Nr. 468 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 97
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Dienstag, den 21. September 1920
Unter dem Zwang Giolittis.
Rom , 20. September..( Franff. 3tg.") Zwischen den Vertretern der Gewerkschaften und des Industrieverbandes wurde unter scharfem Druck Giolittis eine Einigung erzielt.
Die Verhandlungen begannen mit der Frage der Lohnzahlung für die Okkupationszeit. Die Industriellen verweigerten bies absolut, bewilligten dagegen die Rückwirkung der vereinbarten Lohnerhöhung auf den 15. Juli sowie die Bezahlung der Obstruktionstage. Schwieriger war die Einigung über disziplinarische Strafen für die schlimmsten Uebergriffe der Besetzung, worauf die Industriellen fest bestanden. Giolitti erklärte, die Sigung müsse unbedingt eine Einigung erzielen. Er schlug vor, die einzelnen Fälle der neuen paritätischen Kommission zur Entscheidung vorzulegen. Die Industriellen erwiderten nach kurzer Beratung, fie könnten wegen der vorgekommenen Vergewaltigungen von Vorgesetzten diese Lösung nicht als freie Bereinbarung, sondern
nur als Regierungsbefehl annehmen.
„ Messaggero" hört, daß der Allgemeine Arbeiterverband die Arbeiter angewiesen habe, die befesten Fabriken zu räumen und die Arbeit wieder aufzunehmen; der Arbeiterverband versichere, daß die Ordnung gewahrt bleiben werde.
Die Streikwelle in England. London , 20, September. ( Meldung des Hollandsch Nieuwsbureau.) Die Bergarbeiter haben eine öffentliche Erklärung erlassen, durch die bewiesen werden soll, daß eine Lohnerhöhung von 2 Schilling berechtigt ist. Die jetzige Lage läßt erwarten, daß ein Streif, unvermeidlich ist,
Polnisch- litauischer Abbruch!
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Kampf um den Oberschulrat.
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Fast kein Tag vergeht, wo nicht gegen die Wahl Löwensteins zum Oberstadtschulrat der neuen Stadtgemeinde Berlin Einspruch erhoben wird. Von der Radaubersammlung des Kowno , 20. September. ( Lit. Telegraphenagentur.) Die Lehrervereins bis zu den gesprengten Versammlungen der litauische Delegation ist aus Kalvarija zurüdgekehrt, da die Reaktionäre eine Stette von Löwenstein- Demonstrationen. Verhandlungen zeitweilig unterbrochen sind. Sie hatte Die gegen seine Wahl angeführten Gründe bedürfen einer den Vorschlag gemacht, zwischen der litauischen und polnischen Armee näheren Prüfung. Die Polen lehnten eine neutrale 3one zu errichten. Viele fordern, daß der Leiter des Groß- Berliner Schuldiesen Borschlag ab und bestanden darauf, daß die litauischen wesens ein Christ sein soll. Das widerspricht der Truppen sich auf die& och- Clemenceau Linie zurückzögen, Reichsverfassung, nach der die Zulassung zu öffentwas Litauen ablehnte. Die Polen erklärten, daß unter solchen lichen Aemtern unabhängig von dem Religionsbekenntnis" Umständen eine weitere Besprechung unmöglich sei und sein soll( Artikel 136). Auch ist dies für seine Tätigkeit desfuhren nach Warschau zurück. Der polnische Außenminister Sapieha wegen ohne Bedeutung, weil die Entscheidung über die Zahl hat in einem Funkspruch der lettländischen Regierung vorgeschlagen, der weltlichen Schulen, der Simultanschulen und der Bedaß die weiteren Verhandlungen zwischen Polen und Litauen in fenntnisschulen in der neuen Stadtgemeinde nicht der OberRiga stattfinden mögen. Demnach betrachtet Polen die Berhand- stadtschulrat oder der Magistrat trifft, sondern weil dies nach lungen nur als unterbrochen. Auch der Völkerbundsrat hat der Reichsverfassung die Erziehungsberechtigten fich für Weiterführung der Verhandlungen ausgesprochen und selbst tun sollen. Die Einzelheiten werden durch ein Reichsäußerte den Wunsch, daß bis zur Wiederaufnahme der Verhand- gesetz geregelt werden. lungen keine Kriegsoperationen stattfänden. Der litauische Ber - Ferner wendet man ein, Dr. Löwenstein sei er st treter, Profeffor Woldemar, hat fofort zugestimmt. Paderewffi hin- 35. Jahre alt; das ist allerdings etwas jung, aber doch gegen erklärte, er könne erst Montag früh eine Antwort erteilen. auch nicht zu jung, da dieses Alter nach der Reichsverfassung Bürger Polens fliehen scharenweise über die litauische Reiches zu wählen. Kowno , 19. September. ( Lit. Telegraphenagentur.) Jüdische genügt, um einen Mann zum Präsidenten des Deutschen Entgegnet jemand darauf, daß er nicht Grenze, um vor den polnischen Judenverfolgungen und auf dem Boden der Reichsverfassung stände, sondern Monarchist einer rücksichtslosen Mobilisation Schuß zu suchen. Die fei, so sei er daran erinnert, daß ein Fürst nach der alten litauische Regierung wird dadurch in eine schwierige Lage gegenüber Verfassung mit 18 Jahren das Deutsche Reich regieren Bolen versetzt.
Siegel auf die Schmach! Brüssel , 20. September. ( TU.) Eupen und Malmedy wenn nicht beide Seiten Nachgiebigkeit zeigen. Es wird mitgeteilt, find vom Bölkerbundsrat Belgien zugesprochen daß die Regierung nicht die Absicht hat, ihren Standpunkt worden. Die Entscheidung soll am Sonntagmorgen in öffentlicher aufzugeben. Ein Schiedsgericht und eine Untersuchung müßten Sigung bekanntgegeben werden. In Belgien sind die Bürgervorerst stattfinden.„ Daily News" meint, daß Serne sich irrt, wenn meister angewiesen, den Tag durch Glockengeläut und Flaggener verlangt, daß die andere Seite in allem nachgeben müsse, ohne schmud feiern zu laffen. Der Oberkommandierende General daß er selbst von seinem Standpunkt abgeht.„ Daily Herald" fragt, Balcian ist zum Baron ernannt worden. ob die Regierung einen Streit wünsche, und stellt fest, daß die Lage ernst sei.„ Daily Expreß“ ist der Ansicht, daß die Forderung
nach höheren Löhnen berechtigt ist.
Der Wappenspruch Gott und mein Recht" steht nicht im belgischen, sondern im britischen Wappen. Nun, dieses Recht hat die Dulbung des himmelschreienden Gewaltmißbrauchs von EupenLondon, 20: September. ( WTB.) Es wird ein besonderes Malmedh nicht gehindert. Im belgischen Wappen steht L'Union Schiedsgericht zur Beratung der Lohnerhöhungsforderung ernannt. fait la force"( Einheit macht start). Warten wir ab, wie die Das Schiedsgericht soll binnen 10 Tagen zu einem Ergebnis„ Einheit" mit dem schmählich vergewaltigten deutschen Gebiet Bel gien stärken wird!
tommen.
Bolschewistisches Theater.
Weltbotschaft Mac Swineys. Petersburg, 20. September. ( D. E. ) In der Stadt Amsterdam , 20. September. Wie englische Blätter melden, Dit row fand dieser Tage, wie die Petersburger„ Prawda" meldet, hat der Bürgermeister von Corf am 40. Tage seines und eine„ Gerichtsverhandlung" über Lenin statt, welche eine uner- feiner Kameraden Hungerstreits an die. Iren der gesamten Welt hörte Menge von Zuhörern heranzog. Aus den Dörfern und Ge- eine Botschaft gerichtet, in der er erklärt, daß er nicht glauben meinden kamen Tausende scharenweise herangezogen, denen das könne, das englische Bolk werde die Durchführung dieses gefühlTheatergebäude nicht Raum genug bieten konnte. In der Verhand- lofen Mordes, der Englands Namen in beispiellofer Weise velung wurde Lenin vor allem beschuldigt, die Konstituierende fleden würde, zulassen. Sollte aber das englische Bolt keine Macht Bersammlung auseinander getrieben, eine Schreckensherrschaft aufgerichtet zu haben, und es wurde ihm die Nichterfüllung feines Bersprechens, dem Volte Brot und Frieden zu geben, vorgeworfen. Nach vierstündigen Verhandlungen wurde Lenin von diesem Volksgericht freigesprochen.
Die Herren Richter wären ja im anderen Falle schleunigst an geflagt geworden und dann wären sie nicht nur nicht freigesprochen, sondern wohl ohne Urteilsspruch erschossen worden.
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Als Antwort auf die wiederum antibolfchemistisch gewordene
ganda im Osten" gebildet.
über seine Regierung haben, so würden die Gefangenen um Jrlands willen gerne sterben.
fonnte.
erst
Ernster zu nehmen ist allerdings der Einwand, daß Löwenstein nicht an öffentlichen Schulen unterrichtet hat und daher im Schulwesen nicht die. Erfahrungen haben kann, welche ein Lehrer im Laufe der Jahre gesammelt hat. Nun hat es aber auf allen Gebieten Männer gegeben, die etwas Bedeutendes geleistet haben, ohne die regelmäßige Laufbahn durchgemacht zu haben. Rousseaus „ Emil" ist in der Pädagogik ein epochemachendes Werf gewesen, aber der Verfasser selbst ist nie Lehrer gewesen. Stürzlich starb Wilhelm. Wundt , einer der größten Philosophen der legten Jahrzehnte, aber er hat an der Universität feine philosophische Vorlesungen gehört, sondern sich erst später dem Fache zugewandt, in dem er so Bedeutendes leistete. Da der Leiter des Groß- Berliner Schulwesens nicht mit einemt Provinzialschulrat oder dem Stadtschulrat einer Stadt von 100 000 Einwohnern zu vergleichen ist, sondern mit einem Unterrichtsminister, so möchte möchte ich die Monarchisten daran erinnern, daß in Preußen weder von noch Wilhelm II. ben seinen Vorgängern jemals ein Lehrer zum Unterrichtsminister ernannt worden ist. Es waren stets Juristen, die nicht einmal wie Löwenstein an Privatschulen unterrichtet hatten. Hat aber einer der früheren Unterrichtsminister sein Schulprogramm so ausführlich entwickelt, wie es Löwenstein in seinen Schriftenund Aufsäßen getan hat?
Wenn also die Monarchisten keine Veranlassung haben, deswegen gegen seine Wahl Einspruch zu erheben, weil er nicht an einer öffentlichen Schule als Lehrer tätig gewesen ist, so will ich doch zugeben, daß es besser wäre, wenn er nicht London , 20. September. ( H. N.) Im Gebinge bei Dublin nur in Privatschulen, sondern auch im öffentlichen hatten etwa 100 Ginnfeiner Schießübungen vorgenommen. Schuldienst Erfahrungen gesammelt hätte. Dies ist aber Englisches Militär in Zivilkleidung schlich heran und umzingelte noch kein Grund, seine Wahl abzulehnen. Denn es werden den Platz. Nach kurzem Kampf wurden 36 Sinnfeiner gefangen- ihm für jedes Gebiet sicherlich Schulmänner zur Seite gestellt genommen. Es gab einen Toten und mehrere Verwundete. werden, welche eine Reihe von Jahren selbst Lehrer an öffentEr will nicht effen. lichen Schulen gewesen sind, also mindestens ein Schulrat für das höhere Schulwesen, ein Schulrat für das Volksschulwesen und einer für das Fach- und Fortbildungsschulwesen. Diese
London , 20. September. ( WTB.) Eine amtliche Erklärung über Saltung Lloyd Georges betont Moskau die Förderung der Re- den Hungerstreit des Bürgermeisters von Cort besagt, müssen genau beurteilen können, ob eine Idee Löwensteins volutionierung Asiens . Es wird ein„ Rat für Propa- Vorrechte genossen, die politischen Gefangenen zu- Lehrer unterrichtet sein, müssen die von diesen etwa geleisteten Es wird ein„ Rat für Propa- der Bürgermeister habe von Beginn feiner Gefangenschaft an die auch zu verwirklichen ist, müssen über die Stimmungen der Moskan meldet ukrainische Aufstände in Ostgalizien . erkannt werden. Er habe niemals Gefangenenkleidung tragen Widerstände abschäßen fönnen. Denn unmöglich wäre es für Da die Polen in Riga Oftgalizien und andere ukrainische Gebiete müssen. Seitdem er sich durch seine Weigerung, Nahrung zu sich Löwenstein, sich das Vertrauen der Lehrerschaft zu erwerben, fordern wollen, ist ein solcher Berzweiflungskampf gar nicht un- zu nehmen, in den Schwächezustand gebracht habe, liege er in wenn er etwa Maßregeln treffen würde, die er nachher zueinem Hospital zu Bett und genieße die beste ärztliche Pflege. rücknehmen müßte, weil sie sich als undurchführbar herausZwei Pflegerinnen verweilten abwechselnd Tag und Nacht an seinem Lager, ausgezeichnetes Effen stehe an seinem Bett bereit und die Pflegerinnen seien bemüht, ihn zum Essen zu bewegen.
wahrscheinlich.
Sowjetrußlands Elend.
Petersburg, 20. September. ( D. E. ) Die Sowjetpreffe veröffentlicht einen Brief Lenins , welcher die Bevölkerung aufruft, gegen den Hunger zu kämpfen. Lenin bestätigt, daß die Verpflegungsgrundlage der Sowjetrepublik niemals so schwer gewesen sei wie jezt. Die Armee überlebe eine
Ungarische Waffenaufläufer verhaftet. furchtbare Proviantkrisis. Es sei notwendig, überall Wien , 20. September. ( D.A.) Die Polizei hat eine größere die Kräfte der Sowjets und der Kommunistischen Partei zur ge- Anzahl ungarischer Offiziere verhaftet, die in den letzten Wochen meinschaftlichen Arbeit heranzuziehen und gewissenlose Elemente, versucht haben, Waffen und Munition in Desterreich aufzukaufen und die in dieser Lage ihre Pflicht nicht tun, vor Gericht zu stellen. nach Ungarn zu schmuggeln. Den Bauern müßten ihre Ueberschüsse mit Gewalt abgenommen werden.
gestellt haben. Aus diesem Grunde ist das Zusammenarbeiten mit erfahrenen Fach dezernenten unbedingt notwendig. Dann kann aber auch auf diese Weise etwas Gutes zustande
tommen.
Man muß auch folgendes bedenken: Wenn man aus der Tatsache, daß Löwenstein nicht an einer öffentlichen Schule tätig gewesen ist, einen Vorwurf machen will, so trifft dieser nicht die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung, sondern die alte Regierung, die ihn wegen feiner politischen Anschauungen nicht als Lehrer an einer öffentlichen Schule geduldet hätte. Kein ungarisch - französischer Geheimvertrag? Hätte man einen Schulmann gewählt, welcher eine Reihe von Die ungarische Regierung läßt die Nachricht kategorisch demen Jahren an öffentlichen Schulen unterrichtet hat, so täme nur Auf einer Sigung des Petersburger Exekutivkomitees wurde tieren, daß ein Geheimvertrag zwischen Ungarn und Frankreich in einer in Frage, welcher nach dem 9. November der Sozialerklärt, die Bevölkerung könne Schuhwerk und Kleidung nicht Gödöllö abgeschlossen worden sei. Sie bezeichnet den in Wien ver- demokratie beigetreten wäre. Man hätte dann in seiner Vermehr erhalten, es fehle daran schon für die Armee. Es wurde öffentlichten Tert als apofryph und vom Anfang bis zu Ende er- gangenheit herumgeschnüffelt, ob er nicht früher ein Wort geein dringendes Telegramm nach Moskau geschickt mit der Bitte logen. Der Vertrag foll auch für den Fall kommunistischer Un- sprochen oder geschrieben hat, das nicht zum Erfurter and Hilfe. ruhen in Wien die Besetzung durch Horthy Militär vorfehen.... Programm paßt.