fcfn„übertriebenen" Forderungen, die an die Armenvenvaltung gestellt werden, entschiedener als bisher entgegenzutreten. Hat Herr Wilkoivski, der seine Thätigkeir in der Armenverwaltung hervorhob und sich einer besonderen Kenntniß der Verhältnisse rühmte, die Anregung zu seinem Austreten gegen den Verein aus sich selbst oder von anderer Seite empfangen? Der Geist ist willig, aber daS Fleisch ist schwach. Von der Berliner Bock-Brauerei erhalten wir folgende Zuschrift: In Nr. 248 Ihres Blattes bringen Sie einen Artikel über Herrn Rösicke in die bürgerliche Presse, in welchem Sie unter Anderem wörtlich schreiben, daß der B i e r- M o l o ch Rösicke, der nun schon 5 Brauereien und 2 Mälzereien verschlungen, „im Geheimen" auch den„Bock" in seine Gewalt gebracht habe. Eine solche Notiz könnte nun den Glauben erwecken, daß das� bereits vor 1>/z Jahren künstlich genährte Gerücht, von einer Fusion der Bockbrauerei mit der Schultheiß Brauerei sich er- füllen sollte und dagegen wollen wir uns energisch verwahren. Wir ersuchen Sie ebenso höflich wie dringend, unsere Erklärung dahin aufzunehmen,„daß weder der Au s s i ch t s r a t h noch die Direktion daran beuten, die B o ck- brauerei jemals mit der Schult Heiß-Branerei vereinigen zu lassen". Hochachtungsvoll Berliner Bock-Brauerei Aktiengesellschaft. Die Direktion: C. Röhrig. Max Müller . Was hier aus unseren humoristisch gehaltenen Artikel von der Bockbrauerei erwidert wird, glauben wir sehr wohl. Direktion und Aufsichtsrath der Berliner Bockbrauerei bleiben höchstwahr- scheinlich gern, was sie sind und widerstreben aus vollem Herzen einer Vereinigung mit der Schultheiß-Brauerei . Aber der Geist ist willig und das Fleisch ist schwach— die Dividende der Schultheiß-Brauerei betrug 1892 15 pCt. und die Dividenden der Bockbrauerei bewegten sich schon seit einer Reihe von Jahren um Null herum. Tie leidigen Gesetze der wirthschastlichen Entwickelung bringen es einmal so mit sich, daß— mit oder ohne Willen der Aufsichtsräthe und der Direktion am Tempelhofer Berge— unter solchen Umständen nicht allein der„Vorwärts", sondern auch Herr Rösicke sehr anzüglich werden muß. Eine moralische Betrachtung. Zum Fall des Gen- darmen Höppner in Rixdorf macht das amtliche „Teltower Kreisblatt" an hervorragender Stelle folgende Be- merkungen:„In heutiger Zeit, in welcher die Stellung und Amtsführung der Sicherheilsbeamten ohnedies eine äußerst schwierige ist, haben dieselben die strengste Pflicht, durch ei» absolut korrektes Benehmen sowohl innerhalb wie außerhalb ihres Dienstes für die unbedingt noth- wendige Achtung, die ihrer Person und ihren Obliegen- heilen gebührt, mit peinlichster Aufmerksamkeit Sorge zu tragen. So sehr die vorgesetzten Behörden in anbetracht der schwierigen Lage, in der sich die dienstausführenden Organe fast unausgesetzt besinden, stets bemüht sein werden, dieselben in ihrer Stellung gegen ungerechtfertigte Vorwürfe und Beschwerden möglichst zu sichern, ebenso sehr sind diese Behörden aber auch von der Auf- fassung durchdrungen, daß sie den Schutz des Publikums gegen Uebergriffe der Exekutivbeamten nicht aus den Augen verlieren dürfen. Dem Vernehmen nach ist der Gendarm Höppner bereits vom Amte suspendirt und die Untersuchung gegen ihn eingeleitet." Die Saalbesitzer in Pankow , deren man einschließlich der Saalverweigerer nicht weniger als neun zählt, erhielten in de» letzten Tagen folgende- Schreiben: Amtsvorsteher zu Pankow . Pankow , den 20. Oktober 1894. Infolge Verfügung des königlichen Landraths Herrn von Waldow vom 19. d. M.. betreffend öffentliche und Privat- lusibarkeiten an Sonnabend Abenden, lade ich Euer Wohl- geboren zur Theilnahme an einer am Mittwoch, den 24. d. M., Nachmittags 5 Uhr, im hiesigen Amtshause, Breitestr. 5 stattfindenden bezüglichen Verhandlung hiermit ein. Der Amtsvorsteher. An Gottschalk. den Restanrateur Herrn... hier." Nichts Gutes ahnend, begaben sich die Geladenen nach dem Amtshause, wo ihnen, wie verlautet, die Mittheilung wurde, daß in Zukunft in betreff der Genehmigung von Vergnügungen im allgemeinen Strenge walten solle. Oeffenlliche Ver- gnügungen sollen von der Genehmigung des Landraths (nicht des Amlsvorstehers) abhängig sei», welcher solche für die Sonnabend Abende nicht mehr genehmigen würde. Dagegen sollen Vereine und geschloffeneGesellschaften diese Genehmigung nach wie vor erhalten, aber— sobald nachweisbar Eintrittsgeld er- hoben wird, sollen der Wirth und der Veranstalter unnachsichtlich bestraft werden. Die Eröffnungen erregten, wie weiter berichtet wird, bei den Saalbesitzern lebhaften Unwillen; es soll nicht an Hinweisen darauf gefehlt haben, daß das Geschäft zum Winter so wie so ein schlechteres werde und die Steuerbehörde nichts danach frage, ob es möglich sei, den Verpflichtungen nachzu- kommen. Zum Schluß verlautet noch, daß einer der Haupt- Helden unier den Saalverweigercrn sich nicht habe versagen können, in der Verhandlung unbegründete, dennnziatorische Seiten» hiebe gegen diejenigen seiner Kollegen, welche den Sozialdemo- traten ihre Säle zur Verfügung stellen, auszutheilen. Die Zahl der Eheschließungen ist in Berlin im Jahre 1892 weiter gesunken, von 17 810 in 1890 und 17 649 in 1891 auf 16 999 in 1892. Vergleicht man sie mit der mittleren Bevöl- kerungszahl, so heirathelen 1890: 23,00, 1891: 22,04, 1892: 20,76 pro Mille der Bevölkerung. Von 1879—90 war der pro- Millesatz gestiegen. Der nach 1690 eingetretene neue Abfall ist so stark, daß der pro-Millesatz in 2 Jahren beinahe wieder auf den Stand von 1883 zurückgegangen ist. Selbst die absolute Zahl der Eheschließungen ist in diesen 2 Jahren, wie oben erficht- lich, nicht unbeträchtlich zurückgegangen. Der Hauptanlheil an diesem Rückgang kommt augenscheinlich auf die Arbeiterbevölke- rung. Das„Statistische Jahrbuch der Stadt Berlin " bringt «ine Gruppirung der Heiralhendcn nach Berufsklaffen. Leider können darin„Selbständige" und„Unselbständige" nicht gesondert aufgeführt werden. Man kann daher nur bei den Gruppen „Arbeiter ohne nähere Angabe" und„Persönliche Dienstleistung" mit Sicherheit wissen, daß es sich ausschließlich um Arbeitnehmer handelt. Tie Zahl der Heirathenden Männer ist von 1891 zu 92 zurückgegangen bei den Gruppen: „Arbeiter ohne nähere Aug." von 2656 auf 2512, also um 144, „Persönliche Dienstleistung"„ 1223„ 1019,„„ 204. Das macht zusammen einen Rückgang von 344, während der Rückgang für alle Berufsklassen zusammen sich auf 650 be- läuft. Ausschlaggebend sind die Arbeitnehmer natürlich auch in den meisten anderen Berufsklassen. In den Gruppen„Metall- Verarbeitung",„Bekleidung" und Reinigung",„Baugewerbe " und„Sonstige Gewerbe", die zu den stärksten gehören, ist die Zahl der heiralhenden Männer von 1891 zu 92 ebenfalls de» trächtlich zurückgegangen, nämlich: „Metallverarbeitung" von 1563 ans 1442 um 126. „Bekleidung und Reinigung"„ 1565„ 1548„ 17. „Baugewerbe "» 1356„ 1297„ 59, „Sonstige Gewerbe'„ 2443„ 2222„ 221, Zieht man noch das Jahr 1890 zur Begleichung heran, so rrgiebt sich, daß bei einigen dieser Gruppen bereits von 1890 zu 1891 ein namhafter Rückgang stattgefunden hatte, z. B.„Metallverarbeitung" um 135,„Baugewerbe " um 51, „Sonstige Gewerbe" um 255. Im„Baugewerbe" zeigte sich sogar schon von 1339 zu 90 ein Rückgang um 99 Eheschließungen. Bei den Arbeiterinnen zeigte sich naturgemäß dieselbe Er- scheinung. Die Zahl der Heirathenden Frauen ging von 1391 zu 92 zurück bei: „Arbeiterinnen ohne näh. Angabe" von 2069 auf 2020, um 49, „Persönliche Dienstleistung"...„ 4321„ 3954,„ 367, „Bekleidung, Reinigung"....„ 5793„ 5433,„ 360. Auch hier hatte bereits von 1830 zu 91 ein Rückgang statt- gefunden, um bezw. 34, 40 und 95 Eheschließungen. Die Ur- fachen dieser Erscheinung wird man hauptsächlich in zwei Um- ständen zu suchen haben, einmal in der wachsenden Un- sicherheit des Erwerbes, die die Lust zum Heirathen natürlich nicht gesteigert haben wird; sodann aber auch darin, daß bei den oben angeführten Berufsklaffen der Zuzug nach Berlin , falls man das aus den polizeilichen Meldungen ge- wonnene Zahlenergebniß als annähernd zuverlässig ansehen will, nach 1390(bei„Baugewerbe" und„Bekleidung, Reinigung" sogar schon nach 1389) erheblich nachgelassen hat. Dem letzteren Umstände wird man jedoch kein ausschlaggebendes Gewicht beimessen zu dürfen, da auch im ganzen Deutschen Reiche der pro Millesatz der Eheschließungen, nachdem er bis 1390 ziemlich gleich- mäßig gesttegen war, 1391 stehen geblieben und 1892 zurückgegangen ist, woraus aus eine allgemein wirkende Ursache geschlossen werden muß. Woher der sogenannte Zlrbcitermangel ans dem Lande? Zu Beginn der kältere» Jahreszeit, wen» das Elend in der Großstadt dem fetten Bürger einmal unversehens auf die Zehen tritt, ertönen in den Spalten der arbeiterfeindlichen Presse geschäftig und vorlaut die Klagen über den Arbeiterinangel auf dem Lande. Auch in diesem Herbst geht der einstudirte Jammer wieder los und es wird jetzt, was sonst selten geschieht, sogar positiv gemeldet, daß es wegen Arbeitermangel nicht möglich sei, die Rübenernte auf den Charlottenburger Rieselfeldern bei Karolinenhöhe zu Ende zu führen. Aber es fehlt zum Glück in der Mittheilung nicht an einem offenen Grund, warum die schönen Rüben vielleicht elend verkommen müssen. Zu dieserArbeitwerdennämlichweibliche Personen gebraucht, die pro Tag 1,20 M. verdienen.„Bisher haben die Frauen, welche sich zu dieser Beschäftigung meldeten, immer nur wenige Tage dabei ausgehalle», dann sind sie nicht wiedergekommen. Gestern war nicht eine einzige Arbeiterin zur Stelle." Die Sache ist also einfach so, daß man Frauen für einen Lohn, mit dem man sich ehrlich höchstens wie ein Vieh nähren kann, eine Beschäftigung zumuthet, der ihre Körperkräfle bei weitem nicht gewachsen find. Wir möchten wissen, ob auf den Rübenfeldern auch noch die Frucht liegen bleiben müßte, wenn man rüstigen Männern einen halbwegs auskömmlichen Lohn zahlte? Man biete einmal 4 oder 5 M. pro Tag und mit dem Mangel an Arbeitskrästen würde es, wenn auch aus Kosten der Rübenbarone, gar bald ein Ende haben. Zeugen gesucht. Bei der stattgehabten„Landwirthschaft- lichen Ausstellung" im Treptower Park wurde die polizeiliche AufsichtSthätigkeit durch Gendarmerie ausgeübt. An dem Haupt- eingange zur Ausstellung stand ein Gendarm, der sich insbeson- dere mit den Fuhrwerken, welche Personen brachten, beschäftigte. Derselbe ordnete— wie von belheiligter Seite versichert wird— an, daß, wenn mehrere Fuhrwerke hintereinander kamen und die Fahrgäste des vorderste» Wagens noch nicht ausgestiegen waren, das nachfolgende Fuhrwerk nicht hinter, sondern neben dem ersten, und zwar im tiefsten Schmutz, aufzu- fahren habe. Alle Vorstellungen, daß die Fahrgäste an dieser Stelle doch nicht aussteigen könnten, sollen nichts gefruchtet haben. Ein Droschkenkutscher, welcher den betr. Gendarm auf das fast Unmögliche hinwies und sein« Fahrgäste an einer trockenen Stelle absetzte, hat deswegen eine Anklage und zwar wegen Beleidigung des Gendarmen erhalten. Im gcricht- lichen Termine soll dieser unter seinem Eide bestritten haben, daß auch andere Kutscher ihn wegen der Unaussührbarleit seiner Anordnung zur Rede gestellt haben. Das Gegentheil soll aber durch viele andere 51utscher bewiesen werden können, weshalb alle diejenigen, welche aus eigener Wissenschaft und persönlich Kenntniß von obigen Vorgängen haben, gebeten werden, sich un- verzüglich im Bureau des Vereins Berliner Droschkenkutscher, Schlltzenstr. 53, zu melden. lieber den Selbstmordversuch eine» Rekruten vom 4. Garde-Regiment zu Fuß wird berichtet: Am Dienstag Morgen um 4>/« Uhr kurz vor dem Wecken, während in der Kaserne des 4. Garde-Regiments zu Fuß noch alles im Schlafe lag. fühlte ein Grenadier, dessen Bett neben demjenigen des Rekruten Fröbe steht, daß sich ein heißer Blutstrahl über ihn ergoß. Er wurde dadurch wach und gewahrte, daß Fröbe, der aus Langensalza stammt und erst in diesem Monate eingestellt worden ist, ein Rasirmeffer in der Hand hielt, mit dem er sich einen tiefen Schnitt in die linke Seite des Halses beigebracht hatte. Es wurde sofort Lärm geschlagen; ein Lazarethgehilfe legte einen Nothverband an. und der Verwundete wurde auf höhere Anordnung nach dem Garnisonlazareth I in der Scharnhorstslraße gebracht. Der ihn behandelnde Stabsarzt Dr. Brecht von demselben Regiment hat trotz des sehr bedenklichen Zustandes des Soldaten die Hoffnung, ihn am Leben zu er- halten. Ueber den Beweggrund zu der schaurigen Tbat ist noch nichts Bestimmtes bekannt. Fröbe ist noch nicht vernehmungs- fähig. Für den Fall der Wiederherstellung ist der Unglückliche bei einem solchen Vorfall schlimmer daran, als jede Zivilperson. Er wird sicherlich bestraft und wenn seine Dienstfähigkeit in Frage gezogen wird, wohl nicht besonders leicht. Ein Opfer der Kapitalistenhumanität. Pekuniäre Sorgen haben den in der Großen Franksurterstraße wohnhaften Verwalter Ehrlich in den Tod getrieben. E. war früher in der Fabrik einer hiesigen Elektrizilälsgesellschaft als Meister an- gestellt gewesen und aus seiner Stellung vor etwa einem Jahre — angeblich wegen zu hohen Alters— entlasse» worden. Da es ihm natürlich nicht gelang, sich eine lohnende neue Stellung zu schaffen, so traten pekuniäre Sorgen bei dem von seinem früheren Ausbeuter auf die Straße gestoßenen E. heran, die auch nicht gehoben wurden, als der 60jährige Mann einen kleinen Verdienst von dem Berliner Handwerkervcrein erhielt. Nachdem sich nun vor kurzem die einzige Tochter des E. ver- heirathet— seine Frau war bereits vor 2 Jahren gestorben— und E. sein Kind versorgt wußte, zog der einsame Mann es vor, seinem Leben ein Ende zu machen.-- Gestern wurde er erhängt in seiner Wohnung aufgefunden. ES giebt keinen Rothstand! Ein Bild großstädtischen Elends entrollte sich in der Nacht zum Mittwoch am Tempelhofer Ufer in der Nähe der Belle-Alliance-Bnicke. Als mehrere junge Leute aus einer fröhlichen Gesellschaft den Weg nach Hause antraten, hörten sie klägliche Laute und darauf die Worte:„Lieber Fritz, ick bin Dir ja so gut." Sie gewahrten dicht am Wasser in Begleitung einer Frau einen Mann, der sich seiner Kleider zum Theil entledigt hatte und augenscheinlich im Begriffe war, in die Fluthen zu springen. Daran suchte ihn die ängstliche Ehefrau durch herzzerreißende Bitten zurück- zuhalten. Es dauerte nicht lange, bis sich noch mehr Zuschauer gesammelt hatten, und auch ein Nachtwächter und ein Schutz- mann eintrafen. Der Mann schilderte nun, daß er seit mehreren Monaten vergebens nach Arbeit gesucht habe, und jetzt kürzlich mit Frau und Kindern aus der in der Kursürstenstraße belegenen Wohnung exmittirt worden sei. Der Wächter war der erste, der eine Sammlung für die nothleidende Familie in Vorschlag brachte, zu der er die eben erst vereinnahmten 20 Pf. beitrug. Dies Beispiel wirkte, auch alle übrigen Personen trugen ihr Scherflem bei, bis das Ehepaar etwa 10 M. vereinnahmt hatte. Dann nahmen die beiden Beamten den sich noch immer sträubenden Mann mit fort. Es soll sich um eine Familie Krüger Handel». Der brave Wächter ist noch nicht bekannt. Selbstmord verübt hat in seinem offenen Geschäft im Keller des Hauses Soldinerstr. 26 der 42 Jahre alte Barbier und Bürstenmacher Emil Kirchhoff. Als Kunden am Mittwoch Nach- mittag um 1 Uhr den Raum betraten, fanden sie den Geschäfts- inhaber an einer Latte hängend als Leiche auf. Auch hier sollen Nahrungssorgen die Ursache des Selbstmordes gewesen sein. Bon einem jähen Tode ereilt wurde vorgestern einAnstreicher der Artillerie- Werkstatt zu Spandau . Als derselbe soeben sein Vesperbrot aufgezehrt hatte und sich wieder zur Arbeit begeben wollte, brach der Unglückliche zusammen, indem ihm ein Blut- ström aus dem Munde hervorquoll. Zwei Kollegen suchten ihn aufzurichten, nahmen aber zu ihrem Schreck wahr, daß sie es mir einem Tobten zu thun hatten. Ein Lungenschlag hatte seinein Leben ein Ziel gesetzt. Brandverletzungen erlitten sieben Personen bei einem Feuer, welches in der vorgestrigen Nacht in der Lichten- bergerstraße in Weißensee stattfand. In der genannten Straße befindet sich die isolirt belegene Schweden 'sche Windmühle, in welcher bis am späten Abend des Dienstages flott gearbeitet wurde. Um 11 Uhr Nachts begab sich der Mühlknappe mit der brennenden Petroleumlampe in der Hand nach seiner in der Mühle belegenen Schlafkammer. Als der junge Mensch im Begriff stand, die Thür dazu zu öffnen, entfiel ihm die Lampe, deren sofort in Brand gesetzter Inhalt sich über den Fußboden ergoß. In wenigen Minuten stand die Windmühle in Flammen und der junge Mann erlitt, als er der feurigen Lohe. die ihn rings umgab, zu entrinnen suchte, erhebliche Brand- wunden. Ten Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehr Weißen» see's gelang es nicht, die brennende Mühle, deren Feuerschein im nordöstlichen Viertel Berlins weithin sichtbar war, zu retten. wohl aber erlitten bei den Ablöschungsversuchen sechs Mann der Feuerwehr durch brennende Trümmer Brandverletzungen. Die Windmühle brannte mit ihrem Inhalt total nieder, wodurch dem Besitzer, welcher nicht voll versichert ist, ein Schaden von ca. 20000 Mark entstanden ist. Todtgefahren wurde am Mittwoch Nachmittag um 4 Uhr in der Georgensirabe nahe am Bahnhof Friedrichstraße der Handelsmann Karl Pötsch aus der Tieckstr. 2. Eine noch nicht ermittelte Droschke 2. Klasse stieß ihn um und fuhr ihm über den Leib. Pötsch wurde noch lebend nach einem Krankenhause gebracht, ist dort aber am Donnerstag Morgen gestorben. Polizeibericht. Am 24. d.M. fiel der Bauwächter in dem Neubau Danzigerstraße 23 von der Treppe und erlitt eine Ver- letzung am Kopfe.— Mittags wurde ein Mann in seiner Wohnung, in der Soldinerstraße, erhängt vorgefunden.— Auf einem Neubau in der Scheringstraße wurde Nachmittags ein Steinträger durch einen aus dem ersten Stock herabfallenden Stein am Kopfe erheblich verletzt.— In der Georgenstraße wurde ein Mann durch eine Droschke überfahren und am Unter- leib erheblich verletzt.— Abends gericth auf der Kaiser- Wilhelmbrücke ein Arbeiter unter die Räder einer Droschke und erlitt eine bedeutende Quetschung der Unterschenkel.— Im Laufe des Tages fanden drei Brände statt. WitternngSlibersicht vom 25. Oktober 1894. Wetter-Prognose für Freitag, den 29. Oktober 1894. Ein wenig kühleres, zeitweise heiteres, vielfach wolkiges Wetter mit etwas Regen und frischen südwestlichen Winden. Berliner Wetterburean. Gerickts�Bettmtg. Zu den Leuten, welche, wie man sagt, unter gewissen Um- ständen empfindlich sein können, gehört anscheinend auch der Gast- wirth Krüger, Reichenbergerstr. 1I5a, auf dessen Veranlassung sich seit gestern sieben Arbeiter vor dem Schöffengericht am Land- gericht I zu verantworten halten. Am 30. Juli gerieth K. mit einigen Personen, welche ringfreies Bier verlangten, in Diffe- renzen und entfernte sie schließlich gewaltsam auS seinem Lokale. Einer dieser Arbeiter, der zuletzt und freiwillig ging, vergaß sich so weit, dem Wirth einen Schlag zu versetze». Daraufhin wurde der Tischler E. mit sechs Kollegen wegen Hausfriedensbruch angeklagt. Daß er dem unhöflichen Wirth einen Stoß gegeben, bestritt E. keineswegs, er wehrte sich aber ganz entschiede» gegen die Annahme, daß er Hausfriedensbruch begangen habe, da er abseits von den übrigen Gästen gestanden und deshalb keinesfalls die Aufforverung des K., das Lokal zu verlassen, auf sich beziehen konnte. Gegen sechs Angeklagte konnte absolut nichts Belastendes vorgeführt werden. Die fünf Zeugen des Krüger konnten ebensowenig wie er selber diese Leute rekognosziren. Einige der Angeschuldigten kannten den Ort, wo Herr Krüger die Herrschaft ausübt, überhaupt nicht. Der Amts- anmalt ersuchte aus den Alten fest stellen zu lassen, wie diese sechs zu der Anklage gekommen seien; diesem Gesuch konnte der Stichler jedoch nicht entsprechen.— Wegen„gemeinschaft- lichen" Hausfriedensbruches und wegen Mißhandlung wurde E. darauf zu z w e i W o ch e» Gefängniß verurtheilt; die übrigen wurden nach dem Antrage des ÄmtSanivalts freigesprochen. Recht bezeichnend für den Rechtsbegriff vom grünen Tische war die Aeußerung des Vorsitzenden, der einen der Freigesprochenen auf die etivas vorwitzige Frage nach einer Entschädigung der Versäumniß dahin beschied, daß er zufrieden sein könne, daß er freigesprochen sei.„Nur nicht so etwas, wie frech werden— da haben wir sonst noch Mittel.. war die viel- versprechende Antwort. Auch eine Verrnfserklärung.„Die Ameise", das Organ de? Porzellanarbeiter-Verbandes, enthielt in Nr. 4 dieseS Jahr- gangs tinler„Vermischtem" einen Artikel zum Streik in Anna- bürg, worin die Namen derjenigen Porzellan-Dreher,-Maler jc. aufgeführt waren, welche während des Streiks der Annaburger Genossen in diesem Orte Arbeit genommen und damit gegen die Interessen der Arbeiterschaft verstoßen hatten. In dem Artikel hieß es dann weiter:„Mit Rücksicht auf die ohnehin schon vorhandene Erbitterung auf Seiten der Streikenden, nehmen wir Abstand, einige uns mit- getheilte Einzelheiten über die Qualität der Arbeitskräfte, sowie die moralische Beschaffenheit einzelner Streikbrecher anzu- führen. Wir nehmen vielmehr Veranlassung, unsere Genossen in Annaburg eindringlichst zu warnen und zu ersuchen, sich zu Aus- schreitungen irgend welcher Art nicht hinreißen zu lassen, so berechtigt auch der Unwille über solche Kollegen sein mag, die sich aus die Seite des Unternehmers stellen und dadurch helfen, eine Lohnreduzirung durchzudrücken. Genossen in Annaburg ! Behaltet ruhig Blut! Alle Porpelliner aber werde» ersucht, soweit es in ihren Kräften steht, den Streikenden in ihrem Kampfe durch Fernhalten des Zuzugs, als auch durch pekuniäre Unterstützung helfend zur Seite zu stehen.
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten