Das Marburger Urteil rechtskräftig. T'e der G. 8.-Korrespondenz quJ Kassel gemeldet wird, ist der Freispruch gegen die Angehörigen deS Marburger Studenten» kcrpS, dij unlängst wogen Totschlags und Mißbrauch; der Waffe vor dem Schwurgericht in Kassel standen, rechtskräftig geworden. Nach eingehender Beratung zwischen dem Gencralstaatsanwalt und der Oberslaatsanwaltschast hat die Anklagebehörde auf Revi- fiort verzichtet. Das Urteil des Schwurgericht; ist jomit rechtskräftig geworden. Die Revision gegen ein Geschworenenurteil kann sich nur aus form als Rechtsmängel des Verfahrens stützen, der Spruch der Geschworenen selber ist durch Rechtsmittel u n a n» greifbar, mag er sachlich auch so verfehlt sein, wie eS bei diesem Freispruch zweifellos der Fall ist.
Neue Note zur Cntwaffnungsfrage. Bis wir hören, ist die Antwort der Entente auf die letzte deutsche Note zur Entwaffnungsfroge bereits eingegaitgen. Es verlautet, daß sie in äußerst entschiedenem Ton an dem Standpunkt festhält, den die Ente bisher eingenomme/t hat. Da es sich um eine Angelegenheit von außerordentli"er Tragweite handelt, scheint uns rasche und vollständige Auf- klärung der Oeffentlicykeit gsboten.
*Nuge um Nuge, Zahn um Zahn!' Paris , 27. Dezember. In der Freitagsitzung der Kammer er- klärte Kriegsminister Ra-iberti, er glaube im Gegensatz zu seinem Vorgänger Lesevre, daß der Augenblick gekommen sei, die militärischen Lasten heradzumlndern, ohne dadurch die national« Verteidigung zu schwächen. Lesevre stützte sein Sh- stem auf militärische Bedingungen, die schon vordem Kriege veraltet gewesen seien.(Beifall von der äußersten Linken bis in die Mitte des HauseS.) Gegenüber 5efövre, der gegen den Friedensvertrag von Versailles gestimmt habe, weil er ihn nicht für ausreichend halte, sei er der Ansicht, daß der Ber- trag, wenn er vorsichtig und strikte angewendet werde, mit der Ber- vollkommnung durch das Abkommen von Spaa Vollaus genüge, um dem Land die Befriedigung zu geben, die es erwarte. Der Kriegzminister verliest sodann einen Brief, den er a» Marschall Fach gerichtet hat, um ihn zu ersuwen, General Rollet Weisungen zu erteilen, damit all« Nichtausführungen am Friedensvertrag, die festgestellt seien, durch Zwangsmaßnahmen beantwortet würden, und jeder Verdacht, der in jener Hinsicht bestehe, untersucht werde. Marschall Foch, Marschall Petain Und die Mitglieder des obersten Kriegsrates bürgten dafür, daß die neue milimrische Or» ganifation nicht die nationale Sicherheit in Frage stellen könnte. Genepal Maud H u h erhebt sich bei diesen Worten und ruft in den Saal, die Frage von 100 000 Mann Soldaten mehr oder weniger werde Deutschland nicht in Schach halten. Teutschland habe 1914 die Bevölkerung durch Brandbomben zu tev- rorisieren versucht. Heute stehe Frankreich in Deutschland , vnd wenn Deutschland unerlaubte KriegSmrrtel anwende, wenn es 10 Häuser in Pari» niederbrenne, dann werde man dafür 100 in Frankfurt und 100 in Mainz niederbrennen.(Lebhafter Beifall.) Auge um Luge , Zaha um Zaha — das-müsse Deutschland wissen. daZ sei menschlich, denn es sei da» einzige Mittel, einen barbarischen Krieg zu verhindern. Abg. T a r d i e u z erklärte, Deutschland habe 95 Prozent seiner Geschütze abgeliefert und sei nicht mehr gefährlich. Die Kammer dürfe Deutschland nicht den Eindruck geben, al» zweifle sie an den Mitteln, über die Frankreich verfüge. Hievauf ergriff Ministerpräsident Lehgue» das Wort, um die Miliiärgesetzl: zu verteidigen. Er stellt fest, daß der abgegan- gene ÄriegSminister sie angenommen habe. Deutschland Hab« Hintergedanken, eZ führe die Vertrags- bestimmungen nicht loyal au»; niemand leugne das, aber trotzdem erfülle Deutschland den Vertrag. Der Ministerpräsident bewies das durch eine Statistik über die zerstörten und abgelieferten Was- fen. Deutschland müsse sich später alle Nachforschungen des Völker» bundeS gefallen lassen, da» habe Tardieu mir Recht betont. Frank- reich müsse stark genug sein, um die Ausführungen de« Friedens- vcrtvageS, wenn nötig, zu erzwingen und um jeden AngriffSver- such nioderzuschlagon. Frankreich müsse die Brückenköpfe am Rhein in 15 Jahren aufgehen, aber nur, wenn der Vertrag von Versailles erfüllt sei. Hier ruft Andre Tardieu dazwischen, daß, da der fran- xösisch-englische Schutzvertrag auf Grund de» letzten Absatzes des Artikels 42S nicht habe in Kraft treten können, die Besetzung dcS linken RhcinuferS nicht zeitlich begrenzt sei.(Lebhafter Beifall auf ollen Bänken.) L e h g u« Z sagt« nach Meldung der Havasageniur: Sie sehen, welche Mittel wir zur Verfügung haben! Nach dem»Echo de Pa- ris" aber: Ich danke Herrn Tardieu für diese Aufklärung, die die Aussprache noch klarer macht. Schließlich sprach der Ministerpräsi- denr von der moralischen und geistigen Stärke Frankreich », lohnte aber den beantragten Maueranschlag seiner Rede ab. Andre Lefevre, unterstützt vom UnterstaatSfekretär für Lustschiffahrt, Flandin, sprach von der umfangreichen Her. stellung von Flugzeugen in Deutschland und Oester» reich und hielt seine übrigen Bedenken aufrecht. Die Kammer nahm schließlich den Artikel 1 deS Gesetzentwurf» über die Bewilligung von zwei provisorischen Zwölfteln des Budget» de» kommenden Jahres mit Sil gegen 64 Stimmen an und vertagte sich sodann auf Montag.
Der Parteitag von Tours . Tour« 27. Dezember. Am Sonnabend ist hier der sozio» listische Parteitag zusammengetreten. Mit 2898 Stimmen wurde beschlossen, die Tagesordnung so abzuändern, daß an eriter Stelle die Frage des Anschlusses an die Dritte Jntcr- nationale behandelt wird. 1223 Stimmen waren für die Be- ratung der Berichte, da wie der Deputierte Blum erklärte, man zuerst wissen müsse, wa» die Partei geleistet habe, ehe man Be- sch.'uß darüber fassen könne, welcher Richtung sie sich anschließen wolle. Nachdem der Kongreß sich für die Diskussion über den Anschluß an die Dvuw Jntevnacioncrle a-uSyesprochen hatte, wurde«ruf Antrag des Generalsekretärs der Partei Fr o f- sard beschlossen, daß sich zuerst die Parteisekretäre der einzelnen Bezirke über die Stimmung in ihren Kreisen aussprechen sollen. Erst dann wird in die eigen il ich« Debatte eingetreten werden, und zwar auf der Grundlage der drei Tagesordnungen E ach in. Lo n- g u« t und Blum. Die Tagesordnung Tachin-Frosfard tritt für den Anschluß an Moskau »in, die Tagesordnung Blum lehnt den Anschluß ob, während diejenige L o n g u e t s, die«an
die Tagesordnung der Wiederaufbauer nennt, für eine neue vierte Jnternaiional« eintritt, in die die Anhänger der Zweite» und Dritten Internationale eintreten sollen. Am Sonntag setzte der Parteitag seine Beratungen fort. Die Delegierten der verschiedenen Bezirke berichieten über die Slim- MMlg in ihren Kre.sen. Für den Oberrhein sprach Grumbach. der erklärte, eS sei in Frankreich unmöglich, das durchzuführen, was in Rußland durchgeführt worden fei. Man dürfe die Frage der russischen Revolution nicht mit der Zustimmung zu den Grund- sätzen Lenins verwechseln. Für den Niederrhein berichtete der ehe» malige ReichStagSabgeordnet« W e i ll. In seinem Bezirke seien 102 Stimmen für die Dritte Internationale abgegeben worden. Da? sei eine Folge der verhängnisvollen Innen» und Außenpolitik der französischen Regierung.
(dberschleften unü öer Papst. B reSla», 27. Dezember. Ter„Schlrsischeu BolkSzeUung" zufolge erließ Monsignore Ogno, der apostolische Kommissar für Oberschlesien , eine Kundgebung, in der es heißt: Der Hei- lige Vater, der tief betrübt ist, daß der Frieden unter den Katho- likcn Oberschlrsicns aus politischen Gründen gestört wird, schickt mich zu euch, um den Frieden wiederherzustellen. Das Weih» nach töf est gibt mir Brranlassung, die Katholiken zu bitten, die Mahnung zum Frieden nicht zurückzuweisen und von der politischen Verblendung abzulassen. Tie Mahnung richte ich vor allem an die Seelenhirten, dir gelobt habe«, ihren heiligen Dienst im Geiste der L'ebe und Gerechtigkeit auszuüben. Ich bestimme namenS des heiligen Baters folgendes: Allen Priestern jedweder Nation wird sub xravi unter» sagt, im Abstimmungsgebiet Propaganda zu treiben, ihre Privatmrinung zu äußern und bei den Wahlen ihre Stimme abzugeben. Allen Pfarrern wird verboten, Kirchen und Schulen zur Erörterung der Abstimmungsfrageu zu benutzen, da diese Orte allein zur Pflege de« religiösen Leben« auSersehcn sind. Ich behalte mir vor, vorstehendes verbot abzuändern, jedoch bemerke ich schon jetzt, daß ich Abänderungen nur aus gewichtigen Gründen zulassen werde, wobei ich keine Partei begünstigen werde. Falls ei» Priester dieses Dekret nicht befolgen follti� werde ich gegen ihn, wenn auch ungern, mit solchen Strafen vorgehen, die zu verhänge« der Apostolische Stuhl mich ermächtigte.
GroßSerlw Luftmorü an einer vierjährigen. Ter Mörder verhaftet. Die Entdeckung eines Lustmordes an einem Kinde rief am Heiligabend in Moabit große Ausregung hervor. In der siebenten Abendstunde wurde dort an der Putlitzbrücke, in einen O b st k o r b gezwängt, die Leiche eines kleinen Mädchen? auf- gefunden, die erkennen ließ, daß die Kleine das Opfer eines Lustmörders geworden war. Die von dem Mordbereitschaftsdienst noch am Heiligabend und am ersten Feiertag eingeleiteten umfangreichen Nachforschungen führten bald zur Feststellung de» Namens der Ermordeten und gestern, am zweiten Feiertage, auch bereits zur Verhaftung des Verbrechers. Ucbcr die Bluttat, die von einer geradezu bestialischen Roheit zeugt, wird uns berichlet: Zwei ArbeitSburschen sahen, als sie die Ouitzowstrotze entlang gingen, unter einem au der Putlitzbrücke stehenden unbenutzten großen TranSportwaaen der Firma Jüst an der Bordschwelle einen Obfuragekorb von 80 Zentittietcr Länge und 30 Zentimeter Breite liegen, der mit braunem Packpapier zugedeckt har, auf dem viele große Glassplitter lagen. Einer der Burschen zog den Korb unter dem Wagen hervor, schlug das Papier zurück und erblickte nun darin zu seinem Entsetzen den Arm eine: K i n d e r l e i ch e. Tie jungen Leute benachrichtigten sofort die zuständige Revierpolizei von dem schrecklichen Fund, und diese stellte alsbald fest, daß der Korb die Leiche eines kleinen Mädchen» enthielt. Do der nnbeimlich« Fund auf ein Verbrechen schließen ließ, wurde sofort die Mord- kmnmission der Berliner Kriminalpolizei alarmjerr. Der Gerichts. arzt Prof. Dr. Strauch stellte bei Besichtigung der Leiche fest, daß an der Kleinen ein schweres Sittlichkeitsverbrechen der- übt und dabei von dem Wüstling erdrosselt worden war. Die ersten Ermittlungen galten der Feststellung des Namen» der.Kleinen, und noch am selben Abend wurde die Leiche als d!« am 24. Februar 19lS geborene Tochter Ilse de« Tapezierer» H e i m a n n aus der Perleberger Straße 45 relognofziert. D'e weiteren Nachforschungen ergaben, daß die Kleine seit Tonnerstag, den 23. d. M.. nachmittags Lsh Uhr, verschwunden war. Sie spielt« um diese Zeit mit ihrem acht Jahre allen Bruder Kurt auf der Straße in der Nähe der elterlichen Wohnung vor dem Hause Perleberger Str. 25. Dort trat ein Mann in feldgrauer Kleidung an die Ge- schwister heran, fragte sie nach ihren Namen und beauftragte bann den Jungen, ibin für 80 Pfennig Streichhölzer zu holen. Als dieser die Streichhölzer in einem in der Nähe befindlichen Ge- schüft kaufen wollte, sagte ihm der Fremde, er solle sie au» der Havelberger Straß« holen, dort seien sie besser- Während nun der Knabe den Auftrag ausführte, macht« sich der Mann an das Mädchen beran und ging mit ihm nach der Birkcnstratze zu davon. Dort wurde er dann von anderen Kindern gesehen, wie er die Kleine, die weinte, an der Hand führte. Die Festnahme des Mörders. Die Feststellungen über die Auffindung der kleinen Leiche wurden, da keine Tageszeit wngem erschienen und auch Gäulsnan- schlage sich nicht ermöglichen ließen, vervielfältigt durch ein großes Anfgabot von Beamten de» Fahndungskommando» und de» MorddeoeitfchaftSdiensteS sowie der in Fang« kommenden Reviere in Moabit , m allen Lokalen und vielen Geschäften und Privat- Häusern verbreitet. Auf die Ergreifung des Unholde», dessen Be- schveÄnrng. trotzdem er von mehreren K.ndevn gesehen worden ist, nur ziemlich mangelhast angegeben werden konnte, wurde von dem Chef der Kriminalpolizei, Oberrrgierungsvat Hopp« al» Vertreter deS PÄi�eipräsidenten, eine Belohnung von 10000 Mark ausgesetzt. Zugleich forschten die Beamten überall nach, wo der Mann mit dem Mädchen noch gesehen worden war. Es gelang ihnen auch, mehrer« Leute zu ermitteln, die wesentlich« Bekundungen machen konnten. Die ersten Fingerzeige, die zur Festnahme de» Täters führten, gab eine Gasiwirtsfrou. Sie entsann sich, daß der Mann mit dem Kinde am Donnerstag nachmittag gegen 4 Uhr da gewesen war und für sich einen Kognak und für die Kleine einen Himbeerschnaps bestellt hatte. Dieser Gast wurde dann festgestellt als der am 2. September(875 zu Berlin gehören« Dreher W i ll y B i r kho lz. der in der Stefanstraße 10 im ersten Stock deS OuergedändeS bei seiner Mutter wohnte. Er wurde gestern verhaftet und-allen Kindern und Erwachsenen, die ihn mit der kleinen Hai mann gesehen hatten, gegenübergestellt. Die Zeugen erkannten ihn alle bestimmt als den Mann wieder. Ein« Durchsuchung der Wohnung des Verhasteten föttzerte noch weckeveS schweres Belastungsmaterial zutage. Die Mutter erkannt« den Korb, in dem die Leiche aufgefunden wurde, als ihren Korb wieder, der auf dem Boden gestanden hatte. Trotz deS erdrückenden Beweismaterials war Biokhog noch zu keinem Ge-
stättdnrS zu bewegen gavesen. Er behauptet nicht, daß« daS scheußliche Verbrechen nicht begangen habe, w.ll aber sich der Vor» gänge nicht entsinnen. Er wisse nur, daß er cm dem Tage betrunken gewesen sei. Er gibt auch zu. daß er in angetrunkenem Zustande den widernatürlichen Trieb habe, sich kleinen Mädchen zu nähern und unsittliche Handlungen m.t ihnen vorzunehmen. Birkholz ist auch m der Gegend als ein solch gemeingefährlicher Kinderfreund bekannt und hatte dieserbalb auch schon wiederholt mit der Polizeibehörde zu tun. Nach dem Gutachten des GerichtsarzttS handelt eS sich um einen geradezu bestialischen Roheit«- akt, den der Wüstling mit dem Kinde vorgenommen hat. Di« Ver- letzungen find so schwer, daß diese schon seinen Tod herbeigeführt haben können. Da die Leiche aber auch noch an der rechten Hals- seit« einige Würgemale und verschieden« Kratzwunden aufweist, so ist anzunehmen, daß der Unhold es erwürgt hat. Nach der Tat hat er die kleine Leiche dann mit roher Gewalt in den Korb gepreßt, diesen bis zum nächsten Tag« stehen lassen und ihn dann unter den Wagen geworfen, wo er am Heiligabend gefunden wurde. Neben dem Korbe lag auch noch ein Kaninchen mit eingeschla- genem Schädel. Es stammt gleichfalls von dem Boden, wo der Wüstling den Lustmord begangen hat. Wahrscheinlich hat dieser im Blulrausch auch das Tier erschlagen und es dann zugleich mit der Kindesleiche fortgeschafft. Weitere Vernehmung. Der 45 Jahre alt« Dreher Willy Birkholz blieb auch bei spä- teren Vernehmungen nach wie vor dabei, daß er den Mord, wenn er der Täter sein sollte, nicht mit Bewußtsein verübt habe. Nach wie vor behauptet er, daß er sich wegen Trunkenheit auf nicht» mehr besinnen könne. Um die Kette de» Betastung'heweiseS voll» ständig zu schließen, wird der Verhaftete heute noch nach alle» Stellen gebracht werden, an denen Zeugen ihn im Lauf« deS Nachmittags gesehen haben. Die Kriminalpolizei ist zugleich dabei, da« ganze Leben des Verhafteten gründlich zu durchforscken. Den» eS erfcheint nicht ausgeschlossen, daß ihm noch mehr zur Last fällt, als man bisher weiß. So bedarf der Fund eine» Kinder» mäntetchen» in seiner Behausung noch der Aufklärung. ES ist ein Mäntelchen an» braunem Plüsch mit rotem Kutter, das mit Pelz besetzt ist und einen pelzbejetzten Schulierkragen hat. Diese» Mäntelchen wurde bei einer Durchsuchung der Räum« entdeckt. Die Mutter Birkholz' bat«S nie vorher gesehen, er selbst will durckauS nicht wissen, wi« es in die Wohnung gekommen ist. Di« Eltern de» Kindes, wem«s gehört, oder andere Leute, die darüber etwas wissen, werden ersucht, sich im Zimmer 44 bei der Kriminalpolizei zu melden._ Die Feuerwehr in üen Iekertagen. Di« Feuerwehr hatte in Berlin während der Feiertage mehr als sonst zü tun. Zahlreich waren die Meldungen von Bränden und Unfällen, besonders von Gasvergiftungen. auS Berlin und den Vororten. U. a. ward in tödliche GaSvergif- tungen vom WeinbergSweg 12 und auS der Mauer st r. 80 gemeldet. und fast gleichzeitig lebensgefährliche auS der Zorndorfer Str. 62, Hohenloheftr. 18, Mariannen-Platz 26. Melcbiorstr. 36, Potsdamer Straße 121, Friedrichstt. 217, Schle fische Str. 42 und anderen Stellen. Am ersten Feiertag nachmittags um 4 Uhr ereignet« sich im Zirkus Busch beim Beginn der Nachmittagsvorstellung al» die Raubtiere vorgeführt wurden, im Gang vor der Manege ei» aufregender Vorfall. Ein Bär und ein Löwe gerieten in Sampf miteinander und waren nicht zu trennen. Sie hatten sich derartig festgebissen, daß sie nicht voneinander getrennt werde» konnten. Die übrigen Raubtiere waren natürlich ebenfalls kampflustig ge» worden. Während die Wärter mit eisernen Standen usw. vis Bestien zu trennen versuchten, demühten sich die anwSjenden Feuer» wehrmänner die Kämpfenden durch Was sergeben auS dem Hydranten zr beru-sigen. Schließlich gelang die», ohne daß da» Publikum etwas von dem Kampf hinter den.Kulissen bemerkte. In der Druckerei von Hermann, Beuthstt. 8, war Schmieröl von einem Motor m Bvand geraten Tischtereibränd« riesen die Wehr nach der Dresdener Str. 40 und Möckernftr. 60. Wohnung», brande mußten u. a. gelöscht werden in der Elbinger Dir 6. Eisen« bahnftr. 68, Müncheberger Str. 16, Kadiner Str. 6. Britz « Str. L, wobei die WohnungK'nhaberin Brandwunden erkitt. f—net j» der Neanderstr. 24. Nacht» bracht« die Wehr ir dem Haust Friedrich- strahe 131 am Oranienburger Tor vier Personen in Sicherheit. die dort in einem Fahrstuhl eingesperrt waren.
Maskierte Räuber bei Schering. Die Berliner Verbrecherwelt hat sich die Arbeitsrube r» den Feiertagen nach Kräften zunutze gemocht. In die Gebäude der Akliengeiellschast für chemische Industrie von Schering u. C o., M ü llerstr. 170/71, drangen in der vergangenen Nacht sechs maskierte Männer«in. die den Wächter über» kielen, als er sich auf einem Sireifgang durch die verschiedene» Räume bekand. Sie banden ihn an einen Smhl und bedrohte» ihn mit ihren Pistolen mit der Austorderung, sich ruhig zu verhallen, da sie ihn sonst erschießen würden. Dann durchsuchten sie in aller Rube die Räume und nahmen da« Wert« vollste, darunter mehrere Platin- und Silbertessel, mrt. Durch den Torweg, der nach der Fennstraße führt, sind die Räuber dann unerkannl enikommen. Im übrigen sind in den WeihnachtSfeiertagen zahlreiche Ein« bräche begangen worden, bei denen den Verbrechern zum Teil wert« volle Gegenstände in die Hände sielen. Zahlreich« Einbrecher konnten von der Schutzvolizei erfaßt werden. Tie Feuerwehr ist in den Feierlagen verhältnismäßig wenig in Anspruch genommen worden.
Kaiserlich" endlich ungültig. Da» Wort.kaiserlich' ist auf den alren Srempeln und Siegeln ber Dienststellen der ReichSmorine eniternt worden, Stempel und Siegel dieser Slellen werden deshalb nur noch dann oner« tannt, wenn sie das Wort.kaiserlich' nicht mehr ent- halten. Beim Landheer werden die allen Siempel und Siegel noch bis zum 1. Januar benutz«. Nach einer Aiiordnung der Heere»- leiiung mutz aber das War«.königlich' durchstrichen sein, wenn die damit verfetienen Schriftslücke als gültig anerkannt werden sollen. Bei der Reichswehr werden von Neusahr an die zum endgüliigen 100 000 Mann-Heer gehörenden Truppenteile mit neuen Dienst» stempeln und Siegeln versehen. Die Republik hat ,wei Jabre gewartet, bevor sie sich zu dieser selbstverständlichen Maßreßel entschloß.
Eine musikalische Weihnachtsfeier war das F« st k o n z e r t. mit dem der B e z i r k s- B i l d u n g S- a vs sch u ß Groh-Berlin der S.P D. am ersten Feiertag seine Kanstgemcinde erfreute. In der alten Garuisonkirche, wo am Bormittag gläubige Christen die Frieden verheißende Weih- nachtSbot ichaft sich künden ließen, versammelten sich am Nachmittag anderlhalbtausend kunstbungerig« sozialdemokratische Männer und Frauen. Bei kirchlicher Musik wollten sie iür ein paar Stunden sich frei machen ans der Beenglheit und Ledrängtheit, die der Alltag bringt. Es ist ein schönes Zeichen für den Erfolg der bisher ge» leisteten BildratgSarbeit, daß die sozialdemokratifckis Arbeiter bevöl- kerung gegenüber der relrgiösen Kunst den ablehnenden Standpunkt al» falsch erkennen gelernt Hot. Der richtige Stand- Punkt kann für sie nicht der religiöse oder antireligiöse, sondern nur der künstlerische sein. Händ'.I und Bach und Reger und die anderen Meister, deren Werke di-seS WeifmachtStonzert bot. werden eine hingegebener« Zuhörerschaft al» hier nicht oft gefunden