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Person in Deutschland mit diesen Dingen etwas zu tun hat, aber es muß unbedingt gefordert werden, daß die Förderung solcher Bestrebungen im Reiche als V er b r e ch e n verfolgt wird. Dazu gehört allerdings auch die Zuwendung von Geldern für diese Zwecke, und darin ist der oberschlesische Großgrundbesitz nicht ganz unschuldig. Es ist bekannt, daß der Baron Rudolf o. Falkenhausen 8810 M. für denSelbstschutz" gespendet hat. Der Graf v. Franken-Sierstorpf auf Frenzdors stiftete 7350 M. für diesen edlen Zweck und der Freiherr v. Friedenthak-Falkenhausen 11 050 M. Jeder dieser Groß- grundbesitzer opferte für den Hektar 10 M. Die Großgrund- bcsitzer des besetzten Oberschlesiens haben, sich mit einer etwas geringeren Summe begnügt.. Abgesehen davon, daß die Gesetzmäßigkeit eines solchen Selbstschutzes doch höchst fragwürdiger Art ist, kann man ruhig annehmen, daß er sich im Ernstfalle besonders gegen die Ar- beiter richten wird. Dabei wird er keinen Unterschied machen zwischen polnischen und deutschen Proletariern. Ebensowenig wie der polnische Selbstschutz einen Unterschied zwischen deut- schen und polnischen Arbeitern macht. Wir haben also als Sozialisten berechtigte Gründe, die für die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit verantwortlichen Stellen zu war- nen, besonders die Reichsbehörden. Es wäre bedauerlich, wenn sie nur ständig wie hypnotisiert nach Kongreßpolen hinüber- starrten und dabei die Vorgänge an der eigenen oberschlesischen Grenze außer acht ließen. Gewiß hat die Interalliierte Kom- Mission die Verantwortung für Ruhe und Ordnung in Ober- schlesien , ober die Reichsbehörtien haben die Pflicht, ihr diese Aufgabe nicht unnötig zu erschweren. Soll die A b st i m- m u n g friedlich und gerecht verlaufen, dann darf man auch im Reiche nichts dulden, was sie gefährdet. Wir sind fest davon überzeugt, daß sie günstig für uns Deutsche aus- fallen wird. Aber die Abstimmung ist nicht die Abgrenzung, und es ist dringend notwendig, daß unser moralisches Recht in Paris so gewaltig ins Gewicht fällt, daß man es dort nicht wagt, auchnurelnenTeil Ooerschlefiens vom Reiche ab- zutrennen. O Deutsche Beschwerde. In einem Telegramm an Le Rond beschwert sich Dr. Urbanek darüber, daß die amtliche Auslegung der Abstimmungsvorschriften durch denKarrios du Plehiscite" von den polnischen Mitgliedern der Abstimmungsbehör- den nicht anerkannt wird, weil sie vom deutschen Ab- stimmungsbureau weitergeleitet werden. Beispiele dieser Sabotage werden angeführt. Urbanek fordert amtliche Bekanntgabe dieser Auslegungen an alle Behörden.

Die harmlosen und die Zürchterlichen. Ein Spiel mit vertauschte« Rolle«. DieRote Fahne " ist sehr ungehasten darüber, daß der Vorwärts" ihren Hereinfall mit dem angeblichen Rund- schreiben der Escherich, Ludendorff und Reventlow nicht mitgemacht hat. Wir können aber nur wiederholen, daß jeder, der Berhästnisse und Menschen einiger- maßen kennt, von vornherein davon überzeugt sein mußte, daß den Genannten die Dummheit, ein derartiges Schriftstück zu unterzeichnen, nicht zuzutrauen ist. Leider sind die Führer der deutschen Reaktion nicht so ungeschickt, sich auf solche Weise zu kompromittieren, derlei Kindereien überlassen sie den Kommunisten, die denn auch auf diesem Gebiet alles Erdenk- lichs leisten. Die Orgefchleute erklären jeden Tag, daß sie die friedlich- sten Leute von der Welt seien, daß sie gar nichts anderes wollten, als die Verfassung und die Ordnung schützen, sie bieten alle Schlauheit auf, um die Oeffentlichkeit für sich zu gewinnen und den Behörden das Zugreifen zu erschweren. Was hm in­zwischen die Kommunisten? Ein paar dumme Jungen mit einem Oberleutnant d. R. an der Spitze haben auf dem Papier eine großartigeRote Armee" fürWestdeutschland

/lrbeitsunterricht tmd Staatsbürgerkunde Von Dr. Erich Witt«. Nach Artikel 143 der Reichsverfassung sollen Staatsbürgerkunde und Arbeitsunterricht Lehrfächer der Schulen sein. Gemeint ist hier die körperliche Arbeit. Es soll eine Art Abc der Technik gelehrt und geübt werden, mit dem Gebrauch der notwendigsten Arbeitsgeräte, des Spatens, des 5)obels, des Hammers soll der Schüler vertraut werden. Aber der Arbeitsunterricht ist nicht nur ein Lehrfach, sondern er hat auch die Bedeutung einer Lehrmethode. Wenn zum Beispiel ein Strauck in der Botanik nicht nur den Schülern gezeigt und erklärt wird, sondern wenn sie ihn auch in einen Garten pflanzen, pflegen und begießen müssen, so zeigen sie ein lebhafteres Interesse für ihn und können daher in derselben Zeit weit mehr über ihn lernen. Denn sie gebrauchen nicht nur Auge und Ohr, sondern auch die Hände und die anderen Gliedmaßen. Aus dem- selben Grunde hat man in Physik und Chemie Schülerübungen ein- geführt. Wenn ich im stemdsprachlichen Unterricht die Zeitwörter gehen, laufen, aufstehen, sich setzen, öffnen, schließen, reiben, legen" durchnehme, so prägen sich die Schüler wegen des größeren Inter - «sses die französischen Vokabeln weit schneller ein, wenn ich sie die Tätigkeit gleichzeitig ausüben laste(Oeffnet die Bücher! Legt die Bücher auf den Tisch! Steht aus! Setzt euch! usw.). Ebenso kann man aus dieser Verbindung des Lernens mit gleichzeitiger Tätigkeit, also aus dem Arbeitsunterricht als Methode, in der Staatsbürger- künde Rügen ziehen. Menn eine Klasse diejenigen Schüler, welche ein Klassenomt erhalten sollen, selbst wählt, zum Bestpiel durch Ab- gäbe von Stimmzetteln, so wird sie ein weit größeres Intereste dem Unterricht entgegenbringen, wenn der Lehrer die verschiedenen Arten des Wahlrechts erklärt. Wenn die Schüler, die ein Klassen- amt bekleiden, gezwungen werden, dieses in dem Falle niederzulegen, wo sie nicht mehr das Vertrauen der Mitschüler haben, so werden sie weit leichter begreifen, was eine parlamentarische Regierungsform ist. Wenn zun, Beispiel in den oberen Klasten von den Schülern ein kleiner Schülergerichtshof gewählt ist, der in bestimmten Fällen über diejenigen, die sich etwas haben zuschulden kommen lassen, eine Strafe verhängt, so werden die Schüler dem Lehrer' ein weit größeres Interesse entgegenbringen, wenn er da» Gerichtswesen behandelt: ja, sie werden ihn vielleicht selbst darum bitten, die» durchzunehmen. Kerschensteiner berichtet in dem BucheStaats- bürgerliche Erziehung der deutschen Jugend"(S. 72 u. 73). daß in München in einer Fortbildungsschule ein« Klasse auf Gegenseitigkeit begründet worden ist, in die ied«r Schüler wöchentlich einen Pfennig zu zahlen hatte Das eingejammelte Geld diente zur Unterstützung von Mitschülern in Fällen unverschuldeter Not. Es ist wohl ganz klar, daß diese Schüler allmählich wißbegierig sein werden, etwas über das Versicherungswesen zu erfahren. In meiner SchriftEelbstregierung und Selbstver- woltung der Schüler(3 M., Verlag Julius Beltz-Langen- fayu) habe ich die verschiedenen Arte» derselben targelegt(Schul-

geschassen und geniale Pläne zur militärischen Eroberung Deutschlands ausgeheckt, find aber natürlich, noch ehe sie zur Ausführung kamen, der Polizei ins Garn gelaufen. DieRote Fahne , die nicht zugeben will, wie lächerlich solche Kinder- geschichten sind, schreibt nun dazu: Daß wir Kommunisten die Räterepublik erkämpfen wollen und daß wir nicht glauben, mit dem Stimmzettel die b e- wafsnete Bourgeoisie über den Haufen zu werfen, um das auszumitteln, braucht Herr von Seeckt keinen Finger zu krümmen. Das kann er jeden Tag in 30 kommunistischen Zeitungen lesen. Das kann er jeden Tag auf einem Dutzend Parlamentstribünen hören, wenn er es noch nicht weiß. Nachdem dann das Vorhandenseinkonkreter Vorberei- hingen" geleugnet worden, fährt dieNote Fahne" gleich wieder fort zu renommieren, die Regierung werdevon der Arbeiterschaft im offenen Kampfe" gestürzt werden. Natürlich ist die deutschnationaleDeutsche Zeitung" über diese Aufrichtigkeiten" sehr erfreut, das ist ja für sie wie auf Bestellung gearbeitet, und auch dieVolkszeitung" schreibt von denG e st ä n d n i s s e n" derRoten Fahne". Während also die einen wirklich rüsten und sich als die harmlosesten Leute von der Welt geben, versuchen die andern ihre wirkliche Harmlosigkeit zu verbergen, indem sie in die Welt hinaus- brüllen, sie rüstetenzum offenen Kampf". Die einen sind Wölfe im Schafpelz, die andern Schafe im Wolfspelz. Das Ganze aber ist nicht Klassenkampf, sondern höchstens eine Parodie auf ihn, bedauernswert die Proletarier, die das noch immer m-hi erkennen!_ Kommunistische Erstndung. Das Berliner Kommunistenorgan, dieRote Fahne", bemüht sich eifrig, durch Wiedergabe von verdrehten und entstellten Ver- sammlungsberichten aus dem Reich den indifferenten Anhang glauben zu machen, daß die übergroße Mehrheit der Arbeiter in der Tatfür die proletarische Einheitsfront" nach kommunistischem Muster im Sinne des offenen Briefes der V.K.P.D. zu haben sei. In welcher Weise diese Stimmungsmache betrieben wird, lehrt ein Bericht aus Jena . Dort soll ein offizieller Vertreter der©.P.S. die sozial­demokratische Partei bureaukratie stark angegriffen und aufgefordert haben, gegen die Stellung derzentralen Körperschaften Front zu machen". Unter anderem sagt der Bericht auch, daß sich die ganze Versammlung, die von 1800 S.P.D.-Leuten besucht gewesen sein soll, auf den Boden des Offenen Briefes der VK.P.D. stellte. Es entspricht bekanntlich der Taktik der B.K.P.D., auch durch Schwindel die Welt zu revolutionieren. Diese Methode ist all- bekannt. Auch in der Jenaer Meldung liegt blanke Erfindung vor. Tatsächlich haben sowohl die Vertreter unserer Partei als auch die der U.S.P., soweit sie überhaupt der gemeinschaftlichen Bersamm- lung beiwohnten, scharf gegen die Kampfesweise und die Taktik der V.K.P.D. Stellung genommen. Was dieAnnohme" der Resolution anbelangt, die von derRoten Fahne" freudestrahlend gemeldet wurde, so ist sie mit LeninscherList und Schlauheit" vor- getäuscht worden. Die Versammlung io Jena dauerte bis nachts 1 Uhr. Als sich bei der vorgeschrittenen Zeit die Versammlungsteil- nchmer anschickten, das Lokal zu verlosten und sich bereits von den Stühlen erhoben hatten, ersuchte der Versammlungsleiter, daß sich diejenigen, die sich für eine Resolution des Offenen Briefes der VK.P.D. erklären wollten,von den Plätzen erheben" möchten. Da der größte Teil der Versammelten schonstand", so konstatierte der Leiter der Versammlung dieAnnahme" der Resolution. Daß diese Art der Abstimmung eineAnnahme" ergeben mußte, leuchtet jedem ein. der nicht das erstemal eine Versammlung besucht hat. Aber trotz dieser vorgetäuschten Annahme denkt unsere Jenaer Parteigenvstenschast nicht daran, sich auch nur im geringsten vor den bankerotten Parteikarren der V.K.P.D. zu spannen. DieRote Fahne " spricht übrigen» von 3000 Teilnehmern jener Versammlung, wovon 1800 S.P.D. gewesen wären. Das Lokal faßt aber mir 1600 Personen!

gemeinde, Klassengemeinde, jklassenämter, Schülerausschüsse, Schüler- vereine usw.)) Auf breiter Grundlage aufgebaut sind diese Organisationen an manchen Schulen Nordamerikas , so daß man dort von einer S ch o o l City(Sckulstadt) spricht. Es bildet jede Klasse einen Bezirk(eine Provinz) des Staates. Sie wählt mehrere Vertreter, meist zwei, ins Schulparlament, die Verfassung- und. gesetzgebende Versammlung. Auch besteht an solchen Schulen ein oberster Ge- richtshof von Lehrern und Schülern, der Vergehen gegen die Ord- nung ahndet, und eine oberste Berwaltungsbehörde, die sich aus einem Schatzmeister, einem Gouverneur, einem Sekretär und mehreren anderen Beamten zusammensetzt.

Wilhelm Daldeyer f. Mit Wilhelm Waldeyer ist einer der größten Anatomen, einer der hervorragendsten Gelehrten und einer der anregendsten und geistvollsten Lehrer aus dem Leben geschieden. Am 6. Ottober 1836 in Hehken(Braunschweig ) geboren, studierte er 1856 1858 zuerst Mathematik und Naturwissenschaften und wandte sich dann der Medizin zu, bei deren Studium oer Einfluß des be- rühmten Göttinger Anatomen Henle maßgebend für feine weitere Entwicklung wurde. Bereits seine Promottonsschrift überdie Ge- lenke de» Schlüsselbeins" zeigte feine Art, Probleme In großen Worten zu behandeln. Er beschrankt« sich hier nicht nur auf die rein anatomische Frage, sondern ging auch auf die physiologische Seite des Problems ein. 1864 und 1865 setzte er seine physiologi- schen Studien fort und habilitierte sich in Breslau für Anatomie und Phnsiologie. Weiterhin beschäftigte er sich eingehend auch mit patho - logischen Fragen und erhielt als Einunddreißigjähriger den Lehr- stuhl für patliologifche Anatomie in Breslau . Seine bedeutsamen Forschungen über den Krebs und über das Zentralnervensystem bilden sein« Hauptarbeit auf dem Gebiets der Pathologie. Er hat in den Arbeiten über das Zentralnervensystem die Neuronen-Theorie aufgestellt, wonach dasNeuron ' die physiologische und histologische Nerveneinheit sei, eine Lehre, die wenn auch einseitig unser Wisten und Verstehen der Nervenfunktion beträchtlich gefördert hat. 1872 wurde Waldeyer als Direktor an das Straßburger Anatomische Institut berufen, von wo er noch elfjähriger Tätigkeit 1883 als Ordi- narius nach Berlin kam. Hier wirkte er bis 1916 unermüdlich als Forscher und Lehrer. Besonders hervorragend waren seine Bor- lesungen über topographische Anatomie, die er besonders durch sein großes zeichnerisches Talent noch zu beleben wußte. Die Kenntniste, die er hierdurch besonders den werdenden Chirurgen vermittelte, verstand er durch unvergleichliche Demonstrationen zu oertiefen, von denen hauptsächlich die über Einqeweidebrüche Berühmtkeit erlang- ten. Aus der Unzahl seiner wissenschaftlichen Arbeiten können hier nur hervorgehoben werden seine Untersuchungen über den Eierstock. die Zähne, die Laae der Beckenorgane. die Arbeiten über den Bau des Gehirns und Rückenmarkes. «1884 wurde Waldeyer in die Aka- demie der Wissenschaften aufgenommen und war bis zuletzt ihr stän- diqer Sekretär. Waldeyer, der Patriarch der deutschen medizini- schen Wissenschaft, wurde im Ausland wie bei uns geehrt als eine der markantesten Persönlichkeiten. Im Kreise der Gelehrten ver- dankt er seine überragend« Stellung nicht nur seinem ungewöhnlichen universellen Wissen, sondern auch feinem vornehmen Menschentum. H. H.

wirth auf dem Rückzug. Der Steuerausschuß des Reichstages oerhandelte am Montag zunächst über den Entwurf eines Rayon st euergesetzes, das den unverdienten Wertzuwachs von Festungsgelände erfassen will, brach aber die Beratung ab, um den Fraktionen Gelegenheit zu geben, sich mit den aufgeworfenen Fragen zu befassen. Bei der Weiterberatung des R e i ch s n o t o p f e r g e s e tz e s gab der Reichsfinanzmini st er hinsichtlich der Annahme von selbst- gezeichneten Kriegsanleihen eine entgegenkommende Erklärung ab. Danach sollen bis zu einem Monat nach Zustellung des vorläufigen Steuerbescheides die nachweislich selbstgezeichneten Stücke Kriegs- anleihe zum Nennwert in Zahlung genommen werden. Abg. fielt(Soz.): Die Erklärungen ves Ministers gehen viel zu weit. Sie bedeuten eine Einschränkung des Reichsnotopfers zuungunsten der anderen Steuerzahler. Wir machen einen Abbau der Besitz- steuern nicht mit. Der Minister verwies auf 8 49 des Reichs- notopfergesetzes, der ihm erlaube, Härten des Gesetzes zu beseitigen. Abg. Herold(Z.) bittet, daß auch diejenige Kriegsanleihe in Zah- lung gegeben werden kann, die als Schenkung an Familien- Mitglieder abgegeben worden ist. Abg. Dr. helffecich(Dnat. Vp.) begrüßt das Entgegenkommen des Ministers und erwartet, daß dieses Entgegenkommen auch noch in anderen Punkten betätigt werde.

Vogel nicht amnestiert! Gegen die Entscheidung der 3. Strafkammer des Landgerichts II , die die Amnestierung des Oberleutnants Bogel aussprach, hatte der Anklagevertreter Beschwerde beim Strafsenat des Kammergerichts, als der letzten Instanz, erhoben. Der Strafsenat des Kammergerichts hat sich nun am Freitag voriger Woche mit dieser Beschwerde beschäftigt und ihr nach eingehender Beratung Folge gegeben. Da die Entscheidung des Strafsenats des Kammergerichts eine endgültige ist, bleibt das gegen Ober- leutnant Bogel ausgesprochene Urteil des Feldkriegsgerichts der Gardekaoallerieichützendivision bestehen. Im Anschluß an die Amnestierunz Oberlt. Bogels wuroe von Rechtsanwalt Dr. Weinberg an das zuständige Landgericht eine Eingabe gerichtet, in der auf Grund einer inzwischen verösfcnt- lichten Aussage des Hauptangeklagten im Luxemburg -Lieb- knecht-Prozeß, des Husaren Otto Runge, um die Wieder. aufnähme des Strafverfahrens ersucht worden ist. Otto Runge schildert in dieser Aussage genau die Vorgänge, die der Er- Mordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts vorangingen und erhebt nicht nur schwere Beschuldigungen gegen die früheren An- geklagten im Liebknecht-Luxemburg-Prozeß, sondern auch gegen den damals die Untersuchung führenden Kriegsgerichtsrat Jörns. Runge ist inzwischen bereits wegen der in seinem Protokoll ent- haltenen Angaben vernommen worden und hielt bei seiner Bernehmung seine Beschuldigungen aufrecht. Die Ermitllungen, wie weit seine Angaben richtig sind, haben bereits begonnen. Ob sie zu einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens führen werden, läßt sich zurzeit noch nicht sagen.

Ein Nachspiel der Märzkämpfe. Das Schwurgericht des Landgerichts I verhandelte an zwei Sitzungstagen die AnNage gegen den Vizefeldwebel Mechaniker Max Markus, der des Totschlages in zwei Fällen, des Betruges und der Unterschlagung beschuldigt war. Die Strafsache hat schon mehrmals großes Aufsehen erregt durch die Tatsache, daß der Angeklagte als Militärgefangener seinerzeit in der Untersuchungshast vollständig vergessen worden war, sowie durch die Veröffentlichung der Borgänge, die der jetzigen An klag« zu Grunde liegen, in derFreiheit". Das Verfahren war Ursprung- lich wegen sechsfachen Mordes eröffnet worden, es wurde aber wegen nicht ausreichenden Berdachts eingestellt und der An­geklagte insoweit auker Verfolgung gesetzt. Dagegen wurde ihm die vorsätzliche, nicht mit Ueberlegung begangene Tötung zweier Personen zur Last gelegt. Es handelt sich um Opfer der Märzunruhen, die am 12. März 1919 von dem Angeklagten erschossen worden sind. Der Angeklagte trat im März 1919 beim Freikorps L ü tz o w ein. Unter seiner Führung wurden 25- Mann der Schwadron zur

Bussen-Malinee im Schauspielhaus. Die vierte Mittagsver- anstaltung im Rahmen derStimmen der Völker" führte nach Rußland . Leiter auf diesem Gang ins weite Land der slavischen Seele war Reinhold von Walter : eine seltsame Mischung von Schreibtischmenschen, Religiösem und Revolutionär. Seine Art. Aphoristisches, eng aneinander gereiht, aus dem Manuskript abzu- lesen, ist kaum der rechte Weg, in ein neues Gebiet einzuführen. Daß der Ablesende trotzdem geradezu Andacht bei den Zuhörern fand, ist der starken Ergriffenheit und Geistigkeit seiner Aussagen und Urteile zu danken. Die Hörer lernten am lebendigen Beispiel, daß man der slavischen Seele nur religiös nahen kann. Man hätte gern einen Sprecher nach ihm gesehen, der die grausame Dialektik desGroßinquisitors" von Dostojewski sicherer nachgestaltet hätte als Otto S o m m e r st o r f f, der in hohler Pathetik alten Hof- theaterstils versandete. Auch E r n st Legal, bei allem technischen Können, ist nicht der Mann, Kosakisches unsentimental zu sprechen, und die Blocksche BalladeDie Zwölf" hat man inSchall und Rauch" auch besser gehört. Bleibt Elsa Wagner , die Puschkin, Turgenjew , Gogol und Tolstoi las und mit ihrer frischen und zum. Teil recht humorigen Art die große Plastik dieser Geister eindrucks- voll erstehen ließ. Russische Bolkslieder, von Paula Mansfeldt' mit sehr schöner Stimme und einem Chor in der Ursprache ge- sungen, schlössen mit der ganzen Schwermut des Slaven den inter - essanten Aormtttag. O..E. H. Technischer Humbug. Die geheimnisvolle Erfindung eines In- oenieurs v. Unruh, die ungeheure Kräfte durch Atomspaltung frei gemacht haben sollte, kpukt seit einiger Zeit durch einen Teil der Presse, der inehr auf sensalionelle Unterhaltung der Leser durch Wundcrgesckichten denn auf Gewissenhaftigkeit aus ist. J®ir haben kürzlich bereits Stellung dazu genommen und vor dieser Spekulation gewarnt. Wie das Reichsministerium des Innern mitteilt, ist der Kraftsrzeuzer in der Physikalisch-Technischen Reichsonstalt untersucht und Herrn v. Unruh mehrmals Gelegenheit gegeben worden, den Apparat vorzuführen. Es ist ihm oder dabei niemals gelungen, auch nur eine Andeutung der behaupteten Elektrizitätserzeugung nochzu- weisen. Da Unruh die Angelegenheit bereits durch Monate h'n- geschleppt hatte, ehe er sich zur Vorführung des Apparates einstellte, lehnte die Reichsanstalt es ab, sich auf weitere Vorführungen«in- zulassen. In der Anordnung des Apparates ist nicht das geringste zu erkennen, was auf eine Atomspaltung hindeutet. Es ist von dem Erfinder auch gar nicht versucht worden, der Physikalisch-Techn. schen Reichsanstalt eine solche Erklärung zu geben. Es kann nur dringend davor gewarnt werden, irgendwelche Hoffnungen an den Krafterzeuger des Ingenieurs o. Unruh zu knüpfen._ Musik. Am Mittwoch gibt die kiammermnsil-Dercmigmig der Staat»- oder in der Singat.'dcmie ibr letzles Wintertonzert.(Weber» Trio, Schubert» Ollelt und Gülzow » tzeidetdyll) Prof. Heinrich Morf. ein bervovragender Trfoo-cher der romanischen Sprachen und Literaturen, der auch längere Zeit in Berlin lehrte, ist in der Schwei » im Alter von 66 Iahren geitorben. Verleumdung sran»öfiicher Kollegen verdrängte ihn au» leiner internationalen w�sseiischaitlichen Tätigkeit Gedenkfeier für Wilhelm Förster . Die Ortsgruppe Berlin der Deutschen Fricdensgeiellschait veranstaltet am Mittwoch, den SS. Januar, 7'/, Uhr, im Festlaaie der Geiellichajt der Freunde, Potsdamer Itr. 9, eine. Erdentjeter jür ihre» verdorbenen Ehrenoorptzevte» Geheim rat Wilhelm Für jler.