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Nr. 428 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 77

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Berteljährl. 30,-mt, monatl.10,-. frei ins Haus, voraus zahlbar. Bost Deug: Monatlich 10,- t, erl. 8u. tellungsgebühr. Unter Kreuzband für Deutschland und Oesterreich 16,50 m., ür das übrige Ausland bei täglich einmal. Zustellung 2150 M. Boſtbe­itellungen nehmen an Desterreich, Ungarn , Tschecho- Slowakei , Däne mart, Holland , Curemburg, Schweden und die Schweiz . Eingetragen in die Boſt Zeitungs- Breisliste. Der Borwärts" mit der Gonntags. beilage Bolt u. Reit" erscheint wochen. täglich zweimal. Sonntags und Mon tags einmal

Telegramm- Adresse:

Sozialdemokrat Berlin ".

Morgen- Ausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Die achtgespaltene Nonpareillezeile toite13,-M., Teuerungszuschlag 50% Kleine Anzeigen", das tett gedruckte Bort 1,- M.( zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 60 Bfg. Stellengesuche und. Schlafftellenanzeigen das erste Mort 65 Bfg., jedes weitere Wort 40 Pfg. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Teuerungszuschlag 50%- Familien Anzeigen für Abonnenten geile 2, M., politische und ge­werkschaftliche Vereins Anzeigen 3. M. Die geile ohne Aufschlag. Anzeigen für die nächste Rummet müffen bis 5 Uhr nachmittags im Sauptgeschäft. Berlin SW 68, Linden­Straße 3, abgegeben werden. Geöffnet von 9 Uhr früh bis 5 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Ferniprecher: Amt Morisplas, Nr. 15190-15197.

Sonnabend, den 28. August 1920

Kontrolle der Waffentransporte.

Verständigung mit der Abordnung in Minst ohne Verzug behoben werden; denn allein eine direkte und regelmäßige Berbindung mit unserer Abordnung kann die Bedingungen schaffen, die zu einem befriedigenden Ergebnis der Verhandlungen führen.

Arbeiter, Angestellte und Beamte von Berlin und der Provinz Brandenburg ! Entsprechend dem Auftrag der Reichskommission, zur Siche­rung strengster Neutralität zur Bekämpfung der Konterrevolution alle Waffen-, Munitions- und Truppentransporte zu kontrollieren, haben die unterzeichneten Körperschaften beschlossen, in Berlin Der Verzicht Ttschitscherins wird in der bürgerlichen englischen und der Provinz Brandenburg an allen wichtigen Eisenbahn- Presse als unaufrichtig angesehen. Die Blätter meinen, daß knotenpunkten und Transportwegen Kontrollinstanzen ein- der Verfasser der anmaßenden Note fich zu viel einbilde, wenn er zusetzen. Diese müssen auf das strengste die Kontrolle aller annehme, daß jetzt, wo die unmögliche Bedingung aufgegeben Waffen-, Munitions- und Truppentransporte durchführen. Eine worden ist, die Regierungen in London und Rom den Polen raten Ausnahme bilden nur die auf Grund des Friedensvertrages werden, den Rest der bolichemistischen Bedingungen anzunehmen, erfolgenden Transporte der Entente, die nachweislich da sie sonst von den Parteien der äußersten Linken der Unehr­für die Besagungstruppen bestimmt und als solche kenntlich ge- lichkeit beschuldigt werden würden. Im allgemeinen finden die macht sind, jedoch muß auch über diese der untengenannten Zentral- Blätter, daß es schwierig ist, zu sagen, wie eine vernünftige Rege. stelle sofort mitteilung gemacht werden. Diese Kontrollstellen lung der Dinge erreicht werden kann, ohne eine allgemeine Kon­find nicht berechtigt, selbständige Entscheidungen von weittragender ferenz über die osteuropäische Frage, wie sie Lloyd George ur­Bedeutung zu treffen, sondern sind verpflichtet, in Zweifelsfällen sprünglich vorgeschlagen hat( und die Ttschitscherin ablehnt. Red.). fich sofort mit unserer

Zentralstelle, Genosse Hermann Müller , Berlin D. 27, Schicklerstr. 5/6, Telephon Alex. 3007 und Königst. 3759, in Verbindung zu sehen. Wir ersuchen die Kontrollinstanzen, ihre Zusammense sung in derselben Weise vorzunehmen, wie fic von den unterzeichneten Körperschaften erfolgt ist und die Adresse des Obmanns unverzüglich an den Genossen Hermann Müller einzusenden.

Arbeiter, Angestellte und Beamte! An Euch

liegt es nun, dafür zu sorgen, daß entsprechend dem Aufrufe der Internationale und der Reichskommission der Konterrevolution feine Waffen und Munitionen geliefert werden und Deutschland nicht zum Tummelplak chauvinistischer Elemente von West- und Oft- Europa wird.

Für die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutsch­ lands , Bezirksverband Berlin- Brandenburg , Brühl . Für die Sozialdemokratische Partei , Bezirksverband Groß­Berlin, Häusler.

Für die Gewerkschaftskommission Berlin und Umgegend,

Sabath.

Für die Vereinigte Betriebsrätezentrale, Wegmann. Für die Betriebsräte der S. P. D., Reinknecht. Sür den Eisenbahnerverband, Ortsgruppe Berlin , Uhlich. Für den Transportarbeiterverband, Bezirksverwaltung Groß- Berlin, Klose.

Für den Bezirksbetriebsrat der Eisenbahner, Marci. ür den Zentralverband deutscher Post- und Telegraphen­bediensteten, Bezirksverband Groß- Berlin, Heyn.

Tschitscherin verzichtet.

Die russische Antwort an Balfour ist rechtzeitig ein­getroffen. Sie verzichtet auf die Bewaffnung der polnischen Arbeiter, um den Frieden zu erlangen. Merkwürdig ist eine polnische Regierungserklärung mit einem Angebot an Sowjet­rußland auf gemeinsame Befriedung Mitteleuropas . Wir verzichten! Die Herrschaften haben mit sich selber genug zu tun. Vermutlich dürfte auch Sowjetrußland danfend ab­lehnen, dem polnischen Imperialismus beizustehen.

Lloyd George soll den polnischen Wünschen nach mehr als 50 000 Mann Soldaten ablehnend gegenüberstehen. Wenn Deutschland nur 100 000 Mann habe, jeien 50 000 für Polen genug. Aber Lloyd Georges Standpunkte zeichnen sich durch eine graziöse Beweglichkeit aus.

Trotzdem ist man der Meinung, daß die Friedensaussichten injolge des russischen Rückzuges besser geworden sind.

Laut ,, Daily Mail" rechnet man in offiziellen Kreisen mit der Einberufung einer europäischen Konferenz, um den Status der russisch- polnischen Gebiete festzusetzen, deren nationale Bugehörigkeit zweifelhaft ist.

Polnischer Bericht.

26. August. Nord front. Während der Säuberung des Ge­biebes westlich der Linie Mlawa- 3jechanow wurden wieder 2000 Bolschewisten gefangen. Im Abschnitt der Stadt Leman befinden teidigend, zur deutschen Grenze zurückweichen. Es wurde sich noch einige tausend Bolschewisten, welche sich hartnäckig ver­festgestellt", daß unsere Abteilungen von zwei Batterien und Maschinengewehren der Bolschewisten beschossen wurden, die sich auf deutschem Boden befanden.(?) Auf der Chaussee Kolno Myjohnce erbeuteten wir 6 Geſchüße, 10 Maschinengewehre, Fahnen und die Kanzlei der 10. bolichemistischen Kavalleriedivision. Abteilungen der 3. Legionär- Division machten 1100 Gefangene. darunter den ganzen Stab der 57. Sowjetdivision und erbeuteten 4 Geschütze und 12 Maschinengewehre. Wir haben Grajewo bejezt. Russischer Bericht.

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Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3.

Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 117 53-54.

Wucherfreiheit.

Die Folgen freier Fleischwirtschaft.

Die Nachricht, daß demnächst die 3wangswirt­schaft für Fleisch aufgehoben werden soll, hat im ganzen Reiche lebhaftes Aufsehen erregt. In Baden hat man die freie Wirtschaft bereits eingeführt, und die Be­strebungen, nun auch in Preußen das Neß der Zwangswirt­schaft in die Ecke zu stellen, wurden immer stärker. Allerdings setzten sich nur diejenigen Schichten der Bevölkerung für eine freie Wirtschaft ein, die damit ein Geschäft zu machen ge­dachten. Zum Teil berief man sich dabei auf das Vorbild, das, der Freistaat Baden mit der Aufhebung sämtlicher 3wangsbestimmungen gegeben hatte.

Es ist nun sehr interessant, aus Stimmen aus dem deut­ schen Blätterwald einmal einen Einblick in die geteilten Meinungen zu gewinnen. So finden wir in der Kremmener Beitung" folgenden Erguß eines Freihandelsfreun­des, der aus seiner süddeutschen Heimat folgendes schreibt: " Ich las kürzlich, daß im tonangebenden Lande Preußen die Hausfrauen sich und ihren Angehörigen mit der Fleischkarte" immer noch die Tage verärgern müssen. Im Freistaat Baden hat man mit solchen Kriegszwangsmaßnahmen längst gebrochen. Der freie Handel blüht und die Fleischerläden von heute unter­scheiden sich in nichts mehr von denjenigen Anno 1914. Die Freude bei alt und jung ist groß. Die Aufhebung der Fleischzwangsbewirt­schaftung feierten die Metzgermeister von Säckingen durch einen Umzug, der von einer Musikkapelle eröffnet wurde. In der Mitte des Buges befanden sich sechs mit Fahnen geschmückte Sch I achttiere, und den Schluß machte ein mit vielen amt­lichen Verordnungen ausstaffierter Wagen und eine magere Wurst­gebung in remmen zu lesen." fuh. Ich würde mich freuen, in Bälde von einer ähnlichen Kund­

Es berührt ganz eigenartig, daß gleich nach der Auf­hebung der Zwangswiretschaft sechs mit Fahnen ge­ich mic te Schlachttiere vorhanden gewesen find, während man vorher dauernd über den Viehmangel ge­flagt hat. Früher mußte der profitgierige Landwirt unter dem Zwangssystem sein Vieh hinten herum verkaufen, um hohe Preise zu erzielen. Diese Vorsicht ist nun nicht mehr not­wendig. Jetzt steht Wucher und Preistreiberei von Rechts wegen" in vollster Blüte, weil kein Mensch da vorschiebt. Wie preisverteurernd die doreilige Maßnahme in Baden gewirkt hat, geht aus Zeitungsnotizen hervor, die schon Ende Juli in ganz dürren Worten mitteilfen:

26. August. Unsere Truppen fämpfen harinädig um den Be- ist, der dem Treiben der Händler und Auffäufer einen Riegel siz der Festungsfront von Brest Litowst.

Königsberg , 27. August. ( WTB. Der polnische Nordflügel ist nicht weiter über die Linie Grajewo- Ossowjez vorgerückt..Auf dem heutigen Wochenmarkt in Karlsruhe hatten zum Die Umgruppierung der zwischen dem Bug und der deut ersten Male die Metzger ihre Fleischverkaufsstände aufgeschlagen. schen Grenze stehenden polnischen Verbände ist im Gange. Ein Das Pfund Rindfleisch kostete allerdings 11 Mart." Kämpfe statt. Deftlich von Lemberg wird auf dem Westufer des sollte! Wenn schon Ende Juli, also kurz nach der Freigabe Grenzübertritt ist nicht mehr erfolgt. Bei Bialystok fanden heftige Das ist eine Tatsache, die nicht zu leichf bewertet werden Bug gekämpft. Wie das" Allensteiner Volksblatt" meldet, sind am des Handels, ein so hoher Preis gefordert wurde, dann war 26. August bei Gehsen der Stab der 10. russischen Infanterie- ungweifelhaft anzunehmen, daß die Preise weiterhin Division und das Oberkommando der 3. Kavallerie- Division( beide rasend steigen und daß von interessierter Stelle fein aur 4. Armee gehörend) mit dem Führer General Gen überge- Mittel unversucht gelassen würde, die günstige Gewinn­treten. Die ganze polnische Grenze ist nunmehr von den Polen gelegenheit für sich auszubeutten. Diese Annahme schlug nicht fehl, denn jetzt ist die Deutsche Fleischerfach= gesperrt. Wrangel meldet die Einnahme von Noworossist und Je- zeitung" in der Lage mitzuteilen, daß sich gerade in Badea faterinodar. der tollste Schieberhandel breit macht. Es heißt dort:

Die Zahl der übergetretenen Russen beträgt übrigens nur gegen 40 000.

In dem polnischen Heeresbericht vom 25. August heißt es: Das bolichemistische Somitee in Soldau , das nach Deutschland geflohen war, wurde unseren Truppen wieder aus. geliefert und vor ein Kriegsgericht gestellt.

Seit einigen Wochen ist die Zwangswirtschaft in Baden auf­gehoben und landauf und landab kann man Händler in den land­wirtschaftlichen Anwesen herumgehen sehen, die den Bauern geradezu fabelhafte Preise für ihr Vieh an­bieten und zahlen. Sämtliches bis jetzt verladene' Wieh wurde an die Rheingrenzstationen aufgegeben, was zu denken gibt. Daß aber Breisach und nicht z. B. Freiburg. als Bestimmungsort wählt wird, ist geradezu verdächtig. Als die Fessel der Zwangswirtschaft fiel und in den Metzgereien wieder Fleisch markenlos zu haben war, atmete alles auf. Aber wie lange fann dieser Zustand anhalten, wenn ganze Grirazüge mit In absehbarer Zeit- muß notgedrungen die Zwangswirtschaft wieder Schlachtvieh nach dem Elsaß verschoben werden.

Hierzu erfährt WTB, von amtlicher Stelle: Von dem boliche wistischen Komitee, dessen Mitglieder sich auf ostpreußisches Gebiet geflüchtet haben, ist ein Mitglied namens Müller wegen Raubes Die gestörten Verhandlungen. von der deutschen Gerichtsbehörde verhaftet und in das Gerichts. Warschau , 26. Auguft.( Funkspruch.) Mit Rücksicht auf die gefängnis Neidenburg eingeliefert worden. Die anderen Mit­noch immer gestörte& untverbindung mit der polnischen lieder befinden sich auf freiem Fuß auf pstpreußischem Abordnung in Minsk telegraphierte der Minister des Auswärtigen Gebiet. an den Unterstaatssekretär Dombskij, er möge nach Brest - Die infolge des russischen Vormarsches am 13. Auguft verlegte tauft ist mit Schlachtvieh..." eingeführt werden, weil das badische Land ausper­Litowsk kommen, wo er Mitglieder der polnischen Regierung Transportstraße für den Entente nach schub nach Danzig treffen werde und diesen über die Berhandlungen Bortrag halten. und Memel wird ab 26. August wieder auf die frühere Linie follte. Sebt man die Zwangswirtschaft in einem Augenblick Während seiner Abwesenheit in Minst solle er vom Unterstaats- Rottbus- Lissa Posen- Deutsch- Eylau zurückverlegt. Die Entente. follte. Sebt man die Zwangswirtschaft in einem Augenblick Die polnische Regierung veröffentlicht eine Erklärung, in kommission kehrt von Danzig nach Deutsch- Eylau zuiüd.

sekretär Wroblewski vertreten werden.

der es heißt: Der Sieg der polnischen Armee ändert nichts in der Haltung der polnischen Regierung in der Friedensfrage. Der Ent­schluß der polnischen Regierung, eine gerechte Lösung des

Der Abtransport.

dem Innern des Reiches rasch vorwärts gehen zu lassen. Anfang der nächsten Woche werden täglich 2000 Mann nach Pillau abtransportiert werden. Die Zahl wird bis Ende der nächsten Woche voraussichtlich auf 4000 Mann täglich, in der übernächsten Woche sogar auf 6000 Mann täglich gesteigert werden können.

Durch die Vorarbeiten der zuständigen Stellen in Ostpreußen Swistoś mit der bolichewistischen Regierung herbeizuführen, ist ist es gelungen, den Transport der internierten Bolschewisten nach niemals erschüttert worden. Wir führen keinen Krieg gegen die russische Nation und haben es nie getan. Wir wünschen keines wegs, uns frembes Land anzueignen; wir find im Gegenteil der Ansicht, daß freundschaftliche Beziehungen zur ruffischen Nation eine Grundlage für den dauernden Frieden Ofteuropas sind. Unsere Friedensbemühungen müssen aber ver­Zur Uebernahme und zum. Abtransport der nach Ostpreußen geblich bleiben, wenn die Verbindung der volnischen Regierung mit übergetretenen Russen werden zivei. Bataillone Reichewehr mittels ihrer Abordnung in Minst durch technische Schwierigkeiten des Schiff nach Billau transportiert. Gin beiteres soll mit Bahn durch Funkverkehrs und der Kurierverbindung gestört wird. Die pol- den Korridor nach Ostpreußen geführt werden, wozu das Ein­nische Regierung muß verlangen, daß alle Schwierigkeiten der verständnis der polnischen Regierung nachgesucht ist.

Hier droht eine Gefahr, die nicht unterschäßt werden auf, in dem die Nachfrage unendlich größer ist als das An­gebot oder der Vorrat, dann sind derartigen Vorkommnissen wie in Baden Tür und Tor geöffnet.

ist kein Ideal, und der Zwang" ist für viele Händler nur Darüber sind wir uns alle flar: Die Zwangswirtschaft dazu da, daß er durchbrochen wird. Weil aber im Falle des Erwischtwerdens doch der Strafrichter ein gewichtiges Wort mitzureden hat, organisiert man einfach den Generalſturm, um die gänzliche Beseitigung des verhaßten, verdienstbeschnei­denden, Systems durchzudrücken. Nicht einmal die Not­wendigkeit einer planmäßigen Uebergangs­wirtschaft soll gelten, sondern die Ausplin- derung der Konsumenten ohne irgendwelche Einschränkung ist das Biel

Die Folge einer unbeschränkten Verdienst" möglich­feit für Viehzüchter, Händler und Zwischenhändler muß ohne