Simons in Karlsruhe . Ueber die Karlsruher Rede des Ministers Dr. Simons »erbreitet WTB. einen längeren Bericht, dem mir zur Ergän- zung unserer Meldung im gestrigen Abendblatt noch einiges entnehmen. Der Minister sagte u. a.: Es ist möglich, es ist sogar wahrscheinlich, dah die Londoner Konferenz in ihren ersten Versuchen kein Ergebnis der Berständi- gung haben wird. Es wird außerordentlich schwer sein, sich in Lonvon über die neuen Methoden zu einigen. Eine peinliche Lücke des Friedensvertrages ist, daß man dem- deutschen Volke nicht ge- sagt hat, was man eigentlich von ihm verlangt, und wenn man uns jetzt Vorwürfe macht, dech wir nicht selbst Vorschläge gemacht haben, so müssen wir erwidern, dab die Unsicherheit bei uns zu groß ge- wesen ist, um Dorschläge machen zu können. Wenn wir jetzt Vor- schlag« machen, so konnten wir sie nur aus unserer Unsicherheit heraus machen. Der Minister hob sodann die Unversehrtheit der Reichsverfosiung hervor und meinte: Solange wir die Reichsver- fofsung haben, solange wollen wir sie auch verteidigen gegen den Angrist von innen und außen. Die Pariser Beschlüsse würden in ihren Folgen eine Unoersehrcheit der deutschen Reichsverfassung nicht gewähren. Dagegen müßten wir uns wehren. Die Pariser Beschlüsse liefen hinaus auf einen Zusammenbruch alles desien, was sich das deustche Volk auf ge-stigem und wirtschaftlichem Gebiet er- obert habe. Wenn wir die Pariser Beschlüsie nicht annehmen, so treten die Sanktionen in Kraft, die ebenfalls hinausgehen auf«ine Trennung des Deutschen Reiches. Nach Simons sprachen verschiedene Vertreter der Par- teien, darunter Gen. S ch ö p f l i n, der den Wiedergut- mochungswillen des deutschen Volkes betonte, aber die Pa- riser Bersklavungsbeschlüsse aufs schärfste ablehnte. Was aber die„Sanktionen" betrifft, von denen Simons annimmt, daß sie nach der Ablehnung der Pariser Beschlüsie in Kraft treten werden, so kann nicht oft genug wiederholt wer- den, daß die Besetzung neuen deutschen Gebiets oder die Er- richtung einer inneren Zollgrenze vertragswidrig sind. -md daß auch die vertrag? mäßigen„Sanktionen"(Der- längerung der Besetzungsdauer und Fernhaltung vom Bölker- bund) laut Vertrag nicht früher in Kraft treten können, als bis die Reparationskommission Deutschland Der- vslichtungen auferlegt hat, die zu erfüllen es sich weigert. So- lange die Reparationskommisiion nicht entschieden hat, wären alle„Sanktionen" vertragswidrig. 5lopü Georges Rede. tondon, 16. Februar,(chollandsch Nieuwsbureau.) Aus der gestrigen Rede Lloyd Georges im Unterhause sind noch folgende Stellen erwähnenswert: Der Premierminister erklärte, daß ihm von den deutschen Gegenvorschlägen nichts bekannt sei. Er glaub« nur. Laß jetzt Vorschläge formuliert würden und daß die Flnanzsachver» ständigen der deutschen Regierung die in Paris gemachten Dorschläge in ernsthafte Erwägung gezogen haben mit dem totsächlichen Wunsch, kräftige Maßnahmen zur Liquidierung der deutschen Verpflichtungen zu treffen. Wiederholt habe er, so führte er aus, das Unterhaus an die wichtige Bestimmung des Berfailler Abkommens erinnert, welch« die Großmächte instand fetze, Vorschläge zur Regelung der deut schen Wiedergutmachung entgegenzunehmen, und zwar auch die Lösung durch Zahlung eines festen Betrages, hierdurch würde sogar noch die Prozedur der Untersuchung und Beratung einzelner Ansprüche vermieden werden. Auch zwischen den Pariser Vor- schlagen und den früheren Entwürfen bestehe ein tatsächlicher Unterschied, besonders in den vorgeschlagenen Annuitäten, welch? jetzt im engen Zusammenhang mit dem Wiederaufblühen des deutschen Exporthandels gebracht worden stnd. Im Oberhaus hat bekanntlich Lord E u r z o n die Debatte über die Thronred« eingeleitet. Er führte, wie jetzt bekannt wird, noch folgendes aus: Zunächst beglückwünschte er Polen zu seinen Der- suchen, den Wiederaufbau zu beginnen, und meinte, daß auch in Rumänien allmähsich Ruh« einkehren werde. Die rumänische Politik scheine sich nach Polen zu orientieren, und beide Staaten könnten einen festen Wall in Osteuropa gegen die revolutio- näre Gefahr bilden. In Rußland herrsche noch immer eine traurige Lage, aber jedenfalls seien die internen Krieg« zu Ende. Di� Lage Oesterreichs verursach« noch immer große Sorge für olle, welche.an der Zukunft dieses Teils von Europa vmteresie haben. Schließlich sagte er zu den bevorstehenden inter - nationalen Konferenzen: Es ist die Hauptausgabe der Großmächt«, die noch immer zusammenwirken, die Bedingungen des Versailler Abkommens auszuführen, und zwar wenn möglich, mit allseitigem Einverständnis- Die ständige Zusammenwirkung der Großmächte und das Zusammenwirken England» und Frankreichs ist eine Ga- rantie für den europäischen Frieden. Sie hat sich aus der jüngsten Pariser Konferenz klar gezeigt. Zum russisch -englischen Handelsabkommen sagte er. es werde feine erst« Sorg« sein, falls das Handelsabkommen abgeschlossen werde, alles zu vermeiden, daß die Handelsgeschäfte nicht in feindseligem Sinne geführt werden.
die Wahl poincarös. pari». IS. Februar. kW.T.Ds»Sre Roudelke" vezeichnet die Wohl PoincarsS zum Vorsitzenden de» SenatSouSschusie» für auswärtige Angelegenheiten als bedauernswert und tragt, cd die Kommission denn nicht ihre Recht« hätte wahren können, ahn.: den gefährlichsten Man» d«S Parlaments an die Svitze zu sicCtn. C6 man es wolle oder nicht. Poinears sei gegenwärtig die Hoisnung oller Reaktionäre und aller E b a u V i« r. i st" n und zwar in dem Maß«, daß sogar die treuesten Anhänger der Tagesordnung Bracke, also der Sozialdemokraten, die lein Kompromiß mit bürgerlichen Parteien eingehen wollten, nötigenfalls entschlosien seien, gegen ihn den Block der Linken aufzurichten. Poineari stellte in dem Augenblick, in dem es notwendig sei. die vündmsie zu befestigen und den Friede««idgültig sicherzustellen, eine Politik aggressiver Isolierung dar. tondon, 16. Februar. sE.E.s Zur Wahl Pot«c»r6s erklärt der Pariser Korrespondent de«„Daily Chronicle", e» sei kein Geheimnis, daß der ehemalig« Präsident der Republik aus der v o l l- ständigen Durchführung des Versailler Friedensver- träges besteh«. Der Senatausschuß teile zweifellos dies« Ansichten, da«r Poincarc zu seinem; Präsidenten erwählte. Poincare werde «in« bedeutende Rolle in der Leitung der auswärtigen Politik Frank- reichs spielen, insbesondere in der Entschädigungsfrage. Ve ne Wahl müsse ein« Warnung für vriand bilden, falls dieser von bei Londoner Konferenz zurückkehre, ohne feste Versprechungen De>. nchlands, die Forderungen Frankreichs zu befriedigen. Di« Re- aierung Drinnds würde sofort durch ein Kabinett Poincarö, er- 1«IM
Die Regierungskrise in Schweden . Stockholm , 16. Februar. (WTB.) Braniing ha« heute dem Köulg erklärt, er könne nicht die Regierungsbildung übernehmen. Hierauf hat der König den frühereu Minister. Präsidenten Admiral Arvid£ i n d« a n beauftragt, die neue Regierung zu bilden. Inzwischen haben sowohl Adtntral Lindman wie auch der frühere liberale Miaisierpräsidenl Eden ebenfalls die Regierungsbildung abgelehnt. Die einzige£Ssung erscheint nunmehr ein B e a m t e n k a b i u e t t. Der Uebergriff im polnischen Korridor. Bersin, 16. Februar. (WTB.) Durch die Presie gehen Mittei- lungen über die im polnischen Korridor erfolgt« Beschlagnahme von französischen Beutestücken, die aus Ostpreußen an die deutsch « Luft- fahrzeug-Uebergabekommission Bischofsheim (Hesien) gesandt waren, um gemäß Anforderungsliste Nr. 42 der Interalliierten Kommission an die französische Regierung zurückgegeben zu werden. Der Dorfall ist den amtlichen Stellen in Berlin erst durch die Mitteilungen eines Königsberger Blattes bekannt geworden. Di« Ermittelungen sind im Gange. Königsberg . 16. Februar.(WTB.) Der Militärbefehlshaber für Bezirk und Wehrkreiskommando I teilt zur Beschlagnahme von Kriegsmaterialtransporten im Korridor mit, daß angeordnet fei, derartige Transporte n i cht mehr auf dem Land- weg« ins Innere des Reiches zu entsenden.
Veutsch-tschechisches Abkommen. Berlin . 16. Februar. sWTA.) Die Verhandlungen, die hier feit Ende Jarnrnr mit Vertretern der tschecho-slowakischen Regierung unter Führung des Staatssekretärs im tschecbo- slowokisckien Handel« Ministeriums, des außerordentlichen Gesandten und bevollmächrigten Ministers Dr. Schuster über die SuS- führung de» deutsch-tschechoslowakischen Wirt- schaftSabkommens vom 29. Juni vorigen JahreS stattgefunden haben, find gestern zum Abschluß gebracht worden. Zur Re- gelang gelangten gewisse Fragen deS beiderseitigen Waren- austausche S. insbesondere auf dem Gebiete der Chemikalien. Knöpf«. Maschinen und d«S Malzes. Die Kohlenmengen, die nach dem Kohlenabkommen beiderseitig auszutauschen find, wurden um«in Geringe? erhöht. Such wurde eine Verlängerung dieses Abkommens bereits bis Ende Juni in Ausficht genommen- Die Verhandlungen, die gleickizeitig im Reichsfinanzministerium über den Abschluß eine? Vertrages zur Vermeidung der Doppel- besteuerung sowie de» Rechtsschutzes und der Rechtshilfe in Steuersachen stattgefunden haben, haben zur Ausstellung eines vorläufigen Entwurfes auf diesen Gebieten geführt. Alle Zweifels- fragen konnten hier allerdings»och nicht endgültig erledigt werden Der Entwurf wurde daher zunächst beüwrfeitigals unverbind- lich erklärt. Nach dem Gange der Verhandlungen steht aber zu erwarten, daß in naher Zeit der endgüstig« Vertragsabschluß auch hier erfolgen wird._ Spaltung der rumänischen Sozialisten. Bukarest , 16. Februar. lDA.f Der Kongreß der rumänischen sozialistischen Partei, der die Frage des Beitritts zur Dritten Inter- naiionale zum Gegenstand hrtte, endete nach dreitägigen heftigen Debatten wie in Deutschland , Italien und Frankreich mit einer Spaltung der sozialtstischen Partei. Die Zahl der zu den Kommunisten Übergegangenen Parieimitglieder ist im übrigen nicht groß. Die sozialistische Aumpspartei beschloß, die Frage des Bei- trilts zur Dritten Internationale durch Abstimmung des ge- samten rumänischen Proletariats entscheiden zu lassen. Di« Abstimmung über den Anschluß an MoSta » ist demzufolge auf den S. Mai festgesetzt worden. Die Sozialisten glauben schon jetzt. auf eine überwältigende Mehrheit für die Ablehnung der 91 Bedingungen Lenin » rechnen zu können.
Die Internationale des Schwindels. Der Versuch der südslawischen Kommunisten, mit einem Generalstreik aus Heller Haut loszuputschen, führte Ende ver- ganzen«» Jahres zur Verhängung scharfer Ausnahmebestimmungen gegen die kommunistische Bewegung in Südssawien. Nicht nur durch eine Interpellation des slowenischen Genossen Etbin K r i st a n in der Konstituante hat sich die südslawische Sozioldemo- tratie gegen diese bismarckischen Methoden gekehrt und für die Wiederherstellung der politischen und bürgerlichen Freiheiten ein- gesetzt, aber aus ihrem tlrtell über die Taktik der Kommunisten, die halb nach Spitzeltum, halb nach Narrentum schmeckt, hat sie kein Hehl gemacht. Nun schreibt„S o c i j a l i st a". das Agramer Blatt der sogenannten Rechtskommunisten, die sich wohl bald wieder mit den Sozialdemokraten vereinigen werden, unter der Ueberschrift »Täuschung des Auslandes": In der Berliner.Roten Fahne" lesen wir«inen vom S. Januar aus Belgrad dotierten Bericht, der von den dortigen Kommunisten über das Wiener Korrespondcnzbureau„Rosta" in die weite Well geschickt worden ist. Dieser Bericht ist betitelt.Re- aktion in Südslawien ". Dort wird zunächst erzählt, wie der Ge- neralstreik deshalb ausgebrochen ist. well die Regierung all« kommunistischen Blätter verboten und die ganze Tätigkell der Partei eingestellt habe. Reben anderen Wunderdingen wird dann erzählt, daß die Führer der Streiks in den einzelnen Orten ein- fach umgebracht worden feien. Daß es in Agram zu blutigen Kämpfen gekommen, daß das Stondrccht verkündet und daß der ganze Verkehr infolge der mächtigen revolutionären Bewegung wie in Belgrad so in Agram und Laibach eingestellt worden sei. In einer Stadt Südslawiens hätten die Revolutionäre sogar die Munitionsmagozine in die Lust gesprengt, und die ausgerufenen Räte feien mll Blut und Terror unterdrückt worden. Aber daß die Revalullon nicht Erfolg gehabt habe, daran seien die Sozial. dcmokraten mll Kristan und die„unabhängigen Sozialisten" Laptschewllsch und Topalowllsch schuld. Da alle diese behaupteten revolutionären Heldentaten der Kam- munisten von A bis Z freie Erfindung sind und die südslawischen Ar- beiter natürlich wissen, daß ihre Führer Moskauer Observanz die Nockenschläge der Regierung hingenommen haben, ohne auch nur den kleinen Finger zu rühren, kann„Socijalista" fortfahren:„Wir würden unseren Lesern am liebsten den ganzen Artikel vorsetzen, damll sie von Herzen lachen können, aber wegen des karg be- messen«» Raumes hoben wir uns auf diesen kurzen Auszug ve- schränkt. Darum so ins Ausland geschrieben wird, ist klar: Damll sich unsere Kommunisten vor den Moskauer Herren wegen ihrer Feighell rechtfertigen und sie wester über das zur Revolution reife Südjlawien täusch«, können, die einzig ven de» Sozialisten ver-
hindert werde.... Das Ergebnis des Ganzen ist: Geld, Geld, ihr Herren, damit diese Sozialisten niedergeschlagen werden." So in Südslawien, so— anderwärts! Ist das der richtige weg? Unter diesem Titel bringt die flämische sozialistische„D o l k s- g a z« t" vom 7. d. M. folgenden Artikel: „Es ist nicht zu leugnen, daß die deutschen Heere der Wirtschaft- lichen Kraft Frankreichs und Belgiens tiefe und schwer zu heilende Wunden zugefügt haben. Die verwüsteten Landstrecken sind sowohl in Frankreich als in Belgien noch lange nicht wiederhergestellt und keines der Länder ist imstande, seine Auslandsschulden zu bezahlen. Die wirtschaftliche Wiederherstellung ist noch so weit rückständig, daß die Einfuhr noch immer die Aussuhr übertrifft. Dennoch bleibt die Frage offen. ob die interalliierte Konferenz in Paris wohl fähig ist, diese Sriegswundeu zu heilen. Werden Frankreich und Belgien , Deutschlands Nachbarn, nicht auf dos ärgste zu leiden haben unter den unheilvollen Wirkungen der deukschen Verarmung infolge der Beschlüsse der pariser Konserenz? Die belgischen und französischen Arbeller werden die ersten Opfer der Konkurrenz der deukschen Sulilöhne sein: die belgische und fron- zösische Industrie wird unter dem Unterbietungsmitbewerb zu- jammenbrechen müssen. Die Steuer von 1?. Proz. auf die deutsche Ausfuhr wird diese nachteiligen Folgen nicht zum. Verschwinden bringew Denn außerhalb der normalen Ausfuhr wird Deutschland Waren ausführen müssen, um die von der Pariser Konferenz aus erlegten Verpflichtungen zu erfüllen: dadurch wird die Konkurrenz mit Belgien und Frankreich verschärst werden. Jeder Absatz belgischer und französischer Erzeugnisse wird in Deutschland unnivg lich werden. Belgien und Frankreich werden wenig Freude au den Milliarden Gold erleben, die aus der Not der deutschen Arbeiterklasse heraus- gepreßt werden sollen; sie werden darin ersticken, ebenso wie heute Amerika und Westeuropa im Uebersluß von Erzeugnissen zu er- sticken scheinen. Das Proletariat darf sich, so schließt der Artikel, nicht betäuben lassen durch die„Milliarden Gold", welche in die laschen der herrschenden Klassen kommen werden. Das Proletariat muß im Interesse des Friedens und der wirtschaftlichen Wiederherstellung danach streben, die Kriegswunden zu heilen, indem Deutschland verguten muß, was vergütet werden muß, unter Anpassung an Deutschlands Kapstal- vermögen und Zahlkraft. Wo nicht» ist, verliert der Kaiser sein Recht und all« Gewoltmaßregeln find nicht imstande, aus Nichts— Etwas zu machen. Volksschule und„Freiheit*. Um die Tätigkeit des sozialdemokratischen Leiters des Unterrichtsministeriums herabzusetzen, bringt die unabhängige„Frei hell" die größten K uns stücke fertig. Nachdem Genosse Haenisch im„Vor- wärts" nachgewiesen hell, daß die gesamte Lehrerschaft der Meinung ist. es sei in den zwei Iahren sozialdemokratischer Minssler- schaft mehr für die Volksschule getan als in Jahrzehnten vorhex, behauptet die„Freihest", dies Urteil kompromittiere ja gerade die Sozialdemokraten, denn die Lehrerschaft sei reaktionär und wenn sie ihn lobe, so... und so weiter. Mit solchen Mitteln kann man allerdings immer recht behalten. Die„Freiheit" stellte aber dem Genossen Haenisch vier direkte Fragen, was er denn eigentlich für die Volksschule getan habe, nicht nur für die Lehrer. Dar- auf hat der Gefragt« der„Freiheit" solqende präzise Antwort geschickt, die wir wiedergeben, weil sie alle Leser des„Vorwärts" interessieren dürften: 1. In der Frage der£ehrerbildung ist den preußischen Volks- schullehrern die Universität zur Fortbildung in einem Umfange ge- öffnet wie bisher in keinem anderen deutschen Staat. Für die seit der Staotsumwälzung«ingerichteten Arbeitsgemeinschaf- t« n der Junglehrer, die in hochschulmähiger Weise arbeiten, sind im neuen Staatshaushaltsetat 460 606 M. ausgeworfen. Ein im einzelnen ausgeführtes Programm der künftigen Lehrerbildung ist im Dezember vom Unterrichtsministerium in der Landesversamm- lung vorgetragen worden und hat die Billigung sämtlicher Parteien, einschlleßllch der Unabhängigen, gefunden. Die prak- tische Durchführung dieses Programms hat übri-iens schon am 1. April 1020 beaonnen mit dem Ab�au der Präparanden - an stallen. Gleichzeitig ist ein neuer Lehr plan für den ersten Jahrgang der Zöalinge in den Lehrerbildungsanstalten geschaffen worden, der die Grundlag« zur neuen deutschen Ober- schul« bildet. 2. Zur Frag« der klassensreqnenz: Bisher galt ein« Schulklasse als überfüllt, wenn sie in der einklassigen Schule mehr als 80, in der Hälbtagsschule mehr als 70, in der mehrtlassigen Schule mehr als 60 Kinder zähste. Trotz dieser Zahlen wurden nach der letzten amtlichen Erhebung noch rund 1 Million Kinder in über- füllten Klassen unterrichtet. In dem neuen Lehrerbesoldunqs- gesetz wird der Staats, Zuschuß zu einer Lehrerstelle für je 6(1 Kinder aewährt. Eine Herabsetzung der Klassenbesetzung allein auf diese Zahlen wird die Schulverhättnisse für rund 2 Millionen Kinder verbessern. Außerdem gewährt ober das Gesetz auch Zuschüsse für Klassenbesetzungen bis herab zu 40 Kindern nach dem Stande vom 15. September 1920. Für die Landschulen ist eine noch weitere Her- absetzung vorgesehen, indem der Staatszuschuß für eine Lehrerstelle auch dann gezahlt wird, wenn die über 60 hinausgehende Kinder- zahl noch nicht erreicht wird. Da» war leider alles, was sich an- gesichis der kata�rophalen Finanzlage des Staates erreichen ließ: 8. Die Lehrbücher: In keine der seit 1919 neu gedruckten Auflagen von Lehrbüchern ist mehr dynastischer Anekdotenkram und öhnstches aufqenommen. Die früher im Geschichtsunter- r i ch t verwendeten Bücher wurden außer Gebrauch gesetzt. Eine von vier Fachleuten, unter der gutachtlichen Mitwirkung zweier be- deutender Historiker, ausgearbeitete Einführung in die neueste Ge- schichte, zunächst für die Hand der Lehrer, ist fertiggestellt und wird demnächst im Druck vorliegen. Eine vom demokratischen Geist ge- tragene Einführung in die Reichsversassung ist gleichfalls auf Ver- cinlassung des Ministerium» hergestellt und in einzelnen Schulen bereits im Gebrauch. Ein« sofortige und völlige Beseiti- gung aller alten Lehrbücher war aus äußeren und inneren Gründen undurchführbar. 4. Zur Berbilligutig her Lernmittel konnte trotz wiederholter energischer Bemühungen de» Unterrichtsministeriums bei dem Stande der Staats- und Reichsfinanzen bisher leider nichts erreicht werden._ Hinter verschlossenen Türen bargen sich gestern ln Berlln-Mitte die Deutschnotionalen im Berliner Stadthaus, wo ihr Par- teioorsitzender H e r g t reden sollte. Die Versammlung war so au- getündigt worden, daß man sie für eine öffentliche halten mußte. zu der jeder Wähler zugelassen wurde. Den Erschienenen wurden aber Einladungstarten oder Ausweise über Zugehörigkeit zur Deutschnationalen Dolksportei abverlangt, und wer kein? von beiden vorlegen tonnt«, mußte sich belehren lassen, die Versammlung sei nicht öffentlich, man könne ihn nicht als Gast zulassen, es sei nur ein enger Krei» beisammen. Offenbar hatte man Angst, dah es zu Auseinandersetzungen über den durch den„Vor- wücts" aufgedeckten Krach in der Deutschnatioualon Polt6»art»i komme« werde.