21 38. Jahrgang Ausgabe A nr. 11
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Freitag, den 14. Januar 1921
Auflösung der C.6.T.
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Ein dunkles Kapitel.
Bon Ed. Bernstein.
Moskou triumphiert. Auch in Frankreich ist die SpalAuffassung über die internationale Lage die französischen Mehrheitssozialisten für den Anschluß an Moskau gestimmt haben, wird bligartig durch folgenden Satz aus der Jubelnotiz, mit der die" Humanité" vom 30. Dezember das Abstimmungsresultat begrüßt, beleuchtet:
Paris , 13. Januar. ( Havas.) Das Strafgericht lange papageiartig von der Diktatur des Proletariats ge- tmg der sozialistischen Partei vollzogene Tatsache. In welcher hat in dem gegen den C.G..( Allgemeiner Gewerkschafts- sprochen, bis man die volle Wucht der Diktatur der bund) eingeleiteten Prozeß das Urteil gefällt. Jou Bourgeoisie au fühlen bekommen hat. Hoffentlich trägt haur, Laurent, Lapierre, Dumoulin und Cal- aber dieses Gerichtsurteil dazu bei, den französischen Arbeitern bayrach wurden solidarisch zu 100 Franken Geld die Augen über die verhängnisvollen Folgen der Moskauer strafe und der Tragung der Kosten verurteilt. Das Weisungen und Methoden zu öffnen. Gericht hat die Auflösung der C.G.Z. ausgesprochen.
Die Vorgeschichte dieses Prozeffes führt in die Maitage des vorigen Jahres zurüd, als die Leitung der C.6.2. in den acgen ihren Willen von tommunistischen Wirrföpfen entfachten Eisenbahnerstreit eingriff und sich nach außer bin mit der von vornherein ausich sicien Bewegung Für solidarisch erklärte, in der Hoffnung, einen möglichst alimeflichen Rüdzug zu ermöglichen. Obwohl der Regie runa Millerand diese Sachlage wohl befa.int mor, ging fie in ibrem reaktionären Uebereifer so weit, die Näume des Gewerkschaftsbundes polizeilich zu schließen und feine Zeitung gerichtlich verfolgen zu lassen.
Die französische Kabinettskrise. Regierung Péret aussichtsreich.
In später Abendstunde wird über die Empfänge Milleranda durch WTB. folgendes Meldung aus Baris verbreitet:
Präsident Millerand hat im Laufe des heutigen Vormittags außer dem Präsidenten Raoul Béret, mit dem er sich über bie Ministertrife unterhielt( ist nicht möglich!), die Führer der verschie benen Gruppen des Senats empfangen. Er sprach mit Mé line, de Selbes, Touron und Doumergue , dem Vorfibenden der demokratischen Zinken, der dem Präsidenten, dem " Tempe" zufolge, erklärte, er halte Raoul Péret für die geeig nette Persönlichkeit, das neue Ministerium zu bilden. Im Laufe des Nachmittags hat Milferand Viviani und Arago ( einen Führer des nationalen Blocks) empfangen. Nach dem Temps" wird er fich ferner mit Serriot unb Briand über die Ministertrise unterhalten und am Abend noch den Senatspräst denten Léon Bourgeois empfangen. Das Blatt glaubt nicht, daß Präsident Millerand vor mor hormittag Péret zu sich berufen werde, bem er die Kabinettsbildung anzubertrauen gedente.
Die Zweite Internationale war schon lange tot, gestorben seit dem 4. August 1914 bier Tage nach Jaurès .. Aber sie ge hörte leider zu jenen Toben, die man totschlagen muß. Der Kon greß von Toure has sie sozusagen unheilbar totgea schlagen.
Dies im Angesicht der Tatsache, daß die Zweite Internationale mindestens viermal soviel organisierte Arbeiter umschließt als die Moskauer, fönnte erheitern, wenn die Verblendung, von der es Zeugnis ablegt, nicht ein so ernſtes Kapitel in der sozialistischen Bewegung unserer Tage wäre. Wir haben mit einer geistigen Erkrankung zu tun, die in allan Ländern ihre Opfer fordert.
Das nunmehr verfündete Urteil wird in ganz Frankstellungen von der Allmacht der Gewalt, das ist das eigentDiese Verstopfung der Gehirne mit übertriebenen Vorreich Seniation erregen und die franzöfifche Arbeiterklasse liche Wert der von Moskau ausgehenden Propaganda. Wie aufs tieffte verbittern, wenn es auch praktisch wenig zu viel Unheil sie schon angerichtet hat, wie viel zwecklos vergossebedeuten hat: die C.G.. wird sich eben jederzeit unter nes Arbeiterblut auf ihre Rechnung kommt, dafür haben uns irgendeinem anderen Namen von neuem bilden fönnen. Es die jüngsten Borgänge in der Tschechoslowakei wieder ein Beiist natürlich nur ein Zufall, daß dicier reaktionäre Gerichtsspiel geliefert. Es ist aber nicht dies das Kapitel, das uns beschluß zeitlich mit dem Ausbruch iener Kabinettstrise zu heute beschäftigen soll. Das unheilvolle Spiel, das Mostau fammenfällt, die eine womöglich noch stärfere reaftionäre in der sozialistischen Bewegung aller Länder treibt, nötigt Welle auslösen dürfte. In dieser Zeit aber, in der sich der uns, auf ein Kapitel zurückzukommen, das womöglich noch Arbeiterbewegung bessere Agitations und Aktionsmöglich Die liberale englische Bresse bebauert den Sturz von schwärzer ist als jenes. lichkeiten als je zuvor bieten, wird die franzöfifche Bour- Leiques. Westminster Gazette" befürchtet, daß die fran- Man weiß oder vielmehr, man hat erfahren, welche Rolle geoisie weiter mit dem Proletariat umspringen fönnen, wie zösische Ministerkrise: unvermeidlich zur Vertagung der Pain der internationalen Aftion Moskaus das Geld spielt. es ihr beliebt, denn die französische Arbeiterklasse ist ganz riser Konferenz führen werde, deren Verzögerung schon jetzt Denn das Wenigste davon dringt in die Oeffentlichkeit. Aber lich machtlo 3, dank der Charakterlosigkeit ihrer poli- eine der Hauptursachen der Wirtschaftskrise in Europa gewesen sei. die seinerzeit von der sozialistischen Regierung Desterreichs tischen Führer, die so lange den Bolichewiki und den deut- Die Veränderungen in der Zusammensetzung des obersten Rates darüber an das Licht gebrachten Tatsachen genügen, die fchen Unabhängigen nachgelaufen find, bis sie das Schicksal feien ebenfalls unborteilhaft. Daily News" schreibt, es Methode erkennen zu lassen, nach der Moskau arbeitet. Es ereilt hat: zerrissen und gespalten werden die französischen sei bedauerlich, daß die von Lehgues gegenüber dem Versailler war ein erschütternder Notichrei, den die Wiener Regierumg Arbeiter in dieser entscheidenden Beriode der politischen Entdamals ausstieß, als sie die Summen bekannt gab, die Moskau widlung ihres Bandes zähnefnirschend, aber ohnmächtig die an seine Agenten in Desterreich gesandt hatte, um eine soziaEreignisse über sich ergehen lassen müssen. Man hat eben so listische Regierung zu stürzen, die nicht nach seinem Geschmack war. Welche Beträge es Moskau sich nein, die Finanzen des Landes hat tosten lassen, um Deutschland mittels Anstiftung von Aufstand eine Regierungsform aufzuzivingen, von der es sicher war, daß die erdrückende Mehrheit des deut schen Volkes sie nicht wollte und daß der Versuch der gewaltfamen Durchführung das furchtbarste Elend über das Land bringen werde, ist vorläufig sein Geheimnis. Wenn man sich aber der Aufstände im Ruhrgebiet , in Mitteldeutschland , in Bayern usw. erinnert, bei deren Anstiftung Bolschewisten die Hand im Spiele. hatten, dann wird man die Abschäßung auf etliche Millionen nicht für übertrieben halten. Aehnlich im entsprechenden Verhältnis in anderen Ländern. els ple
Deutsche Note an die Entente..
Eine deutsche Note macht die Entente auf die polnischen Nüftungen an der preußischen und oberschlesischen Grenze auf merksam und enthält in 33 Anlagen und einer Anzahl Photographien überreiches Material über Wesen und Tätigkeit der geheimen polnischen Militärorganisation in Oberschlesien B.D.W., die immer weiter ausgebaut wird. Die Note sagt:
Die deutsche Regierung hält fich für verpflichtet, erneut auf bie Gefahren hinzuweisen, die dem Frieden in Oberschlesien von dieser Seite drohen. Sie tut dies im jezigen Augenblick, um mit Hilfe der alliierten Regierungen wenn möglich noch den Au 3- bruch eines ernenten Aufstandes, im Abstimmungsgebiet zu verhindern, der nach allen vorliegenden Nachrichten für Mitte des Monats Januar geplant au sein scheint. Sie hält es für ihre Pflicht, in letter Stunde vor Taten zu warnen, bie eine dem Friedensvertrage entsprechende Abstimmung ver hindern und erneutes namenloses Unglück über das bereits über alles Maß vom polnischen Terror gequälte Land bringen würden. Es ist an der Zeit, dem Terror zu steuern und unter allen Umständen zu verhindern, daß er durch noch Schlimmeres, den Bürgerkrieg, ersetzt werde.
Vertrag und feiner bernunftgemäßen Durchführung eingenommene Haltung einen der Hauptgründe seines Stutzes gebildet zu haben scheine.
Deutsche Kundgebung in Gleiwiß. Gleiwik, 13. Januar .( DA.) Die Abreise des ausge wiesenen Lehrers Hartmann, des Vorsitzenden des Bezirkslehrerrates und der Gleiwißer Beamtenschaft, gestaltete sich zu einer überwältigenden Kundgebung für das Deutschtum. An der Wohnung und am Bahnhof hatten sich viele hundert Gleiwißer Bürger aller Kreise eingefunden. Von der Freitreppe des Bahnhofs wurden Reden gehalten und Hartmann selbst sprach noch in längeren Ausführungen über die Zukunft Oberschlesiens.
Ein Schwindel.didas otsed] Königshütte, 13. Januar .( D) Die Bolen gehen feit langem mit der Behauptung benteren, daß im Falle eines für die Deut. ichen ungünstigen Ausfalls der Boltsabstimmung die oberschlesischen Gruben in bre Luft gefprengt werden würden. An scheinend hat man nun in Warschau neue Belege für diese Ungeheuerlichkeit verlangt, um damit in der Welt eine neue Auflage der fattfam bekannten Greuelpropaganda hervorzurufen. Nun hat das polnische Plebiszitkommissariat heute eine infame Zäuschung produziert und dem Präsidium des Ministerrats in Warschau einen gefälschten Brief des fommiffarischen Oberpräsidenten in Oberschlesien, Geh. Justizrat Bitta, an den deutschen Plebiszitkommissar Dr. Urbanet in Stattowiß unterbreitet. In diesem Brief erteilt Bitta seine 3 u- Endlich Grenzsperre? stimmung" au dem Plan" Dr. Urbanets, die oberschlesischen Gruben in genanntem Falle in die Luft zu sprengen. Der geRattowis, 13. Januar.( DA) Wie wir ans au verfälschte Brief aus einer gar nicht bestehenden Geheimkanzlei läffiger Quelle erfahren, beabsichtigt die interalliierte Bittas in Berlin schließt mit dem die Fälschung und die deutsche Kommission, in den nächsten Tagen bereits umfangreiche Sprachkenntnis des Fälschers beweisenden Gaz:„ Betreffend VerMaßnahmen zur Sperrung der polnischen Grenze zu nichtung der Kohlengruben verbunden mit Menschenopfern ist untreffen. Es werden nur noch einige besonders bezeichnete ueber- barn herzig, jedoch aber nicht zu vermeiden, denn in dem jebigen gänge, bie unter strenger Baskontrolle stehen, freigelassen werden. gesunden Zustande darf unser Oberschlesien niemals an Bolen An allen übrigen Stellen der polnischen Grenze wird bas neber- fallen." Der Schwarze Adler" ist in der Lage, die Faksimile des schreiten mit ben schärfften Mitteln bekämpft werden. Kei fanth- Schreibers an das Präsidium des Ministerrats wie des gefälschten Briefes zu veröffentlichen.
TO391
Abstimmung am 13. März?
Wie bie& rft. 8tg." aus Berlin hört, ist in Paris für die Abstimmung in Oberschlesien der 13. März in Aussicht ge
uommen.
Konzentrationslager?
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Die 5- M.- Goldprämie.
Das Pariser Journal" behauptet, die deutsche Regierung mache Schwierigkeiten in der Kohlenlieferungsfrage. Das Blatt fragt, ob Deutschland für seine Rohlenlieferungen den WeltmarktKattowitz, 18. Januar.( P.P.N.) Gelegentlich einer Be- preis und ob es insbesondere auch die 5- M.- Goldprämie sprechung zwischen oberschlesischen Gemeindeborstehern und Bürg r- wieder fordern werde. Was die zweite Frage betrifft, meistern und dem Kreistontrolleur in Stattowiß über die Beseiti ist zu sagen, daß die 5- M.- Goldprämie eingeführt worden ist im gung der Unsicherheit in Coerschlesien wurde der Vorschlag gemacht, eigenen Interesse derjenigen, die die Kohlenlieferungen erhalten, ausländische Elemente, die sich nicht durch vollgültige und aus der Erkenntnis heraus, daß fie notwendig fei, um die Ausweispapiere legitimieren tönnen, in ein Lager zu steden. Der Leistungsfähigkeit der deutschen Bergarbeiter durch NahrungsRontrolleur fagte eine wohlwollende Prüfung der Angelegenheit mittelzuschüsse aufrechtzuerhalten. Durch Berringerung der zu und gab bekannt, daß wahrscheinlich in Annaberg ein Non- Prämie würden die Alliierten einen Schritt zurüdnehmen, den gentrationslager errichtet werben wird. fie in Erkenntnis ihrer eigenen Interessen getan haben.
gch werde diefer Betrachting beraniant durch eine Schrift des ruischen Sozialisten Mar Sojchiller: Le Mirage du Soviétisme" die Luftspiegelung des Sovjetismus die soeben bei Bayot in Paris mit einem Vorwort von A. Merrheim erschienen ist. Und zwar ist es nicht so sehn die sehr lesenswerte Schrift selbst, als das Vorwort des Genossen Merrheim, das hier in Frage kommt. Merrheim, von Beruf Mechaniker, und vor dem Kriege einer derjenigen Sozialisten Frankreichs, die ihr Bestes taten, die französische Gewerkschaftsbewegung auf eine solide Grundlage zu stellen, gehörte im Striege zu jener Gruppe französischer Sozialisten, die schon frühzeitig fich mit dem Problem einer internatio nalen Aktion zur Beendigung des Krieges beschäftigten. Mit dem gleichgesinnten Bourderon war er Teilnehmer an der im September 1915 in Zimmerwald, Kanton Bern, zusammengetretenen Konferenz, an der auch Mitglieder der damaligen Opposition der deutschen Sozialdemokratie vertreten wären. Ebenso eine Anzahl missischer Sozialisten, darunter Ulianoff Lenin n.
Sowohl in einer Vorbesprechung in Bern, wie auf der Ronferenz selbst, forderte Lenin schon damals, daß die Konferenz erstens die Dritte Internationale konstituieren und giveitens einen Aufruf zum sofortigen Generalstreif ber Massen und der Soldaten gegen den Krieg erlassen solle. Vergebens fette ihm Merrheim schon bei der Vorbesprechung in der nahezit acht Shinden währenden Diskussion ausein ander, daß ein solcher Aufruf im damaligen Zeitpunkt mehr als zwecklos, direkt zweckwidrig sein würde , Lenin und seine Freunde ließen sich nicht überzeugen. Die Szene wiederholte fich auf der Konferenz in der Kommission, welche die zu beschließende Resolution ausarbeiten sollte, und führte da zu einem scharfen Zusammenstoß zwischen Georg edebour und Lenin. Wie Merrheim bekämpfte Ledebour die Forderung Lenins als ztvedwidrig und wies nach, daß sie denjenigen Teilnehmern an der Konferenz, die in ihr Land zurüdzufefyren hatten, nußlose Selbstaufopferung zumute . Lenin zeigte, während der ganzen Sigung, mit nachlässiger, geringschäßiger Miene auf einem
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