Nr. 458 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 92
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Mittwoch, den 15. September 1920
Neue Russenoffensive.
Paris , 14. September. ( Hollandsch Nieuwsbureau.) Die Pariser Ausgabe der„ Chicago Tribune" veröffentlicht einen angeblich aus Moskau aufgefangenen drahtlosen Bericht. Danach soll die neue russische Offensive gegen Polen begonnen haben und die polnische Armee sich auf Brest- Li towsk zurückgezogen haben. Die Rote Armee soll bereits Kusniza und verschiedene andere Städte südwestlich von Grodno besetzt haben. Die polnischen Angriffe in der Gegend von Opalin sollen vereitelt sein.
Der russische Heeresbericht vom 13. September abends meldet: In der Gegend 22 Werst südöstlich von Grodno lokale Gefechte mit günstigem Verlauf für die roten Truppen, die verschiedene Pläne erobert haben. In der Gegend von Bialystok , Brest- Litowsk und Wlodawa dauern die Gefechte fort. Am Bug ist der Feind wiederholt durch Gegenangriffe zurückge= worfen worden. In der Gegend von Lemberg dauern die heftigen Gefedte fort. Bei Rogadno haben die roten Truppen mit Erfolg gekämpft. In der Gegend von Halitsch hat der Feind wiederholt vergebliche Versuche gemacht, über den Dnjestr zu gelangen.
In starkem Gegensatz zu diesen Berichten steht der aus Königs berg durch WTB. verbreitete Ragebericht; vielleicht ist er schon überholt. Er meldet:
Die italienische Presse sieht als grundlegendes Resultat der Besprechungen die Feststellung an, daß die beiden Regierungen in Zukunft in aller Form darauf verzichten, eine gemeinsame außenpolitische Front herzustellen. Das Verhältnis zwischen den beiden Ländern ist vielmehr als ein freies 3usammen arbeiten gedacht und als gegenseitige Unterstübung von Fall zu Fall.
Aber
Daily Chronicle" meldet, die englische Regierung habe borgeschlagen, die Genfer Konferenz am 24. September abzu halten, und Deutschland hat den Vorschlag angenommen. dasselbe Regierungsblatt schreibt später: Wir bedauern, hören zu müſſen, daß zu den Konzessionen Italiens an Frankreich auch die Aufopferung der Konferenz von Genf gehört.
Erzbergers Erinnerungen.
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Im Verlag der Deutschen Verlagsanstalt Berlin - Stutfgart ist dieser Tage das mehrfach angefündigte Memoirenwerk Erzbergers erschienen. Diese Erlebnisse im Weltkrieg" schildern auf annähernd 400 Seiten den Ablauf der geschicht lichen Ereignisse vom Ausbruch des Krieges bis zur Annahme Tätigkeit, die der Verfasser in diesem Zeitraum ausgeübt hat, der Friedensbedingungen von Versailles . Die politische Tätigkeit, die der Verfasser in diesem Zeitraum ausgeübt hat, Friedensunterzeichnung, muß in ihren verschiedenen Abvom Annexionspropagandisten bis zum Befürworter der schnitten sehr verschieden beurteilt werden, die große WandFriedensunterzeichnung, muß in ihren verschiedenen Ablung, die sich mit ihm im Sommer des Jahres 1917 vollzogen hat, kommt in seiner Darstellung nicht zum Ausdruck. Begreiflicherweise! Denn diese Wandlung war die Folge nicht eines inneren Ringens um eine höhere Weltauffassung, sondern nur einer geänderten, richtigeren Einschätzung der Seriegsaussichten. Erzberger geht darüber vorsichtig hinweg, er hat fein Bekenntnisbuch, sondern ein Tatsachenbuch geliefert.
Sehr vieles, was Erzberger zu erzählen hat, ist in seinen
bzw. Aufgabe der Konferenz nicht zu Unrecht als einen Treu- Hauptzügen bereits bekannt, aber seine Darstellung wimmelt bruch angesehen. Die Frage der Entschädigung war der wichtigste von interessanten Randzeichnungen, die den großen Gang der Punkt auf der Spa- Konferenz, und die Deutschen haben ent- Ereignisse illustrierend begleiten. sprechend den Vorschlägen der Alliierten einen eigenen Plan, über wenn er die Sorglosigkeit des Auswärtigen Amtes im Jult So gleich zu Anfang, die Bezahlung der Entschädigung vorgelegt. Dieser Plan wurde 1914 schildert und den Ausspruch eines Referenten- just nun nicht besprochen, weil die Zeit dafür auf der Konferenz nicht ienes von Frankreich vom 27. des Schicksalsmonats wiedervorhanden war, und die Genfer Konferenz wurde vorbereitet, gibt: Nächste Woche reise ich bergnügt in Urum diese Frage zu besprechen. Die Brüsseler Konferenz, die laub ab." Aus weiterer Entfernung erkennt man die bis zum 24. September hinausgeschoben werden muß, müsse jetzt großen Zusammenhänge, aus der Perspektive unserer Aemter zustande kommen, ohne daß sie über irgendeine der von den gesehen nimmt sich der Kriegsausbruch fast wie ein FerienAlliierten versprochenen Informationen verfügt. unfall aus.
Einigung über Eilvese.
"
Die litauisch polnischen Kampfhandlungen im Gebiet von Suwalfi dauern an. Im Abschnitt Grodno - Njemen wurden örtliche Angriffe der Bolschewisten abgewiesen, des gleichen wiederholte stärkere bolschewistische Gegenangriffe nordIm Oktober 1914 waren nicht weniger als 27 Propaöstlich von Brest - Litowst auf Stepanti. Im Anschluß an die er= gandastellen im Gange, die jede nach ihrer Weisheit und folgreichen Kämpfe der Polen nach der Ueberschreitung des Zwischen der Hochfrequenzgesellschaft, der französischen Verwal. Laune die Wahrheit im Ausland" verbreiteten. Herrn ErzBug im Abschnitt Cholm setzten weitere Abteilungen aus der tung und der Telefunkengruppe wurde eine Vereinbarung ge- berger fiel die Aufgabe zu, diese regellose Tätigkeit in einer Gegend von Grubeschow über den Bug und besetzten Ort- troffen, nach der die Franzosen mit einem Barbetrage von etwa 3entralstelle für Auslandsdienst" zusammenschaften westlich von Wladimir- Wolynsk. Westlich von 31 Millionen Mark für ihre Optionsrechte abgefunden werden zufassen. Als Leiter dieser Stelle hat er dann in die VerNowel wurde Maziejow von den Polen besetzt. An der Gnila Lipa südlich von Lemberg haben nach Heranführung von Ver- und dafür das Recht der Mitbenukung der deutschen Patente im zweigungen der internationalen Kriegspolitik tieferen Einstärkungen Gegenangriffe der Bolsche wisten ein- Auslande erhalten. Die Hochfrequenzgesellschaft und die Telefunken- blick gewinnen fönnen, so daß er aus Nom und Wien , aus gruppe werden nunmehr für Eilvese in einer neuzugründenden Ge- Sofia und Bukarest , aus Litauen wie aus Armenien viel Laut Nachrichten der französischen Provinzpresse ist von Ma r- sellschaft zusammengehen, an der außer der Hochfrequenz- Maschinen- Interessantes zu erzählen weiß. Die österreichische Raiserfeille ein täglicher Dampferverkehr mit der Krim organi- A.-G. die deutsche Telefunkengesellschaft für Ueberseeverkehr beteiligt familie findet an ihm einen warmen Verteidiger. Man ersiert worden, der hauptsächlich Kriegsmaterial und Truppen für sind. Hinter dem Unternehmen steht die Finanzgruppe der Commerz- fährt bei dieser Gelegenheit, daß ein von Oesterreich abzudie Bedürfnisse der Wrangelarmee befördert. Die tschecho- bant. Gleichzeitig ist eine Patentvereinbarung auf pari- schließender Sonderfrieden schon im April 1917 einen warmen ilobatischen Gewerkschaften erwägen die Mittel zur Durch- tätischer Grundlage in der Weise zustande gekommen, daß die Befürworter hatte in dem Grafen West arp, der da führung der Neutralität ihres Staates; aber wir fürchten, auf dem Deutschen gewisse französische Erfindungen in Deutschland und die meinte: Vom deutschen Standpunkt aus würde er es für gar Weg Horthy- Ungarn- Karpathenrußland- Polen werden sie nich! Franzosen gewisse deutsche Erfindungen in Frankreich benutzen dürfen. nicht bedenklich halten, wenn Wien einen Sonderfrieden schließe, dann höre wenigstens die ewige Rücksichtnahme auf, biel machen können. und man könne allein frisch und fröhlich weiterfriegen. Es geht nichts über die Schläue eines deutschnationalen Politikers.
gescht.
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Ein längerer Artikel der Deutschen Allgemeinen Zeitung" weist aus dem Versailler Diktat die volle Berechtigung Deutsch lands nach, auch den Nordostseekanal neutral zu erhalten.
Nach einer Kownower Meldung wäre der Waffensti IIstand zwischen Polen und Litauen in Kraft getreten.
Verramschung unserer Schiffe.
Im Auftrage der englischen Schadenersakkommission beginnt der Verkauf der von Deutschland ausgelieferten Handelsschiffe an englische Reeder. Wie der Premierminister im Unterhause angegeben hat, handelt es sich um etwa zwei Millionen Tonnen Schiffsraum, b. h. 42 Bassagierdampfer und etwa 106 Frachtschiffe, zum Teil um Schiffe, die den Ruhm deutschen Schiffbaues über alle Meere getragen haben. Den Reigen soll nach der ,, Daily News" der 52 000- TonnenMailand, 14. September. ( WTB.) ( WTB.) In der Versammlung dampfer, Bismard" eröffnen( der aber unseres Wissens in Hamder Vertreter der Arbeiterverbände wurde Sonntag nachmittag die burg noch im Bau ist). Ferner werden zum Verkauf gestellt ,, Imbom Sekretär des Allgemeinen Gewerkschaftsbundes, Daragona, perator" ,,, Kaiserin Augusta Viktoria "," Zeppelin" ,,, Prinz Friedrich borgelegte gemäßigte Tagesordnung angenommen, die be- Wilhelm",„ Bremen " u. a. m. Die erste Ankündigung des Verkaufs sagt, es sei nicht möglich, das bisherige Verhältnis der Unternehmer hat dereits ein Massenangebot an Offerten hervor zu den Arbeitern aufrechtzuerhalten. Bielmehr gelte es im Bunde mit gerufen. den technischen und intellektuellen Elementen die allmähliche Sozialisierung der Schwerindustrie und die Ueberführung der Fabriken in direkte Arbeiterföderationen mit Hilfe der sozialistischen Partei zu erreichen. Hierdurch soll die Metallarbeiterbewegung zu einer gewerkschaftlichen Bewegung mit ausschließlich wirtschaftlichen Zielen ge macht werden. Die Leitung der weiteren Bewegung übernimmt der Allgemeine Arbeiterbund.
Die sozialistische Kammerfraktion ersuchte den Ministerpräsi
denten und den Kammerpräsidenten, die Kammer einzube
rufen.
Nach einer Radiomeldung aus Rom haben 3000 Mailändische Industrielle eine Tagesordnung angenommen, in der sie die Indu striellen auffordern, die Bedingungen des Arbeiterverbandes abzulehnen und den Kampf bis aufs äußerste zu führen.
Ein Korfanth- Aufruf bezeichnet die Nachrichten über Deutschen verfolgungen als unwahr. Leider kommt gleichzeitig die Meldung, daß in Radzionkau der Landjäger Golla, der Vertrauensmann des Verbandes heimattreuer Oberschlesier, von unbekannten Tätern
erschossen worden ist.
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Höchst ungünstig beurteilt auch Erzberger die Protlamation der polnischen unabhängigkeit am 5. November 1916. Er teilt die Auffassung derer, die meinen, durch diese Proklamation sei die Neigung des damals noch zarischen Rußlands , zum Frieden zurückzukehren, radikal autsgerottet, den russisischen Bis- ans- Ende- Kriegern der innere Sieg bereitet worden. Für die Richtigkeit dieser Auffassung erbringt er mancherlei Material. So erzählt er, das weltbekannteste Mitglied des polnischen Adels" habe ihm damals durch einen Mittelsmann sagen lassen:„ Haben denn die Herren in Berlin und Wien an einem Tage Kopf und Nerven verloren, daß sie die einzige Friedens möglichfeit so brutal niederschlagen?" In der Tat war es ein vollkommen Kopfloses Beginnen, schon während des Krieges vorwegnehmen zu wollen, was nur der Frieden bringen konnte.
Der weitere Leidensweg der Friedensbemühungen, die durch den unbeschränkten U- Boot- Krieg zerschlagen wurden, wird dann ausführlich dargestellt. Die Darstellung deckt sich im großen ganzen mit den Ergebnissen des parlaDie Polnische Berufsvereinigung und der Polnische Zentral- mentarischen Untersuchungsausschusses, wird aber durch berufsverband erlassen einen Aufruf, der sich mit den neuerlichen manche Einzelschilderungen stärker belebt. Gerüchten über einen„ Butsch" beschäftigt. Der Aufruf mahnt zur ſtätigt, daß der unbeschränkte U- Boot- Krieg von allen AbWachsamkeit und warnt vor kommunistischen und alldeutschen Agi- teilungen des Auswärtigen Amts einmütig abgelehnt wurde; tatoren. Den Bergarbeitern würden in Gemäßheit der Mittel die Referenten der politischen Abteilung hatten sogar bebie Streiftage bezahlt werden. Von Ruhe und Sicherheit ist schlossen, ihre Aemter niederzulegen, falls der Plan der Obersten Heeresleitung Beschluß würde, aber Zivilverstand Oberschlesien noch entfernt. galt eben nichts, solange der Säbel regierte. Die Eisenbahner Oberitaliens haben verschiedentlich den Bestätigung findet durch Erzberger auch die Behauptung, Transport von Polizei und Militär verhindert. daß sich im September 1917 im Anschluß an die Note des Verfügungen Giolittis an die Behörden mahnen zu ge= Prag , 14. September. ( WTB.) Im Exekutivausschuß der Papstes gewisse Friedensaussichten ergaben und daß damäßigtem Vorgehen. Gegen Sabotage der Verkehrsmittel soll ent- tschechischen Sozialdemokratischen Partei erklärte der Vorsitzende, daß mals England auf dem Weg über den Vatikan Deutschland 3 schieden eingegriffen, aber das Militär bis auf Pioniere und dergl. die Situation ein weiteres Verweilen der Bertreter Stellung in der belgischen Frage zu ergründen verin den Kasernen gehalten werden. der Sozialdemokratie in der Regierung nicht gesuchte. Die Regierung hatte damals den Reichstagsparteien In Turin soll es Straßentämpfe gegeben haben, ft atte. Auch die Minister der übrigen toalierten Parteien werden das Versprechen gegeben, daß sie sich dem päpstlichen Nuntius nachdem die Arbeiter Fabriken infolge Bedrohung mit Artillerie wahrscheinlich ihre Entlassung einreichen. Ein Beamtenfabinett wird gegenüber dahin erklären werde, daß fie die Unabhängigkeit bis zur Bildung einer neuen Regierung die Geschäfte führen. Belgiens nicht antasten wolle. Dieses Versprechen hat sie Es handelt sich um Gegensäze zwischen Sozialdemokratie und nicht gehalten, der entscheidende Brief des Reichskanzlers Bürgertum in Steuer- und Ernährungsfragen. Die Agitation der( Michaelis) an den Nuntius enthielt gegen alle Abrede die noch nichts erklärt werden Parteilinken, die gegen jede Soalition( aber auch start sowjetistisch Erklärung, daß über Belgien ist) mag mitspielen, und feststehen wird überhaupt eine Regierung in fönne. Der militärische Wille hatte sich eben auch in diesem Brag so lange nicht, als der Nationalitätenstaat sich weit mehr Alt- Falle als der stärkere erwiesen. österreich als die Schweiz zum Vorbild nimmt.
geräumt haben.
D'Annunzio mehrt sein Reich. Seine Truppen befeßten die Inseln Arbe, Cherio und Veglia; das Regierungsmilitär ging über. Irland . Dienstag früh ist der Postzug, der die gesamte englische Post für Dublin und Cork enthielt, überfallen und die Bost weggenommen worden,
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Die Borniertheit der herrschenden Kreise ist in der