sichtsrat„nur" insoweit mitzureden haben', wie es zur Ver- tretung der„Interessen und Forderungen der Arbeitnehmer" und„ihrer Ansichten und Wünsche hinsichtlich der Organisation des Betriebes" notwendig ist. Nur hat keiner der Herren Ausleger bis setzt verraten können, wo diese Vertretung der Arbeiterinteressen und Forderungen endet. G'cnibsn denn jene Vertreter einer überwundenen Anschauungsweise wirk- lich, daß sie auch nur der Arbeitgeberschast, geschweige denn dem deutschen Wirtschaftsleben einen Gefallen tun, wenn sie in jode Gesellschaft und in jede Sitzung den Zank darüber hineintragen, ob mit Punkt 3 der Tagesordnung die Ver- rietung der Arbeitnehmcrinteressen erschöpft ist und nun das Stimmrecht und der Sitz der Herren Bstriebsratsmitglieder erledigt ist und diese mit einer Verbeugung sich zur Tür hin- aus zu bewegen haben? Soll vielleicht künftig der Bezirks- wirtschaftsrat und vorläufig der SchlichtnngsauSschuß oder gar der preußische Gewerbeinspektor darüber noch Monaten befinden, ob die einzelne Sitzung oder der einzelne Gegen- stand der Tagesordnung zu dem so den Arbeitnehmern zu- gewiesenen Kreis von Rechten' gehört? Haben die Vertreter dieser Ansicht nicht schon genug des Kleinkriegs im ganzen Lande durch die vielen Kautschukbestimmungen des Gesetzes? Wenn der Reichsverband der deutschen Industrie in seinen Erläuterungen zu in Betriebsräte�eletz die Aufnahme eines neuen Fabrikationszwelges als nicht zu den Befug- nissen der Arbeitermitglieder des Aufsichtsrats gehörig rech- net, so zeigt schon dies eine Beispiel die Sinnlosigkeit jener ganzen Anschauung. Wenn die Arbeitermitglieder nicht die volle Rechtsstellung der gewöhnlichen Aufsichtsratsmitglieder haben sollen, dann ist das ganze Gefetz, wie uns scheint, für die Arbeiterklasse ohne Interesse, und es lohnt sich nicht erst die Mühe der Beratiing. Das mögen diejenigen sich gesagt fein lassen, welche glauben, durch irgendeinen Kompromiß, das doch nur neuen Kampf und neue Zwistigkeiten erzeugt oder in den Betrieb verlegt, das Verlangen der Arbeiter nach Einfluß aufs Wirtschaftsleben aufhalten zu können. Die Sozialdemokraten im Reichstag werden das Ihre tun, mn zu verhindern, daß die Bstriebsratsmitglieder in den Antsichtsräten als Mitglieder zweiter Klasse behandelt werden. Was bei den von der Generalversammlirng der Aktionärs gewählten Mitgliedern selbstverständlich ist, daß sie nämlich die Interessen und Forderungen der A k t i o n ä r e, des kapi - talistifchen Faktors der Gesellschaft, zu vertreten haben, das ist hei den Vertretern der A r b e i t e r s ch a f t, des anderen und wenn man von der zufälligen gegenwärtigen Wirch'Hafts- ionn absieht, wichtigsten Faktors der Gesellschaft, besonders hervorgehoben, eben die Aufgab? der Vertretung der Arbeiter- interessen bedeutet aber fachlich keinerlei Versöbiedenheit in der Rechtsstellung der beiden Arbeiten von Anffichtsratsmit- gliedern.__ Die Arbeitszeit öer Seamtsn. Ter preußisch? Finanzminister hat zugleich im Namen des preußischen Ministers des Innern ein? Verord- nung erlassen, die die Arbeitszeit der preußischen Beamten regelt. Die Verordnung geht von der Not des Landes aus uird appelliert an das Pflichtgefühl der Beamten, alle Kräfte für den Wiederaufbau des Staates ein- zusetzen. Hierzu sei die Einführung einer fest umrisse- neu Arbeitszeit� erforderlich, die grundsätzlich für alle Staatsbedienstete gleich sein müsse. Das Staatsministerium hat in seiner Sitzung vom 18. September in der Frage der Ar- beitszeit der Beamten in Preußen falgende Beschlüsse gefaßt: 1.„Jeder Beamte ist verpflichtet, seine volle Arbeits- k r a f t in den Dienst des Staates zu stellen. Er hat die ihm übertragenen Arbeiten rechtzeitig ohne Rücksicht auf eine festgesetzte Arbeitsstundenzahl zu erledigen. 2. Die in der Regel an der Dienststelle zu leistende Arbeits- zeit detrögt wöchentlich 48 Stunden. Der Arbeit an der Dienststelle ist die Teilnahme an Sitzungen. Besichtigungen u. a. m. gleichzvachten. Wo die ZWeistung der vollen Arbeitszeit an der Dienststelle nicht durchsiithobar ist oder die Art der Arbeit eine feste
Der parafit. Von Willi Birnbaum. Seit acht Tagen spukt seine Lebemannfratz« mir in den Sinnen herum. Mitten im Lesen taucht sie plötzlich auf. ein paar Falten legen sich in das fettige, graugelbe Gesicht zum Grinsen. Wie über- legen« Hohn leuchter'S da. Und wenn ich alödann darüber nack- denke, ernsthaft und tief, muß ich selbst lächeln: WaS tul'S mir, daß er ein Lump!... Aber dennoch, kein Bild läßt mich nicht loS. Turmhoher Haß hat sich seither geschichtet. Haß?!... Ich weiß nicht, ob cS Hciß ist: nur soviel ist mir klar— unendlicher Ekel packt inich stets, seelentief« Verachtung steigt in Gedanken hoch. O, nicht, daß er mir etwa? zuleide getan oder mich beleidigt, gehöhnt oder mir geschadet hätte. Nichts von alledem! Auch nicht, daß wir oft uns begegnen, daß ich mit ihm z» tun habe. Ich hatte längst ihn vergesien. Mit vielen, vielen anderen Dingen plagt' ich mich stets Kerum. Da begegnete ich ihm vor Tagen, ganz urplötzlich, mitten im Menschengewühl der Millionen- stadt. Wir stutzten, erkannten uns. obwohl er ein feiner Gigerl gc- worden; in neuester Mode, versteht sich. Ein widerlich Gefühl hieß mich eilen, fort, fort, nur nicht verweilen. Da stand er im Weg mir— mit dem unaussprechlichen Grinsen in dem feisten, kahlköpsigen Mönchs- gesicht. Ach, ich hält' ihn auf die Backe schlagen mögen, dem Parasiten. „Gib deinem Jugendgescllen die Hand doch nach so langen Jahren," so bat er und gab mir seine fleischig-weiche Rechte. Ich Hab' mir hernach beide Hände gespült auS Ekel, und noch immer mein' ich, es klebe Uebles dran.„Und hier, mein„Mädchen" Lusiana!" Ein schmächtig', geschnürt' und gepudert' Halbweltwcib war seineBegleitung. In ein W-inhauS zerrten sie mich. Wie ein Klotz saß ich da, sprach nicht, dachte nur: Wie kannst du entrinnen? Und er, der Schul- kamsrad, sprudelte lo?, sprach von seinem Leben, den Schieber- geschästen. die er seit unserem letzten Treffen gemacht, den Geldern. die er verschoben, der Villa im Westen, die er gekauft. Mich über- raichte das nicht; ich dacht' an die Skizzen, die in meinem Schreib« tische seit langen Jahren nun schliefen, deren Mittelpunkt und Haupt- Person er gewesen. Nein,«ein, mich überraschte da» nicht. Und wie ich nach perlorener Stunde von diesem höflichen Schwätzer schied— dringlicher, unausichiebbarer Geschäfte wegen—, da ver- stand' er: ,D, ich fühl', mein Lieber, du bist noch immer der alte, ehrliche Schwärmer; werde selig denn im Glauben!... Bei Ge- legeuhcit besuche mich mal..." Ich glaube, er glaubt« selbst nicht daran. Schnurstracks bin ich eine weite Strecke zu Fuß nach HauS ge« ganzen. Frische Luft brauchte ich; ach,«S war so schwüj der Tag. Immerfort noch lag mir die Rede im Sinn, die er mir damals in unserem alten Stammcasä gehalten, da ich nach elf langen
Bindung an die ArbeiiSzeit der Dienststelle im Jmereffe de? Dienstes unzweckmäßig erscheinen läßt, kann von der ober- sten Verwaltungsbehörde für die in Frage kommenden Beamten eine andersartige-Regelung der Arveilszeü erfolgen. 8. Die Festsetzung der täglichen Arbeitszeit erfolgt durch die Behörde im Benehmen mit der Vertretung der Beam- 1 e n. Bei durchgehender Arbeitszeit kann während der Arbeitszeit eine Frühstückspause bis zur Höchstdauer von einer halben Stunde stattfinden, die aus die Arbeitszeit anzurechnen ist. 4. In den Ministerien soll der W o ch e n t a g s d i e n st in der Regel in de» Monaten April bis September um 8 Uhr, in den Monaten Oktober bis März um 8Zh Uhr morgens beginnen, der Abenddieust spätestens um 8 Uhr endigen, der Sonn- und Feiertagsdienst möglichst auf die Zeit von 10— 1 Uhr beschränkt werben. 6. Es ist anzustreben, daß die Dienstzeit der an einem Ort befindlichen Reichs-, Staats- und Kommunalbehörden gleichmäßig geregelt wird." Durch den Beschluß wird die bisherige Dienstzeit um tag- lich eine halbe Stunde verlängert. Wenn man auch an- nehmen kann, daß die Mehrzahl der Beamten sich mit dieser Neuregelung einverstanden erklären wird, so muß doch streng darauf gesehen werden, daß für die„höheren" Beamten nicht in irgendeiner Form ein Sonderrecht geschaffen wird, däs nur neue Erdittcrungen auslösen müßte.
Reyolutwnsrsmantik und Massenbetrug. In der„Freiheit" von gestern abend fetzt sich Martow, der bekanntlich als Vertreter der russischen Menschcwisten an dem Halleschen Parteitag der Unabhängigen teil- nahm, nochmals mit den Bolschewisten auseinander und be- handelt hierbei interessante Fragen von„Glauben und Wissenschaft". Hierbei bekennt er sich leidenschaftlich zu der Forderung, dem Volke uneingeschränkt die volle Wahrheit zu sagen: Ein revolutionärer Romantiker, der sich lediglich auf die subjektive Stimmung der Massen stützt, schlägt eimeu andcoen Weg ein. Er fürchtet: wenn diese Stimmung nicht zur Erzielung eines maximalen revolutionären Effektes aus- genutzt wird, könnte der richtige Moment verpaßt ioerbrn. Er muß deshalb die Illusionen der Massen oufrechterhakten, selbst wenn er sie innerlich nicht teilt; er muß die Massen vor dem Einfluß jener vorgeschrittenen Proletarier schützen, die diese Illusionen zerstreuen könnt«:, derai die Vernichtung dieser Illusionen bedeutet nach seiner Auffassung eine ver- breöberische Lähmung des revolutionären Willens der Massen. Die wissenschaftliche Methode von Marx und Engels verpflichtet den Sozialsten zu der größten Wahr - heitsliebe gegomiber seiner Klassch Jede Religion Zrdoch, darunter auch die Religion des sozialen Wunders, setzt eineu syste- matifchen Betrug der Massen und einen Selbstbetrug der Priester voraus. Wo es einen religiösen Glauben der Massen gibt, dort ist auch ein Gaukelspiel der Priester vor- Händen. Ohne innere, tief zersetzende Lüge in den Beziehungen zwischen den Führern und den Geführkoc, zwischen der Partei und den Massen, zwischen den oberen und unteren Schichten der Partei ist eine Bewegung unmöglich, die sich auf die Ausbeutung des blinden religiösen GlauZbenS der Massen stützt. Wir find der Ansicht, daß Martow di? Führer der links- radrkalen Bewegung und die Ethirk ihrer Beweggründe wesentlich überschätzt. In der Masse des Lol?eL macht sich mitunter allerdings noch ein fast religiös anmuten- der Glaub- in die Heilkraft der russischen Methoden geltend; shre Führer imd Wortmacher jedoch w?rden weniger von diesen, an sich durchans edlen Gesichtspunkten geleitet, als von dem Willen zur Demagogie und zirm Betrug der Massen. _ Das wahre Wort. Die deutschnationale Presse jubelt über den bürgerlich- realtionärenWahIerfolg in Sachsen . Aus den vielen Stimmen wollen wir einen Zlbfatz der„Post" hervorheben:
Monde» das erstemal in Urlaub im Heimatort wieder weilte: ,S>eh mal. alter Bursche, du warst in der Schule immer obenan; ich Hab' dich manchmal beneidet; und dennoch— du bist der Dümmsten einer, oer du für andere redest und schreibst, dein Leben nicht schonst-- Selbst ist der Mann! l" Wie Sieperworte klang das. Das feine Grinsen lag damals schon in seinem Zuge. Nnd ich weiß nicht, alles, was er je zu mir sprach, eS ist wie in Stein gemeißelt, tief gefurcht. Nur viel Staub bat sich in die Tiefen gesetzt; aber wenn man mit der Hand darüber fährt, dann steht es klar zu lesen, als fei es erst gestern vom Steinmetz ge- schlagen. Wenn ich von der Fachschule spät abends heimwärts fuhr, waren wir oftmals mitsammen. So großen„Ausschnitt" von Geld und Mädchen bot er, daß mir'S zuwider ward— bis eines TageS er verschwunden mit Kasse und Mädchen, geflüchtet war in ferne Stadt. Das jung-frisch-hoffirnngSirohe Kind ist sitzengeblieben, gebraucht und verloren, untergetaucht im Hafenstodtgewühl. Und er„schob" drei Monde lang bei Wasser und Brot, zerlumpt und abgerissen als- dann in die Heimat kommend. Als Arbeiter dann ging er in die Fabrik, werkend für 48 Pß die Stund«.£>, wie bitter. klang da fein Wort von den zer- fibmidenen Händen. Die Hände— die waren fein Gram. Von Mädchen später nahm er Geld— sich prügelnd für sse. sie„schützend". Da? Schandwerk begriff ich damals noch nicht— heute seh ich die Tiefe. Es kam der Krieg..... Und wenn ich noch weiter denk'— an die Schulzeit und ihn— tolle Streiche wurden da geheckt, er immer inmitten. Und wenn es Prügel setzte, immer wie ein Besessener schrie er dann und niemals doch war er's. In älteren Jahren ward er des reichen Schlächter- fohneS bester Freund, für ihn die Schulausgahen machend, sich loh- nen lassend mit Wurst und süßen Waren. Die unbehütete Laden- lasse der Beiden Zielobjekt. Triumphierend wies er uns anderen dann stets den Mammon. Das alle? noch weiß ich, als war' e? gestern erst geschehen... Und wieder blick ich da« graugelbe, feiste Gesicht, dies Grir.sem spür ich die fleiichig-weichen Hände, hör ich höhnenden Klang an selbstsicheren Reden, die so brutal, so roh.... Mir schaudert, ekelt, krampfen die Fäuste sich. eS brodelt Haß in tiefer Brust, wild und lodernd. Wenn ich sein Bild doch scheuchen könnte... Feder hilf! Volk steh mir bei!!... Die MafienkvnsiSkatioaen. Der Schutzverband deutscher Schrift- stcller hat mit Entrüstung von den MassenkonfiSkatione«. dt« im Verlage Fritz Gurlitt durch die StaatSanwalsichaft erfolgt sind, Kenntnis genommen und sieht in diesem Boraehen«ine ernste Be- drohung der durch die Reichsverfasiung gewährleisteten Freiheit der Kunst. Er erklärt dem Verlag: Die von der Konfiskation be-
Die bürgerliche Mehrheit in der sächslschen LandeSversawrn-, lunz ist jedenfalls gesichert und die Niederlage der soz'.alistischen Parteien besiegelt. Erreicht wurde dieser erfreuliche Erfolg durch zwei Faktoren: durch die rege Parteiarbei: der Rechtsparteien und durch die Uneinigkeit der vier sozmlistischen Parteien. Daß die bürgerliche Mehrheit in Sachsen gesichert ist, dürfte ein Irrtum der„Post" sein, sonst aber stimmt alles auss Haan . Die Arbeiter sollte es jedenfalls interessieren, daß ihnen ihre größten Gegner bescheinigen, ihre Siege der Uneinrgkeit der Arbeiterschaft zu veripnken. Wenn die Arbeiterklasse nun noch immer nichts merkt, dann ist ihr jedenfalls nicht zu halfen, und dann wird es noch vieler schmerzlicher Lehren wie der sächsi« schen bedürfen, bis die Einsicht wiederkehrt. Tie sächsischen„Kettensprenger". Die sächsischen Volksparteiler gleichen ihren Kollogen im Reich auss Haar. Wie öer mutige„Rote-Ketten-Sprenger" Strese- mann nach dem 6. Juni 1M0 vor der Sozioldemolratie auf den Knien lag und sie um ihre Mithilfe anflehte, so machen es jetzt auch seine Freunde in Sachsen . Ter de u tschvolk i pa riet l:che„Dresdener Anzeiger" tritt für die Koalition der Deutscheit Volkspartei, der Demokratischen Partei und der MehrheitSsozialdemoiraten ein. Man dürfe die Mehr- heitssozialdemokraten wicht von der Verantwortlichkeit für die Ge- schicke Sachsens befreien. Nur der Block Strefemann» Scheide mann, der in Sachsen lauten würde B l ü h e r bis Redakteur Fcllifch von der radikalen Chemnitzer Nichtun, der MehrheitSfozialdemokvadie, könnte Positives und Gutes leisten. Es ist sehr bezeichnend für die Männer der Deutschen Volkspartei, daß sie sich nur in der Gemeinschaft mit der Sozialdemokratie zutrauen. Positives und Gutes leisten zu können. Die sächsische� Volke parteiler scheinen durch ihren seit den ReichStogSwahlen erlittenen Stimmverluft von 70000 noch besonders kleinlaut geworden zu fein. Mit ihren Hoff- nungen auf ein Zusammenregieren mit der Sozialdemokratie dürfte es jedoch nichts werden. Unser Dresdener Parteiorgan wendet sich schon entschieden gegen den Vorschlag des„Dresdener Anzeigers". Für die Sozialdemokratie wird«s jedenfalls das Gegebene fein, die scheinbar doch noch mögliche Mehrhesi ouS Sozialdemokraten, Demokraten und RechtSunabhängi- gen zu erstreben. Lehnt eine der beiden anderen Partelen dis Beteiligung an einer solchen Regierung ab, dann lastet auf ihr. nicht«Ais der Sozialdemokratie, die Verantwortung, wenn Sachsen statt einer linksgerichteten eine reaktionäre Regierung er- hält, welche die einzige Möglichkeit bleibt, wenn die Linke sich nicht einigen kann. Sicher ist jedenfalls das eine: daß bei der RegierungS- bildung die sechs Kommunisten und drei Neukommu- nisten praktisch nur als Verstärkung der Tcutschnatioualen zählen.
SozialöeNokratke unü Regisrimgsbilüimg. Stuttgart , 16. November.(TU.) Eine Landeskonferenz der Württemberg '. schen Sozialdemokratie am SamSiag und Sonntag be. schaff igte sich u. a. auch mit der Frage des Wiedereintritts der Partei in die Regierung. Ter württembergische Gesandte in Berlin , ReichstagSabgeordneier Hildenbrand, führte aus, dir Partei sei dadurch, daß sie die demokratische Republik gegen eine R ech t ö reg i e r u n g stütze, mit der Verant- Wartung für die Politik der gegenwärtigen Regierung belastet. Wenn eine zwingend« Notwendtgkett zum Wiedereintritt in dt« R«- gierung vorliege» müsse dem die Partei Rechnung trogen. Die Zett sei vielleicht näher, als man glaube. RetchStagsabgeordneter Kerl hob hervor, ohne ein« tiefgreifende Veranlassung s« an eine Mitarbeit der Sozialdemokratie an der Regierung nicht zu denken.
Gestänönis. In Str. 557 dsS„Vorwärts" hatten wir die Verleumdungen des deutschnationalen 2a!idtage«bgeordneten Dr. Negenborn auS Liegnitz charakterisiert, der unserem Genossen Th. Müller den niederträchtigen ind unwahren Vorwurf gemacht hatte, er lroffeneit Künstler haben einen so hohen und unbestrittenen Rang, daß auch nicht der leiseste Zweifel an dem länstlerischen Ethos ihrer Weite möglich ist. Mit aller Eiliichiedenheit spricht sich der Schutz« verband gegen eine von einer Behörde ausgehende Vergewaltigung und öffentliche Herabsetzung hochgeachteter deutscher Künstler aus. Werner Krauß spielte jetzt, im Großen Schaulpielhanie, den Agcnor in Kaisers.Europa ". Wenn er in feierlichem Stelzschritl«. eine Tulpe schwingend, einhersteigt und mit seinem eindringlich larmohanten Pialmodieren bedeutenden Unsinn verkündet, dann ist das„Da— Da" im besten Sinne. Sein Spiel allein zwingt den Raum, wo alle anderen farb'oS und nebensächlich bleiben. DaS groleSk Gewollte dcS Stücks wird durch ihn allein für Augenblicke gegenständlich und glaubhaft. U. W. Max-Jungnickel-llrausführung. Max Jungnickel , der Herrscher im Reiche der Diminutive, hat nur eine Walze: die himmelblaue. Auf der spielen auch seine vier Bilder„Tie Kirchpsennigs". Man verübelt ci gewiß heute keinem Dichter, wenn«r uns auS dieser mit Kampfgetöse und Partcienlärm erfüllten wirklichen und mit Problemen und Erotik überladenen Theaterwelt einmal hinaus- führen will zu stillen friedlichen Menschen-und dem Erleben einer schlichten Seele und steht diesem Plane mn wohlwollender Vorein- genommenhcit gegenüber, ist aber dafür um so verärgerter, wenn man nur süßliche NiedlickkeitSkrämerri vorgesetzt bekommt. DaS jetzt im Schauspicl'auS zu Leipzig aufgeführte Stück führt in ein erzgebirgischeS Dorf zu der 12jährigen Christine Kirchpfennijz, die bei ihrem Großvater ein erbärmliches Hungerdasein als spiel- lvarenbemalerin fristet, sich eines Abends erkältet, aufs Kranken- bett geworfen wird und schließlich im Spital stirbt. Trotz der Arm- feligiat und Enttäuschungen ihres Lebens und der Bitterkeit ihres Sterbens schaut aber Christine immer belle, freundliche Gesichte: den Herrn Jesus Christus , Engelein. viel, viel Geigen und all die übrigen unvermeidlichen Imponderabilien Max JangnickelS. Das äußerlich« Geschehe» ennnert stark an Hanncles Himmelfahrt. Hier und dort: Weltweh und H'mmelSsehnsucht. Hier und dort: ein armeS Mädchen, das AlltagSnot und Erdenelend nicht ganz nieder- drücken können. Hier und dort: Naturalismus und Romantik. Hier und dort: eine Vision. Aber in der Durchführung tut Jung- nickcl nur naiv und schmachtet, wo Hauptmann dichtet, lind!« der Wirkung langweilt er. wo Hauptmann erschüttert. Im ganzen: etwas für reifere Backfische. Ein paar Hände verschafften Jung. nickel einen mäßigen Achtungserfolg. H- B. Aether nnd RelativitStStheorie, die von Albert Ein, stein ander Leidener Universität gehaltene Rede, ilt jetzt bei Julia 3.Springer, Berlik im Druck erschienen. Die Schrijt kostet 2,60 M. Ludwig tfmrdt: ernste Vorträge. Ein ereignisreicher Abend. Geistvoller Spott wurde Lnit und zarteste Lyrik und donnernde Anklage: da stand Heinrich Heine vor uns. Peitsche ngriTrell ertönte, schmerzverzerrte Züge eines Ironikers wurden sichtbar— und Frank Wede kind entstieg feinem Grabe. Schmerzooll schrie ihm der Klagruf entgegen, tiefstes Leto eines Erschütterten— und Lauten sack enteilte den Kerkermauern des Irrenhauses. Nietzsche aber, der Philosoph des Berges, des Mittags und dex