Nr. 33+ 38. Jahrgang Ausgabe A Nr. 17
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Freitag, den 21. Januar 1921
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Briands auswärtige Politik.
Paris , 20. Januar. ( WTB.) In der Regierungserfla-| intereffieren, in Rom dieselbe freundschaftliche Stimmung finden, bie f rung, die heute nachmittag vom Ministerpräsidenten Briand Italien für die Regelung der Adriafrage in Rom gefunden hat. in der Kammer und vom Minister des Innern Marraud Die Jahrhunderte alte Freundschaft zwischen im Senat verlesen wurde, heißt es Havas zufolge u. a.:
Die Regierung erfennt die Größe und die Schwierig. die undergänglichen Erinnerungen unserer gemeinsamen Geschichte, teiten ihrer Aufgabe und erflärt sich bereit, ihnen die bie bazu geführt haben, daß unsere Soldaten auf den Schlachtfeldern Stirn zu bieten. Aber sie weiß, daß diese Schwierigkeiten unüber der Freiheit gemeinsam ihr Blut vergoffen haben, und die dazu fühwindlich wären, wenn sie nicht das vollste Vertrauen und die engste ren werden, daß sie es auch in Zukunft tun werden, wenn es nötig Zusammenarbeit der beiden Kammern genießt. Wir haben einen werden sollte, sind eine Bürgschaft unserer Einigkeit im Frie. Friedensvertrag mit Deutschland , aber ben wie im Kriege. Wir sind dessen sicher, daß unfere ameri fanischen Freunde uns bei der Wiedergutmachung unserer Schäden diefelbe unschätzbare Unterstüßung werden angedeihen laffen wie in dem großen Kriege, in dem wir zusammen die Sache der Zivilisation verteidigt haben, und die den Sieg entschieden hat. Wir respektieren die Ansichten, welche
wir haben noch nicht den Frieden,
den wahren Frieden, den einzigen, der bauerhaft und von Bestand sein kann, den Frieden der Herzlichkeit und der Moral, der die wirtschaftlichen Rechte Frankreichs bestätigt und die Sicher heit Frankreichs befestigen wird. Wir werden diese Sicherheit nur erlangen, wenn Deutschland entwaffnet ist. Das ist für unser Land eine Lebensfrage, die der Regierung die erste und feierlichste ihrer Pflichten vorschreibt. Wir werden uns dieser Pflicht
nicht entziehen.
die Vereinigten Staaten zu Bedenken geführt haben gegenüber ber unsprünglichen Form, die bem Völkerbund gegeben werden sollte, deren ebelmütige und wohlwollende Grundsäge wir übrigens niemals in Zweifel gezogen haben.
Der Wiederaufbau unseres verwüsteten Bodens, Die unbestreitbaren Interessen, die uns dazu geführt haben, uns unferer zerstörten Industrien und das Gleichgewicht unserer Fi- mit ben e blen Belgiern zu einer gemeinsamen Berteidigung nanzen ist nur möglich, wenn Deutschland die Reparation durch ein Militärabkommen zu verbünden, haben trotz der leistet, die der Friedensvertrag ihm auferlegte. In dieser Hinsicht Berschiedenartigkeit der beiderseitigen Systeme den Abschluß einer werden die Allierten uns ihre Unterstützung gewähren. Wir verwirtschaftlichen Bereinbarung vorbereitet. Die Einig langen das im Namen des Rechts und der Gerechtigkeit, für die feit zwischen Franzosen und Belgiern, die durch ihre Opfer feft bewir gefämpft und für die wir gefiegt haben. Die Völker sehnen sich gründet ist, ist ebenso wünschenswert für die wirtschaftliche Notnach der Wiederaufnahme des Warenaustausches. Aber die Rück wendigkeit der beiden Länder wie für ihre gemeinsame Sicherheit. fehr zu normalen Beziehungen ist nur dann möglich, und das Unbehagen, das auf der Welt lastet, fann nur dann zerstreut werden, Mitteleuropa werden weiter beseelt sein von den Gefühlen wahren Unsere Beziehungen zu unseren Freunden und Verbündeten in wenn die fürchterliche ungerechtigteit von gestern Bertrauens, wie sie während des Krieges entstanden sind. Wir wer zwischen all den Staaten, die aus dem den auch nicht die ftrifte Durchführung der Friedensverträge
wieder gutgemacht wird.
Deutschland ist befiegt, teine seiner Fabrifen ist zer stört; seine produktiven Kräfte find ganz geblieben, und selbst die, Bewegung des Wechselturfes, wie sie ihm die Niederlage auferlegt hat, öffnet ihm im weitestens Maße die Hoffnung auf mirtschaftliche Ausdehnung.
Es ist nöfig, Deutschlands schnelle Wiedererhebung vorauszusehen. Fern liegt uns der Gedanke, ihm hindernisse zu bereiten,
aber der Widerspruch zwischen dem Bohlergehen des Bolles, das der Angreifer war, nach seiner Niederlage und dem Ruin des Boltes, das den Sieg davongetragen hat, das ist eine Her. ausforderung der elementarsten Gefühle, die Frankreich nicht an.
nehmen fann.
Wir haben die Gewalt Bir fönnten und wir würden es verstehen, uns ihrer zu bedienen, wenn es nötig märe, ihm den Refpeft vor allen unterschriebenen Berpflichtungen aufzuzwingen. Aber
das republikanische Frankreich ist feinem Wefen nach friedlich, und in Frieden wollen wir Deutschland zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen bringen.
Jerfall des öfferreichisch- ungarischen Relches entstanden sind, vernachläffigen und die Abmachungen durchführen, die es jedem diefer Länder ermöglichen, feinen wirtschaftlichen Wie deraufbau zu beleben. Die Cage im Orient
nimmt in immer steigendem Maße unfere Aufmerksamkeit in Anspruch, und es ist bringend nötig, daß der Friebe mit der Türkei verwirklicht werde. Die Opfer, die die große ruffifche Nation zu Beginn des Krieges für die Freiheit der Welt gebracht hat, haben wir nicht vergessen. Wir werden ihr dafür unmandelbare Dankbarkeit bewahren. Aber unter den gegenwärtigen Umständen merden wir
ebensowenig wie unsere Vorgänger die Sowjetregierung anerkennen,
so lange in Moskau tein Regime besteht, das in Wirklichkeit das rufftfche Bolt darstellt, und das bereit ist, die Berpflichtungen au halten, die die frühere Regierung dieses Landes übernommen hat. Der Bolfchewismus in Rußland muß auf seine Grenzen beschränkt bleiben.
Wir haben nicht das Recht, in Rußland zu intervenieren, aber es ist uns unmöglich, zuzulaffen, daß die Sowjetarmee unfere Berbündeten angreift. Schließlich liegt der Regierung der Republik die Berpflichtung ob überall ba, wo die großen internationalen Intereffen in Frage kom men, für die Interessen unseres Landes Vorsorge zu treffen. Das ist das Programm der auswärtigen Bolitit, das wir ihrer Billigung unterbreiten. Um auch gegenüber den Regierungen, mit denen der Friebe noch nicht wiederhergestellt ist, uns start zu halten, und um unsere Intereffen zu verteidigen, und fie zum Siege zu führen, ist es nötig, daß mir start sind und start bleiben.
Wir werden uns hüfen, unfere militärische Macht zu schwächen, aber das ist eine schmere Laft für das Land, und fie muß deshalb auf das ffreng notwendige Maß beschränkt werden. Wir werden barangehen, sobald als möglich die der Kammer vorliegenden Gefeß entwürfe zur Abstimmung zu bringen, durch die eine Herobsezung der Militärdienstbarkeit und eine Organisation unserer Urmee beabfichtigt ist, die dem modernen Gedanken des nationalen Lebens besser angepaßt ist. Um start zu sein, genügt für Frankreich nicht, Das erfordert von den Bürgern eine beträchtliche Anstrengung; aber eine starke Armee zu haben, es muß auch gesunde Finanzen haben. sie auf das notwendigste beschränkt bleiben. Es ist infolgedessen wenn sie nicht den Gang des Lebens beeinträchtigen follen, müssen dringend nötig, fie in Schranken zu halten. dringend nötig, fie in Schranken zu halten.
Die Erklärung der Regierung Briand läßt als Zufunftsideal den Frieden der Herzlichkeit und der
o r.a I" erscheinen, den auch nach unserer Ueberzeugung alle verständigen Deutschen und Franzosen mit aller Kraft erstreben müssen. Die Wärme des Wortes Herzlichkeit" flingt angenehm überraschend, wahrscheinlich handelt es sich um eine fchen allerdings einen etwas fühleren Klang hat. Berdeutschung des Ausdrud's cordialité", der im Französi
Wir wollen nichts lieber als einen Frieden der Herzlicha feit und der Moral", dazu ist aber notwendig, daß auf bei den Seiten auf jedes Pharisäertum verzichtet wird. Das deutsche Bolt hat seine mit schuld an dem allgemeinen Unglüd des Weltfriegs anerkannt und die Pflicht der Wiedergut machung auf sich genommen. Es wird aber nie aufhören,
Boeß zum Oberbürgermeister gewählt
In der gestrigen Berliner Stadtverordnetenversammlung Die unabhängige und fommunistische Bresse wird wieder Es ist vernünftig; es verlangt nichts, was unmöglich wurde der bisherige Stadtfämmerer Bo eß mit 109 gegen wote auf Kommando über den Berrat der Rechtssozialisten" ift, aber was jetzt geschehen muß, das ist, daß alle möglich. 95 Stimmen, die auf Dr. Weŋl entfielen, zum Oberbür- fchreien. Das fann uns nicht hindern, so zu entscheiden, wie feiten der Bezahlung seitens des Schuldners in Geld, in germeister Don Berlin gewählt. Ihrer bisherigen wir es nach Lage der Verhältnisse für erforderlich halten. Wie Natura und in Beteiligungen aller Art zum Borteile des Stellungnahme entsprechend haben unsere Genoffen für wenig namentlich die Kommunisten die schwere Stellung des Gläubigers durchgeführt werden. Das ist nur Gerechtigkeit. Es ist Boeß gestimmt. fozialistischen Magistrats in ihren Maßnahmen berückunsere Ansicht, daß dieses Ziel nur durch eine enge
Eintracht zwischen den Verbündeten
erreicht werden kann. Diese Eintracht ist die grundlegende Bebin. gung für die Regelung aller Fragen, die die tatsächliche Wieder herstellung des Friedens aufhalten. Wir werden alles tun, um diese Freundschaft aufrechtzuerhalten und weiter zu entwickeln, und haben die feste Zuversicht, daß
Die Unabhängigen hätten einen solchen Wahlausgang fichtigen, geht aus ihrer politischen Tätigkeit im Roten Hause verhindern fönnen, wenn sie unserer Frattion einen anzur Genüge hervor. Und die Unabhängigen find wahrlich deren Kandidaten präsentiert hätten. Anstatt jedoch nicht von dieser lächerlichen Politik abgerückt, fondern haben sich über die Person ihres Oberbürgermeisterkandidaten mit aus Angit, unpopulär zu werden, die Dummheiten ihrer Brü unseren Genossen zu verständigen, zwangen sie den legteren der von links mitgemacht. Durch eine solche Bolitik gerät der Dr. Beyl auf. Sie handelten damit gegen ein vor einigen Mo- Magiftrat in eine immer schwierigere Stellung. Man wird naten getroffenes Ülebereinkommen, wonach die Kandidaten daher das Gefchrei aus dem unabhängigen und kommunistibes ersten und zweiten Bürgermeisters nur im gegenseitigen fchen Lager über die Haltung unserer Genoffen bei der Obera Einverständnis nominiert werden fönnen. bürgermeisterwahl sehr fühl und nüchtern zu bewerten haben
unfer großer Freund und Verbündeter, England, Die Unabhängigen wurden auch bereits vor einigen uns darin mit allen Kräften unterfügen wird. In ber Eat tann Wochen nicht im unflaren gelaffen, daß die sozialdemokratische nichts mehr die Beziehungen der beiden großen Länder trüben, die Fraktion unter feinen Umständen für Dr. Went gelernt haben, sich besser zu verstehen und sich zu schäßen in den stimmen werde. Sie hält diesen Kandidaten schon wegen sei- Stadtfämmerer und Stadtrat Guftas Boes murde am schweren Kämpfen, wo sie gemeinsam ihr Blut vergoffen haben. ner mangeln ben fachlichen Qualitäten nicht für 11. April 1873 in Gießen geboren. Er ftudierte in Gießen Rechts Shre herzliche Verbindung ist es, die den Frieden der Welt sichert. geeignet, ein solches verantwortungsvolles Amt zu überneh- wiffenfchaft, Finanzwirtschaft und Boltswirtschaft, und bestand 1898 Mag es fich handeln um die Ausführung des Versailler Friedens men. Außerdem dürfte hinreichend befannt sein, daß Dr. fein Affefforeramen, trat ins heffische Finanzminifterium ein und vertrages, um die Regelung der Orientfrage, um die Aufrechterhal. Weŋl unsere Partei wiederholt in der gehässigsten Weise be- wurde später Verwalter eines Rentamtes in Gießen . Eine ähnliche tung des durch die Berträge mit Mitteleuropa geschlossenen Friedens tämpft hat. Tätigkeit übte er in Mainz aus und wurde mit 32 Jahren Regie oder um die Beziehungen, die mit den Bölkern im Dften Noch in Erinnerung ist sein in der Wahlagitation zum rungsrat. Boeß fam dann nach Berlin , war hier längere Zeit in Europas zu unterhalten sind. Reichstag gemachter Ausspruch, daß die Mehrheitsber Eisenbahnbirektion Berlin tätig, von wo aus man ihn einige Das enge Bündnis mit England ist die Grundlage unferer aus- fozialbemotraten ben ben Sozialismus ge Jahre darauf als Vorstand eines Eisenbahnverkehrsamtes nach Alwärtigen Polifit. schändet" hätten und baß man sich mit biefen tona und später nach Westfalen beorberte. 1905 tehrte er nach Was Jtallen betrifft, so werben unsere Interessen dahin gehen, Leuten nicht an einen Tisch sezen" dürfe. Berlin zurüd und wurde 1910 zum Stadtrat in Schöneberg gewählt, die Bande, die der Krieg zwischen ben beiben lateinischen Einen Mann, der sich in so gehäffiger Weise gegen unsere wo er sich in der Hauptfache mit Berkehrsangelegenheiten beschäf Böltern so glüdlich begründete, noch fefter zu gestalten. Bir Partei benommen hat, fonnten unsere Genossen unmöglich tigte. 1912 wurde Boeß zum Nachfolger des Kämmerers Dr. Stet haben das Bertrauen, daß wir für die Lösung der Fragen, die uns für ein so wichtiges Amt wählen, Iniger in Berlin gewählt.