Da sich sämtliche Mitglieder der Fraktionen auf Wahlrei- sen befinden, müssen die Fraktionssitzungen, in denen die er- wähnten„einmütigen" Beschlüsie gefaßt wurden, seltsam aus- gesehen haben. Im übrigen sei wiederholte es handelt sich nicht um eine„Mystifikation, noch um eine einzelne Person, son- dern um eine Richtung in der Deutschnationalen Volks- partei. die natürlich die Dinge aus einem anderen Gesichts- punkt sieht als wir. Daher sagen wir auch nicht:.Dhe Behauptungen dieser Richtung sind richtig", sondern wir sagen viel- mehr:„So sieht ein Teil der Deutschnationalen Dolkspartei die Zustände in der Deutschnationalen Volkspartei ". Daß dieser rebellierende Teil von der herrschenden Richtung sehr ernst genommen wird, zeigt gerade der große Entrüstungs- apparat, den gegen ihn aufzubieten man für notwendig hält.
Sapern erkennt an... Berlin . 15. Aebr.(WTV.) V« Reichskablvett hat sich io seiner heutigen Sitzung mUderAntwortderbayerischenRegie- rung in der Entwaffnungsfrage beschäftigt. Danach erkennt Bayern �an. daß die Verantwortung und Zuständigkeit in dieser Frage beim Reiche siegt, und daß e» Sache der Reichs- regiernng ist. nach vlaßgab« der Gesetze das Erfordersiche zu veran- lasten. So viel und so wenig gibt die Reichsregierung endlich aus der bayerischen Antwort bekannt. Es ist Herzsich gering. Die bayerischen Kommentare aber sind auf einen ganz anderen Ton gestimmt, als die Reichsregierung hier andeuten läßt. In den offiziösen Kundgebungen des Kahr -Kabinetts wird immer aufs neue die angebliche Lebensnotweydigkeit betont, die die Einwohnerwehr für Bayern bedeute. Und die konfervarioe Presse deutet ihrerseits ganz offen an, daß das Reich zwar die Verantwortung habe, also solle es nur einmal versuchen, die Bayern zu eirtwaffnen! In seiner schon im letzten Abendblatt zitierten Münchener Rede hat Genosse Erhard Auer den Inhalt der vierFra- gen angedeutet, die der bayerischen Regierung von Berlin aus gestellt waren. Danach solle die bayerische Regierung u n» zweideutig erklären: 1. Daß sie der Reichsregierung keineSchwierigkeiten mackfen wird, 2. daß sie damit einverstanden sei, daß bis zum 1. März ein G e s e g f>egeben wird zur Ausführung der Entwastnungsbe- t i m m u n g e n des Berfailler Vertrags, 3. daß sie damit ein- verstanden ist, daß die schweren Waffen und ein Teil der leichten Waffen bis zum 21. März abgeliefert fein müssen. 4. daß das alles nur Geltung habe, wenn keine außenpolitischen Aenderungen eintreten. Was die Kahr-Regierung geantwortet hat, ist immer noch nicht bekannt. Denn was die Reichsregierung durch die obige Wolff-Meldung mitteilen läßt, sst so gut wie nichts. Wir müssen verlangen, daß die Reichsregierung endlich dem Volke reinen Wein darüber einschenkt, was man von Bayern zu gewärtigen habe._ Das Interview mit öem Exkaiser. Kein Mensch hat«v anders erwarten können, als daß die Unter- redung mit dem Exkaiser, die von.United Preß" in Amerika »er. breitet und im Auszug auch im ,.V o r w ä r t s" wiedergegeben wurde, dementiert werden würde. Die Aufgab«, dieses Dementi zu erlassen, ist dem Korrespondenzbureau„Data ' zugefallen, und da in diesem Fall nicht wie seinerzeit im Fall„Ddly Telegraph" eine sozusagen notariell beglaubigte Urkunde existiert, stehen sich Aussage und Aus- sag«— nämlich die des Grafen Bentinck und die des Herrn Peter- meyer— gegenüber. Wenn gegen Herrn Petermeyer ausgespielt wird, daß er„eigentlich kein Journalist" sei— weil er stüher einmal Lehrer gewesen— so ist dagegen festzustellen, daß er in Berlin eine Reihe von holländischen Blättern, darunter„Hct Volt", vertritt. Im übrigen wäre Herr Petermeyer nicht nur ein Journalist, sondern so- gar ein journalistisches Genie, wenn er ein Gespräch, das so voll- ständig das Gepräge der exkaiserlichen Psyche trägt, hätte ersinnen können. Wir halten ihn für ein solches Genie nicht, sondern viel-
mehr für einen Berichterstatter, der Erlebtes und Gehörte» mit ziemlicher Genauigkeit wiedergibt, den Grasen Bentinck aber für einen braven Mann, der seinem früheren Gast Unannehmlich- leiten ersparen will._
Schieberverschiebung. Breslau , 15. Februar.(Eigener Drahtbericht des„Dorw.".) In einer hier aufgedeckten Riesenschieberei mit Fleisch sind bisher belastet der Leiter der P r o v i n z i a l f l e i s ch st e l l e, ein Ober- r e g i e r u-n g s r a t des Oberpräfidiums, der leider aus dem alten Regime beibehalten worden war, obwohl von sozialdemokratischer Seite an seiner Amtsführung wiederholt Kritil geübt wurde. Ferner find anscheinend eine Reihe von Unterbeamten, sowie mehrere Viehhändler und Großfleischereifirmen belastet. Da unter den Belasteten sich mehrere Juden befinden, so versucht die rechtsstehende Presse die Angelegenheit im a n t t s e m i- tischen Sinne auszuschlachten, vielleicht gerade aus dem Grunde, weil der am st ä r k st e n belastete Beamte den Parteien der Rechten sehr nahe stand. Dieser Oberregierungsrat ist zunächst bis auf weiteres beurlaubt worden.
Die Milchkühe. Nachdem durch die seinerzeit von uns berichtete Berichkeppung die Lieferung der geickenlien amerikaniscben M i l<l> lü he in Frage gestelll war, fühlt sicb jetzt das ReichSernährungSministerium verpflichtet, für teures Geld durch WTB. in die Welt zu drahten : Die techniichen und finanziellen Schwierigleiten, die sich bisher einer glatten Löiung der SchenkungSongelegenheit der amerikanischen Milchkühe entgegensielllen, können nunmebr in der Hauplsache behoben werden. Der Mini st er für Ernährung und Landwirtschaft war in der Lage, die erforderlichen Mittel für den Seetransport der Kühe zur Verfügung zu stellen und feine Ermächiigiing zur Abiendlmg folgenden Telegramms an das amerikanische Hitsskomiiee zu geben: Schiffsraum wird durch unS gechartert. Der nächste Transport wird voraussichtlich durch die.West Arrow" ausgeführt werden. Weitere Nachrichten folgen. AuSlandShilfe._ Noch ein Putschprozeß. Dessau , 15. Februar. Hier begann heute vor dem außerordent- lichen Gericht des Reichswehr -Gruppenkommandos I Berlin unter dem Lorsitz des Landgerichtsdirektors Dr. Schmidt-Blanke- Berlin der vierte Köthener Putfchprozeh. Angeschuldigt sind 25 Personen wegen Teilnahme an einer durch Verordnung des Reichspräsidenten verbotene Organisation(Rote Armee). Hie Be- schuldigten sind zumeist Einwohner von Kothen. Die Verhandlung dülft« voraussichtlich drei bis vier Tage in Anspruch nehmen. Für die Roßbach und Pfeffer ist im wer noch kein Gericht gesunden!_ Mieder einer. Wegen Beleidigung des Reichspräsidenten Ebert wurde der Kaufmann Heinrich Heinlein in München vom Landgericht zu zweihundert Mark Geldstrafe verurteilt. Heinlein hatte im Miet- einigungsamt in erregten Gesprächen mit anderen Personen sich in beleidigender Weise über den Reichspräsidenten geäußert und ihm Trunkenheit, Völlerei usw. vorgeworfen.
Das Ende der Interviews. Reichsminister de» Aeußern Dr. Simons erklärte auf die Frage eines neutralen Journalisten, der stch wegen eines Interviews an ihn wandte, daß ein K a b i- nettsbeschluß der deutschen Reichsregierung vorliege, wonach in Zukunft keineJnterviews mehr gegeben werden sollen. Gemeiudewahlen auf Helgoland . Bei einer Wahlbeteiligung von 9Ü Proz. trugen die Alt-Helgoländer einen vollen Sieg bei den Gemeindewahlen davon. Gewählt wurden sechs Helgoländer, zwei Sozialisten und ein Deutschbürgerlicher. Verhaftung von Kommunisten in Paris . Dienstag morgen sind in Paris der Verwalter der Zeiwng ,Le Conscrit"(Der Rekrut) und der Jugendsetretär La Pontre verhastet worden.
den Endkampf, da siel bereits im Direktorium das hämische Wort: „Immer derselbe Kitsch!" Dank vom Hause Krupp an das kaiser- liche Deutschland , das ihm unzählige Millionen zugeführt hatte! Und nun ein Kapitel noch für sich. Als eine besonders gesin- nungstrcuer Schutztruppe der Deutschnationalen wird draußen im Land« der Alldeulsche verband angesehen. Niemand aber weiß, wie sehr die Dersudung auch dort bereits eingerissen ist. Denn Herr Elaß, bis zur Revolution schärfster Judengegner, erklärt heute, daß der Aufnahme von getauften Juden in den Alldeutschen Aerband nichts im Wege stehe, was sich dies« Gesellen nicht zweimal sagen lassen. Diese Wandlung sieht man ja auch in der„Deutschen Zeitung", in deren Aufsichtsrat der jüdische Mischling Otto Hellmuth Hopfen«ine entscheidende, also der deutschen Sache verhängnisvolle Rolle spielt. Darum muht« auch ein Neinhold Wulle einem Max Maurenbrecher weichen, dem Verfasser der berllchkigken.hoheuzollerulesende", in der er die niedrigsten Anwürfe gegen die Königin Luise richtete. Zum Ueberfluß hat der Auffichtsror auch noch eine als sogenannte Rechtfertigung gedachte Schmähschrift herausgegeben, um Wulle in öffentlichen Mißkredit zu bringen. Verfasser ist der frühere kaiser - liche Regierungsrat Fritz, Geschäftsführer der Neudeutschen Treu- Hand- und Verlagsgesellschaft, in deren Verlag die„Deutsche Zeitung" erscheint. Es sollen hier nicht die moralischen Qualitäten der Herren Fritz-und Elaß näher erörtert werden...(wie oben! Die Red. d.„V.") Uebergehen kann man hier auch, wie sich ein der Reu- deutschen Tre uhand» und Verlagsgesellschaft nahe. stehendes Druckereiunternehmen aus der Bewocherung des ehemaligen Oberkommandos in den Marken kurz vor der Revolution vollständig mit Maschinen neu einrichten konnte. Alles natürlich.fürs Vaierlandt" Niemand aber hat schon vor dem Kriege mehr am Kaisertum ge- freoell und während des Krieges gegen den Kaiser gehetzt, als ausgerechnet die Alldeutschen unter ihrem Führer Heinrich Elaß. Wenn man das alle« nun weiß, muh man es da nicht für eine llnverschämtheit sondergleichen ansehen, daß sich die Herren noch darüber entrüsten, weil man es wagt, den Fall Kerthoff aus- zurollen? Erzberger ist der Erzschädling, aber wer selbst eigen« Parteigenossen im Glashause sitzen hat, sollte doch wahrhaflig nicht mit Steinen'werden. Warum vernimmt man dergleichen Unglaub- lichkeiten nicht auch von der Deutschen Bolkspartei? Warum ist gerade bei den Veukschnakionalen so ein Morast, sollte der jüdische Einfluß vielleicht hier noch stärker sein, als bei jener? Dann sollte man es sich bei den Wahten doch lieber noch überlegen, wem man feine Stimme gibt. Demokraten und Sozia- listen sind für einen solchen ausgeschlossen. Bleiben nur die beioen Rechtsparteien, wenn man sich nicht überhaupt der Stimme ent- hallen will. Die Zustände bei den veulscbnationaien sind wahrhaftig nicht dazu angetan, ihr am 20.Februar vle Massen zuzuführen, auf die sie eigenmch Anspruch erheben müßte. Und so wlro e» sür viele diesmal das letzte Mal sein, daß sie denkschnakional wähieu!
Erklärung der deutschnationalen Volkspartei Die Deutschnationale Volkspartet erläßt folgende Erklä- rung: Die P a r t e l l e i t u n g. die R e i ch s t a g»° und die Preußische Landtagsfraktion der Deutschnati analen Lolkspartei haben mit Entrüstung von der DeröffentUchung in der Sonntagsnummer des„Vorwärts" vom 13. Februar 1921 Kenntnis ge- stammen, in der heftige Vorwürfe gegen unseren Parteivorsitzende» Hergt erhoben und eine tendenziös gefälschte Dar» ftellung von Vorgängen innerhalb der Partei und bei den Der- Handlungen mit der Deutschen Dolkspartei enthalten sind. Der Der« fasser des Artikel», der angeblich der Deutschnationclen Volks- partei angehören soll, zeigt eine so völlig verkehrte Auffassung der! Borgänge und der Stimmung in der Partei und den Fraktionen, daß man geneigt ist, an seiner ZurechnungsfShigteit zu zweifeln. Wir begnügen uns für heute mit der Feststellung, daß es sich bei der fraglichen Veröffentlichung entweder um feige verlenm- duug oder um eine plumpe Mystifikation handelt. Die Partei und die Fraktionen stehen einmütig und geschlossen im vollsten Vertrauen' hinter ihrem bewährten und über alle Verleumdungen und Der- dächtigungen erhabenen Vorsitzenden, Exzellenz Hergt.
Konzert-Umsthau. Und Immer wieder a hier. Bor zwei Jahren dachte an ihn kainer von Berlins Dirigenten. Der junge Heinz llnger, inner» sich betroffen von Charakter, von Stil und Ausdruck Mahlerfcher Sinfonik, versuchte das Interesse, das Wien jahrelang schon im Bann de» letzten großen Orchestermeisters hielt, auch für kaltes Mittel- deutschland zu wecken. Das gelang um so mehr, als der Anfänger eine erstaunliche Gabe hatte, eine solch« Sinfonie als einheitlich«. unzersplitterte Gedonken-Formung.�öcbar zu machen. Starke Kon« zentration und durchhaltender Stilwille, schöpferische Merkmale iRohlerschen Geistes, fammetten sich auch in dem Interpreter». Selbst der fieberkranke Dirigent tonnte im Gefühl großer Verantwortung den Riefenwurf der 7. Sinfonie»vagen. Eine beträchtliche Leistung »n jeder Hinsicht. Aber, aber.... Paul V » t k e r nennt in seinem monumentalen, geistreich analysierenden und umfassend aufbauenden Werk über Wählers Sinfonie als das stilistische Grundprinzip dieser Fünssötzigkett die Wiederherstellung der tosmischen Einheit gegen- Uber der individualistischen, curf Einzelprobleme gestellten Instrumental-Sinfonie des jüngeren Mahler. Ich gestehe, daß mir der Blick für solches Matz und solche Bearisse fehlt, und daß mich die gläubige Grundgelehrchett Belkers nicht überzeugl. Dem Genießen» den, auch dem, der die Einheit des sinfonischen Programms im ganzen Werk, nicht in seinen Teilen mit der Seele sucht, bleibt das Naumlofe, Eckig«, Ungeformte der beiden Ecksätze fern: Kraft, die pch ziellos vermisgabt, Ztonftruktion ohne erkennbaren Grundriß. Di« eingeschachtelten drei Idyllen wirken nicht als Jronisienmg ver- klungener Romantik, sondern als Musik an stch, wundervoll leicht, fantastisch, melodisch, ledendig geformt. So war der Eindruck bei M tisch, so bei Unger. Das letzte Urteil über diese problematische Sinfonie steht noch «uv: ein Wert seiner Zeit, 19()5 vollendet, wird es nicht von Zelt- genossen ausgewertet werden können.- Ell»« Stund« beim IX. Kon- » zert der Volksbühne, und wir wissen, wo der Anfang und wo das Ende aller erdenthobenen Lust in der Musik ist. Mozartsche "Kammermusik mit Bläsern, darunter als festlichster Höhepunkt ein kaum jemals gespieltes Konzert für Flöte, Harfe und Klavier und die Bläfer-Serenad«(Oktetl). gespiell von Meistern der Staotsoper, erquickte sonntäglich, und der matte Gesang von Frau Escher störte nicht die Feier. Um den Mozart-Gesang steht es überhaupt nicht gut; Frau Irma M. P e t a r sollt« an ihn vorbei» gehen. Sie singt Arien von Scarlatti , Pergolese, Haydn so glocken- klar, sinnlich-reizooll, daß man den Mangel an Zartheit, die stillos« Verschleppung und innere Trägheil in einer Figaro-Arie kaum be- greifen kann. Einen Strauß Brahmslchcr Lieder kunstgerecht dar- fubieten, gehörte eher schon zu den Durchschnittsleistungen unserer tooizen. Woraus zu fol�e-n ist, daß Margaret« N e u m a n n mit der säuselnden Unfreiheit ihre« knapp tragenden Soprans noch nickst podwmreif ist Der Ertv'g de» Abends war der Begleiter Sbiiard Behm. Im Liederabend von Heß». d. W y k kamen neben den schon bekannten, durch groteske Charakteristik ausgezeichneten Vierrot-Viedern Kowalskis drei liefsinnig-ernste Gesänge I. Simon» zur Erstaufführung. Mombert» Vision entgleitet in Einzelzügen dem Komponisten und ist wohl überhaupt nicht musikalisch faßbar. .Gethsemane" von Meynicke und«ine.Phantaju»"-Stroph« von
Holz dagegen sind in stillem Pathos und beweglichem Ausdruck feine Liedgebilde. Paul W> t t g e n st e i n hat sich als Pianist der linken Hand einen Ruf geschaffen und ist den Kriegsoerletzten ein dauernder Trost, ein Zuspruch und Sporn. Er macht seine Sache sehr wacker, ist gelenkig und geschickt mit seinen Fingern und stuft Empfindungen ob. Nur müßte es ihm möglich fein, in der Literatur kleine Stücke auszuspüren die besser für eine Hand liegen oder sogar nur für eine Hand geschriebe»» sind. Durch Pedalverschiebung läßt sich viele« verdecken, nicht aber die oersehlle Rhythmik eines Lanner- schen Walzers. Bon den Kl>ngl«r-Leuten wird in bestbewährter und un- ermüdlich weiterstrebender Art Edelmusik im Quartett getrieben; so im späten Beethoven wie in einem neuen Werk von Reznicek ((l5ls-Dur), dos mir von Kennern als gesund«, tüchtige Arbeit ge- lobt wird. Eine Sonate von Eugene Goossens . die das wohltempe- rierte Ehepaar von Kresz erstmalig spielte, ist gute, solide Hand- Wertsarbeit, fesselt ober nicht sonderlich durch Glanz oder Farbe. Frau Schubert'Petzko braucht eine Biertelstunde, um einge- spielt zu sein und die Berniedlichung des Ton», die Aengstlichkeit der Passagen abzuwerfen. Dann erst ist sie in vollem Zuge, beseelt dir Geige, zeigt, daß sie viel gelernt hat und dem romantischen Surs, der sinnlich-verträumter, Atmosphäre de» Dvorakschen Geigen» konzer rs gewachsen ist. Gerade klang mir noch das Echo eine» Gcniewerks au» früh- romantischer Periode in den Ohren. Ochs hatte Mendelssohns „Walpurgisnacht" mit Hochschulchor und Orchester aufgeführt. Der fiebrige Schwung dieser dramatischen Kantate, ihre Humore, theatra- tischen Akzente und weihevoll gestimmten Ausklänge kamen in ihren- chorischen Partien geradezu musterhaft zur Geltung. Und es war erstaunlich, wie dos junge Orchester in diesem tollen Wirbel klar und präzise durchhielt. Das Hauptstück des Werks, der Chor der Druiden» Wächter war trotz de» heftigen Tempos ein Kabinettstück charakteri» stierender Gesangstunst. Der Schluß bekam in priesterlicher Ton- schönheit bei den Worten„Dein Licht, wer kann es zaubern!" geradezu etwa» erschütternd Aktuelles. Don den Tenören des Chors hätte fast jeder das Solo besser gesungen, als Willi Schmidt, und die Bassisten wäre» insgesamt kleine Albert Fischers, der diesmal allerdings in der Tonentfoltung stark gehemmt war. Gibt es aar kein« ganz zuverlässiaen Solisten mehr? Auch Ruth Arndt wußte mit dem Intermezzo der komischen Alten gar nichts anzu- fangen. Nachwuchs heraus! Dr. Kurt Singer .
Ernst Ziel, der aufrechte Demokrat und freigesinnte Lyriker, ist im 8l). Lebensjahre gestorben. Dem jüngeren Geschlecht war er weniger vertraut, aber in seinen guten Iahren hat er manch kräf. tigen Föeiheitsspruck gedichtet, in Satiren und Invektiven Der- altetes und Hemmende» gegeißelt und in schön ziselierter Form ernste gedankliche Lyrik geprägt. Ernst Ziel war am 5. Mai 1811 in Rostock geboren, in jungen Jahren kam er nach Berlin , wo er dem„Tunnel" angehörte. Ln Leipzig und Stuttgart mar er später als Redakteur der„Gcn-tenlaube" tätig. Seit etwa zehn Iahren lebte er in Berlin . Bon seinen literarischen Arbeiten sind die scharf herausgemeißelten .Literarischen Reliefs",„30 Dichterporträts"(darunter Hartmann, Freiliorath, Meißner, Pfau) hervorzuheben. In seinen Gedichten »«ranstaltete er selber«taa gute Auslese. Als Herausgeber hat er
sich um die Dramen Albert Dulks(bei Dietz in Stuttgart ) und Ludwig Pfaus Gedichte oerdient gemacht, die er in einer Auswahl herausgab. Mit Ernst Ziel ist wohl der letzte der festen unabhängigen Poeten dahingegangen, der die Tradition von 48 fortsetzte und als Sänger demokratischer Ideale für Menschenrechte und Freihett stritt. Timerio nennt der Architekt T i e m e r sein System zur«in- jachsten schrisllichen Verständigung zwischen verschiedensprachigen Menschen ohne Zuhilfenahme ingendeiner Sprache. Tiemer setzt ein- fach für etwa 7000 Worte Zahlen fest und steigert durch Potenz- zifiern für die Mehrzahl, Unter- oder Ueberstreichung für Vergangen- hest und Zukunft, römische Potenzziffern für den Fall, Ringlein oben für das weibliche Geschlecht, Kreuzchen für die Steigerung usw. die Zahl der ausdrückbaren Begriffe auf 12 000. Für Wissenschaft- liche und technische Ausdrücke bestehen besondere Schlüssel. Natürlich handelt es sich nur um Briefe im Telegrammstil, ohne daß darum der bereits bestehende Kabelcodex nachgeahmt wäre. Das System ist durchdacht und sehr einfach, erfordert aber den ständigen Gebrauch des gedruckten Schlüssels. Es mag vielleicht für die internationale Korrespondenz von Nichtkeimern einer der Wellsprachen einige Be- deutung gewmnen._
Spielvlauitnderung. In der StaatSoper wird Freitag statt „Zar und Zimmermann ' die. Fledermaus" gegeben. Da» 1. volkstümliche Bormittagskanzert der Staatsoper im Grossen Schauipielhauie am Sonntag, den'ZI. Februar, bringt unter Schillmgs ueilung lämtUche Borloiele zu Wagners dramatischen Werten sowie die Fauslouvertür«. Beginn lv'/, Uhr. Vorträge und Nezltatione». Friedrich NJ a eil liest Mittwoch, 714 Uhr. Fasanenpr. 38, Novellen von Po«.— Aus dem dritten Vortragsabend der „Auslandspost" wird Alfred Beierle am Donnerstag, 7Z4 Uhr, Werke von Alex. Blok, Maxim Gorki� Leonid Andrejew . Kursürftendamm RS, rezitiere».— Alfred Beierle lieft Sonnabend, 8 Uhr, in der Berliner Sczellion das Vorspiel aus„Der Weg nach Golgatha" von Dosw Kofller. ' Die Schöneberaer Künstler wollen znm erstenmal durch eine Kimst- auSstellung geschlossen an die Ocffentlichkeit treten. Vom 4.— 24. April steht ihnen die Ausstellungshalle deS Neuen Schönebcrger RachauseS zur Verfügung. Auskunft durch Herrn Mühel, Michlenstr. 7. Sturm und Drang im Smoking. Ein„Boheme-Verlag" versendet eine Notiz über eine Sturm- und Drangbühne, die vom stilisierten Naturalis- mus bis zum gemässigten EipressioniSmus reichen und nach einer„begrisfs- ntöglichen Wende tosten" soll. Für die Vorstellungen ist Gesellschaftskleidung vorgeschrieben. Ob im Lokal Sekt serviert wird, bleibt unacsagt. Karl Hauptmann („Genie und Gespenster"), H. L. Wagner, Ernst Gever <„Feuersbrunst"Z, Heinrich Launiiwä..„st.»trat einer SchauGielenn") sollen im Noswichascal den vorg-schriebei-en Stnrm und Drang bei:»gen. Lesehallen und Volk-hanS. Der Deuische Vclkshausbund bietet allen' Lesehallen, Vereinen und Büchereien durch sein Arbeitsamt sür Volks- bücherei Gelegenheit, ein« Stommbüchcrei sür 100 M. und mehr geschenkt zu erhalten. Die näheren Bedingungen sind bei der HauPtgcschastSstelle Hamburg -Gross-HanSdors zu erhalten. Di« Erhaltung de« künstlerischen Gepräge» der Siedelnage«. Die neuen Sicdelungen sind meist nach einheitlichem Plan gebaut, künstlerisch durchgebildet, der Landschaft angepaßt. Um dieses Gepräge zu erhalten, verweist ein Erlaß des Wohlsabr:sministeriumS aus das LcrunstaltungS- und daS WohnungSgesetz: ein Lrlsstotut kann die nachträglichen Willkür- lichen Veränderungen, z. B. die Anbringung von Anpreiseschildem verhin- der» und jeder Beeinträchtigung de» Ortsbild«» entgegentreten.