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Nr. 451 37.Jahrgang Ausgabe B fir. 88

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fret ins Haus. Doraus zahlbar. Boft­bezug Monatlich 10,- ML, erfl. 8u stellungsgebühr. Unter Kreuzband für Deutschland   und Defterreich 16,30 m, für das übrige Ausland bei täglich einmal Ruftellung 21.50 m. Pofthe­stellungen nehmen an Desterreich Ungarn, Tschecho Glowater, Dane mart, bollano. uremburg, Schweden  und die Schweiz  . Eingetragen in

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die Boft eitungs- Breisliste. Der Borwarts" mit der Sonntags beilage Bolt u. Reit erichemt wochen. iglich zweimal Sonntage und Mon­tags inmal

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.Sozialdemotrat Berlin".

Abend- Ausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

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kernivrecher: Amt Morinvias, Nr. 15190-15197.

Freitag, den 10. September 1920

Der Neumärkische Agrarierstreik.

Der preußische Minister des Innern, Genosse Severing, hat den Regierungspräsidenten von Frankfurt   a. D., Genossen Bartels, noch am Donnerstag beauftragt, sofort mit den Or ganisationen der Landarbeiter und Gutsbe. figer zu verhandeln. Diese Verhandlungen werden wahr scheinlich Sonnabendabend beendet sein und dann werden dem Ministerium des Innern konkrete Vorschläge zur Beseitigung des Lieferungsstreiks vorgelegt werden.

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Eine Berliner   Korrespondenz jeilt weiter mit:

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ge­

Vorwärts- Verlag 6.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 117 53-51.

Helgoland unter Ausnahmerecht.

Von der Insel Helgoland   wird uns geschrieben: Auf der Insel Helgoland   herrschen eigenartige Ver­Unruhen und die entstandene Spannung fand gestern ihre Ent- hältnisse. Während im übrigen Deutschland   schon im vorigen ladung vor dem Arbeitsnachweis. Bei Ansammlungen und Jahre die Neuwahlen zur Gemeindevertretung auf Grund Aufläufen der erregten Arbeitslosen in den Straßen um den Post. des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts plas ging plöslich die Gendarmerie in einer unnötig vorgenommen wurden, ist auf Helgoland   noch immer die Gemeindevertretung. a m Ruder und scharfen Weise vor, die die Erbitterung unter den Massen a Ite aufs höchste steigerte. Die Polizeibeamten drangen nach schaltet und waltet, wie es ihr beliebt. Wie sie ihr Amt der Aufforderung auseinanderzugehen sofort ausübt, hat der Ausgang einer kürzlich stattgefundenen Ver­auf die in dichten Massen umherstehenden Grup handlung vor dem Schöffengericht bewiesen, in der der Vor­pen mit blankem Säbel und Gummik nütteln ein fizende des Sozialdemokratischen Vereins Helgoland   wegen und schlugen auf die Leute, gleich viel ob Mannover Beleidigung der Gemeindevertretung angeflagt war. Er hatte Frau und selbst barmlose Passanten 1o8. Es gab in einer vor einiger Zeit abgehaltenen öffentlichen Versammlung Der Lieferstreil der Landwirte im Kreise Königsberg   in viele Schwerverlette, und ich selbst bekam zwei Siebe behauptet, daß der Gemeindevorsteher durch Vorspiegelung die der Neumark  , der die Abberufung des jezigen kommissarischen mit einem Gummiknüttel über den Kopf, ohne daß ich als Straßen. Bertretung bewogen hätte, Gelder zu bewilligen, die die Ver­Landrats, des demokratischen Regierungs- und Baurats Fiehn passant das geringste getan hätte. Das geradezu unsinnige tretung, wenn sie von der wirklichen Lage in Kenntnis gesezt bezmeckt, hält an. Auch heute ist nur ein geringer Bruchteil der Vorgehen der Beamten wurde von allen Seiten verurteilt. Die worden wäre, nie bewilligt hätte. Weiter war der Vorwurf von ihm erhoben, daß der Gemeindevorsteher als Beschaffungs­sonst nach Berlin   gelieferten Milch hier eingetroffen. Inzwischen Unruhen währten bis zum späten Abend. haben nun auch die vorgesetzten Verwaltungsstellen eingegriffen, Die Borgänge haben gezeigt, daß die Regierung, nachdem beihilfe für sich 2000 Mark und für die Beamten 1000 Marf und Kinderzulagen hätte bewilligen lassen, während die um vor allem den jetzt drei Tage andauernden Lieferstreit zu be- fie tagsvorher in einem Aufruf energische Maßnahmen angekündigt enden. Am heutigen Freitag vormittag ist der Regierungspräsident hatte, der Lage nicht gewachsen war. Abends beherrschte Angestellten davon ausgeschlossen wurden. Dem Angeklagten Barthels aus Frankfurt   a. D. in Königsberg   eingetroffen, nach- die Arbeiterschaft die Straßen und die Gendarmerie hatte gelang es in der zweitägigen Verhandlung, den Wahrheits­beweis für seine Behauptungen zu erbringen. Der Antlage­dem er bereits am Tage vorher eine Konferenz aller beteiligten sich in die Wachen zurückziehen müssen. In einer Unterredung vertreter mußte den größten Teil der Anklage fallen lassen. Stellen angeordnet hatte. An der heutigen Besprechung, die vor äußerte sich Wirtschaftsminister Schwarz über die Gefahren der Das Schöffengericht sprach den Angeklagten nach einstündiger allem der schleunigen Beilegung des Lieferstreits gait, Arbeitslosigkeit und erklärte selbst, nachdem Beratung fostenlos frei und betonte in der Urteilsbegründung, nahm der kommissarische Landrat Fiehn, Vertreter des and Slemmercien verschiedener Kreise des Bürger- daß dem Angeklagten der Wahrheitsbeweis ge Lundes, des Verbandes zur Wahrung der ländlichen Interessen tu ms verurteilt hatte, daß den Erwerbslosen nichts anderes Iungen sei. Die Gemeindevertretung habe sich derart gegen des Kreises Königsberg  , alio der Streifleitung, des Landarbeiterver- übrig bleibe als Selbstmord oder Diebstahl, und daß sich Vorschriften und Geseze vergangen, daß eine weitere Verjol­bandes sowie die Verbraucher feil. Die Verhandlungen nahmen Verhältniffe entwideln fönnten, die in blutigen Bürgergung dieser Angelegenheit noch durch andere Stellen nötig mehrere Stunden in Anspruch. Ein Ergebnis ist noch nicht bekannt. tr.i eg oder in brutale Dittatur auslaufen würden.

Wir behalten uns vor, auf die Angelegenheit, über die uns zahlreiches Material zugegangen ist, insbesondere auf die Rolle, die der Landbund" hierbei spielt, zurückzukommen.

Schwere Unruhen in Dresden  . Dresden  , 10. September.  ( T.) Der Dresdener   Vertreter der Telegraphenunion berichtet als Augenzeuge über schwere Un­ruhen in Dresden   Folgendes: Die bereits bekannten Borgänge am gestrigen Tage, verursacht durch die Berteilung verdorbener Heringe an die Arbeitslosen, waren der Auftakt zu großen

Riga  .

Die polnische Delegation reisefertig Baris, 9. September.  ( WTB.) Havas berichtet aus War­ schau  , daß in einem Radiotelegramm an Tschitscher in der polnische Außenminister mitteilte, daß die polnische Dele gation mit Bollmachten zum Abschluß eines Waffen stillstandes und der Friedenspräliminarien, evt. bes Frieden 8 vom 12. September ab in Danzig   zur Abfahrt nach Riga   bereit sein werde.

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die russische aber nicht( Baris, 10. September.  ( WTB.) Wie Temps" fich telegra­ phisch   aus London   melden läßt, hat sich die Sowjetregierung entschlossen, zu der neuen Friedenskonferenz nach Riga   teine De­legierte zu schicken. Nach den bei Kamenem eingegangenen Nachs richten beklagt sich die Sowjetregierung darüber, daß die lettische Regierung nicht auch dem hilfs personal der ruffischen De legation Immunität gewährleistet hat. In London   tennt man noch nicht die genauen Gründe der neuen Schwierigkeiten. Es heißt, daß die lettische Regierung gewissen Propaganda­agenten und anderen unerwünschten Leuten, die die Sowjet regierung ihrer Delegation beigegeben hat, mißtraut. Wir geben diese Meldung nur mit Vorbehalt wieder, da sie sich augenscheinlich auf ein inzwischen beigelegtes Hin­Sernis bezieht.

Polnischer Heeresbericht. Kopenhagen  , 10. September. Nach einer Warschauer  

Meldung heißt es in dem polnischen Heeresbericht vom 8. Sep­tember: An der litanischen Front wurden die angreifenden litauischen Abteilungen nach Norden hin zurückge: worfen. Am Narew haben wir durch einen kühnen Ausfall 500 Bolschewisten gefangengenommen. Die Neste des geschlagenen Heeres Budjennys haben sich über den Bug in der Rich­tung auf Wladimir zurückgezogen. Bubjenny hat sehr große Berluste erlitten. Am Dnjestr  , Gnila Live und oberen Bug erfolg reiche örtliche Kämpfe.

Warschau  , 9. September. Generalstabsbericht vom 9. Sep­

ember: Im Bereiche von Suwalki   ist die Lage unver ändert. Ein bolschemistischer Angriff auf Sidra wurde ab gewiesen. Unsere an mehreren Stellen der Front durchgeführte Ausfallaktion führte zur Einnahme von Maloryto. Der Feind führte Gegenangriffe aus, um die von uns bejezten Orte wieder zuerobern, hauptsächlich jedoch, um den wichtigen Knotenpunft Shabinka zu befeßen. Seine Angriffe blieben erfolglos. Die

er die

fein würde. Die Regierung hat die Prozeßverhandlung steno­graphisch aufnehmen lassen.

Wie die Dena" zu den Unruhen in Dresden   meldet, war nachts Wie weiter auf Helgoland   gearbeitet wird, geht schon gegen 1 Uhr in der Stadt die Ruhe wieder eingetreten; auch heute daraus hervor, daß man die Forderung der Arbeiter und der ist die Stadt ruhig; jedoch wird eine Wiederholung der Zu- minderbemittelten Bevölkerung nach Errichtung einer Preis­fammenstöße befürchtet. Hoffentlich bersagt die sächsische Regie prüfungsstelle einfach glatt ablehnte. Es ist verständlich, daß. rung nicht wieder so vollständig wie bei den gestrigen Unruhen. unter solchen Umständen das Verlangen nach einer anderen Gummiknüppel und blanke Säbel müssen als ein höchst unge Zusammensetzung der Gemeindevertretung immer eignetes Mittel bezeichnet werden, um die Erregung der Be- stürmisayer wird. In der schon erwähnten Versammlung völkerung zu mildern. Wir erwarten schleuniges Eingreifen wurde in geheimer Abstimmung mit über 500 gegen 12 der Regierung und strengste Bestrafung der schuldigen Stimmen der sofortige Rücktritt und die Neuwahl der Polizeibeamten. Gemeindevertretung gefordert. Die Gemeindevertretung. wehrt sich dagegen mit Händen und Füßen. Es geht hier um ihre Vorrechte und für diese kämpft man mit So hat man unter anderem den Vor­allen Mitteln. ſizenden des Sozialdemokratischen Vereins mit Geld be­stechen wollen, wenn er seinen Stampf gegen die Gemeinde­Vertretung einstellen würde. Es hat sich weiter eine 25 er­Stommission gebildet, die die Rechte der Gemeindevertretung berteidigen soll. Man will angeblich die Rechte der eingesessenen Helgoländer wahren. Wie liegen aber die Dinge in Wirklich feit? Die Haupttreiber in der 25er- Kommission sind Na ch­tommen bon eingewanderten Deutschen  , die in den meisten Fällen sich aus Geschäftsleuten und Hand­werkern zusammenseßen.

Bolschewisten führten bei ihrer Aktion gegen Shabinka fieben Jn­fanterieregimenter in den Kampf. Unsere Beute in diesem Kampf beträgt 3300 Gefangene, 53 Maschinengewehre, vier Geschüße, ein Waggon mit Artilleriemunition, viel Train mit Kriegsmaterial und Lebensmitteln sowie zwei Panzerzüge. Längs des Bug beider seitige Patrouillentätigkeit. In Kleinpolen  ( Galizien  ) ist die Lage unverändert

Ein englischer Kreuzer für die polnische Delegation. London  , 10. September( TU) Die Polen  , die Schwierig. teiten bei der Reise ihrer Friedensdelegation von Danzig   nach Riga   befürchten, haben die britische   Regierung ersucht, einen en g lischen Kreuzer zur Beförderung der Delegierten zur Ber­fügung zu stelle

der seit Jahrhunderten auf Helgoland   ansässigen Bewohner, Die wirklichen Helgolander, die Nachkommen darf man nicht mit den Geschäftsleuten vergleichen. Die wirk­Der litauisch- polnische Streitfall. lichen Helgoländer sind vielfach wirtschaftlich abhängig von den Kopenhagen  , 10. September. Die Iitauische Regierung hat Geschäftsleuten, da im Winter die Einkommensverhältnisse Polen   vorgeschlagen, die polnisch- litauischen Fragen in Riga   3udarniederliegen und mancher gezwungen ist, sich von den sammen mit polnisch- russischen Verhandlungen reichen Geschäftsleuten Barmittel vorstrecken zu lassen, die zu erörtern. Wie Berlingske Tidendes" Warschauer Korrespon dann im Sommer wieder abbezahlt werden. dent meldet, verhält die polnische Regierung sich ablehnend Run sind in den Jahren vor dem Kriege und auch nach gegen diesen Vorschlag und erklärt, der polnisch- litauische Konflikt und die polnisch- russische Frage müßten gesondert entschieden werden.

dem Striege Arbeiter eingewandert, die jetzt mit Spren gungsarbeiten der Festungs- und Hafenanlagen beschäftigt werden. Diesen Arbeitern und Angestellten will man keinen Einfluß auf Helgoland   gewähren. Man fürchtet, daß dann Das Erdbeben in der Toskana. manches ans Licht kommt, das besser im Verborgenen bleibt. Daher auch das Sträuben gegen eine Neuwahl der Gemeinde­400 Todesopfer.- 1000 Verlegte.- 25000Obdachlose. vertretung. Man droht mit dem Anschluß an England. Das London  , 10. September.  ( WTB.) meldet, beträgt die Zahl der durch das Erdbeben in Italien   Leben Wie Daily Chronicle" ist natürlich blühender Unsinn. Das wirtschaftliche Helgolands   st eht und fällt fällt mit Getöteten 400, rund 1000 Personen wurden verlebt. Deutsch and. Würde Helgoland   englisch  , so würde der Der Schaden beträgt mehrere Millionen. Ferner find 25000 Fremdenverkehr aus Deutschland   aufhören, und aus England Personen obdachlos; fie tampieren im Freien.

Ein neuer Vulkan.

Rom  , 10. September. Die Zeitungen melden aus Spezia, daß am Gipfel Pisanelle des apuanischen Massivs sich ein Krater geöffnet hat, dem Flammen und Rauchsäulen unter gempaltigen unterirdischen Geräuschen und Schwefel geruch

entsteigen.

Die Operette ohne Ende.

Rom  , 10. September. Idea Nazionale" erhält über Triest  Nachrichten aus Fiume, denen zufolge d'Annunzio   den reifta at iume proklamiert hat; ursprünglich war als Gründungstag der 12. September vorgesehen.

sind keine Fremden zu erwarten, da es für die Engländer viel bessere und noch schöner gelegene Badeorte gibt. Eng­land denkt auch gar nicht an den Besitz Helgolands  , denn sonst würde es nicht die Festungs- und Hafenanlagen zer­stören lassen. Die Regierung hat, um sich über die Verhältnisse zu einen Geheimrat nach Helgoland   geschickt. unterrichten, Dieser hat wohl mit der 25er- Kommission verhandelt, hat es aber nicht für nötig befunden, sich mit den maßgebenden Bersonen der politischen Parteien in Verbindung zu setzen. Die 25er- Kommission hat mit England gedroht, und die Regierung ist eingeschwenkt. Der Reichstag   hat ein Gejez folgenden Wortlauts beschlossen:

Dem Artifel 178, Abiat 2, der Reichsverfassung wird folgender Satz angefügt: Mit Rücksicht auf die Verhandlungen bei dem Er­