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EtatZentwurf« für Kamerun  , Togo und das südwestafrikanische Sckutzgebier. Zu einer eingehenderen Berathung gab der Etat von Kamerun   Anlaß; namentlich wurden wegen der wirth- schastlichen Erschließung des Hinlerlandes beachienswerlhe Vor- schlage gemacht. Herr A. Wörniann warnte hierbei vor der Einsendung größerer kriegerischer Expeditionen und wünschte anstelle derselben kleinere, ausschließlich Handelszwecke ver- folgende Expeditionen gesetzt zu sehen. Bei der Be- raihung über Siidwestafrika wurden die eine bessere Schiffs- und Postverbindung mit diesem Schutzgebiete, sowie die Besiedlung betreffenden Fragen zunächst unerörtert ge- lassen und die Besprechung bis zur Berathung der dem Kolonial- ralhc über diese Angelegenheiten gemachten Vorlagen verschoben. Am Nachmittage wurde die Berathung der von dem Ausschusse zur Regelung der Auswanderung nach den Schutzgebieten be- antraglen Resolution mit einem Referate des Rechtsanwalts Dr. Scharlach aus Hamburg   begonnen. Nach längerer Debatte, an der ffch außer dem Berichterstatter namentlich die Herren Staaisminister von Hofmann, Ehren-Domhcrr Hespers und Siaatssekrelär a. D. Herzog betheiligten, wurde folgender Beschluß gefaßt: Der Kolonialrath empfiehlt l. den Grundsatz gesetzlich anzuerkennen, daß die Uebersiedlung von Reichs- angehörigen in ein deutsches Schutzgebiet, unbeschadet der Koulrollvorschriftcn für gewerbsmäßige Anwerbung und Be- förderung von Auswanderern nicht als Auswanderung zu be- trach'en ist; 2. besondere Bestimmungen zu dem Zweck zu treffen, um die Uebersiedlung deutscher   Reichsangehöriger nach den dazu geeigneten Theilen der Schutzgebiete möglichst zu erleichtern, ins- desondere neben voller Ausrechterhaltung der allgemeinen Wehr- Pflicht die Ableistung derselben in den Schutzgebieten durch gesetz- liche Anordnung zuzulassen. Sollten die Herren über Leist kein Wort verloren haben? Der Kolonialrath trat heute um 10 Uhr zur Berathung über den Ausschußberichl, betreffend die Verkehrsverbindungen mit Sndwestasrika. in dem Sitzungssaale des Auswärligen Amtes zusammen. Namens des Ausschusses erstattete Herr Geheimer Lber-Poslrath Krälke Bericht über die Verhandlungen des Aus- fchusses und empfahl die Annahme der von ihm gefaßten Be- schlüffe. Es knüpfte sich an den Bericht eine lebhafte Debatte, bei welcher darauf hingewiesen wurde, daß zur Zeit, soweit der Personen- und Güterverkehr in Frage stehe, die in dankens- werrher Weise von der Deutschen   Kolonialgesellschast unter Führung des Fürsten Hohenlohe eingerichtete direkte deutsche   Schiffsverbindung nach dem Schutzgebiete genüge und deshalb für die nächste Zeit möglichst zu erhalten und auszugestalten sei. daß dagegen in erster Reihe und ins- besondere in Rückschl auf die Verbindung mit den Häfen Süd- afrikas und aus die Ausdehnung des deutschen   Handels unter Emanzipation von den englischen Schiffslinien eine direkte deutsche Verbindung um ganz Afrika   herumgeleitet werden sollte. Bei einer Vergrößerung des Verkehrs sollte, solange das letztgedachte Ziel nicht erreicht sei, die bestehende Deutsche Westafrikanische Linie für das Schutzgebiet nutzbar gemacht werden. Außerdem wurde dem Wunsche Aus- druck gegeben, daß nach Maßgabe der verfügbaren Kräfte und namentlich auch unter Mitwirkung der Schutztruppe eine Erweiterung der Postverbindung und Herstellung von Tele. graphenanlagen innerhalb der Kolonie angebahnt werde. Endlich wurde die Nothwendigkeit unerkannt, um sich von der Walfischbay gänzlich frei zu machen, mit dem Ausbau der Landungsstelle am Echwachaub vorzugehen und in Verbindung mit den betheiligten Gesellschaften sofort die erforderlichen Borarbeiten einzuleiten. Im Sinne vorstehender Ausführungen find entsprechende Beschlüffe gefaßt worden. Tie Sitzung wurde um 2 Uhr geschlossen. Die nächste Plenarsitzung findet am Sonnabend um 10 Uhr statt. Am Nach- mitlag trat der Ausschuß zur Vorberathung der ostasrikanischen Eisenbahnfrage zusammen. Tie Freisprechung desKanzlers" Leist denn diese Verurtheilung ist in Wirklichkeit eine Frei- sprechung hat im Innern das Rechts- und Schamgefühl mehr verletzt und nach außen das Ansehen Deutschlands  mehr geschädigt, als die Thaten des Leist es gethan hatten. Das ist die allgemeine Empfindung, der selbst konservative Blätter, ja sogar Organe der Gesinnungslosigkeit pur excsfioacs, wie die BerlinerPost" sich nicht zu entziehen verniöyen. In der englischen   und französischen   Presse ist nur eine Stimme: entweder empörtes Erstaunen, daß solches möglich, oder grimmiger Hohn, daß in dem auf seine Wioralität" so stolzen Teutschland aller Moralität so ins Antlitz geschlagen worden ist. Und doppelt trifft dieser Faustschlag in einem Augenblick, wo die sogenannte gute Gesellschaft und alle Regierungsparteien sich geräusch- voll anschicken zu einem Kreuzzug fürReligion, Ordnung und Sitte". Daß ein einzelner Mann Akte der Brutalität und Un- sittlichkeit begehen konnte, das war nicht die Schuld der deutschen   Regierung, obgleich diese Akte von einem Manne in hoher amtlicher Stellung begangen wurden. Aber die Regierung konnte die Verantwortlich- keit nur dadurch von sich fern halten, daß sie ungesäumt gegen den schuldigen Beamten einschritt. Das hat sie gethan, und wir haben keinen Grund zu sagen, daß sie es nicht mit dem nöthigen Nachdruck gethan habe. Tie Schuld des Leist ist in ihrem ganzen Umfange er« wiesen worden- selbst über den Rahmen der Anklage hinaus. Und doch hat der Gerichtshof, vor dem der Schuldige stand, auf thatsächliche Freisprechung erkannt, und einen Nienschen, der nach allgemeinem Urtheile sich ehrloser, gemeiner und denkbar unsittlichster Handlungen schuldig gemacht, für würdig erklärt, deutscher Beamter zu sein. Das ist ein Faustschlag in das Gesicht deS deutschen  BcamtenlhumS, wie der Ausgang des Prozesses ein Keulen- schlag ist für die deutsche   Regierung. Durch den Spruch des Disziplinarhofs in Potsdam   ist die deutsche   Regierung schwer belastet worden; denn der Disziplinar Hof ist ein TheilderRegierungs- Maschinerie. Und ist die Regierung nicht im stände, einen Mann, der im Nanien der Regierung so schwere Ver- brechen begangen hat, zur verdienten Strafe und Sühne zu ziehen, so fällt die Verantwortlichkeit für diese Handlungen mit unerbittlicher Logik auf die Regierung. Keine Sophistik kann hieran etwas ändern. Und erheischte die Ehre des Deutschen Reichs den Prozeß gegen Leist, so erheischt die Freisprechung des Leist durch den Disziplinarhof mit noch zwingenderer Gewalt, daß dem beleidigten Rechts- und Ehrgefühl des Volks und dem Ausehen des Deutschen Reich? Genugthuung verschafft werde gegenüber dem Urlheil der Potsdamer   Disziplinarkammer/ Ehren-Lcist bleibt den deutschen   Steuerzahlern weiter erhalten. Bekanntlich lautet das Urtheil gegen den Frauenpeitschcr auf Schmälerung von einem Fünftel seines bisherigen Tienstelnkommens. Demnach würde, da dem Etat zufolge der Kauzler in Kamerun   außer freier Wohnung ein Gehalt von 12 000 M. bezieht, das jetzige Gehalt des Verurtheilten noch 9600 M. betragen. Tie römische Presse über die Straflosig- keit L e i st' s. Ter.Vossischen Zeitung' wird aus Rom   telegraphirt: Die Presse drückt einstimmig ihre Verblüffung über die Straflosigkeit Leist's aus in einem Lande, welches man bisher als die Heimath guter Zucht, strenger Beamtenmoral und un- beugsamer Rechtspflege betrachtet hat. Der BundeSrath hat in seiner gestern abgehaltenen Plenar- sitzung den Antrag von Schwarzburg- Sondershausen  , betreffend das Ausscheiden der staatlichen Tieibau Betriebe des Fürsten­thums Schwarzburg- Sondershausen   aus der Tiefbau- Berufs- genossenschaft, die Vorlage, betreffend den Entwurf von Aus- führungsbestimmnngen zu dem Gefetze über den Schutz der Brief- tauben und den Brieftanben-Berkehr im Kriege, sowie die Vorlage über die geschäftliche Behandlung der an den Bundesrath ge- richteten Eingaben den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Außerdem wurden die Ruhegehälter für eine Anzahl von Reichs- beamten festgestellt und Eingaben vorgelegt. Im 1. Tanziger Landtagswahlkreis(Stadt- und Land- kreis Elbiug, Kreis Marienburg  ) ist bei der gestern vor- genommenen Ersatzwahl für den Grafen zu Dohna- Schlobitten, der sein Mandat niedergelegt hat, Virlner-Kadienen, konservativ, mit 298 Stimmen zum Mitglied des Hauses der Abgeordneten gewählt worden. Der Gegenkandidat, Wagner-Graudeuz, liberal, hat 18 Stimnien erhallen. O welche Lust Soldat zu sein! Unter der elsässischen Jugend scheint die Liebe für preußisches Kasernenleben nicht besonders groß entwickelt zu sein. In Nr. 717 derStraßb. Post" fordert der kaiserl. Erste Staatsanwalt nicht weniger als 198 wehrpflichtige junge Elsässer auf, am Donnerstag, den 13. Dezember d. I., Vormittags 9 Uhr, vor der Straf- kammer in Straßburg   zu erscheinen, um sich wegen Ent- ziehung der Wehrpflicht zu verantworten. Allzuviele werden dieser freundlichen Einladung des Herrn Staatsanwalts jedenfalls nicht Folge leisten. Der Herr Staatsanwalt kann sich übrigens denken, weshalb die jungen Leute ausgekniffen sind. Orden a« Arbeitermörder. Ter Wachtmeister Mark war es, der am 9. Mai beim Dreifaltigkeitsschachte in Polnisch-Ostrau auf die den Schacht angeblich bedrohen- den Bergarbeiter mehrere Salven nacheinander abgeben ließ, durch welche 10 Mann sofort getödtet, 16 schwer verwundet und 8 leicht verletzt wurden. Die Gendarmen feuerten nach Aussage von Augenzeugen auch auf die fliehenden Berg- arbeiter. Tie blutigen Ereignisse werden unseren Lesern noch in frischer Erinnerung sein. Nun ist auch demver- dienstvollen" Urheber dieses Blutbades die allerhöchste An- erkennung zu Theil geworden. Der Brünner.Tagesbote" meldet: Der Gendarmerie-Wachtmeister Mark, derzeit in Wagstadt stationirt, ist wegen seines mannhasten und entschloffenen Ein- schreiteuZ gegen die streikenden Arbeiter in den Kohlengruben von Polnisch-Ostrau mit dem silbernen Verdienstlreuz mit der Krone ausgezeichnet worden." Ein Bemerkung zu dieser Auszeichnung scheint uns überflüssig. Die konfessionellen Vorlagen scheinen zu einem dauernden Zwiespalt zwischen dem ungarischen Ab- geordneten- und Magnatenhause zu führen. Eine Depesche aus Budapest   meldet hierüber: DaS Abgeordnetenhaus beschloß nach dreitägiger Debatte mit großer Majorität, nachdem noch der Justizminister heute eine längere Rede über die schädlichen Folgen des Konfessious- Zwanges gehalten, das Gesetz über die freie Religio ns- Übung behuss unveränderter Annahme an das Magnaienhaus zurückzuleiten. Zur nächste» Kammersesston in Frankrtich. Man schreibt uns aus Paris   unterm 16. Oktober: Wie die Dinge liegen, dürfte die nächste Kammeriesston eine äußerst bewegte werden und noch mehr als ihre Vorgängerin unter dem Zeichen des Sozialismus stehen. Das fühlt auch die Partei der Satten oderRegierungsrepublikaner", wie sie ffch nennt. Darum kann sie auch kaum den Moment erwarten, wo sie Herrn Dupuy, der sich der sozialistischen Hydra gegenüber gar zu sehr als ein Jahrmarktsherkules erwies, den Lauspaß geben kann. An seine Stelle soll, wie es allgemein heißt, Waldeck-Rousseau treten. Wer könnte auch berufener sein, das herrschende Panamistenthum vor dem Ansturm des Proletariats zu schützen, als der Mann, der es vermochte, einen der größten Tiebe der Pauamages ellschaft als eine Ruhmessäule Frankreichs   hinzustellen? Wer bernsener als der gesuchteste Vcrtheidiger aller zahlungsfähigen Gründungs- Icywindler, Baukerottirer und sonstiger hoher Gauner? Nur be- fürchten wir, daß das Rechtsgefühl des klassenbewußten Proleca  - rials ein ganz anderes als das von Klaffenrichtern ist, daß lein Kodex keine Verjährung kennt und darum alle Waldeck-Rouffeau zusammengenommen das Panamistenregime nicht vor dem Zu- sammeubruch zu wahren vermag. Was haben die Herren nicht schon alles versucht, um den Sozialismus niederzuwerfen. Aber alle List und alle Verleumdung, alle Zuckerbrötchen und alle Peitschen, nichts vermochte gegen ihn. Und je schärfer sie gegen das organisine Proletariat vorgingen, je mehr sie es zu terrori- siren suchten, desto mehr befestigten sie, desto weiter verzweigten sie den Sozialismus und desto mehr Bundesgenossen führten sie ihm zu. Ja so sehr ersaßt alle der Ekel vor dem herrschenden Panamistenthum, daß selbst in dessen nächster Um- gebung eine scharfe Opposition gegen dasselbe zu wachsen beginnt. Anders wenigstens läßt sich nicht die Rede deuten, die Herr Cavaignae am jüngsten Sonnlag in Cahors   hielt. In dieser Rede, in der er für die von den Panamisten so sehr ver- pönte Progressiv-Einkommensteuer eintrat, sagte er nämlich u. a.: .Viele Republikaner sind in die neue Legislatur eingetreten, be- reit zu so manchen Opfern, um dem Laude die Wohllhat einer dauernden, thätigen und reformatorischeu Regierung zu sichern. Hat man aber von diesen günstigen Absichten Nutzen zu ziehen verstanden? Es scheint, als ob man von allen Lehren der Regierun gspolitit nur die eine behalten habe: daß es die erste Pflicht einer Regierungsmajorität sei, all« Fehler und alle Mißbräuche, manchmal Schlimmeres als Fehler und Mißbräuche, mit ihrem Wohl. gefallen zu decken." Und von den Ralliirten, diesen verkappten Feudal-Klerikalen sprechend, die einen so großen Einfluß aus die Regierungspolitik haben, meinte er, daß wenn die Republikaner sich ihres Anschlusses an die Republik   freue» sollen, dies nur unter der Bedingung geschehen könne,nicht in Bälde, in einem schmerzlichen Erwacden kon- statiren zu müssen, daß es nickt die Republik   ist, die sich ihr« ehemaligen Gegner einverleibt hat, sondern, daß es diese sind, die sich die Republik   einverleibt haben". Weiter: Man würde die Bildung dieser nenen, die Bildung etner konservativen Partei begreisen, wenn es wahr wäre, daß die parla- mentarische Thätigkeit gründliche Reformen vollbracht oder unsere politischen Institutionen einigen jener heftigen Erschütterungen unterworfen habe, von denen ras Land sich zu erholen verlange." Dem fügte er mit einem Seitenhieb aus Raynal   u. Cie. hinzu:Ich weiß wohl, daß man bei Be- ginn dieser Legislatur das, was man die Politik der Ver- d a u u n g genannt, empfoblen hat, aber dieses Wort bat kein Glück gemacht oder wenigstens nicht das Glück, das sich seme Urheber davon versprochen hallen." Schließlich sei noch einer Anspielung auf Rouvier gedacht, dem er damit eine» Hieb versetzte, daß er von ehemaliaen Demagogen sprach,von denen sich einige rühmen. durch Ausübung der Macht gesetzter geworden zu sein und von denen etwelche nur durch die Nachbarschaft finan- zieller Syndikate kirre gemacht wurden." Wenn nun selbst so regierungsfreundliche Abgeordnete wie Herr Cavaignae eine solche Sprache führen, dann läßt sich leicht voraussehen, welche scharfe Debatten die nächste Session zettigen wird. Und da ist es wohl nicht nöthig, erst noch auf die an demselben Tage von Goblet, dem bekannlen Führer der Sozial- radikalen in St. Mande, gehaltene Rede hinzuweisen, um es als ziveifellos hiuffellen zu können. daß Kammer und Regierung in der nächsten Session mehr als je vor der Frage stehen werden: für oder wider den Sozialismus. Mögen sie sich nun auch wie immer entscheiden und was immer unternehmen: die Sozialisten stehen gewappnet da und sehen siegesjreudig allen Kämpsen entgegen. Sozialisteuverfolgung in Frankreich  . Man schreibt unS aus Paris   unterm 17 Oktober: In der letzten Miuisterraths» Sitzung wurde abermals die Verfolgung eines sozialistischen  Blattes beschlossen. Diesmal gilt es demChambard", einem von unserem Freunde Görault-Richard redigirten illustrirten Wochen- blatte. Was das Mißfallen der unter dem Vorsitze Pener's berathenden Herren erregte, war der in der Nummer vom 29. September erschienene Leitartikel:A das Casimir!" Nieder mit Casimir! In diesem Artikel wird in spöttischer Weise der Unpopularilät Perier's gedacht und dabei aus den Ursprung seines kolossalen Vermögens hingewiesen. Zum Schlüsse heißt es:Heule verhalten sich die Bürger noch laut- los auf seinem Wege; morgen wird der Volksruf ertönen: Nieder mit Casimir! das heißt: Hoch die Republik der Arbeiter!" Da vor dem Schwurgerichte jedermann, auch wenn er nicht Advokat ist. die Verlheidiguug führen kann, beabsichtigt Görault- Richard, sich von Jaurös vertheidigen zu lassen, der in diesem Falle von Millerand assistirt würde. Und führt Jauros die Ver- lheidigung, dann kann man im vorhinein sicher sein, daß wie auch immer das Urtheil aussalle, nicht Görault-Richard der Ver- urtheilte sein wird. DemJntranfigeant" zufolge soll Herr Casimir Perier   in derselben Ministerralhssitzung, gelegentlich der Verfolgung des Chambard" den Entschluß geäußert haben, demissioniren zu wollen.Er habe es nämlich satt, den Angriffen der Einen und der ungeschickten oder perfiden Vertheidigung der Anderen aus- gesetzt zu sein. Er wisse, daß er ganz unpopulär sei, denn wenn er sich auf den Stoßen zeige, herrsche eine Stille, wie bei einer Beerdigung. Er fühle, daß Frankreich   ihn nicht wolle, und bevor er sich politisch ganz unmöglich mache, wolle er lieber freiwillig gehen." Nun, wir halten dies für einen einfachen Scherz. Sollte Herr Perier aber wirklich gehen wollen, dann würde er wohl me eine herzlichereGlückliche Reise!" mit auf den Weg be- kommen haben als diesmal. Casimir Perier   das wissen unsere Leser ist ein tans Hascnsuß, wie die meisten dieser Gewaltmenschen von isen, Blech oder Kautschuk. Er wird auf allen seinen Aus- und Spaziergängen von ganzen Schwärmen offent- licher und geheimer Polizisten begleitet, so daß er wiederholt schon Stockungen des Straßenverkehrs herbei- geführt hat. Das will nun den Franzosen nicht gefallen, und im Pariser   Gemeinderath hat das Mitglied Fourut für die nächsten Tage eine Interpellation ange- kündigt. Auch in der Kammer wird die Sache zur Sprache kommen. Belgien  . Heute liegen nur folgende Depeschen von Interesse vor: Charleroi  , 19. Oktober. Gestern Abend erklärte der Brüsseler   Sozialist v. d. Velde, daß die Bedingungen, welche den Altliberalen in Brüssel   gestellt werden, auch allen anderen Liberalen im ganzen Lande, die am nächsten Sonntag in Stichwahlen kommen, gestellt werden sollen. Er schloß seine mit stürmischem Beifall aufgenommene Rede mit den Worten: Die Altliberalen müßten die sozialistischen   Forderungen selbst mit ihrem Todesurtheil unterzeichnen, um die Stimmen der Sozialdemokraten zu erhalten. Lüttich  , 19. Oktober. Die Antisozialisten hatten den hier gewählten Abg. Anseele durch Maueranschläge beschuldigt, sämmtlichen Kohlendedars eines großen GenterWerkes aus demAus- lande bezogen zu haben. Anseele erklärt, daß diese Anschuldi« gung eine inifame Luge sei; er könne dagegen wohl beweisen, daß die kapitalistischen   Vereine in Gent   ihren ganzen Kohlen- bedarf, 109 000 Tonnen jährlich; aus Deutschland   beziehen. Brüssel  , 13. Oktober. Die Gemäßigt- Liberalen lehnten die von den Arbeitern für die Stichwahlen in Brüssel   gestellten Bedingungen ab. Letzteres war vorauszusehen und als selbstverständlich erwartet worden. Dergemäßigte oder doktrinäre" Libera- lismus wird also nächsten Sonntag in Belgien   begraben. Die Notiz aus Lüttich   zeigt, daß unsere Gegner überall mit den nämlichen Schmutzwaffen kämpfen. Der Zar soll vergiftet sein. Diese Nachricht ver- breitet das Mailänder BlattSecolo". Wir können die Meldung nicht koittrolliren, erkennen aber in dem Glauben, der die Nachricht allgemein findet, ein Zeichen dafür, wie wenig fest das Vertrauen in die inneren Zustände Ruß- lands ist. Interessant ist ferner die Meldung, daß ein Nervenspezialist an das Krankenbett des Zaren berufen wurde. Dies bestätigt unsere wiederholte Meldung vom zerrütteten Geisteszustand des Selbstherrschers aller Reußen. Das Ableben des Zaren ist nach übereinstimmenden Mel» düngen allstündlich zu erwarten. Der gute Kronprinz. Der Zar liegt im Sterben und die servilen Zeitungen berichten in jeder Ausgabe über das Befinden des Mannes, dem sein Volk nur Flüche in'S Grab nachsenden wird. Gleichzeitig wird für seinen Nach« folger, dem KrouprinzenNitolaus Stimmung gemacht. Während man bisher von dem jungen Manne nicht anderes wußte, als daß er ein herzlich unbedeutender, körperlich wie geistig nicht besonders entwickelter junger Mann sei, wird jetzt von seiner Volksfreundlichkcit, Frciheitsliebe, konstutioncller Ge- sinnung, von den günstigen Einflüssen, die auf ihn wirkten, gar viel erzählt. Diese in die Blätter lancirten Nach» richten werden entsprechend gefärbt; so erzählen die konser- vativen Blätter, daß er ein Freund der Deutschen  , die liberalen, daß er ein Beschützer der Juden sein wolle. Leute, die ein gutes Gedächtniß haben, werden sich erinnern, daß in den letzten Lebensjahren Alexander II.  vom damaligen Kronprinzen, dem jetzt im Sterben liegenden Zaren die ganz gleichen Märchen verbreitet wurden. Wer damals daran glaubte, wir gehörten nicht dazu wird, durch Erfahrung klug gemacht, heute mißtrauisch sein. Die alte Fabel, daß die Kronprinzen liberal" sind, wird in späteren Jahren immer wieder durch die Thatsache widerlegt, daß die Kronprinzen, wenn sie an die Regierung kommen, nicht besser sind als ihre Vorgänger. Ein tüchtiges Volk setzt übrigens niemals auf Krön- prinzen, sondern auf die Stärke des eigenen Willens seine Hoffnungen. JÖwiflOtic«. Man schreibt uns: In der neuen Kammer, welche am 15. Oktober alten(27. neuen) Stils zusammen» ntttz sitzen»wei Sozialdemokratent Janco