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Lenins Seutsthe Millionen. Von Eduard Bernstein  . Die Anfrage des Kommunisten Dürvell an die Reichs» regierung über die von mir behauptete Zuwendung von über 50 Millionen Mark an Lenin   und Genossen ist vom Auswar- tigen Amt so beantwortet worden, wie es im Angesicht ihrer verschwommenen Formulierung zu gewärtigen war. Das Amt erklärt, daß sich in seinen Akten nichts hierüber finde. und daß auch kein Anhaltspunkt dafür vorhanden fei» daß das Auswärtige Amt einer Unterstützung Lenins   und Genossen durch die deutschen Militärbehörden zugestimmt habe. Käme es derRoten Fahne" nicht mehr darauf an. mich mit beschimpfenden Redensarten zu überschütten, als die Wahrheit an den Tag zu bringen, so würde sie dem Amt erwidert haben, seine Antwort umgehe den Kernpunkt meiner Behauptung, in der das Auswärtige Amt mit keinem Wort erwähnt war, und würde sie versucht haben, durch eine ge- nauere Formulierung der Frage das Amt zu einer ganz be» stimmten Erklärung zu nötigen. Statt dessen redet sie Ihren Lesern ein, trotz ersichtlichen Bemühens, mir zu Hilfe zu kommen, habe das Auswärtige Amt gestehen müssen, daß an meiner Behauptungni ch t s Wahres" sei, und nun helfe mirkein Kneifen mehr". Wer einigermaßen lesen kann, dem brauche ich nicht erst nachzuweisen, daß die Antworr des Amts das Gegenteil erkennen läßt. Sie bestreitet, was ich gar nicht behauptet habe, umgeht aber sorgfältig eine Aussage dar- über, ob das, was ich wirklich behauptet habe, mst den Tat- fachen übereinstimme oder nicht. Das Amt bzw. der Minister will es vermeiden, meine Behauptung als richtig anzuerkennen, hütet sich aber zugleich sehr, ihr die tatsächliche Grundlage zu bestreiten. Die Antwort sagt nicht einmal, daß dem Amt nichts von dem Borgang bekannt fei, den ich behaupte. Sie sagt nur. daß sich nichts darüber in seinen Akten finde. Es ist aber im Kriege sehr vieles geschehen, wovon die Akten der Re- gierungsämter nichts verraten. Ebensowenig wie die Frage Düwells ift die wundervolle Zumutung derRoten Fahne", ich solle f l e ob ihrer g- gen mich gerichteten Schimpfereien auf Verleumdung ver- klagen, dazu geeignet, die Wahrheit unzweideutig an den Tag zu bringen. Ihre juristischen Freunde wissen sehr gut, daß ich auf Beschimpfungen nur mit einer Beleidigungsklage ont- worten könnte, bei der es ganz in der Hand des Gerichtshofes läge, mir die Beweisführung einzuschränken. Mit einem Beleidigungsprozeß vor bürgerlichen Gerich- ten ist bei deren Praxis in solchen Dingen das nicht zu»r- reichen, worauf die Oeffentlichkeit im allgemeinen und die so- zialistische Welt im besonderen Anspruch haben: die unzwei­deutige Feststellung des Sa ch Verhalts in dieser Frage. Mir, der ich die Schwärmerei derRoten Fahne" für diese Gerichte nicht teile, würde es am meisten zusagen, den Fall vor einen lediglich aus Sozialisten zusammengesetzten internationalen Untersuchungsausschuß zu bringen. Indes ist das Zustandekommen eines solchen mit soviel Weitläufigkeiten verbunden, daß darüber noch viele Mo- nate vergehen würden, und so habe ich, da auch der Borschlag Kerenskis untunlich erscheint, mich denn denn zu einem anderen Weg entschlosien. Gleich nach Wiederzusammentritt des Reichstages tz. werde ich bei diesem beantragen, den Fall dem zweiten U n- terausschuß des von der Nationalversammlung   eingesetz- ten Ausschusses zur Untersuchung der Tnt- stehung des Krieges usw. behufs beschleunigter Er- ledigung zu überweisen und den Ausschuß für diese Angelegen- heit um ein Mitglied der kommunistischen   Fraktion zu erwei- tern. Der Ausschuß hat alle für die Feststellung des Tatbestan- des erforderlichen, im Artikel 34 der Reichsoerfassung nieder- gelegten Rechte, und es ist, wie ein Interesse der Sozialdemo- kratie, so auch ein solches der großen deutschen   Oeffenllichkeit, daß die Wahrheit über diese Geschichte ans Licht kommt.
Der tanzenöe Strauß. Die Iosephs-Legende in der Staatsoper. Ein Ballet der Symbole, eine ungespielte Handlung und eine Illustrationsmusik, mehr ein Nebeneinander der drei Künste als eine Verschmelzung zur Einheit. Dennoch viel mehr als«in Ballett. Dem Grafen Keßler schwebte wohl eine Vertiefung choreographi- scher Inhalte vor, das Einfangen wirklicher Erlebnisse und Gegen- sätze in die Gebärde und Schwungkraft des Tanzes. Daß Potiphars Weib den Joseph begehrt und dieser sich ihrer Umarmung erwehrt, ist kaum der dichterischen, sicher nicht der musikalischen Formung zugänglich. Eine Idee mußte geboren werden, die in sich gleich. zeitig die notwendige Rhythmik des Tanzschritt», vom Kniefall der Demut bis zur Extal« der Gottanbetung hatte, und der die Wurzel, die tönende» Erlebnisse vom unschuldigen bis zum dramatisch aus­gelassenen Pathos und zum Dithyrambus der Moste in sich verschloß. Wenn von Joseph» nacktem Körper die Kundry dieser Legende schuldbeladen zusammenkauert, wenn vor der Schön- heit dieses Lebenswertes der Flitter unterhöhlter, schwüler Leidenschast absällt, so Ist im Gegensatz dieser Impulse und Strömungen in der Tat eine Welt der Bewegung, äußerer wie innerer, aufgetan, die nach Melodien und Rhythmus und Tanz verlangl. Diese Idee schwingt in der Ioseph-Legende stark durch, aber ste versteckt sich auch ost wieder hinter dem, was auch früher Ballett war, so daß ost von dem Zentrum des Werts und von der Idee des dichterisch Wertvollen da» Intereste abgezogen scheint. Die Tanze der Lust und der Wehklag« treten dem Schritt der Handlung gegenüber zu selbstsicher auf, und der Entschleierung»- tanz, der da vor dem königlichen Auge in gar nicht versteckter Sym- bolit ausgeführt wird, verletzt durch den beängstigenden Mangel an Zucht und durch seinen Sinnenkitzel. Wenn die Theorie des Dichters auch nicht ganz zur praktischen Tot geworden ist, so sind hier doch Ansätze zu einer neuen choreographischen Fortentwicklung in Menge vorhanden. Strauß hall in der Iosevh-Legende mst seiner Lust an selbst- sprechenden Melodien auffallend zurück. Gerade dem göttlichen Ausblick und der knabenhaften Kraft de» Joseph scheint der mnsi. kalische Vollgehall in gar zu großer Belanglosigkeit des Klanges verloren zu gehen. Unnütz zu sagen, daß viele charakteristische Me- lodik vorhanden ist und daß die Orchesterarbell glänzt: aber nur die Linke schrieb, die der Meistertechnit der Rechten noch nicht gewachsen war. So ist die gewollte Synthese auch zwischen Dichtung und Musik nur glückhast Inspiriert, nicht voll gelungen. Kein Niedergang gerade des Komponisten Strauß, aber ein zielloser Abweg. Die Gesamthaltung der Aufführung war hervorragend. Kr oll er ist zu dem Knaben Joseph ein zu altes Gesicht. Seine Sprünge und Drehungen scheinen auch mehr weiblich als männlich, der Ekstase und der Lust des Gottanoeter» sowie der Reinhell des abweisend Unschuldigen wurde er mst ebenso großer Gebärde ge- recht. Meisterhast auch Frau D u r i e u x in ihrer kalten, inneren Starrheit wie in der glühenden Begehrnis iher katzenhoften Weib- heit. Ste fing Musik und Takt in die Windungen ihre» Körper», die schmale Gelenkigkeit ihrer Hände und das Heben ihrer Fußspitzen aus, ste war rosfig durchglüht und berauscht von Laune, Lieb«. Toll-
Um aber den sich so ungeduldig gebärdenden Spezial- interessenten eine kleine Entschädigung dafür zu bieten, daß sie noch etliche Wochen zu warten haben werden, will.ch heute wenigstens ein Zipfelchen des Schleiers lüften, den ganz weg- zuziehen Sache des Untersuchungsausschusses sein wird. So sei denn kundgetan, daß der Erste, der mir von dem merkwür- digen Handel Mitteilung machte, ein preußischer Offizier aus einem mit Mitgliedern der Diplomatie gesegneten Adelsze- schlecht war. Er wußte nicht und weiß bis jetzt noch nicht, mit wem er zu tun hatte, als er a m 3 0. D e z e m b e r 1 9 1 7 ge- sprächsweise zu mir bemerkte:Uta, es wird ja nun wohl bald mit dem Krieg zu Ende sein, eswardochgut, daßwir Lenin   viel Geld gegeben haben." Nachforschun- gen, die ich damals über die Quelle seines Wisiens anstellen ließ, ergaben, daß sie von unzweifelhafter Güte war und seine Bemerkung wohlfundiert sein mußte. Trotzdem beschränkte ich mich darauf, vorerst nur meine nahe- ren politischen Freunde von ihr zu unterrichten. Es mußten noch ganz ander Gewährsleute sich finden und mir Genaueres über den Betrag desvielen Geldes" bekannt wer- den, bis ich mich dazu entschloß, die Oeffentlichkeit von der Tatsache dieses Handels zu unterrichten. Aus dem Gefchimpf derRoten Fahne" aber entnehme ich das einigermaßen versöhnende Geständnis, daß sie diese Geldgeschichte für arg kompromittierl'.ch hält. Denn wie könnte sie sonst überBerleumdung" zetern!
�evi wirü weiter perüffelt. Ist derRoten Fahne" veröffentlicht F r i e s l a n d einen Artikel über allerhand, was ihm nicht gefällt. Darin kommt er auch auf den Brief Dr. L e v i s an den großen Unbekannten zu sprechen, er sagt: Noch deprimierender aber muß es auf die Mitglieder der Partei wirken, wenn der Bor sitzend« der Partei einen s o l ch en Brief schreiben kann, wie ihn dieFrei- heit" letzthin veröffentlichte. Die Entrüstung über den Dieb- st a h l, die viele als etwas überflüssig' empfunden haben, kann darüber nicht Hinweghelsen, daß in diesem Schreiben nicht ein klarer politischer Wille, sondern Empfindlichkeit zum Ausdruck kommt. und die Genossen wünschen nicht von Empfindlichkeit in ihrer politi- schen Arbest geleitet zu werden, sondern sie wollen offene und ein- deutige Fragestellungen und Anteilnahme der Partei an diesen Fragen. Man bemprkt mit Vergnügen, daß�auch unter Kommu- nisten der Ton diplomatischer wird. Sonst hieß es gleich Judas!" undArbeiterverräter!" Aus diesem Grunde ist die Eleganz zu bemerken, mit der hier dem Führer der V.K.P.D. die seidene Schnur überreicht wird'.
Die Einheitsfront. Aus den Nebeln des Geredes über die Verbreiterung der Regierungsbasis entwirrt sich endlich ein etwas klareres Bild. Die konservative.Deutsche   Tageszeitung" schreibt: Die Frage einer Erweiterung der Grundlagen zu gemciusamer Arbeit der Rechtsparteien ist immer noch in der Schwebe. Die Legendenbtldung, als habe die deutschnationale Fraktton sich dem Gedanken einer engeren Zusammenarbell entzogen, kann wohl als erledigt gellen, DieDeutsche Tageszeitung" spricht dann über die Hinder- niste, die dem Konzentrationsgedanken im Wege stehen, und schließt: Von deutschnationaler Seit« werden gleichwohl, namentlich auch im Hinblick auf die möglichen sehr ernsten außen- politischen Entwicklungen, praktische Vorschläge und An- regungen'erfolgen. Der Zweck des Ganzen ist danach, dieDeutschnatio- n a l e n mit in die Regierung zu bringen. Außenpolitisch kann das nur schaden, denn die Rückentwicklung Deutschlands   von der Republik   zur Junkerherrschaft wird uns nirgends Freunde
est. Sie wäre das große musttalische Wunder des Abends geblie- e», wenn nicht Strauß, der reich gefeiert wurde, zu Beginn mit dem Geniestreich seines Till Eulenspiegel   alle Musik aus zweiter Hand tot gemacht hätte._ P Kurt Singer  . Die Zunft gegen die Hamburger   lluloerfität. Alle die Korpora- tionen, die den zünftigen Charakter der deutschen   Universitäten aufrechterhalten wollen, sind ausgeboten, die Hamburger   Universität zu boykottieren Die Mehrheit der Homburger Bürgerschaft hat die Sünde wider denheiligen Geist der Hochschulsteiheit" begangen, ein Hochschulgesetz anzunehmen, in dem ein in Hamburg   bewährtes Snstem der llniversitätsbehörde gewisse Rechte der Berufung von Pro- festoren usw. verleiht. Die medizinische Fakultät in Freiburg   i. Br. erläßt eine Bannbulle, in der es heißt:Angesichts der ungeheuer- lichen Art und Weise, in der in Hamburg   die akademische Freiheit und das Recht der Selbstoerwattung der Universitäten geknebelt werden soll, sind wir der Meinung, daß, solange diese Beschlüste nicht aufgehoben werden, sogar dt, Frage zu erwägen sein wird, ob die Hamburger Universität   überhaupt al» gleichberechtigt mit den anderen Universitäten anerkannt werden darf. Und weiter:Das unverkennbare Ziel dieser Unioersttätsbehörde, auch bei der Be» setzung der Professuren pobttsche Gesichtspunkte in den Vorder» grund zu rücken, statt lediglich nach Leistung und Bedeutung In dem betreffenden Fach des Lehrer» Berufungen zu erlassen, muß das Grab jeder echten wissenschaftlichen Forschung und de» Ansehens der Universitäten werden, die fast das einzige wertvoll« Gut sind, das uns nach dem Zusammenbruch von 1S18 noch übriggeblieben ist." Man weiß, was man von diesen Freiheitsbrteuerungen zu hallen hat. Wo waren die Fakultäten, al» auch nach dem Fall des Sozialistengesetzes kein Sozialist Unioerfiiätedozent werden konnte. Wie haben sie das Recht auf freie Forschung verteidigt, als D ü b- ring Leo Aron», etn Lehrer der Physik gemaßregelt wurde nur weil er Sozialdemokrat war? Geschwiegen haben sie, wie sie auch jahrzehntelang die Nichtberufung von Juden gebilligt haben. Freiheit wollen ste, jawohl, die Freiheit der Zunft, der Klique, der Inzucht. Sie fühlen ihre Privilegien bedroht, weil jetzt auch einmal ein Sozialdemokrat und Jude Professor wird. Wenn nach der Meinung der hochgelehrten Herren einer zu Unrecht berufen wird, warum erhebe» sie ihre Stimm» denn nicht und protestieren dagegen? Nicht nur in geheimen Eingaben, sondern ganz Sttentlich. In Schweden   wird jede Besetzung einer Professur in der Presse öflent- lich debattiert, die Kandidaten passieren da» Fegefeuer der össent- lichen Kritik Machen wir es ebenso und geben allen Beteiligten da» Recht, dabei mll offenem Visier zu kämpfen auch den Fakul- lSOmal.Wenn Orte erwacht.. Vom Aussterben der Ope- rette, vom Versagen der neuen Operetten war hier kürzlich die Rede. In der Tat gibt es täglich neue Beispiele dafür. Aber es gibt auch Ausnahmen. Das Theater am Nollendorfplatz hat zwar mtt seinem Zugstück keineswegs die hohen Nummern von ehemals erreicht. Aber eine Serie von 150 Aufführungen ist schon etwas. Und was mehr ist: dies« Operette überragt das übliche Niveau durchaus. Der Text ist frei von den allzu banalen Albernbeiten, die Musik von Eduard Könnicke hat Melodie und Fr schch« und Eigen- ort auch in der Orchesterwirkung. Dl« Aufführung hat Klang und Schmiß bis ins kleinst«,«ch all« haben ihren Anteil daran.
werben und allen Feinden ausgezeichnete Waffen fin: ihre Propaganda liefern. Aber das: n n e r politische Ziel der Deutschnationalen würde damit erreicht, dienationale Em- heitssront" wäre hergestellt gegendieSoztaldemo- Die Katze fällt immer auf die Füße, für die äußerste Reaktion bleibt die bürgerliche Sammlung gegen die Sozial- demokratie in jeder Situation der Weisheit letzter Schluß.
Deutfcbnationales Iuüenstelö. Auf dem Deutschnationalen Partellag in Hannover   hat der Porteioörsitzende H e r g t leidenschafllich bestritten, jemalsJuden- gelb" für die Deutschnativnalen angenommen oder erbeten zu haben. Zur Jllustrierung dieser Behauptung ist ein Brief von Interesse, den der ehemalige demokrattsche Parte Vorsitzende Dr. Friedberg am 18. November 1919 in der Preußischen Landesversammlung vor- las und der von Herrn Hergt an einen jüdischen Herrn ge- schrieben worden war. Der Brief lautet: Sie haben den bisherigen Verhandlungen de» Hauptvorstandes über die antisemitische Frage regelmäßig beigewohitt und wissen über die Gründe, wegen deren das Programm sich auf die bezüglich der Konfession darin enthaltenen Punkte be- schränken mußte, und über die Schwierigkeiten, zu einer präzisierten Fassung zu kommen, genau Bescheid. Ich kann daher meine Verwunderung nicht unterdrücken, daß Sie gleichwoyl auf eine gegenwärtig unmögl che Lösung der Frage etwa in Ihrem Sinne, drängen. Diel wichtiger würde es mir erscheinen, wenn die Herren jüdischer Abstammung, die auf unserem Boden stehen und sich der Partei auch nach außen zurechnen, durch ihr Verhalten, durch ihre Propaganda und durch Opfer, die sie der Partei bringen, die von ihnen erstrebte Stellung in der Partei und die Sicherung ihrer Interessen bei derselben er- kämpfen. Es wäre mir erwünscht gewesen, wenn ich auch von Ihnen statt der beiden Schreiben Beweise dafür erhallen hotte, daß Sie gleichfalls von der Wichtigkeit dieser Aus- f a s s u n g durchdrungen sind und sich entsprechend betätigen. Inzwischen hat die Deutschnationale Bolkspartei wohl Ersah- rungen darüber gesammelt, daß man mit dem Antisemitismus noch bessere Geschäft« macht, und infolgedessen leugnet Herr Hergt mit erhobenem Schwurfinger ab, daß er ein Jahr zuvor bei Juden um Geld geschnorrt hat. » Der K.A.P.D.-H o ch, Arbeitslosenkrakeeler erster Güte und Veranstalter des opferschweren Durchbruchs durch die Bannmeile am 15. Januar, ist jetzt der Held des Tages bei Knüppelkuntzes Pogromhelden. Dort empsiehll dieser Kommun'st als einzig echte deutsche   Arbeiterpolitik das Hinaushauen der Inden  . So wird er feierlich wieder eingedeusscht. Hoch klingt das Lied vom schlichten Mann, sängt es auch nur mit Groschen an. Das Neichsmietenge�etz. Die Reichsregierung hat dem vorläufigen Reichswirtschaftsrat und dem Reichsrat den Entwurf eines Reichsmieten- ge setz es zugehen lassen. Der Entwurf gibt unter grundsätzlicher Aufrechterhaltunq der Zwangswirtschaft auf dem Gebiete des Woh- nungswelens feste Regeln für die Berechnung einer gesetz- lichen Miete. Für die Berechnung der gesetzlichen Miete wird von der im Juli 1914 vereinbarten Miete(Friedensmiete) ausgegangen. Eine Steiaerung dieser Miete darf nur insofern er- folgen, al, sie durch erhöhte Betriebs- oder Instandsetzungskosten notwendig geworden ist. Um die Ausführung notwendiger I n st a n d f e tz u n g s a r- betten zu sichern, wird dem Mieter da» Recht eingeräumt, die Entscheidung einer unparteiischen Stelle anzurufen, die unter Um- ständen die Durchführung Ihrer Anordnungen erzwingen kann. Durch Verteilung der Losten auf eine längere Reihe von Jahren sollen die Mieter davor geschützt werden, größere Mehr- betrüge auf einmal zahlen zu müssen: andererseits soll eine An- sammlung von Geldern in öffentlichen Kassen es dem Vermieter er- möglichen, die kür große Instandsetzungsarbellen erforderlichen Mittel tunlichst bald zu erhalten. Der Entwurf bringt serner Vorschriften über die Tätigkeit von Mietervertretungen, die dem Mieter zur Seite stehen sollen und denen in gewissen Fällen neben und an Stelle des Mieter» Antrags- und Aufsichtsrechte eingeräumt werden.
Künstler und Charakter. Der französische   Maler ElaudeMonet, der älleste der noch lebenden Mitbegründer der impressionistischen Schule, der im November v. I. auf seinem Landsitz Giverny   in ungetrübter Frische seinen 80. Geburtstag begangen hat, teill mit seinem Landsmann Beranger die unüberwindliche Abneigung gegen jede Art offizieller Auszeichnung. Einem Mitarbeiter einer Zeit- schrift erklärte der Maler:Ich werde nicht wieder nach Paris  gehen, da» mich feit vier Jahren nicht mehr gesehen hat. Dazu suhle ich m ch hier inmitten meiner Bäume, meiner Wiesen und Teiche zu wohl. Auf den Hinweis des Besuchers, daß man daran gedacht hat, ihm einen Sitz in der Akademie anzubieten, antwortete der Maler mit verschmitztem Lächeln:Dazu bin ich zu all, oder vielleicht auch zu jung. Man hat allerding» in dieser R'chtung bei mir Schritte getan.... Ich habe in meinem ganzen Leben nichts mit offiziellen Dingen zu tun gehabt und ich werde Giverny   nicht verlassen, auch wenn man mir einen Thron anbietet, und ich werde mich zu einem offiziellen Schritt, zu dem mich die mir zugedachte Auszeichnung ja zwänge, nie entschließen, weil ein solcher Schritt im Widerspruch zu meinem ganzen Leben stehen würde." So svr'cht ein wahrhaft großer Künstler, der stets aucb«In unabhängiger Mann geblieben Ist. Es wäre gut, wenn seine Stimme auch im republikanischen Deutschland   gehört würde. Wir sollten mit dem kaiserlichen Plunder der Akademikerei und der Auszeichnungen entschieden Schluß machen und diese absoluttstische Gängelei und Spielerei abtun Die Wissenschaft in Rußland  . DieKraenaja Gaseta"(Rote Zeitung") veröffentlicht einen Brief Prof. Einsteins an Prof. Fedo- rowski, worin er verspricht, die Wiederanknüpfung der Beziehungen zwischen der russischen und der deutschen   Gelehrtenwelt zu fördern. Der Rat der Volkskommissare hat beschlossen, die wissenschaftliche Arbell de« Physiologen Pros. P o w l o w zu fördern. Alle Werke diese» Gelehrten solle» in einer der besten Druckereien heraus- gogeden, feine Urheberrecht« sowohl in Rußland al» im Ausland« geschützt und ihm eine erhöhte Lebensmittelrat' on zugebilligt wer- den.(Diese Fürsorge für den berühmten Forscher, der bereits ein- mal totgesagt' war. kommt etwas spät. Pawlow hat Ironie des Schicksals speziell die Appetit- und Hungerphysiologie studiert.) Ade, Examensfrack! DerBund der Erneuerung für Wirtschaft- liche Sitte und Verantwortung" hat kürzlich an oerschieden« preu- ßische Minister die Anregung gerichtet, bei Prüfungen und Dor'iel- lungen den Frackzwang abzuschaffen. Sämtliche Minister haben dieser Anregung sofort entsprochen. Es wird erwartet, daß sich alle Behörden und Prüfung-stellen im Reich dem Vorgehen Preußens anschließen. Jetzt wäre der Zylinder fällig!
Vorträge. Prof. H. Friedcnthal spricht am Sonnabend, 7V4 Uhr, Gevraenstr. 30/31, überErde und Menschheit" Leopold Tibinidt hält im Schiuersaal fünf Vorträge über Veethoren, sein Leben und seine Werte. (Dienstagi. 6 Uhr, Beginn 15. Februar). Wegen die Erhöhung der VorlesungSgebühreu hat sich dt« vereinlaung ailßerorventlicher Vrosetzoren an der ireNiner Universität sowie der Lan< deSverband Preußischer Pripatdo,enten ausgesprochen.(Die Studenten sind selb/werstäiidlich auch dagegen.) Die vorgebrachten Bedenken(Berteue- rnug des StudimnS� Erschwerung des Lehrernachwuchses, Rückgang der Spezialfächer usw.) und sichre«rnsier Natur. Andererseits kann bei dem allgemeinen Pr-iSau?sti-g der Staat allein nicht zurückbleiben. Ei» Aus- Ferch«üöre gesucht Bttbcu.