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Nr.444 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 85

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Die Boft- Zeitungs- Breislifte. Der Borwärts" mit der Sonntags bellage, Bolt u. 8eit" erscheint mochen­täglich zweimal. Sonntags und Mon­tags einmal

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Vorwärts

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Dienstag, den 7. September 1920

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Betriebsräte und Transportkontrolle. Der Generalstreif in Württemberg

Jehnt.

Der Kommunistenstreich von Erfurt  . Die Nachricht von der Vernichtung von Entente­munition durch Erfurter   Eisenbahnarbeiter, die wir im Abendblatt besprachen, bestätigt sich leider. Durch Wolffs Bureau wird heute folgende amtliche Mitteilung darüber

berbreitet:

08

Aus Stuttgart   wird uns über den württembergischen Generalstreit geschrieben:

Die linksradikalen Drahtzieher, die mit dem Gedanken des politischen Rätesystems in Württemberg   schon lange hausieren gehen und im August verschiedentlich in von ihnen be­herrschten" Betrieben solche Arbeiterratswahlen durchführten, benugten die wegen des Steuerabzugs herrschende Weißstimmung unter der Arbeiterschaft für ihre Bwvede. In einzelnen Be­trieben waren der Betriebsleitung mündlich und schriftlich tätliche Angriffe in Aussicht gestellt worden, falls sie auf der Durchführung des des gesetzlich vorgeschriebenen Steuerabzuges vom Lohn verharrten. Verhandlungen zwischen Unternehmern und Betriebsräten führten feiner Verständigung, auch der Regierung gelang es nicht, ein anderes Ergebnis zu erzielen. Daraufhin ließ diese am 26. August die Betriebe Boich in Stuttgart   und Feuer­ bach  , Daimler in Untertürtheim und Maschinen. fa brit Eßlingen in Wettingen   durch Polizeiwehr besetzen und gleichzeitig den Belegschaften mitteilen, daß die Betriebe so lange geschlossen bleiben, als die Durch­führung des Steuerabzugs mit Gefahren für die Beamten des Betriebes verbunden set.

zu

Eine Bersammlung der Eisenbahner- Betriebsräte Berlins   am offen mit der Möglichkeit r hnen, daß aus solchen eigen- Der Generalstreit, der in Württemberg   gegen den Montagabend beschloß nach einem Bericht Dr. Kurt Rosenfelds vom mächtigen Handlungen der flitt mit der Entente Steuerabzug geführt wurde, ist nach achttägiger Dauer zu Reichs- Kontrollausschuß und mehrstündiger Aussprache, sich hinter entstehen und so Deutschland   in den Krieg an der Seite Ende gegangen. Erreicht wurde lediglich, daß die den am Sonntag veröffentlichten Aufruf der Spikenorganisationen Sowjetrußlands gerissen werden würde. Diese Elemente Arbeiterschaft unterschriftlich den Steuerabzug an­zu stellen. Sämtliche nach Polen   bestimmten militärischen spielen mit dem Feuer und es ist nur zu erkennen muß, den sie durch einen Generalstreit ab­Transporte find danach anzuhalten, dagegen die im Friedens begreiflich, wenn sich gegen solche unverantwortlichen Sträfte wehren zu können glaubte! Um dieses Resultat zu bittat vorgesehenen Transporte frei paffieren zu laffen. die ganze Entrüstung des deutschen   Volkes wendet. Wahr erzielen, wäre diese Aktion Wahr erzielen, wäre diese Aktion also nicht notwendig ge­Ein Antrag, alle Militär- und Kriegsmaterialtransporte ohne scheinlich allerdings ist, daß die Entlassung und mögliche Bewesen, und schwere Schädigungen Laufender von Arbeiter­Unterschied anzuhalten. wurde gegen wenine Stimmen abgestrafung der beteiligten Arbeiter wiederum zu einer Generalstreitfamilien hätten vermieden werden können, wenn nicht ein propaganda Veranlassung geben wird. Wir hoffen aber, daß Teil der Arbeiterschaft in Verkennung der einfachsten Tat­sich die Mehrheit der Arbeiter aus solchem Anlaß nicht sachen sich durch unabhängig fommunistische in unbesonnene Bewegungen hineintreiben lassen wird, die wortathleten seit Monaten in einen Zustand der Er­schließlich mit einer Niederlage wie in Stuttgart   enden regung und Verärgerung hätte hineinsteigern lassen, der zu müßten. Ganz anders steht es allerdings mit der Frage, ob einer Entladung in irgendeiner Form führen mußte. der Reichsverkehrsminister gut beraten ist, wenn er Sie organisierte Kontrolle der Waffen- und Munitions transporte durch die von der Reichsregierung zugestandenen gemeinsamen Kontrollfommissionen der sozialisti Am 3. September haben Eisenbahnarbeiter auf dem ichen Parteien und der Gewerkschaften durch seine Erlasse Bahnhof Erfurt   einen mit Munition beladenen Wagen aus verbietet. Diese Erlasse haben die unbesonnene Handlung einem vorschriftsmäßig angemeldeten Entente von Erfurt   nicht verhindern können. Sie machen in diejer nachschubzug abgehängt, obwohl auch dieser Wagen ord. Zeit der Gärung überhaupt nicht den Eindruck, den früher nungsmäßig tenntlich gemacht war. einmal die Erlasse eines Breitenbach hervorrufen konnten. handlungen mit den Arbeitern erreichte die Eisenbahn- Der Verkehrsminister sollte sich deshalb Glück wünschen, daß direktion die Zusicherung, daß der Wagen mit dem nächsten ihm bei der notwendigen Kontrolle die erfahrenen Organi Ententezug weiterlaufen sollte. Trotzdem haben am 4. Sep- fationen der Gewerkschaften zur Verfügung stehen. Statt tember Eisenbahnarbeiter verschiedener Dienststellen den Wagen dessen lehnt er diese Mithilfe nicht nur ab, sondern sucht tie entladen und die Munition auf freiem elde ver- Gemerfichaften zu brüsfieren Die Folge. ist lediglich, daß brannt. Der Reichs- Berkehrsminister hat die Eisenbahndirektion die kommunistischen unterirdischen Treiber bei den unaufge­telegraphisch angewiesen, sofort alle bei dem Abhängen lärteren Arbeitern desto größeren Einfluß gewinnen und die und Entladen des Wagens und der Bernichtung der Munition Gefahr, die durch die wilden Kontrollmaßnahmen herauf­beteiligten Arbeiter ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist befaymoren wird, um ein Bielfaches vergrößert wird. zu entlassen und sie außerdem der Staatsanwaltschaft Auch in Tilsit   ist ein Ronflift wegen der Neutralitäts­zur geschlichen Verfolgung anzuzeigen und für den der Eisen kontrolle zu verzeichnen, wenn man den Berichten bürger bahuverwaltung etwa entstehenden Schaden haftbar zu machen licher Blätter Glauben schenken darf. Dort hat die Kontroll- Zweifelsohne ein bisher beispielloses Vorgehen einer Beamte sind, soweit bisher festgestellt, an der Tat nicht be fommission eine Sendung von 150 Pistolen angehalten, die Regierung Arbeitern und Steuerzahlern gegenüber, das nicht angeblich für die Memeler Landespolizei bestimmt war. ohne Wirkung bleiben konnte. Weite Arbeiterfreise erklärten Die Anordnung des Verkehrsministers ist eine Folge Ebenso einen für das Memeler Gebiet bestimmten Waggon ihre Solidarität mit den von Regierung und Unternehmern des disziplinlosen Verhaltens der Arbeiter. Die Eisenbahn- Saatgetreide. Man spricht davon, daß das Memeler Gebiet gleichzeitig Ausgesperrten. Sofort setzten die radikalen Draht­arbeiterschaft in Erfurt   steht fast ganz unter unabhängigen wahrscheinlich zu Repreffalien greifen würde, wobei eine zieher ein. Die Arbeiter follten den Kampf, der nach ihrer und kommunistischen Einflüssen. Die Arbeiter, die trop der Sperre der Milch- und Schlachtviehzufuhren in Frage käme. Meinung natürlich nur mittels Genera Istreif zu führen Verhandlungen ihrer Kommission aus eigenem heraus zu Augenscheinlich haben die Tilsiter Eisenbahner die Weber- war, selbst, ohne die Gewerkschaftsbonzen, führen. Man der wilden Maßregel griffen, sind augenscheinlich das zeugung, daß sowohl die Pistolen, als auch das Saatgetreide wollte, wie das in der Donnerstag- Nummer der Berliner  Opfer tommunistische Phrasenhelden ge- in Wirklichkeit nicht für das Memeler Gebiet bestimmt seien, Roten Fahne" offen ausgesprochen wird, die Herrschaft worden, von denen einer erst fürzlich in einer unabhängigen vielmehr lediglich zum Verschieben an einen der Krieg der politischen Arbeiterräte" mit dem General­Versammlung zu Erfurt   erflärte, man müsse es zum Krieg führenden. Das Memeler Gebiet ist bekanntlich durch den streik in Württemberg   einleiten. Friedensvertrag von Deutschland   abgetrennt und steht unter Wir nehmen noch immer an, daß ein Zeil der beteiligten englischer Vormundschaft. Die Sperre der Zufuhr könnte Arbeiter sich der Tragweite ihrer Handlungsweise nicht be- also auch dort zu internationalen Konflikten führen. Wir wußt geworden ist, daß aber sicher die Anstifter ganz hoffen aber, daß fie vermieden werden.

feiligt.

mit der Entente treiben.

Sühnebesuch in Breslau  .

Breslau  , 6. September.  ( WTB.) Oberpräfident 8immer hat bereits am 3. September den polnischen Konsul in Breslau   aufgesucht, um ibm sein Bedauern über die Breslauer Borgänge auszudrüden. Die Unterredung fand in durchaus ver­bindlicher Form statt.

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Eine unkontrollierte Betriebsräteversammlung in Stutt­ gart   ließ man in offener Abstimmung den Streik für das ganze and beschließen und die Leitung einem Aftionsausschuß übertragen, der sich aus Betriebs­räten und Vertretern der der drei sozialistischen   Parteien zusammenzusehen habe. Ein entsprechender fommunistisch leitung hat sich auch an General Le Rond gewandt, der jedoch orientierter Generalstreit- Aufruf war vorbereitet, ablehnte, sich in wirtschaftliche Differenzen" einzumischen. Als er trug auch schon die erforderlichen Parteiunterschriften, als die Werbleitung erklärte, daß sie dann die Grube schließen eine Vertrauensmännerversammlung unserer Partei da­müsse, erklärte De Nond, dann dürften Sie die Verantwortung zu Stellung nehmen und aussprechen konnte, daß sie es a b- tragen!" Der Vertreter der Werkleitung hat darauf erklärt: Die Lehne, für einen Generalstreit die Verantwortung mitzu­werde ich tragen. Die   Geseke befehlen mir die Schließung der übernehmen, an dessen Proklamierung mitzuwirken fie teine Gruben, wenn feine bergbehördlich anerkannten Beamten ba Gelegenheit und von dessen Notwendigkeit oder Zweckmäßig­find." Auf die Frage, ob die Kommission bei der Schließung der feit im gegenwärtigen Augenblick fie auch noch nicht überzeugt Grube die   deutschen Arbeiter schüßen werde, schwieg de sei. Dieser Widerstand erreichte, daß der Streilaufruf von Oberschlesische Willkürherrschaft. Rond. Ein anwesender Italiener erklärte, daß eine Kompagnie dem Attionsausschuß allein unterzeichnet wurde und die politischen Parteien nur als Beirat an dessen Im Gegensatz zu einer früheren interalliierten Anordnung hat Italiener nach Lazist geschickt werde. Ausdrücklich Sigungen teilnahmen. erklärte unsere Major Ottley hat einem   deutschen Vertreter selber erklärt, Vertrauensmännerversammlung ihre engste Solidari­der französische Kreisfontrolleur von Gleiwit den Amtsvorstehern für unpolitische Strafverfolgungen und Strafvollstreckungen im daß es unmöglich sei, von den   Polen Waffen berauszubekom- tät mit den Ausgesperrten, appellierte Auftrag der Staatsanwaltschaft die Einholung seiner vorherigen men. Er hat hinzugefügt, daß nach seiner Ansicht die Abstimmung an die Genossen, der Parole des Aktionsausschusses in nicht stattfinden könne, bevor die Waffen tbgegeben sind. Unter der eingeleiteten Aktion Folge zu leisten, um diese zu einem diesen Umständen ist die Besorgnis der   deutschen Bevölkerung guten Ende zu führen und die Arbeiterschaft vor größerem bauernd im Steigen, zumal das Gerücht verbreitet wird, daß man Schaden zu bewahren. Ihre endgültige Stellungnahme zum in   Paris mit der Absicht umgehe, die Abstimmung überhaupt Streif dürfe im jezigen Moment nicht ausschlaggebend sein. in einer Mitteilung des Dziennik Poznansti", wonach in   Paris In Bogutschütz fand Sonntag abend eine Festlichkeit deutschon die Frage aufgeworfen werde, ob es nicht richtiger wäre scher Angestellter statt. Gegen 12% Uhr nachts drangen 40 bis 50  Oberschlesien den   Polen ohne Abstimmun Polen ein und verursachten wüste Prügelszenen. Die neue Ab zu geben. stimmungspolizeit griff nicht ein. Vielmehr hat ein polnisch Dieser strupellosen Heßerei der polnischen Presse ist die deutsche sprechender Polizist die Eindringlinge erft in das Hotel hinein-   Bresse   Oberschlesiens deshalb nicht gewachsen, weil sie infolge der gelassen. Die zu Hilfe gerufene französische Sicher- polnischen Denunziationen von willkürlichen Verboten bedroht heitswache erschien nicht. ift; so wurde tregen einer an sich unbedeutenden Notiz, die auch in Entgegen der Vereinbarung gehören polnische Aufftondsführer polenfreundlichen Blättern gestanden hatte, ein deutsches Organ den Bürgerwehren an. berboten und erhielt auf seine Reklamation bin von dem zuständigen Wegen Aufbewahrung eingezogener Waffen sollte der   französischen Offizier lediglich zur Antwort, es genüge in Kattowizer Polizeipräsident 15 000 M. Strafe zahlen. Das   inter- folchem Falle ein Verbot, und die deutsche Zeitung könne es sich schmunzelnd zur Kenntnis, nicht minder die weitere, daß das alliterte Offiziersgericht hat ihn freigesprochen. zur Ehre anvechnen, daß sie wegen ihrer größeren Verbreitung vom Aftionsausschuß herausgegebene Mitteilungsblatt Tag Während der ganzen Verhandlung mußte er unter Bewachung davon betroffen werde. für Tag Angriffe auf die Sozialdemokratic stehen. Die Schlesische Beitung"( deutschn.) ist von dem richtete, anstatt in diesen für die Arbeiterschaft bitterernsten Ja der Brinzengrube bei Bazist haben die   Polen 13 deutsche interalliierten Kreistontrolleur im Land- und Stadtfreis Ratto Stunden die Einheit und Geschlossenheit über das Parteigezänk Beamte abgefeht und polnischen Gefaß eingestellt. Die Wert wit bis auf weiteres verboten worden. I zu stellen.

Genehmigung auferlegt. Auf polnisches Verlangen nnd mit Zustimmung der franzöfichen Offiziere bis zum General Gracier hinauf mußte die neue Ab­stimmungspolizei My slowit sofort wieder verlassen. Die blaue

Polizei, die als Ersatz fam, mußte gleichfalls abziehen. In Bipine geschah dasselbe.

nicht stattfinden zu lassen. Nahrung findet dieses Gerücht z. B.

Der Streit wurde proklamiert.

unzulänglichkeit der vom Aktionsaus schuß getroffenen Gefert zeigte sich die Vorkehrungen. Eine Verbindung mit den übrigen Industrie­orten des Landes fehlte faft ganz, und es dauerte verschiedene Tage, bis sie auch nur mit den wichtigeren hergestellt war. In   Stuttgart selbst ließ die Durchfühung des Streits viel zu wünschen übrig; weder die Stillegung aller Betriebe gelang, noch wurde die vom Aktionsausschuß für Geschäfte und Wirtschaften festgesette Betriebszeit beachtet, nicht einmal in den hauptsächlich von Arbeitern bewohnten Stadtvierteln und Vororten. Unternehmer und Regierung nahmen diese Tatsachen