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Nr. 610+ 37.Jahrgang Ausgabe Nr. 168

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Dienstag, den 14. Dezember 1920

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Die Entscheidung der Eisenbahner. Die russischen Konzessionen.

Zum erstenmal seit dem Bestand der Sowjetherrschaft Der erweiterte Borstand des Deutschen Eisenbahner- die Entscheidung des wird in der russischen Preffe über eine Frage von grundsätz Völkerbundsrates auf verbandes hat in den beiden legten Tagen in Berlin   Bera- treffenden Voraussetzungen beruht. Es wird noch binden auch die bolichemistische Zensur nicht start genug ist. auf unzu licher Bedeutung eine erregte Debatte geführt, die zu unter­tungen abgehalten, als deren Ergebnis folgendes mitge- einmal bewiefen, daß die Freiheit der Stimmabgabe teilt wird: Vor einigen Wochen erließ der Nat der Volkskommissare, tatsächlich beinträchtigt worden ist. Der Bölker- wie damals hier schon berichtet wurde, ein Dekret über die Die am 12. und 13. Dezember in Berlin   tagende Sigung bundsrat hatte bekanntlich das deutsche Material für un Erteilung von Ronzessionen an ausländische Staats­des erweiterten Vorstandes des Deutschen Eisenbahner- Ver- maßgeblich und ungenau" erklärt. Darüber äußert und Kommunalbetriebe, Privatunternehmungen, bandes erklärt nach eingehender Aussprache über den Stand die Reichsregierung ihr Erstaunen. Sie weist ferner nach, daß Aktiengesellschaften, Konsumgenossenschaften und der Lohn- und Gehaltsfragen, daß die erfolgte ge- die bekannte Androhung schärfter Repreffalien Arbeiterorganisationen zweds Ausbeutung und Verarbeitung ringe Aufbesserung der Kinderzulagen für die Beamten feitens der belgischen Behörden im Falle der Ausübung des der russischen Bodenschäze". den bestehenden Tenerungsverhältnissen keineswegs Rech Stimmrechtes nicht, wie dem Völkerbundsrat eingeredet wor- Bei der Erteilung dieser Konzessionen machte die nung trägt. Das gilt auch in bezug auf die in Aussicht stehende den ist." nur für drei Gemeinden ergangen, von dem belgischen russische   Regierung das Zugeständnis, daß der Konzessions­gleiche oder ähnliche Ausbesserung der Bezüge für die Ar- Gouverneur desavouiert und nicht anaewandt worden iei," inhaber, d. h. also die ausländische privatkapitalistische beiter. Der erweiterte Vorstand beauftragt den engeren sondern daß es sich um eine von dem Kreiskommissar in Mal- artiengesellschaft, für einen Teil ihrer Ausbeute Ausfuhr­Borstand, alle Verhandlungsmöglichkeiten zu er- medy auf Anordnung des Gouverneurs je 13ft genehmigung erhält. Es sollen ihr zur Beschaffung von Ma­schöpfen und eine entsprechende Erhöhung der Bezüge aller erlassene Verfügung handelte, die tatsächlich angewandt wurde schinen usw. Sandelsprivilegien gewährt werden. Lohn- und Gehaltsempfänger herbeizuführen. Sollte dieses und daß schon die bloße Androhung einschüchternd wirfen Es wird ihr garantiert, daß ihr Eigentum weder nationali­scheitern, so hat der engere Vorfand mit den übrigen in mußte; auf eine der Bevölkerung übrigens nie- fiert, noch fonfiziert, noch requiriert werden darf, es ist Betracht kommenden Faktoren in Verbindung zu treten und zu mals bekanntgewordene Desavonierung gar alfo gegen jede Sozialisierung mit oder ohne Entschädigung dem ihm geeigneten Zeitpunkt den Streit zu erklären und nicht ankomme. gesichert. Sonderverträge mit Arbeitern und Angestellten durchzuführen. Die Reichsregierung kann aus diesen Gründen den Be- find zugelassen, allerdings im Rahmen des gesetzlichen Ar­Der Deutsche   Eisenbahnerverband stellt sich damit unschluß des Rates nicht anerkennen. beiterrechts, aber was will das besagen, da in Rußland   nicht gefähr auf denselben Standpunkt wie der Deutsche   Beamten- brüdlich erklärt hat, daß seine Entscheidurg an der 3 lauten Die Note erinnert daran, daß der Völkerbundsrat aus einmal ein freies Roalitions redyt eriſtiert! bund. Es ist jetzt die Aufgabe, in Verhandlungen zu er Es ist jetzt die Aufgabe, in Verhandlungen zu er­ander reichen, daß die dringendsten, Forderungen erfüllt werden müsse. wenn bemiesen werde, daß das Ergebnis der Volks. und die dem deutschen   Wirtschaftsleben drohende Katastrophe befragung durch Einschüchterung und Drud mittel, Amt3mißbrauch und Bedrohungen bestimmt worden sei. Diese Beweise sind erbracht.

abgewendet wird.

Deutschlands   Zahlungs wierigkeiten. MTB. verbreitet folgende Meldung:

Ein Wiener Blett verbreitet eine angeblich aus Finanskreisen fe ammende Nachricht, wonach behauptet wird, daß Deutsch  land fich bei den Ausgleichsämtern für zahlungsunfähig erklärt hätte. Wie uns mitgeteilt wird, ist die Nachricht unzutreffend und entstellt in sens sationeller Form die Schritte, die von deutscher Seite unter­nommen worden sind, um zu einer Neuregelung des Ber= fahrens bei den Ausgleichzahlungen zu gelangen.

Wenn sich in russisch- bolichemistischen Kreisen eine erregte

Opposition gegen dieses Defret bemeribar macht, so begreift man das am Ende. So teilt die Krasnaja Gajeta" mit, daß Senin fürzlich in einer Versammlung 65 Anfragen erhalten habe, wie es möglich sei, daß die Kapitalisten wieder Die Reichsregierung erwartet daher, daß die rechts in das Land hereingelassen würden. Welche Ant­und vertrogswidrige Abstimmung für unwort der Schwjet- Diftator den neugierigen Fragern erteilt gültig erklärt und eine neue wahrhaft freie bat, ist nicht befannt. Dagegen bemüht sich bie offiziöse Willens fundgebung veranstaltet wird. Sie Presse, diese glatte kapitulation vor dem Kapi­bittet fchließlich den Völkerbund, eine ommiffiontalismus zu rechtfertigen. Die Moskauer Jiweſtija" die betreffenden Kreise zu entsenden, die sich ein eigenes betonen die Vorteile der Konzessionen und erklären es für Urteil über die mirkliche Stimmung der dortigen Bevölke- unmöglich, auf den Verkehr mit den anderen Ländern zu ber­rung wird bilden können.

Ein ,, unparteiisches" Sekretariat.

Genf  , 18. Dezember.  ( WTB.) Das Generalsekretariat des Seit einiger Zeit schweben Berhandlungen mit den frem Bölkerbundes überreichte heute den Völkerbundsmitgliedern die den Regierungen über eine anderweite Regelung der monat- deutsche   Note in Ecchen Eupen und Malmedy  . Es wurde nur die lichen Abrechnungen aus dem Ausgleichsverfahren. Nach Uebersehung dieser Note, nicht aber das beigefügte Memorandum im Ausgleichsverfahren ergebenden monatlichen Debetfalden in den, auf die fich die deutsche Note stützt. Das Sekretariat be­bar abdecken, während im Falle eines Aktivfaldos eine Bar- gnügte sich damit, den Delegierten mitzuteilen, daß sie diese Doku­zahlung an Deutschland   nicht vorgesehen war. Die Söhe der in mente in der Bibliothet des Getretariats finden fönnen(!) den letzten Monaten zu leistenden Zahlungen hat der deutschen   Re- und fügte hinzu, daß sie dort auch die übrigen Akten über Gupen gierung Anlaß gegeben, sich mit der britischen und und Malmedy   finden, barunter den Bericht der belgischen Re­französischen Regierung zum 3wede einer ander gierung vom 17. November, in dem, wie es in dem Begleitschreiben weiten Regelung dieser Verbindlichkeiten ins Benehmen zu des Generalsekretariats wörtlich heißt, die Bemerkungen der deut­seven. Die Verhandlungen darüber haben bisher au einem fchen Regierung über die Durchführung der Volksbefragung wider­Resultat nicht geführt, find aber noch nicht abgelegt worden sind." fchlossen. Mit Rücksicht hierauf hat das deutsche Aus. gleichsamt den Auftrag erhalten, die Ausgleichsämter der bes teiligten Staaten darauf hinzuweisen, daß einstweilen eine Regelung der Konten in der bisher vorgesehenen Form nicht stattfinden kann.

dem Friedensvertrage wollte Deutschland   die sich zu seinen Lasten mit den Anlagen verteilt, in denen die Beweise angeführt wer­

Kein obligatorisches Schiedsgericht!

Der Geist des Junkers".

zichten. In Anbetracht des Mangels, an Gold und Waren in Rußland   gebe es feinen anderen Weg, Rohstoffe ins Ausland auszuführen und Fertigwaren, dafür zu er­halten, als durch das Mittel der Konzessionen. Auch die Petersburger Brawda" kommt in längeren Erörterungen zu dem melancholischen Ergebnis, daß es einen anderen Ausweg nicht gibt.

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da angelangt. wo die allgemeine europäische in der Mitte des Die russische   Wirtschaftspolitik ist also glücklich wieder Konzeffionierung von Aktiengesellschaften der allgemeine bergangenen Jahrhunderts aufgehört hat. Bis dahin war die Brauch, und mit dieser Konzessionierung war auch damals, genau wie iegt in Rußland  , eine weitgehende Privile gierung verbunden, durch die den Zwecken der Industrie­förderung gedient werden sollte. Auf den Fabriken von Lodz  und Moskau   sah man vor dem Kriege noch vielfach den faiserlich- russischen Adler, der eben das Abzeichen einer fon­zeffionierten, privilegierten Stellung des Unternehmens war. Jezt kann man an die Stelle des Adlers den Sovietstern sezen, hinter den Toren wird sich aber dasselbe vollziehen wie damals, es werden Menschen im Interesse des Privat­fapitals ausgebeutet werden.

Der Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft

Nach dem Artikel 296 des Bertrages von Versailles   sind mit der Frage des internationalen Echiedsgerichts­Die gestrige Vollversammlung des Völkerbundes befaßte fich die zwischen Deutschen   und Ententebürgern aus der Beit vor 5ofes. Da in der Kommission der obligatorische Charat befteht nur darin, daß die kaiserlich fonzessionierten Gesell­dem Kriege schwebenden Schilden durch Vermittlung von ter der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit nicht durchge- schaften sich schon zum großen Teil in Sänden russischer Brüfungs- und Ausalcichsämtern gegenseitig aufzurechnen, brungen war, infolge des Widerstandes der Großmächte, Staatsbürger befanden, während jetzt der Kapitalismus auf die Differenz ist, falls sie zu Deutschlands   ungunsten aus die sich auf die Souveränität der einzelnen Staaten beriefen, ausländischer Grundlage neu aufgebaut werden soll. Die fällt, bar zu bezahlen. Aus der vorsichtigen Formulierung von die nicht angetastet werden dürfe, lam es zu einer sehr lebhaften Russifizierung der Industrie, die in Inner­WEB. ergibt sich nun die schwerwiegende Tatsache, daß in Disfusion, die ihren Höhepunkt erreichte, als der sozialistische Ver- rußland viel stärker war als in Polen   wo noch viel veut­Deutschlands Barzahlungen tatsächlich eine treter Belgiens  , Senator 2 a Fontaine, unter starfem Beifall jches, franzöfifches und belgisches Sapital arbeitete- war Stodung eingetreten ist. Das wind auch durch die folgende Meldung bestätigt: ,, Bei solchen Argumenien glaubt man in diesem Gaale

austief:

den Geist des Junkers

ein Zeichen dafür, daß die kapitalistische Entwicklung schon eine gewiffe Reifeftufe erreicht hatte. Bei der Entstehung des Industriekapitalismus in Mittel- und Osteuropa   hatte verspüren, der auf der Saager Konferens ebenfalls Lichenglischen, Kapitals, stets eine große Rolle ge­die Einwanderung ausländischen, nament­gegen den Fortschritt ftimmte." La Fontaine fuhr fort: Man fei jeht genau fo weit wie früher. Spielt, Spuren davon sind noch heute in Deutschland   bemert­La Fontaine fuhr fort: Man fei jest genau fo weit wie früher. bar. In weiter zurückgebliebenen Ländern machte man auch Die Arbeitermassen, Mütter und Witmen wollten nichts mehr vom noch kurz vor dem Kriege große Anstrengungen zur Indu­Ariege wiffen. strieförderung durch Heranziehung ausländischer Unterneh

Berlin  , 13. Dezember.  ( WTB.) Zu der Frage der Ausgleichs­zahlungen schreibt die Deutsche Allgemeine Zeitung": Das Vorgehen. der deutschen   Regierung findet im Friedensvertrag zu feine Stüße. Nach Artikel 235 bat Deutschland   einen An­spruch darauf, daß es durch die Ausführung des Vertrages nicht der Mittel zur Anschaffung der Lebensmittel und Rohstoffe beraubt mird, beren es zur Erfüllung seiner Reparationspflicht bedarf. Die Zahlungen der letzten Momate aus dem Ausgleichsverfahren haben aber eine Söhe erreicht, die der deutschen   Regierung auf Sie hätten gehofft, daß der Böfferbund durch Schaffung eines die Dauer nicht die Möglichkeit laffen würden, die für den Unter- obligatorischen Schiedsgerichtes dem brutalen Kampf der Macht ein halt der Bevölkerung unbedingt erforderlichen Ende jeze. Es gebe tein Lebensinteresse der einzelnen Lebensmittel, geschweige denn die notwendigen Roh- Staaten, das nicht bem Urteil des höchsten Gerichtes zu unter­#toffe im Ausland anzuschaffen. breiten sei.( Be fall, namentlich bei Vertretern der kleineren Es bleibt abzuwarten, wie sich das Ausland mit dieser Staaten.) Die Vertreter Uruguays  , Brasiliens   und an­harten Tatsache abfinden wird. berer Staaten sprachen ihr Bedauern darüber aus, daß es der Rommission nicht, gelungen sei, den obligatorischen Charakter des Neue Note über Eupen und Malmedy  . Schiedsgerichts zu wahren. agerup( Norwegen  ) erklärte als Berichterstatter beschwoich Die deutsche Regierung hat eine neue Note an den Bölfertigenb, daß er überzeugt sei, der Gerichtshof würde sich schteg bund in der Frage von Eupen und Malmedy   gerichtet, mit dem ich zu einer obligatorischen Einrichtung entwideln. Ersuchen, fie der Bundesversammlung vorzulegen. WTB. ver- Bourgois.bestritt fehr energisch, daß man nicht weiter breitet über den Inhalt dieses Schriftstüdes eine längere Mit- gelommen sei, als in Haag. Schließlich wurde der Entwurf unter teilung, wonach Deutschland   darin den Nachweis führt, daß lebhaftem Beifall angenommen.

mer. So hatte z. B. die ungarische Regierung alles Er­denkliche getan, um österreichische Industriefirmen zur Grün­dung bon Rweigniederlaffungen auf ungarischem Boden zu bewegen. Meitgehende Privilegien dienten als Locmittel. Rußland   ist beute ein weites Agrarland, in neun Behn­teln seiner Wirtschaft, eben auf dem Lande, herrscht die reine Brivatwirtschaft. Den Kampf gegen den ,, antikollektivistischen Bauernschädel" hat die Sowietregierung nicht aufzunehmen gewagt. Die national- ruffische Industrie ist ruiniert und wird in ihren letzten Resten staatsbureaukratisch, etwa nach den alten Methoden der preußischen Eisenbahn- und Berg­bauberwaltung, nur nicht annähernd mit dem gleichen Er­folge betrieben. Und jest sollen dem internationalen Rapita­lismus Niederlaffungsrechte mit weitgehenden Privilegien erteilt werden. Es läßt fich boraussehen, daß dann der