Nr. 618 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 172
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Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3.
ernivredier: Ami Moritsblas, Nr. 15190-15197.
Sonnabend, den 18. Dezember 1920
Vorwärts- Verlag 6.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3.
Ferniprecher: Amt Wortspias, Nr. 117 53-54.
Die Regierungskrise beigelegt.
Der Paragraph 1 des Reichsnotopfers wird von den Ne- machen, sondern daß ihm vielmehr das Allernotwendigste mir gierungsparteien angenommen werden, und die Regie- mit Zerren und Würgen aus den Bähnen gezogen werden rung bleibt im Amte. Das ist in der Hauptsache das Ergebnis fann. Die Stellung dieser Parteien zur Grundsteuer in der Berhandlungen, die in den gestrigen Nachmittagsstunden der preußischen Landesversammlung vervollständigt das Bild. bis in den Abend hinein geführt wurden. Die eigentliche Ent- Bei den kommenden Breußenwahlen werden die scheidung, die der Regierung das Bleiben im Amte ermöglicht, Wähler sagen, ob sie wollen, daß die Besigenden Steuern ift in einer Fraktionssigung der Deutschen Volkspartei ge- zahlen sollen oder ob sie wollen, daß sie sich von den Steuern fallen, die am Nachmittag während der diesmal besonders drücken. Wer den Reichtum vor Steuern schüßen will, dem lang ausgedehnten Plenarsizung des Reichstags abgehalten ist zu raten, möglichst weit rechts zu wählen, den andern ist zu empfehlen, für die Sozialdemokratie zu stimmen, die für eine angemessene Besteuerung der Befizenden eintritt.
wurde.
so müssen für fie verschiedene Parteien aus entgegengesetzten Gründen stimmen, sie bereinigen dann leicht eine Mehrheit auf sich, die sich aus undersöhnlichen Ertremen zusammensett, und dieser Mehrheit gegenüber hat dann die Regierung die offenbare Pflicht, abzutreten.
Wie ist es aber, wenn zwei entgegengesett begründete Mißtrauensvoten eingebracht werden? Dann stimmen die beiden Oppositionsteile nicht mehr miteinander, sondern gegeneinander, und beide Mißtrauensvoten werden abgelehnt. Stann aber die Regierung im Amte bleiben, wenn jedes Mißtrauensvotum so viel Stimmen erhält, daß die für beide zufammen abgegebenen Stimmen die Mehrheit des Hauses bilden? Artifel 54 der Verfassung besagt:
Der Reichstanzler und die Reichsminister bedürfen zu ihrer Amtsführung des Vertrauens des Reichstags. Jeder von ihnen muß zurüdtveten, wenn ihm der Reichstag durch aus+ drüdlichen Beschluß sein Vertrauen entzieht.
Die Entstehung der Krise haben wir bereits im gestrigen Abendblatt furz geschildert, auch ihre Vorgeschichte ist befonnt. Der Entwurf eines Gesetzes über Sie beschleunigte Einziehung des Reichsnotopfers ist seinerzeit von der RegieSat man gestern im Steuerausschuß gesehen, wie Arisen rung zwar einstimmig beschlossen worden, fand aber im Ausschuß nur bei den Sozialisten und beim Zentrum Unter- entstehen, so hat man sich im Plenum in sehr interessanter stügung, bei den Deutschnationalen, den Deutschen nicht entstehen fönnen. Aus Anlaß eines begründeten tomWeise über die Frage unterhalten, wie sie entstehen oder auch Bolfsparteilern und den Demokraten starten munistischen Mißtrauensantrags zur Interpellation über die zutreten braucht, solange kein ihr das Vertrauen entziehender Danach scheint es klar, daß die Regierung nicht zurückWiderstand. Bunächst gelang es diefem Blod der Steuer- unistischen scheuen, die Borlage zu enthaupten, indem fie des entscheiden- Ruffenloger entstand eine Debatte darüber, ob begrün- Beschluß des Reichstags borliegt. Ein folcher Beschluß den§ 1 beraubt wurde, worauf nur ein unwesentlicher Stest dete Mißtrauensvoten zulässig seien oder nicht. Rechte und liegt nicht vor, wenn die Parteien, die zur Regierung kein verblieb. Nun entipann sich im Ausschuß um den§ 1 ein leb präsident Dr. Bell mit Unterstützung der bürgerlichen befizen, ihre Mißtrauensanträge wegen der Verschiedeninfe traten für die Bulässigkeit ein, während der Vize- Vertrauen haben- obwohl sie zusammen die Mehrheit hafter Stampf, der zunächst gestern mittag damit endete, daß präsident Dr. Bell mit Unterſtügung der bürgerlichen befizen der Paragraph von Bentrum, Sozialdemokraten, Unabhän- Mittelparteien fie verneinte. heit ihrer Begründung gegenseitig niederstimmen. gigen und Kommunisten angenommen wurde, während die Deutschmationalen und die Deutsche Volkspartei ihn ablehnten und die Demokraten fich der Stimme enthielten. Die Annahme des§ 1 erfolgte mit dem folgenden Wortlaut:
Die große Bedeutung einer scheinbar nebensächlichen Daraus ergibt sich die große grundsäßliche Bedeutung. Frage enthüllte eine Erklärung des deutschynationalen Abg. der Frage, ob Mißtrauenanträge begründet sein dürfen Schulz Bromberg. Die Kommunisten beantragten, der oder nicht. Dürfen sie es, dann darf auch eine Regierung im Reichstag solle sich mit der Regierungserklärung nicht einver- Amte bleiben, die sich nicht mehr auf das Vertrauen der standen erklären, weil sie Rußland zu wenig entgegen Mehrheit stüßen tann, sie ist erst zum Rücktritt genötigt, Das Reichsnotopfer(§ 1 des Gefeßes über das Reichsnotopfer fomme. Herr Schulz Bromberg erklärte dazu, wenn die wenn ihr eine auch in den Gründen des Mißtrauens einige bom 31. Dezember 1919, Reichsgesebblatt Seite 21) ist, soweit es Deutschnationalen einen Mißbilligungsantrag einbrächten, so Mehrheit gegenüber steht. 10 vom Hundert des abgabepflichtigen Vermögens nicht übersteigt, wismus zu weit entgegenfomme. Der Unterschied ist also mildert, aber auch die schonungsbedürftige Schwäche unserer Die Gefahr von Regierungskrisen würde dadurch ge fleunigt zu entrichten. Die Abgabe ist bis zur Höhe der: Werden Mißtrauensvoten ohne Begründung eingebracht, parlamentarischen Regierungen stärker betont.
zum mindesten aber zu einem Drittel der Abgabe be=
eines Drittels zu zahlen in zwei gleichen Teilbeträgen am 1: März und 1. November 1921. Der überschießende Teil( bis zu 10 Broz. des abgabepflichtigen Vermögens) ist zu zahlen bis zum 1. Mai 1922. Ist ein Steuerbescheid am 1. Februar 1921 noch nicht zugestellt, so ist die erste Teilzahlung am Schlusse des auf die Bu stellung folgenden Monats fällig, die zweite sechs Monate später, jedoch nicht vor dem 1. November 1921 und die dritte weitere sechs Monate nach der Fälligkeit der zweiten Rate.
Kämmerer Böß Oberbürgermeister?
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Diese Vorschriften finden feine Anwendung, soweit der Der mit den Vorbereitungen der Wahl des neuen Ober- in Zusammenhang stehenden Fragen des Anstellungsverhält Abgabepflichtige glaubhaft macht, daß die beschleunigte Entrichtung bürgermeisters betraute 25 er Ausschuß nahm gestern nisses zu erörtern und dem Plenum entsprechende Vorschläge der Abgabe die Entziehung des für die Fortführung des Be- Abend im Rathause zur Kandidatenfrage Stellung. Von den zu machen. triebes erforderlichen Kapitals oder Kredits, oder die Beein- Unabhängigen wurde der jeßige Stadtverordnetenvorsteher trächtigung des angemessenen Unterhalts für ihn oder seine Familie Dr. Weyl für dieses Amt vorgeschlagen. Der Vertreter zur Folge haben würde, in diesen Fällen kann auch die Bahlung in unserer Partei betonte, daß die sozialdemokra ben im Gefeß über das Reichsnotopfer vorgefebenen Teilbeträgen tif de rattion diesem Vorschlage nicht zustimmen könne. Einmal, weil sie in dem Kandidaten teine geeignete
bewilligt werden.
bleiben unberührt
Großwahltag: 20. Februar 1921. Der amtliche Preußische Pressedienst teilt mit: Das Preußische Staatsministerium hat am 16. Dezember
Soweit Einspruch erhoben wird, ist auf Antrag die Ginziehung Berson sehe, welche gerade jetzt die der Lösung harrenden beschlossen, am 20. Februar, zugleich mit den Landtagswahlen, der Abgabe bis zur Zustellung des Einspruchbescheides auszusetzen. vielgestaltigen Fragen erledigen könne und andererseits, weil die Provinzial- und Kreistagswahlen bor Die Vorschriften über die zinslose Etundung der Abgabe zum der Vorschlag der unabhängigen Fraktion eine Durch nehmen zu lassen. Mit der Reichsregierung ist wegen gleichAusgleich von Härten im§ 27 des Gesetzes über das Reichsnotopfer brechung der feinerzeit getroffenen Verzeitiger Vornahme der Reichstagswahlen in den noch einbarungen bedeute. ausstehenden Abstimmungsbezirten Einigkeit erzielt Nach der Abstimmung erklärte der Reichsfinanzminister In den vor der Magistratswahl stattgefundenen gemein- worden. Dr. Wirth, daß durch den Berfall der Regie- famen Verhandlungen sei ausdrücklich festgelegt worden, daß der$ 8 6 und 88 des Reichswahlgesetes als Wahltag für die Der Reichspräsident hat durch Verordnung auf Grund rungsmehrheit eine neue Situation entstanden set, Vorschläge für die Besetzung des 1. und 2. Bürger. über die er dem Reichskanzler Bericht erstatten müsse. In den meisterpostens nur in gegenseitigem Einbers Reichstagswahlen in Ostpreußen und in Schleswigfolgenden Verhandlungen mit den Parteien ließ er feinen ständnis gemacht werden fönnen. Die S.P.D.- Solstein( 1. und 14. Reichstagswahlkreis) den 20. Februar 1921 bestimmt. Zweifel daran, daß er zurücktreten würde, falls eine Re- Fraftion habe gegen die Kandidatur Dr. Weyl in einer gegierungspartei im Plenum gegen den§ 1 stimmen würde. meinfam abgehaltenen Besprechung ihre Bedenken geltend ge Darauf folgte die schon erwähnte Fraktionssigung der Deut- macht und die unabhängige Fraktion ersucht, nach einem fachSteigerung der Arbeitslosigkeit. schen Volkspartei, in der beschloffen wurde, dem§ 1 zuzu lich geeigneteren Kandidaten aus ihren Reihen Umschau zu Berlin , 17. Dezember. ( WTB.) Wie aus dem Reichss stimmen, falls feine Bestimmungen zur Vermeidung etwaiger halten. Die Tatsache, daß ungeachtet dieser Einwände arbeitsministerium mitgeteilt wird, weist die Zahl der Härten erweitert würden. Insbesondere handelt es sich ihr Dr. Weyl doch präsentiert werde, verstoße gegen die seinerzeit anter ft übten Erwerbslosen im Reiche, die seit dem darum, Klarheit darüber zu verschaffen, daß die Wohltat der getroffenen Vereinbarungen, von denen gerade die unab- 15. September dieses Jahres in langsamem Rüdgang begriffen Stundung im Falle sonst ger Existenzgefährdung nicht bloß hängige Fraktion bei den Vorschlägen für den zweiten war, nach den Erhebungen vom 1. Dezember wieder eine Steige Handelsgesellschaften, sondern auch Brivatpersonen zugeftan- Bürgermeisterposten entsprechenden Gebrauch ge- rung auf. Am 1. Dezember wurden 276 539 Männer und den werde. In diesem Sinne hat man sich schließlich auf eine macht habe. 78 753 Frauen, Berständiaumasformiel geeinigt. Im Verlaufe der Debatte wurde von bürgerlicher Seite Die Bedeutung der von der Deutschen Volkspartei vor die Berson des jezigen Stämmerers Bö erwähnt, über dessen Bersonen als Hauptempfänger unterstügt, gegen 848 500 geschlagenen und von der Regierung zugestandenen Wende- fachliche Qualitäten und Kenntnis der Groß- Berliner Ver- Personen als Hauptempfänger unterstügt, gegen 848 508 liegt. Erst dann wird, man sehen, ob diese Aenderung nur fratische Redner bemerkte hierzu, daß seine Fraktion 350 292 unterstüßten Erwerbslosen im Reich entfallen 174 531 rung wird sich erst beurteilen lassen, sobald ihr Wortlaut vor- waltung kein Zweifel bestehen fönnen. Der sozialdemo- am 15. November und 349 747 8uschlagsempfänger( a milienangehörige) gegen 333 961 am 15. November. dazu dient, den taftisch notwendig gewordenen Rückzug der am liebsten für einen geeigneten unabhängigen Kandidaten Deutschen Volkspartei zu maskieren, oder ob fie eine Durch- stimmen würde, da aber ein solcher nicht in Vorschlag gebracht auf Preußen, davon Löcherung der Vorschriften und damit die Gefahr einer starten worden sei, würde sie für die Kandidatur Bög eintreten. 87 609 auf Groß- Berlin, Minderung der Einnahmen mit sich bringt. Die Deutschnationalen erklärten, eine Kandidatur Böß nicht 92 019 auf Sachfen, 21 496 auf Samburg. Aus der Auf jeden Fall steht die Tatsache fest, daß die Koalitions- unterstüßen zu können. hohen Zahl der unterstüßten Erwerbslosen muß auf ni'ch t regierung der Mitte nur sehr mühsam zusammenhält, und Bei der hierauf vorgenommenen Zettelwahl entfielen auf weniger hohe Ziffern von Arbeitslosen, die teine Unterdaß es des schärfften Druces bedarf, um ihr gänzliches Aus- Dr. Weyl 10, auf 20 B 12 Stimmen; die Deutsch - st übung empfangen, geschlossen werden Ferner drückt sich die einanderfallen zu verhüten. Es steht weiter fest, daß das Gros nationalen hatten drei weiße Bettel abgegeben. Bevor die ernste Lage des Arbeitsmarktes nach wie vor in der der bürgerlichen Barteien, ganz besonders die Deutsche Volks. Stadtverordnetenversammlung die Wahl des Oberbürger- fhr großen Zahl der Kurzarbeiter aus und in dem ständig partei, feine Neigung zeigt, die Steuerkraft der Befißenden meisters vornimmt, tritt der Ausschuß nochmals zu einer wachsenden Umfang, den die Maßnahmen der produktiven Gr zur Milderung unserer ungeheuren Finanznot mobil zu zweiten Lesung zusammen, um auch über die mit der Wahl werbslosenfürsorge annehmen,
insgesamt 350 292
Von den