?" ,/Ja."Ich könnte wohl eine Hilfe füs den Sommer brauchen," wiederholt Axel. Barbro ist ganz naß, aber sie hat Kleider in ihrem Ruck- sack bei sich und muß sich umziehen.Kümmere dich gar nicht darum, daß ich hier bin," sagt Axel und weicht nur ein wenig nach der Tür zurück. Barbro zieht die nassen Kleider aus, und währenddessen sprechen sie miteinander, und Axel dreht öfters den Kops nach ihr um.Aber jetzt mußt du ein wem/ hinausgehen," sagt Barbro.Hinausgehen?" fragt er. Und es war auch wirklich kein Wetter zum Hinausgehen. Er steht d�- und sieht zu, wie sie immer nackter wird, er kann kein Auge von ihr verwenden: und wie gedankenlos Barbro ist, sie hätte gut immer ein trockenes Stück anlegen können, wenn sie das nasse abzog, aber das tat sie nicht. Ihr H?md ist ganz dünn und klebt an ihrem Körper, sie knöpft es auf der einen Achsel auf und wendet sich um, sie ist sehr geübt. In diesem Augenblick schweigt Axel bums still, und sieht, daß sie nur einen Griff oder zwei braucht, um das Hemd abzu- ziehen. Das sei prachtvoll gemacht, denkt er. Und da bleibt sie nun ganz gedankenlos stehen. Später liegen sie im Heu und unterhalten sich. Jawohl, er brauche eine Hilfe für den Sommer, das fehle nicht. ,�a, so sagte man mir," stimmt Barbro bei. Er habe auch in diesem Jahr wieder allein mit dem Mähen und Heumachen anfangen müssen, Barbro könne sich das selbst gut denken. Andererseits sei es doch gerade Barbro gewesen, die da- mals davon gelaufen sei und ihn ohne weibliche Hilfe zurück- gelassen habe: das könne er nicht vergessen, und die Ringe habe sie auch mitgenommen. Und zu aller Schmach hin sei auch noch ihre Zeitung immer weiter gekommen, diese Ber - gensche Zeitung, die er gar nicht loswerden konnte, und er habe sie hinterher noch für ein ganzes Jahr bezahlen müssen. Das war ja ein schändliches Blatt," sagte Barbro und stellte sich völlig auf seine Seite. Aber bei so großer Will-

fährigkeit konnte auch Axel kein Unmensch sein, er gab zu, daß Barbro Grund gehabt haben könnte, sich auch über ihn zu ärgern, weil er die Aufsicht über die Telegraphenlinie ihrem Vater weggenommen hatte.Uebrigens kann dein Vater den Telegraphen wieder haben, ich mache mir nichts daraus, es ist nur Zeitverlust."Ja," sagte Barbro. Axel überlegte eine Weile, dann fragte er geradezu:Ja, wie ist das, willst du nur den Sommer über bleiben?" Ach, das soll so werden, wie du es haben willst," entgegnete Barbro.So, ist das deifie aufrichtige Meinung?" Ja, genau was du willst, das will ich auch. Du brauchst nicht mehr an mir zu zweifeln."So."Nein. Und ich Hab uns auch in der Kirche aufbieten lassen." So. Das war keine schlimme Kunde. Axel blieb ruhig' liegen und überlegte. Wenn es diesmal ernst war und nicht wieder ein schändlicher Verrat, so hatte er die eigene Frau im Hause, und es war ihm für alle Zeit, geholfen.Ich hätte eine Frau von daheim haben können," sagte er.Sie bat geschrieben, sie wolle mich haben. Aber ich hätte ihr die Rückreise von Amerika bezahlen müssen." Barbro fragt: So, ist sie in Amerika ?" ,Ja, sie ist voriges Jahr hm- gereist: aber es gefällt ihr nicht dort."Nein, du mußt dich nicht um sie kümmern!" erklärt Barbro.Was würde sonst aus mir?" fragt sie und beginnt zu weinen.Darum Hab ich es auch nicht fest mit ihr gemacht," sagt Axel. Nun wollte Barbro aber auch nicht zurückstehen, sie be­kannte, daß sie in Bergen einen Mann hätte haben können. er fei Bierführer bei einer gewaltig großen Brauerei, und ihm sei viel anvertraut.Und er grämt sich gewiß immer noch um mich," sagt Barbro schluchzend.Aber weißt du, wenn zwei Leute soviel miteinander gehabt haben, wie du und ich, Axel, dann kann ich ihn nicht vergessen, wenn du mich auch längst vergessen hast."Wer, ich?" erwidert Axel. Nein, darum brauchst du nicht zu weinen, ich habe dich nie- mals vergessen."So." Dieses Zugeständnis ist Barbro eine große Hilfe, und sie sagt:Unsinn, was willst du denn daS viele Reisegeld ganz von Amerika herüber bezahlen, wenn du es doch nicht nötig hastl" Sie rät ihm die ganze Sache ab, es würde zu teuer, und er sei dock nicht dazu gezwungen. Barbro schien es sich in den Kopf gesetzt zu-haben, sein Glück selbst zu be- gründen. ffiortf. folgt.)