Nr. 608+ 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 167
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Demokratie und Demokraten.
Bern , 11. Dezember. ( WTB.) Der Schweizer fazia- haben, wird dennoch gegen Georgien Krieg geführt. Glüdlicherweise Die Demokraten halten in Nürnberg ihren Parteitag ab. Liftische Parteitag lehnte mit 350 gegen 213 Stimmen den wird in diesem Kriege tein Blut versprißt, es wird nur dabei Bur Feier dieser Tagung hat gestern der Abgeordnete Stuer Eintritt in die Dritte Internationale ab, woranf die Partei Tinte vergeudet. Dieser Krieg gegen Georgien wird in Berlin in der Preußischen Landesversammlung die Absegung der links den Saal verließ; sie wird sich an den weiteren Arbei- geführt von den kommunistischen Baschas der Internationale" Grundsteuer von der Tagesordnung beantragt und mit ten der Partei nicht mehr beteiligen. und der Roten Fahne". Hilfe aller übrigen bürgerlichen Parteien auch durchgesezt. Die Schweizer Kommunisten haben also genau ebenso Die Berliner Kriegserklärung an Georgien erfolgte prompt Dieser bemerkenswerte Vorgang bietet ein artiges Gegenstück zu gehandelt, wie die Rechtsunabhängigen in Salle, deren Aus- nach Rüdfehr von Stöder und Däumig aus Moskau . In Georgien der systematischen Verschleppung des Reichsnotopfers zug von den Kommunisten aber als großes Verbrechen ber- herrscht die menschenistische Partei, folglich muß die ge- die im Reichstagsausschuß von den Rechtsparteien betrieben ichrien wurde. Praktisch bedeutet der Vorgang die Spal- orgifche Regierung mit Schmuk beworfen werden. und von den Demokraten verständnisvoll unterstützt wird. tung der schweizerischen Bartei. Wer hier die Spalter Im Kampfe mit der menschewiftischen Partei ist für Moskau jede Man redet in politischen Kreisen viel von einer Verschmelfind, fann nicht zweifelhaft sein. Berdrehung und Fälschung gut genug. zung der Demokratischen Partei mit der Deutschen Volkspartei Ein solcher Prozeß wird sich natürlich nicht von heute auf morgen bollziehen, und richtiger als von ihm würde man bor
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In den Svätabendstanden kursierte auf verschiedenen Berliner Zeitungsredaktionen das Gerücht, der bekannte sozialistische Führer Jean Longuet jei in Paris im Alter von 48 Jahren plöslich gestorben. Da die telephonische Verbindung mit Paris gestört war, war eine Bestätigung dieser Nachricht nicht zu erhalten.
Würde diese Meldung auf Wahrheit beruhen, so wäre dies ein fehr schwerer Schlag nicht nur für den franzöfifchen, sondern auch für ben internationalen Sozialismus.. Wir wollen aber hoffen, Saß es sich hier um ein Mißverständnis handelt.
Aus georgischen parteigenössischen Kreisen wird uns gefchrieben:
Wenn auch Bisher die Führer der türkischen Nationalisten Enver Pascha und ema! Bascha( im Hauptberuf Armenienschlächter, nach Parteizugehörigkeit Mitglieder der 3. Internationale) ber Georgischen Republik feinen Krieg erflärt und auch die russischen Sowjettruppen bie Grengen Georgiens refpettiert
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Hauptmann Pfeffer verhaftet.
Sehr interessant wäre es, den Mosfauer Räubergeschichten lischen Genossen. Mac Donald über Georgien gegenüberzu einer drohenden allmählichen Auflösung der Demokratiüber die georgische sozialistische Regierung den Bericht des eng stellen, welcher mit der internationalen sozialistischen Studienkom- schen Partei fprechen, bei der dann der größere Teil der Führer mission vor kurzem in Georgien weilte. Aus seinen Berichten in Anschluß nach rechts, der größere Teil der Anhänger Anschluß der englischen Presse sei nur furz nachfolgendes angeführt: nach links nehmen würde. Die georgischen Sozialdemokraten sind entschiedene Gegner Als nach der Novemberumwälzung linksstehende Elemente des Bolschewismus, in ihrem Lande verhindern sie aber nicht die der vormaligen Fortschrittlichen Volkspartei an die Gründung Propaganda des Boljchewismus, denn in Georgien wird die under Deutschen Demokratischen Partei herangingen, schwebte eingeschräntte Meinungsfreiheit anerkannt." ihnen ein Gedanke vor, der auch bei sozialistischen AnDäumig und Stöder haben behauptet, daß der Wrangelse hängern der Demokratie freundliche Aufnahme finden fonnte. Feldzug gegen Sowjetrußland von Georgien unterstüt hre Abficht far, eine Bartei ins Leben zu rufen, die sich mit wurde. Hierzu schreibt Mac Donald: beiden Füßen auf den Boden der demokratischen Republik Zu England stellt man sich in Georgien unfreundlich stellte und zu ihrem Schutz eine einheitliche Front mit der England verlangte, daß Georgien Denikin( d. i. der Vorgänger sozialdemokratischen Arbeiterschaft bildete. bon Wrangel) unterstüßen soll, und als Georgien bics ablehnte,
beschlagnahmten die englischen Offupationstruppen( die Georgien Jedoch erwies fich bald, daß die Verhältnisse stärker waren unterbefien, geräumt haben) georgische Waffenbestände und über- als die Ideen. Die Kraft der Demokratischen Partei reichte gaben fie Denifin, von dem sie darauf im Kriege gegen Georgien gerade noch aus, um in der Nationalversammlung selbst verwendet wurden
Es gehört eine echt Giowjemsche geistige FaIfchmünzerei dazu, um einen Krieg Denifins gegen Georgien in ein Waffen bündnis zwischen Georgien und Denikin umzufügen.
Sie Bride für die demokratischen Elemente des Sozialismus und des Zentrums zu bilden und jene Koalition herzustellen. der die deutsche Republif ihre Verfassung verdankt. Das ist ihr historisches Berdienst, das ihr nicht geschmälert werden soll. Sie vermochte aber nicht, jene Werbekraft nach rechts hinübez zu entwickeln, die es ermöglichte, die Verluste der Sozialhaben ihr die Möglichkeit zur Produktionssteigerung gegeben. Aber dentofratie nach links auszugleichen und eine demokratische nun ist im Abbau der Zwangswirtschaft zunächst eine notwen Roalitionspolitik fortzuführen. Von der Macht der Verhält WTB. meldet: Hauptmann a. D. v. Pfeffer ist von dem dige Baufe eingetreten. Auf dem Gebiete der Brotgetreide-, nisse getrieben geriet fie in eine Regierungsgemeinschaft mit außerordentlichen Gericht bei dem Reichswehrgruppenkommando zu der Milch- und der Zuderwirtschaft kann eine weitere Lockerung Berlin wegen dringenden Verdachts eines Verbrechens gegen die Bor - nicht eintreten. In der Brotgetreidewirtschaft werden der Deutschen Volkspartei , die ihr je länger je mehr zum Betschrift des§ 1 der Verordnung des Reichspräsidenten vom 30. Mai wir im nächsten Jahre rechtzeitig hängnis zu werden droht. 1920 betreffend die zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung Mit der Auflösung der alten Soalition wurden in ihr jene und Sicherheit nötigen Maßnahmen auf Grund des Artikels 48 beginnen. Die Vorbereitungen im Ministerium find im Gange. Kräfte entbunden, denen zum Teil das Bekenntnis zur Demoimage. Abs. 2 der Reichsverfassung in Untersuchungshaft ge- Die Landwirtschaft, muß bei ihrer Propaganda auf die Interfratie leeres Lippengebet ist, und die zum andern Teil ihre essen der Verbraucherschaft Rüdsicht nehmen, die schäd- ernst gemeinte republikanische Ideologie mit den schärfsten lichen wuchertreibenden Elemente in der Landwirtschaft müssen rüd plutokratischen Tendenzen verbinden. Dadurch fichtslos an den Branger gestellt werden. In der Bewirtschaftung wurde das Verständnis zwischen der„ bürgerlichen" und der des Safers farn ich feine enderung eintreten lassen. fozialen" Demokratie aufs äußerste erschwert. Schuld daran trägt die Landwirtschaft. Zu einer tatastropha=
nommen worden.
Vorläufiger Reichswirtschaftsrat.
mit einer gefunden(?) Umstellung
"
Der Krieg hat eine brutale Ueberspannung des Staatsgedankens zur Folge gehabt; seinen Rückschlag erleben wir heute in Form eines sich überall breitmachenden Egoi3mus, der sich auf wirtschaftlichem Gebiet am ungebundensten. austobt. Die sozialistische Bewegung ist von diesem Rückschlag nicht verschont geblieben, und der Sozialismus selbst, obwohl eine Beitlang nichts anderes als der Egoismus der armen er in Wirklichkeit etwas unendlich höheres darstellt, schien Leute. Dieser Egoismus, der rücksichtslos eine Arbeitergruppe gegen die andere ausspielte und das einheitliche Band der Bewegung zerriß, ist aber troß seiner Ausschreitungen für das sittliche Empfinden immer noch viel leichter zu ertragen als der rücksichtslose Egoismus der lassen, der über einem Meer von Not und Elend befizenden
m Reichswirtschaftsrat fam es am Sonnabend zu einer Ten Beurteilung der Brotgetreidelage besteht eine Veranlassung. Zwei Notwendigkeiten frenzen sich hier. Die eine verintereffanten Kontroverse. Der Ernährungsminister Ser- Sie ist nicht ungünstiger als im Vorjahre. Wir haben unsere langt, daß alle, die zur Verteidigung der demokratischmes verteidigte wieder einmal mit großer Starrföpfigkeit Brotgetreideeinfuhr nur mit den Vorschüssen aus dem Abkommen republikanischen Staatsform bereit sind, trotz aller feine volksfeindlichen Stickstofpläne, die bekanntlich dahin von Spa durchführen können. In Zukunft wird das nicht anders fonftigen Verschiedenheiten der Weltanschauung zusammen-, gehen, den für die eigene Landwirtschaft so notwendigen sein. Das müssen wir der Entente bei den kommenden Verhand stehen. Die andere aber fordert gebieterisch, daß vorhandene fünstlichen Dünger an das Ausland zu verkaufen und lungen farmachen. Der Abstellung der Absatzschwierigkeiten mit grundsätzliche Gegenfäße klar und scharf ausgetragen werden, für den erzielten Gewinn Getreide aus dem Ausland zu im- künstlichem Stidoff durch Verbilligung mit Reichsmitteln weil von ihrer Entscheidung die ganze Zukunft unseres Volfes portieren, während er eine planmäßige Bewirtschaftung des gung betreiben, tönnen wir Düngemittel ausführen(!) und viel tann ich nicht zustimmen. Wenn wir eine stärkere Düngererzeu abhängt. Etidstoffs und feine restlose Zuführung an die deutsche Land- leicht dadurch die Inlandspreise senten. wirtschaft durch Verbilligung der Breise schroff ablehnt. Ihm Präsident der Reichsgetreidestelle v. Kleiner ergänzt die Austrat energisch Herr Stinnes gegenüber, dessen Ausfühführungen des Ministers mit Zahlenmaterial. Das Ausland hat tungen in diesem Punkte durchaus eine Verteidigung des günstige Getreideernten, fo günstig, wie feit Jahrzehnten nicht. Stidstoffprogramms sind, das der preußische Landwirtschafts- Der exportfähige Uebersduk beträgt über 20 millionen Tonnen. minister Genosse Braun ausgearbeitet hat. Stinnes legte Gr fann uns aber wenig helfen, wenn wir nicht die 3 abh Bar, daß die Buschüsse, die das Reich für die Verbilligung ungsmittel für seine Einfuhr haben. Abg. Stinnes: Das Schwein ist keine produktive Umwandlung Ses' Stidstoffes leisten würde, die beste Rapitals an- des Brotgetreides. Wir müssen dafür sorgen, Iage und das billigste Mittel feien, um die verfügbare Getreidemenge gewaltig zu vermehren, viel billiger, baß das Schwein uns nicht auffrißt. als wenn der Stickstoff exportiert und das dadurch verursachte( Sehr richtig!) Die Millionen oder Milliarden zur Verbilligung Minus an Getreide dann aus dem Ausland zurückgekauft der Düngemittel sind das billigste Mittel zur Sebung der nächsten werden müsse, und außerdem bliebe dabei das Geld im Lande. Ernte. Das Geld bleibt im Lande. Ohne die Anwendung von In diesem Falle braucht das Zeugnis von Stinnes für Stickstoff geht es nicht. Die jetzige Lebenshaltung kann die Bedie Braunschen Pläne nicht mißtrauisch zu stimmen, denn als völkerung nicht länger ertragen.( Sehr richtig!) Abg. Bäftlein( Zentralverband deutscher Konsumvereine): Auf Großunternehmer hat Stinnes selber ein bedeutendes dem Kartoffelmarkt waren die schlimmsten Preistreiber die GroßDie Sozialdemokratische Partei hat den Kampf gegen die materielles Interesie daran, daß endlich die Er- industriellen. In der Getreideversorgung tann die Zwangs- Umfälschung des sozialistischen Gedankens aufgenommen, fie nährungsfrage für die Arbeiter gelöst werde. Die Ueber- wirtschaft noch nicht aufgehoben werden. Der jezt vorhandene hat in ihm schwere, aber ehrenvolle Wunden davongetragen, einstimmung zwischen Braun und Stinnes bezeugt vielmehr, Stidstoff sollte nicht ausgeführt, fondern billig an die Landwirt und sie zweifelt nicht an ihrem Sieg über eine die Demokratie. daß die Braunschen Pläne, die hier schon ausführlich geschil- fchaft geliefert werden. Dann müssen sich aber auch die Landwirte verachtende scheinsozialistische Demagogie, die an die brutalen dert wurden, das einzige Mittel sind, um aus der Ernäh- zur Gegenlieferung von Getreide verpflichten.( Beifall.) rungsfolomität herauszukommen. Im Gefolge der Hermes- Abg. Frau Mühfam( Sausfrau): Was nüben alle Versprechun- instinkte appelliert. Was aber hat die Demokratifde schen Stickstoffpolitik befindet sich wirklich niemand als die gen der Landwirte; wir Sausfrauen sehen doch, daß teine Kartof. Partei getan und was tut sie noch, um den demokratifapitalistischen Interessenten der Stickstoff- feln da find. Zu einer Zeit, wo Schlagsahne noch im Verkehr schen Staatsgedanken gegen die Rersetzung durch eine ist, werfe, die ihren Dünger lieber an das Ausland als an das muß man pie schärfsten Maßnahmen in der Milch wirt- rücfichtslose Eigennuswirtschaft der befizenden Klassen zu ichaft fordern. schützen? Niemand kann sich darüber täuschen, daß das bartnland verkaufen möchten, weil sie dabei mehr verdienen. Daß Aba. Thomas( Arbeitnehmer): Die theinischen Bauern haben föpfige Sichberfagen des steuerpflichtigen Besitzes dem Staate barüber die Volfsernährung zusammenbricht, bekümmert die fich gesund gemacht. Durch das Berhalten eines Teils der Land- gegenüber, das ungezügelte Profittreiben letzten Endes dem Herren wenig, leider auch Herrn Hermes nicht. wirte ist die Annäherung awischen Stadt und Band außerordent demokratischen Gedanken felbst gefährlich wird und daß feine lich erschwert worden.
Reichsernährungsminister Dr. Hermes:
Der Grundauffaffung Dr. Rösides über die organische Wirt schaft fimme ich durchaus zu. Durch die Loderung der Zwangs. pirtschaft find wir ber Landwirtschaft weit entgegengekommen und
triumphiert.
Darauf wird die Beratung abgebrochen. Reichswirtschafts. Schwäche auf diesem Gebiet feinen Gegnern von rechts und minister Schols teiti mit, daß er die Interpellation Bernhard links zugute fommt. Eine bloße Geldfacrepublik märe cell über die Bwangsanleihe in der üblichen Frist beantworten wind. Wehrlos gegen bolscheristische Tendenzen. Aber auch unsere Nächste Sizung: Montag 3 Uhr: Anfragen; Ernährungsaus- Monarchisten beginnen schon, gelegentlich sich daran. zu ersprache; Interpellation Bernhard; Anträge. innern, daß der franzöfifche Bonapartismus mit einer ge