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Nr.489 37.Jahrgang Ausgabe B Nr. 107

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Berteljährl. 30,-t, monatl.10,-ML frei ins Haus, voraus zahlbar. Boit. bezug: Monatlich 10,- Mt, erfl. Bu stellungsgebühr. Unter Kreuzband: Deutschland und Oesterreich 16,50 M., für das übrige Ausland bei täglich emmal. Buſtellung 21 50. Boſtne. stellungen nehmen an Desterreich Ungarn, Tschecho Glowate, Dane­mart, Holland , uremburg, Schweden und die Schwetz. Eingetragen th

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die Boft- Zeitungs- Breislifte.

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Der Vorwärts" mit der Sonntags beilage Bolt u. 8eit" erscheint mochen­

täglich zweimal. Sonntags und Mon­tags einmal.

Telegramm- Adreffe.

Sozialdemokrat Berlin "

Abend- Ausgabe

Vorwärts

Berliner Dolksblatt

20 Pfennig

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Die achtgespaltene Nonpareillezetle tofte t3.-M., Teuerungszuschlag 50% Kleine Anzeigen", bas fett­gedruckte Wort 1,- M.( zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Bort 60 Pfg. Stellengesuche und Schlafftellenanzeigen das erste Wort 65 Pfg., jedes weitere Wort 40 Pfg. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Teuerungszufchlag 50%. Familien- Anzeigen für Abonnenten 8eile 2, M., politische und ge­wertschaftliche Bereins Anzeigen 3,- ML die Seile ohne Aufschlag. Anzeigen für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nad mittags im Hauptgeschäft, Berlin GW 3, Linden­straße 3, abgegeben werden. Geöffnet von 9 Uhr früh bis 5 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. ernivrecher: Amt Mortsvlas, Nr. 15190-15197.

Sonnabend, den 2. Oftober 1920

Der Streik im Zeitungsgewerbe.

Wie wir schon in der heutigen Morgenausgabe mitgeteilt| 3entrale( 8.- 3.) besorgt wird, mit der unser Berlag einen haben, sind die Angestellten im Zettungsgewerbe am Sonnabend darauf bezüglichen Vertrag abgeschlossen hat. früh in den Ausstand getreten. Es handelt sich im wesent­lichen um die Abwehr einer vom Arbeitgeberverband beabsichtigten Herabfezung der Gehälter, die schon jest niedriger sind, wie die Grilohaung gleichartiger Angestellter in anderen Berufs­zweigen. Die Zeitung angestellten wenden sich nicht nur gegen den Abbau des Gehalts, sondern sie fordern eine den heutigen Teuerungsverhältnissen entsprechende Gehaltsaufbesserung.

Die Angestellten des Vorwärts" streifen nicht!

Durch Verhandlungen mit der Zentralstreitleitung wurde heute vormittag aber eine Einigung erzielt. Nach Einwirkung des Vor­wärts- Verlages hat die Zeitungszentrale die Forderungen bewilligt. Die Angestellten nehmen die Tätigkeit für den Borwärts" und die anderen nicht bestreitten Zeitungen wieder auf.

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In einer am Sonnabendvormittag abgehaltenen Versammlung der Streifenden konnte festgestellt werden, daß die Arbeitsnieber­legung ein mütig auf der ganzen 2inie erfolgt ist. Es wurden die zur wirksamen Durchführung des Streits erforderlichen Maßnahmen getroffen und die Streitkontrolle organisiert.

Sie hatten schon vor einigen Monaten mit dem Verlag einen Tarif abgeschlossen, der ihnen höhere Gehälter gewährt als die von den Streikenden geforderten. Der Betrieb in unserer Redaktion, Expedition und im Verlag geht ungestört weiter. Wenn der Bor­wärts" den Lesern heute nicht zugestellt werden konnte, so liegt das daran, daß der Vertrieb unseres Blattes in Berlin nicht durch unsere eigene Expedition, sondern durch die Zeitungs- Unternehmern herbeizuführen.

Unehrlichkeit oder Ablenkungsversuch?

Wie wir erfahren, sollen augenblicklich Verhandlungen schweben, um eine Verständigung zwischen den Streitenden und den

Rolle spielen lassen und ist abzulehnen. Die Stoalition mit anderen bürgerlichen Parteien ist dann zu bejahen, wenn die Unter der Ueberschrift Der Machtkampf um Groß- Berlin" Durchsetzung folgender Mindestforderungen garantiert wendet sich die Freiheit" gegen die Maßnahmen der bürger- ist: pazifistische Außenpolitit, Republikanisierung der lichen Mehrheit in der Preußischen Landesversammlung in Raichswehr, Demokratisierung der der Verwaltung, bezug auf das Gejez Groß- Berlin und betont, daß, weil es sich Sozialisierung des Bergbaues, planmäßige Lebens hier um Fragen politischer Macht handele, um ein mittel- und Rohstoff Bewirtschaftung. Attentat gegen die sozialistische Arbeiterschaft,

bersuch wehren müßten.

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Vorwärts- Verlag G.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritsvlas, Nr. 11753-54.

Endkampf in der U. S. p.

Der Kampf in der U. S. P. ist jetzt soweit gedichen, daß nicht mehr um Meinungen, sondern nur noch um mate­rielle Machtpositionen gestritten wird. In Berlin insbesondere geht das Ringen jetzt in den einzelnen Distriften um die Parteifassen, Mitgliederlisten, Parteibureaus und Parteistempel, furz um den gesamten Parteiapparat. Fäuste und Stöcke spielen dabei, wie unser Bericht aus dem 6. Distrikt im heutigen Morgenblatt anschaulich zeigt, eine nicht uner­hebliche Rolle. Und wie es in Berlin ist, so wird es wohl überall im Lande sein. Auch die Berichte der unabhängigen Parteipresse, die aus einem gewissen, nur zu begreiflichen Schamgefühl mancherlei verschweigen, lassen erkennen, daß der Kampf allenthalben täglich in hitzigeren Formen aus­gefochten wird. Man streitet nicht mehr, sondern rauft schon, und wo man es noch nicht tut, ist man nicht mehr weit davon entfernt.

Das wertvollste Rompfobjekt in dieser Machtausein­andersetzung zwischen der ursprünglichen U. S. P. und der fommunistischen Einschleicherpartei bilden natürlich die un­abhängigen 8eitungen, deren es im Reiche etwa fünfzig gibt. Die A. P. D. hofft auf diese Weise sich einen ziemlich ausgebreiteten- wenn auch journalistisch äußerst dürf tigen Preßapparat verschaffen zu fönnen, wie sie ihn selbst mit dem russischen Geld, dessen Annahme sie nicht mehr leug­net, nicht zu schaffen vermochte. Innerhalb der unabhän­gigen Presse bildet wiederum die Freiheit" das wertvollste Beutestück.

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Seit Wochen zerren die Richtungen an diesem Blatt hint alle Arbeiter und Angestellten sich gegen diesen Entrechtungs. Der Marburger Mordprozeß verschoben. und her, wie zwei Sunde an einem Anochen. Heber ben augenblicklichen Stand dieses Kampfes gibt die Freiheit" Die rechtssozialistische Partei" wolle den Kampf jedoch Bekanntlich ist gegen das Urteil des Kriegsgerichtes, bon heute morgen folgenden Bericht: nicht aufnehmen und die Kommunistische Partei finde das gegen die Mitglieder des Studentenforps Marburg zu- Die Preßkommission hat in ihrer Sibing am Donnerstag mit das Allheilmittel lediglich in der Aufstellung der Parole der fammengetreten war, Einspruch erhoben und das Verfahren dem 12 gegen 8 Stimmen bei einer Stimmenthaltung und bei dem politischen Arbeiterräte. Schwurgericht in Kassel überwiesen worden. Die Ver- Fehlen von drei Mitgliedern beschlossen, daß die Neubefehung der

Schulstreik in Elberfeld .

wie ihre

Die Freiheit" geht aber noch weiter, sie wirft den Rechts- handlung, die ursprünglich am 18. Oktober beginnen sollte, ist nun- Redaktion sofort zu erfolgen habe. Ein Antrag, die Entscheidung sozialisten" vor, das Mittel der Obstruktion verschmäht mehr auf Mitte November verschoben worden, da seitens über die Haltung der Redaktion den Distrikten zu überweisen, und und die Unabhängigen im Stich gelassen zu haben. Endlich des Verteidigers, Rechtsanwalt Lütgebrune Göttingen, der der Redaktion in den Versammlungen Gelegenheit zu geben, sich wendet sich das unabhängige Blatt gegen den Aufruf des Be- Staatsanwaltschaft sehr umfangreiches Entlastungsmaterial gegen die Anschuldigungen zu verteidigen, wurde durch Uebergang airfsvorstandes Groß- Berlin der S. P. D. in der überreicht worden ist. zur Tagesordnung erledigt. Freitagabendnummer des Vorwärts", worin die Partei­Da der Beschluß der Generalversammlung der Verlags­genossen ersucht werden, für die kommende Landtags. genossenschaft. Freiheit" bestimmt, daß der Vorstand der wahl in eine umfassende Agitation einzutreten, damit die Elberfeld , 2. Oktober. ( Eigener Drahtbericht des Vorwärts".) Genossenschaft das Recht des Einspruchs gegen die Ent­heute noch bürgerliche Mehrheit in der Preußischen Die Freie Schulgesellschaft Elberfeld hat am Donnerstagabend in scheidung der Preßkommission hat und daß über diesen Ginspruch Landesversammlung am Tage der Wahl in eine sozia allen Stadtteilen Elternversammlungen anberaumt, die zu dem in gemeinsamer Sizung zwischen Vorstand und Preßkommission Listische umgewandelt werde. Eine solche Vertröstung bis Schulstreif gweds Erzwingung der weltlichen Schule mit einfacher Mehrheit entschicben wird, so ist der Beschluß der zum Wahltag jei nicht angängig. Die Arbeiterschaft Groß- Stellung nehmen sollten. Alle Versammlungen waren überaus Preßtommission ebensowenig endgültig Berlins müsie jetzt die ihr zur Verfügung stehenden Mittel start besucht und es wurde einmütig beschlossen, am Freitagmorgen früheren Beschlüsse. manniafacher Art restlos zur Anwendung bringen, um sich in den Streif einzutreten. Am Freitagmorgen veranstaltete Die Redaktion der Freiheit" knüpft an diesen Situa den Einfluß auf die Geschicke der neuen Stadtgemeinde in die Freie Schulgesellschaft eine Straßendemonstration, tionsbericht eine längere Betrachtung, in der darauf hin­vollem Umfange zu sichern. an der zirka 4000 Kinder und 2000 Mütter beteiligt waren. Die gewiesen wird, daß die Preßfommission mit ihrem Donners­Es ist nicht unsere Absicht. die preußische Landtagsfraktion Demonstration zog vor das Rathaus und eine aus 10 Vertretern tagbeschluß ihren Sonnabendbeschluß wieder umgestoßen hat; gegen den Vorwurf des unabhängigen Blattes, daß sie die der Freien Schulgesellschaft bestehende Abordnung suchte mit dem damals wollte man die Angelegenheit den Distrikten über­Obstruktion verschmäht habe, zu verteidigen. Sie wird Oberbürgermeister eine Unterredung zu erzielen. Der weisen, jegt will man sie selbst erledigen, man hat es also für ihre Saltung ihre Gründe haben. Daß aber die Oberbürgermeister war jedoch nicht zugegen. An dessen Stelle mit der Abfägung ungemein eilig. Weiter sagt die Erklärung Freiheit" solche Vorwürfe erhebt, obwohl sie weiß, daß ihre teilte der Beigeordnete Stadtschulrat Dr. Schumann der Ab- der Redaktion: eigenen Genossen den Bürgerlichen in der Frage der unbe oronung mit, daß am Montagnachmittag die Schuldeputation Man will also der Nebattion nicht die Möglichkeit geben, ihre foldeten Stadträte in weitestem Make entgegenzu den Forderungen der Schulgesellschaft Stellung nehmen solle. Haltung vor den Mitgliedern zu rechtfertigen, da die Mitglieder gekommen sind, muß doch verblüffen. Denn wenn der Die Vertreter der Schulgesellschaft forderten, daß entsprechend sonst beeinflußt werden könnten". Nach dieser Methode wird auch unabhängige Redner beantragt, die Zahl der unbefoldeten einer früher gemachten Zusage die Freie Schule nicht erst am bereits jest überall verfahren, weshalb es kein Wunder ist, daß Stadträte eventuell auf 10 festzuseßen, während die Bürger- 1. April 1921 eingerichtet werde, sondern schon am 1. Oktober 1920. solche Beschlüsse gefaßt werden können. Nirgends, wo bis­lichen nur zwei mehr verlangen, so weiß man wirklich nicht. Sie verlangten ferner, daß zu den Verhandlungen am Montag Ver. Her ein Mißtrauensbotum gegen die Redaktion was da noch für eine Spannung zwischen der unabhängigen treter der Freien Schulgesellschaft zugezogen werden. Die Schul- angenommen worden ist, ist der Redaktion Ge­Fraktion und den in dieser Frage foalierten Bürgerlichen be- gesellschaft wandte sich am Freitag noch einmal telegraphisch an den legenheit gegeben worden, ihre Auffassung dar= steht. Minister Ha e nisch, damit er bermittelnd in den Schulstreif ein- zulegen. In vielen Versammlungen gab es nicht einmal eina greife. Heute, Sonnabendmittag, liegt eine Antwort des Ministers Diskussion über diese Anträge, trosdem die Anträge mit Behaup noch nicht vor. Die Schulgesellschaft hat beschlossen, solange im tungen gerechtfertigt werden, die mit der Wahrheit oft auf ge­Streif zu verharren, bis ihre Hauptforderungen erfüllt sind. spanntem Fuße stehen.

Es wirft daher geradezu lächerlich, wenn jetzt die Freiheit" zum Generalstreit der Arbeiter und Angestellten auf­fordert. Fast gewinnt es den Anschein, als ob die im Stadium größter Serießung befindliche unabhängige Partei einen solchen Streif braucht, um den Streit im eigenen Saufe auf andere Dinge a bzulenten und das bei den ultraradifolen verlorene Renommee wieder zurüdzugeminnen.

Partei und Regierung.

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Wir hatten unsere Stellungnahme zu dem in Groß- Berlin Wie wenig die Preßkommission das Selbstbestimmungsrecht ber propagierten Gedanken eines reaktionären Schulstreits Mitglieder zu wahren g denkt, erhellt auch die Tatsache, daß die gegen die Wahl des Dr. Loewenstein zum Oberstadtschulrat Anregung eines Mitgliedes der Preßkommission, man solle doch dahin präzisiert, daß wir forderten, es müsse unter allen Umständen auch über die Zusammensetzung der neuen Redaktion sprechen, von vermieden werden, die Kinder in die Sache hineinzuziehen der Mehrheit mit Stillschweigen beantwortet wurde. Die Karten und nach Adolf Hoffmannschem Muster zu Straßen sollen jest noch nicht aufgedeckt werden. demonstrationen zu mißbrauchen. Es ist dringend zu hoffen, Breslau , 2. Oftober.( Eigener Drahtbericht des Vorwärts".) daß dieser Grundjab, die Kinder von Fragen fernzuhalten, zu daß die Redaktion nach wie vor auf dem Standpunkt steht, daß ihr Wir können demgegenüber nur noch einmal darauf berweisen, Der Breslauer Sozialdemokratische Parteiberein faßte nach einem benen sie noch gar feine Stellung nehmen können, auch in Verbleiben von dem Vertrauen der Mitglieder der Unabhän­Referat des Genossen Dr. Adolf Braun vom Barteivorstand in Iberfeld Beachtung findet. Im übrigen ist dringend zu gigen Sozialdemokratie abhängig ist und nicht von persönlichen einer start besuchten Versammlung einstimmig folgende Ent- hoffen, daß der Forderung der Freien Schulgesellschaft, schon am Gründen. Ob das Vertrauen aber nicht mehr vorhanden ist, kann fchließung: Die Webernahme des Staatsapparates ist eine der Vor­nur ein ordnungsgemäß herbeigeführter Willensausdruck der Ge­bebingungen der wirtschaftlichen Befreiung der Ar- gegeben wird. samtheit der Mitglieder zeigen und nicht ein Beschluß beiterklasse. Als deren politische Vertretung ist die Sozial- Der neue Gott der Menschheit. Die in Prag ( Tschechoslowakei ) einer von Gehässigkeit und Unfachlichkeit geleiteten Körperschaft. demokratische Partei bereit, dann in die Regierung ein- feit furzem erscheinende russische sozialrevolutionäre Tageszeitung Die Redaktion steht also in offener Auflehnung gegen zutreten, wenn sie einen wirtsamen Einfluß auf den Gang Bolja Rojjii" bringt in ihrer Nummer vom 29. September nach die Brezkommission und appelliert an das Selbstbestim der Politik ausüben kann, und wenn sie damit einen wesentlichen folgendes 3 tat aus der Moskauer kommunistischen Halbmonats= mungsrecht der Parteimitglieder". Sie weiß aber wohl selbst, Teil des Staatsapparates sich in die Sände spielt. Die Koa- schrift Die Macht der Sowjets" vom 17. Juli: Bor brei Jahren daß sie an der unabhängigen Berliner Parteigenossenschaft, hat der neue Gott der Menschheit, der geniale Führer Iition mit einer Partei, die, wenn auch nur grundsäbbes Proletariats, 2enin, die Wege in Reich des Sozialismus wie sie heute nun einmal ist, keine Freude erleben wird. Ihre I ich und nicht in der praktischen Auswirkung, die republikanische gezeigt...." Tattit geht offenbar dahin, Beit zu gewinnen und den wich­Staatsform verneint, wie die Deutsche Volfspartei", würde Gin proletarischer Gott immerhin eine neue Er- tigen Apparat der Presse in der Hand zu behalten, solange die Sozialdemokratische Partei eine rein repräsentative scheinung. dies irgend möglich ist.

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1. Oftober die weltliche Schule zu errichten, statt­

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