Nr. 422 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 74
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Mittwoch, den 25. August 1920
An die deutsche Arbeiterschaft!
Vorwärts- Verlag 6.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Ferniprecher: Amt Moritvlat, Nr. 11753-54.
Das blutige Spiel im Osten.
Von A. Grigorjanz.
Am 7. Auguft haben die Arbeiterorganisationen die trages erfolgenden Transporte der Entente, die nachweislich Wer fann sagen, ob die gegenwärtigen Erfolge der Bolen deutsche Arbeiterschaft aufgerufen, zur Sicherung strengster für Ententetruppen bestimmt und als solche kenntlich gemacht auf dem Kriegsschauplage von entscheidender Bedeutung sind? Neutralität und zur Bekämpfung der Konterrevolutionen find. Können Zweifel an der Zulässigkeit eines Transportes Das ist eben dos Wunder, das noch immer wieder Rußland alle Waffen und Munitionstransporte zu kon- durch die am Orte zuständigen Behörden nicht behoben wer- bietet: scheinbar befiegt ist es unbesiegbar. Wie weit trollieren. Diese Kontrolle muß nach wie vor aufs strengste den, so hat die örtliche Kontrollkommission den Beschwerdefall sollen, wollen und können die Polen vorrücken? Mit jedem durchgeführt werden, um so mehr, als jetzt sogar aus der Reichskommission, z. H. des Genossen Graz - Schritt, den sie von nun an weiter tun, vermehren sie nur Deutschland über Holland Waffen und Munition mann, Berlin SO. 16, Engelufer 15( Gewerkschaftsbund), die Gefahren für sich selbst. Gelingt ihnen der unwahrscheinnach Polen zu transportieren versucht wird. zu melden, die für schnellste Erledigung des Falles Sorge zu liche und nach der derzeitigen Lage der Kriegsoperationen tragen hat. aussichtslose Fall, beträchtliche Teile der russischen Heere zu vernichten, so werden um so rascher neue Stämpfer zu den russischen Fahnen eilen, und neue russische Armeen werden mit um so größerer Begeisterung den Krieg gegen die Eindringliche wieder aufnehmen.
Für den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund : Graßmann.
Für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands : Franz Krüger .
Die Organisationen haben die unterzeichnete Kommission zur Erledigung der sich hieraus ergebenden Fragen eingesetzt. Die von uns mit der Regierung über die Kontrolle der Transporte geführten Verhandlungen haben ergeben, daß volle Einmütigkeit in dem Willen besteht, alle neutralitätswidrigen und für ungefetliche Zwede( Orgesch, Einwohner. Für die Unabhängige Sozialdemokrat. Bartei Deutschlands : wehren usw.) bestimmten Transporte zu verhindern. Auf Grund der von dem Entwaffnungskommissar zu erlassenden Bestimmungen werden die Arbeiterorganisationen schleunigst Kontrollinstanzen schaffen, die die Gewähr für den Transport nur zulässiger Sendungen bieten sollen. Bis zu dieser Regelung sind alle verdächtigen Trans. porte anzuhalten.
Eine Ausnahme bilden alle auf Grund des Friedensver
Entwaffnet Euch!
Brunner.
Bender. Klibor.
Für den Hauptbetriebsrat der Eisenbahnen:
bedeutet und, seiner Ansicht nach, den errungenen Erfolg Der Sieg macht den Sieger blind für alles, was Maj schmälern fönnte. Auf beiden Seiten, bei den Bolschewifi sowohl wie bei den Polen , herrschen noch immer allein die Gesichtspunkte der nackten Gewalt vor, welche Verkleidung ihnen auch immer gegeben sein mag. So wie die Bolschewiki, jolange ihr schneller Vormarsch gegen Warschau andauerte, bestrebt waren, die Verhandlungen mit den Polen hintanzuhalten und sie bis zum Weißbluten zu bringen, scheinen jetzt umgekehrt die Polen eine dilatorische Taftit zu befolgen, um die erzielten Erfolge voll auswirken zu lassen.
und für die letzte Beit nichts, nur Straflosigkeit. Nach dem 1. Notarismus und Rückschrittler, gönnen den Polen das Gelingen vember treten die Strafdrohungen ein, das Gesetz läßt für die Zeit nachher Anzeigeprämien zu.
In erster Linie wird
durch würdige Werkrarbeit
Mit Jedem, wenn es sein muß auch gegen Jeden,
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Nur Wenige in der Welt, verbohrte Fanatiker des Miliihrer militärischen Absichten. Um so zu empfinden, braucht man ja nicht Bolschewit zu sein. Der dreiste, von langer Hand vorbereitete Feldzug Polens gegen Rußland troßDas Gesetz über die Entwaffnung der Bevölkerung ist in Kraft getreten. Die erforderlichen ersten Ausführungsvorschriften sind mit für die Ablieferung gewirkt werden. Dr. Peters will beweisen. von ihm schon früher annettiert wurden und es Hände voll dem gewaltige nichtpolnische Gebiete auf friedliche" Weise Zustimmung des Reichstagsbeirats festgesent. Geboten ist es jetzt, daß er vollkommen objektiv zum Wohle unseres nieder- bei sich zu tun hätte, da das Volk unjäglich verarmt ist das deutsche Volt auf die schwere Bedeutung des Gesetzes getretenen Volkes arbeiten will. hinzuweisen. Die Berpflichtungen, die wir durch den Friedensschenräumen eingesammelt und in den Betrieben des Reichsschat- pathien auf Rußlands Seite schlagen. Bei einem Teil der Die abgelieferten Waffen werden freisweise in furzen 3wi- hat vor allem dazu geführt, daß sich die allgemeinen Eymvertrag und die Vereinbarungen von Spa haben übernehmen amtes auf Arbeitswerkzeug verarbeitet werden. Arbeiterklasse spielte dabei der Umstand mit, daß man in müssen, verlangen das Entwaffnungsgeses. Unabsehbar sind die Folgen, wenn die Entwaffnung nicht gelingt. An alle Volls- reben sein, wenn die friedliche Attion nicht zum Ziel führen sollte. welchem ihre Klassengenossen die Regierungsgewalt in Här den Ueber später anzuwendende Zwangsmittel wird erst zu Sowjet- Rußland den Träger des Sozialismus, das Land sieht, in genossen geht die Forderung, die Waffen herauszugeben. Wer sein Der Entwaffnungs- Trümmerhausen muß beseitigt werden, wenn haben. Diese Ansicht ist verkehrt und fann nur auf die große Vaterland nicht, aufs neue infolge der Nichterfüllung des Friedens wir vorwärts kommen sollen. Unkenntnis über die russischen Zustände zurüdgeführt werden. vertrages in schwere Gefahren stürzen will, darf sich der Das imperialistische, eroberungslüsterne Polen hat also Forderung der Waffenabgabe nicht entziehen. Die Befolgung objektiv von früh bis spät! das bezeichnet Dr. Peters als sein einen Anschlag auf Rußland gewagt. Das totgesagte, erder Vorschriften, die zur Durchführung der Waffenabgabe erlassen Motto. schöpfte Rußland sammelt seine Sträfte und in einem wüchtigen werden, ist gebieterische Notwendigkeit; die Entwaffnung der BeAnlauf wirft es den Angreifer zurück, verlegt ihm einen völkerung ist für uns 3 wang und gleichzeitig Lebensfrage. Die Waffenabgabe wird gleichmäßig und unparteiisch schweren Schlag nach dem anderen und vertreibt ihn aus den Gebieten, die ihm, also dem polnischen Eroberer, nie gegegen jeden durchgeführt werden, mag er in seiner politischen Die Reichsregierung war einmütig der Ansicht, daß dieser hören können. Diesen Hergang verfolgte die gesamte JuterAnschauung rechts oder links stehen. Wer säumig ist, wer wider Organisation teine Ausnahmebehandlung zu gewähren sei, und daß nationale und, ob bolichemistisch oder antibolschewistisch, nahm willig bleibt, den muß die schwere Strafe des uns im Spa- Abkommen der Reichskommissar für die Entwaffnung die Angehörigen diefer fie von dem Siegeslauf der russischen Heere, als dem Sieg abgeforderten Gesetzes treffen. Wir müssen durch die Tat den festen Organisation bei Durchführung der Entwaffnung schon mit Rücksicht der Gerechtigkeit, mit einer gewissen Befriedigung Kenntnis. Willen zur Erfüllung der übernommenen Pflichten beweisen, auf den Friedensvertrag und die Abmachungen von Spa nicht wie weit sollte aber der Gegenstoß geführt werden? War sonst drohen uns neue schwere Belastungen, die unser gesamtes Wirt- anders zu behandeln habe als andere Staatsbürger. Zu dem es zur Erreichung des Kriegszieles notwendig, den An schaftsleben vernichten würden. Berbot der Organisation Escherich durch die preußische Regierung auf Barschau zu unternehmen? Im Gegenteil. Wer igriff Stellung zu nehmen, lag bei dem föderalistischen Charakter des Reichs für die Reichsregierung fein Anlaß vor, da die Handbabung fich erinnert, wie fatastrophal die Stimmung in Polen in den des Vereins- und Versammlungsrechts in den Händen der Länder letzten Wochen war, wird zugeben müssen, daß die bloße liegt, und es den Beteiligten freisteht, fiber die Rechtmäßigkeit des Berbots eine gerichtliche oder verwaltungsgerichtliche Entscheidung herbeizuführen.
Programm des Entwaffnungskommiffars.
getroffen werden. Die freiwillige. Abgabe soll vom 15. September bis 1. November erfolgen. Alle Waffen- und Munitionslager find für jedermann anzeigepflichtig. Der Reichskommissar will diese Anzeigen gegebenenfalls durch den Gid bekräftigen lassen. Auch Vereinigungen unterstehen der Anzeigepflicht... Die
Keine Ausnahme für Orgesch.
Organisation Escherich befaßt. Das Reichskabinett hat sich mit der Behandlung der
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Bedrohung Warschaus eine größere psychologische Wirkung ausübte, als es die Einnahme der Hauptstadt je hervorzurufen vermöchte, und daß dadurch das Ziel, dem Strieg ein Ende zu bereiten, viel eher erreicht werden konnte.
Die Sowjet- Regierung hat es unterlassen, ihre großen militärischen Erfolge in dem Sinne auszunüßen, um den Polen unzweideutig und fest vorzuschlagen, Frieden zu schließen. Sie hat das ebensowenig getan wie seinerzeit das kaiserliche Deutschland auf der Höhe seiner Erfolge. Sie hat, ebenso wie das offizielle Deutschland von damals, sich nur mit Redensarten über ihren Friedenswillen hegnügt, anstatt Tatsachen auf dem Wege zum Frieden zu schaffen. Das iſt allerdings eine eigenartige Striegs- und Friedenspolitik einer angeblich sozialistischen" Regierung.
Vor den Berliner Pressevertretern führte der ReichskomLondon, 24. Auguft.( Sollandsch Nieuwsbureau.) Der Korre missar für Zivil- Entwaffnung, Dr. Peters, am Dienstagmittag fpondent des Daily Serald" in Minst meldet vom 23. Au u. a. aus: Außer den im Gesez vorgesehenen Ausnahmen von der gust: Die heutige Sigung hat gerade noch einen formet Eniwaffnung gibt es teine. Wir wollen aus der Wild- West- ten Abbruch der Verhandlungen vermieden. Die polnische Antund Lederstrumpfromantik herauskommen, in der Manche glauben, wort auf die russischen Bedingungen besteht darin, daß von sämtrach ihrem Willen müsse regiert werden und diesen Willen könn- lichen raffischen Forderungen nur eine einzige, nämlich die der ten sie durch Waffengewalt durchseßen. Die Abschaffung dieses Demobilisation angenommen werden sollte und die Annahme Zustandes wird viel Mißtrauen beseitigen. Roh gewaltsames Vor dieser Forderung noch an die Bedingung der Gegenseitigkeit gehen würde zu schweren Erschütterungen führen, zunächst sollen geknüpft wurde: Die Polen erklärten ferner, daß sie unter der die friedlichen Mittel restlos ausgeschöpft werden. Die MaßnahDemobilisation auch die Stillegung der gesamten men sollen Die landläufige Begründung eines intmer weitergehenden in strengster Objektivität Kriegsindustrie verständen. Der Vorsitzende der russi Vormarsches die Bestrafung des Angreifers und das Ziel schen Friedensdelegation erwiderte, daß die Erklärung der Polen der Sicherung hört sich sehr schön int Munde der in dieser Form nicht diskutabel sei, da Rußland noch andere Imperialisten und Annerionisten an, verfehlt aber ihren Zweck, Gegner habe. Innerhalb der Besprechung über die militärischen da gerade der Weltkrieg den Wert' derartiger Argumente Fragen, die also beiderseits als undiskutabel angesehen wur- auch den politisch Unerfahrenen flar vor Augen geführt hat. den, besprach man auch die geographischen Fragen. Hier stand die Die Schuldigen am Kriege werden nie bestraft. Auch die für fog. Curzonlinie zur Erörterung, ferner beriet man die Anregung die Polen so harten Friedensbedingungen der Bolschewitt, des Bölferbundes, Bufferstaaten zu gründen. Der all- enthalten nichts und können nichts enthalten, was nach Begemeine Gindrud ging dahin, daß diefe Sisung die leste sein strafung der wirklich Schuldigen, aussehen würde. Jede derwird. Der Sonderberichterstatter, bes Manchester Guarartige Bestrafung" ist nichts anderes als vermehrtes Leiden dian" in Minst melbet weiter, bak die Polen nur die Forderung der unbemittelten Klassen der Bevölkerung. Sie sind nach einer Demobilisation angenommen hätten, jedoch ver- es, die in der Hauptsache Opfer an Blut zu erleiden haben. langten fie die Eisenbahnlinie Bialystok - Grajews, was von Die Teuerung, die Requisitionen, alle mit der militärischen russischer Seite natürlich als unbiskutabel erklärt wurde. Besetzung und später mit der Liquidierung der KriegsFerner erklärten sie Balen, daß die Berteilung von Land sowie die folgen verbundenen Entbehrungen und Drangsalierungen Zuweisung von Vich und Sterben eine inner polnische An- haben in ihrer ganzen Schwere die besiglosen und arbeitenden gelegenheit wäre. Die Forderung sei eine Einmischung der Rufsen Massen auszukosten. Nichts anderes ist es mit der sogenannten in die inneren Angelegenheiten Polens und eine Verlegung der Sicherung des Sieges. Erinnern wir uns doch dessen, daß inft unter dem Eindrud' der volnischen Siege ihre Forbes alle deutschen Eroberungspolitiker mit Entrüstung es von sich tionslinie entsprechend der strategischen Lage. wiesen, fremdes Land erobern zu wollen. Was alles sie nur
Orgesch, wenn sie Waffen hat, ist zu entwaffnen. Die rechtliche Zulässigkeit landespolizeilicher Maßnahmen nachzu prüfen, ist Sache der Gerichte. Auch Beute waffen sind abzuliefern, ebenso Jagdwaffen natürlich nicht die der Forstbeamten oder beamteten Feldhüter. In isoliert gelegenen Gehöften und Gemeinden erfolgt die Entwaffnung erst, wenn dort die Sicherheit gewährleistet ist. Abgeliefert werden kann bei jeder ( nicht nur der Wohn-) Gemeindebehörde. Landes- und Bezirkskommissar werden bestimmt werden, besondere Behörden werden nicht errichtet.,
Es muß schnell, gehen; das Gesetz ist befristet und Spa fordert es. Für schnelle Ablieferung werden Prämien gegeben, und zwar für die Zeit von 15. September bis 10. Ottober 100 M. pro Gewehr, nachher 50 M.
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