Nr. 84 38. Jahrgang Ausgabe B Nr.42
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Sonnabend, den 19. Februar 1921
Am Tage vor der Wahl.
J- a!"
Die politische Bildergalerie auf den Wahlplakaten hat sich in ben legten Tagen um einige sehr wertvolle Stüde bereichert. Der alte Frig", der fel. Frhr. von Stein und die Königin Luise haben fich vereinsamt gefühlt in dieser fremden Welt. Deshalb sind die Deutschnationalen auf den finnigen Einfall gekommen, ein Bild aus dem Gegenwartsstaat aufs. Blatat zu bringen. Sie lassen einen mächtigen- Eselstopf mit den charakteristischen hängenden Langohren den Wählern zurufen: Wählst Du auch deutschnational? 3--- a!"
Proletariats und die Räterepublit geschwärmt. So hat z. B. Dr. Kurt Rosenfeld eine große Hymne auf Räteungarn noch gefungen in dem Augenblid, in dem das ganze Kartenhaus schon zufammenbrach. Aber diese theoretische Schwärmerei für die Rätediktatur nehmen Unabhängige und Kommunisten selbst nicht ernst. So weit sie wenigstens früher der Sozialdemokratie schon angehörten, haben sie fich auch jetzt noch immer von Zeit zu Zeit als entschiedene Demo traten befannt, nicht für eine ferne Zukunft, sondern für die Gegen wart. So hat der Unabhängige Dr. Weyl erklärt:„ Die Macht des Proletariats beruht auf der Maffe."( Stenogramm, Spalte 4105.)
Diese unlautere Konkurrenz aus der Tierwelt dieß die deutsche Abg. Dr. Cohn hat die Notwendigkeit der Demokratie außen. Boltspartei nicht ruhen. Sie brachte eine Serie wunderschön politisch begründet. Die Entente rolle ein demokratisches Deutsch ausgewählter und photographisch getreu wiedergegebener Schafsland, und dieser Wille der Entente sei bei den gegebenen Machttöpfe herbei, die ihrerseits den vorübergehenden und staunenden verhältnissen unbedingt zu beachten,( Stenogramm, Spalte 4774.) Wählern mitteilen, daß sie, die Herren Schafstöpfe, am Sonntag Ganz wild begeisterte sich der Kommunist Sto ed er für das wieder Deutsche Bolkspartei" wählen würden. Andere Schafs inzwischen burchgeführte dirette Wahlrecht zu den Provinzial töpfe sollen dann das gute Beispiel augenscheinlich nachahmen. landtagen:
Diese neue Art der Bilderreklame hat sicher eine große Zukunft. Die B.K.P.D. wird z. B. ihren Dr. Levi als Löwen mit wallender Mähne darstellen, für die U.S.P. werden Godelhähne aufmarschieren, das Zentrum wird fich in der Rolle des Chamäleons spiegeln- furz, die spätere Wahlpropaganda läßt sich sehr abwechslungsreich geftalten, wenn das diesjährige Mufter der Deutschnationalen und der D. Vp." Nachahmung findet.--- a"!
Die Qual der Wahl.
Der ergt die Dantees tat meghauchen. Das war der Mann, den wir gebrauchen! Den Hergt wählt, dann gibt's feine Not: Hergt hegt aus Hatenkreuzen Bra!
Bon roten Ketten bist du fret
Im Reiche durch die Bolkspartet Daß du in Preußen gleich beglückt: Geh hin und wähle fie entzüdt! Ganz müd und mürb die U.S. . Wo sind die Massen, ach herrjeh! Den Landtag nur zu rujenieren Tut auch K.P. noch tandidieren. Das Arbeitsvolt in alter Treue Zur Preußenwahl eilt es aufs neue Und wird das läßt sich nicht verhehlen Troß allem S.p.D. nur. wählen!
-
U.S.p. und K.P.D. für Demokratie!
Die Sozialdemokratie hat bekanntlich, wenn man ihren Gegnern von links glauben will, längst alle Prinzipien preisgegeben und treibt eine haltlose Gelegenheitspolitit. In Wahrheit ist es gerade um gefehrt. Zu allen Fragen, die in Breußen aufgetaucht sind, hat die Sozialdemokratie fofort flar und entschieden Etellung genommen und ihren Standpunkt dann folgerichtig verfochten. Dagegen ist es gänzlich unmöglich festzustellen, wie Unabhängige und Rommunisten zu den einzelnen preußischen Problemen stehen.
Wie stehen sie z. B. zum Fortbestand des Staates Breußen felbft? Schon in den ersten Sigungen der Landesver. fammlung gab der jezige Kommunist Stoeder die Erklärung ab, buß die Unabhängigen gegen jede Loslösung und Absonderung ven Breußen seien. In der neuaten Sigung bestätigte Adolf Hoff. mann, daß die gesomte Fraktion der Unabhängigen das Streben nach Auflösung Preußens. aufs entschiedenste befämpfe, Hinter den Absonderungsgelüften stünden nur fapitalistische Interessen; die Reaftion wolle möglichst im Westen einen Kirchenstaat schaffen. Stoecker und Rosenfeld wandten sich sogar gegen jede Erweiterung der Provinzautonomie( 3. B: Stenogramm, Spalte 504, 509 und 3570) und marfen den Sozialdemokraten vor- ohne Angriffe gegen die Sozialdemokraten geht es einmal nicht, daß sie nicht entschieden genug die preußische Einheit wahrten. Bei der Beratung der preußischen Verfassung aber weigerten sich die Unabhängigen, jetzt vertreten durch Dr. Oskar Cohn und Obuch, mitzumachen, da Preußens
Wir fragen die Regierung: weshalb führen Sie nicht das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht, so, wie mir es jetzt im Reich, im Staat und in den Gemeinden haben, auch in den Bro vinzen ein? Welcher fachliche Grund liegt vor, daß wir nicht auch hier das demokratische Wahlrecht einführen. Aber verlassen Sie fich darauf, wir werden Ihnen im Ausschuß wie auch im Plenum Gelegenheit geben, aus den Provinziallandtagen wirklich demokratische Körperschaften zu machen, ein wirklich demokratisches Wahlrecht durchzuführen und damit endlich auch der merftätigen Bevölkerung den ihr gebührenden Einfluß auch zu den Fragen der provinziellen Verwaltung zu geben."( Stenogramm, Spalte 2652 und 2656.)
Von 9 bis 6' Uhr
wird am Sonntan gewählt. Nach 6 Uhr darf niemand mehr zur Wahl zugelassen werden. Es ist deshalb nöfig, daß jeder Wähler möglichst früh zur Wahl fommf, um den möglichen Berlust feiner Stimme am Abend zu vermeiden. Memand vergesse, sich einen Ausweis mitzubringen, um sich im Zweifelsfalle legitimieren zu fönnen.
Gewählt wird sozialdemokratisch!
Bon Diftatur und ähnlichen Scherzen spracht der wadere Rom. munist fein Wort.
Den Bogel aber fchoß Dr. Rurt Rosenfeld ab. Der demofratische Parteivorfigende Dr. Friedberg hatte sich zu bemerken er laubt, die De motratie sei allerdings nur eine äußere Form, die über den Inhalt des staatlichen und sozialen Lebens noch nicht viel aussage. Darauf mies ihn Dr. Kurt Rosenfeld folgendermaßen zurecht:
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Vor der Entscheidung.
Der Kampf um den ersten verfassungsmäßigen Landtag, um die Provinzial- und Kreisvertretungen der Republik Preußen, zugleich auch um die Reichstagswahlen in Schleswig Holstein und Ostpreußen , geht mit dem heutigen Tag zu Ende, und morgen ist der Großwahltag, der für die innere Politik nicht nur Breußens, sondern des ganzen Reiches so viele wichtige Entscheidungen in sich birgt. Entschieden wird diefer Kampf nicht nur durch die Stärke der miteinander ringenden politischen Organisationen, nicht nur durch die Schlagtraft der Argumente, die von Zeitungen und Bersammlungsrednern ins Treffen gebracht werden, sondern vor allem auch durch die Rührigkeit und Ueberzeugungstreue der Anhänger. jeder einzelnen Partei.
Es wäre ein großer Irrtum, anzunehmen, zwischen heute und morgen sei schon alles entschieden, und es bedürfe nur noch eines Drucks auf den Knopf, um die Wahlmassen von rechts und lints und von der Mitte in Bewegung zu setzen. Hunderttausende sind noch im legten Augenblid zu gewinnen, und gerade diese Hunderttausende fönnen die Entscheidung bringen. Das sind diejenigen, die bis zum letzten Augenblick zwischen den Parteien hin- und her schwanken und die schließlich von entschlossenen Männern und Frauen zu ihrem endgültigen Berhalten am Wahltag bestimmt werden. Das Auftreten und Wirten der Parteimitglie der in ihrem Bekanntenkreis, in Berkstatt und Bureau, in ihrem täglichen persönlichen Berkehr ist für das Kräfteverhältnis der Parteien zueinander vielleicht wichtiger als alle öffentlicheft Reden, Auffähe, Flugschriften und Plakate zufammengenommen. Auf diesem Gebiet tann aber noch in allerletter Stunde Wichtiges, vielleicht Entscheidendes geleistet merden.
Lue darum jeder, der Sozialdemokrat nicht bloß heißen, sondern auch sein will, feine Pflicht!
Der Wahlkampf, vor desfem Ende wir stehen, wird gefennzeichnet durch die trempfartigen Anstrengungen der äußersten Rechten und der äußersten Linten auf der einen Seite und durch die solide Kraftentfaltung der Sozialdemokratie auf der anderen. Den Massen der sozialdemokratischen Arbeiterschaft ist ihr Selbstbewußtsein zurückgekehrt, und das Geschrei von rechts und links vermag sie nicht mehr zu irritieren. Sie bliden mit einem Gefühl der geistigen und sittlichen Ueberlegenheit auf das radaunationa listische wie auf das linksputschistische Treiben, sie wissen, daß das Dinge sind, die vorübergehen, daß aber die Sozialdemokratie bleibt und weitermarschiert.
Bergleicht man die Bewegungen von rechts und links, fo springt ein großer Unterschied in die Augen. Nämlich die von ganz links haben immer über die Ergreifung der politifchen Macht det lamiert, die von ganz rechts haben dagegen zielbewußt an ihr gearbeitet. In den Versammlungen begegneten sich Deutschnationale und Kommunisten mitunter in dem gegenseitigen Rompliment, daß im Grunde genommen sie allein forsche Kerle mären, und daß der Kampf um die Zukunft Deutschlands zwischen ihnen ausgetragen werden müsse, was aber dazwischen liege, das tauge nichts. Die geschmeichelten dummen Teufel von der B.K.P.D. merften gar nicht, wie weit fie fich dabei aufs Eis führen ließen. Ihr Bemühen, dem Proletariat die Macht zu verschaffen wobei Sie mit einer fast fomisch wirkenden Raivität unter dem Prole tariat nur fich felber verstehen, ist hilflos plump und dilet tantisch. Die Methoden der Reaktion find den ihren zehnmal überlegen. Wenn die Sache der Arbeiterschaft feine befferen Vertreter hätte als diese Kommunisten, die alle realen Machtfattoren übersehen und ganz im Reich der Phantasie leben, dann wäre es um fie verzweifelt schlecht bestellt.
Herr Kollege Friedberg fagte, daß die Demokratie eine äußere Form fei, in der der Boltswille sich fundtue. Herr Dr. Friedberg, wenn Sie das behaupten, dann entfernen Sie aller dings aus dem Begriff der Demokratie affes, was wirtlich nach Demokratie aussieht Die Demokratie ist nicht eine äußere Form, in der der Volkswille fich fundtut, sondern die Demokratie ist die Form, in der fich unter den heutigen Berhältnissen der wirkliche Boltswille am besten fundgeben kann."( Stenogramm, Sp. 3244.) Natürlich erregte diese demokratische Belehrung aus dem Munde des Räteschwärmers bei den Sozialdemokraten schallende Heiterkeit, Glücklicherweise verfügen aber die Massen des werftätigen und ein sozialdemokratischer Redner sprach nur das SelbstverständItche aus, als er erwiderte, er habe schon immer gewußt, daß die 11.5.3. den Räteschwindel selbst nicht glaubt; sie brauche ihn nur zu effektvollem Abschluß langweiliger Reden und Aufrufe.
Zur S.P.D.
Staffel, 19. Februar.( Eigener Drahtbericht des„ Borwärts") Fortexistenz nur der Reaktion biene; man müsse sofort zu einer Neu- In Hersfeld fordert die U.S.P. ihre Anhänger auf, bei den einteilung Deutschlands fommen. Und jetzt warfen fie der Sozial Kreis- und Kommunallandtagswahlen für die S.P.D.- Lifte zu demokratie vor, daß fie Preußen erhalte und daß ihr alle konftrut stimmen. tiven Ideen für den Neuaufbau fehlten.
Oder wie stehen Unabhängige und Kommunisten zur GrundSteuer? Sie haben in trauter Gemeinschaft mit den kapitalistischen Barteien den Lüdemannschen Entwurf der Grundsteuer befämpft und abgelehnt, weil die Grundsteuer abmälzbar wäre. Aber in der letzten Sizung der Landesversammlung hat plötzlich Dr. Ostar Cohn unter lebhafter Zustimmung der Unabhängigen und Kommunisten wahlen der Gak ftehe:" Tretet für die Regierung des republierklärt, wie sehr der bürgerliche Barlamentarismus versage, gehe schon daraus hervor, daß nicht einmal die dringend notwendige schon daraus hervor, daß nicht einmal die dringend notwendige Grundsteuer zustande gekommen wäre!
In den überschwänglichsten Worten haben nicht nur die Kom munisten, sondern auch die Unabhängigen für die Diftatur des
Eine deufschnationale Fälschung, Die Korrespondenz ber Deutschnationalen Bolkspartei" verbreitet eine Notiz, in der fie der preußischen Regierung halbanttliche Wahlbeeinflussung" vorwirft. Sie begründet diefen Angriff damit, daß unter den an die Wahl bezirte verteilten graphischen Darstellungen der Landtags fanifchen Preußen ein!" Es ist demgegenüber festzustellen, daß die Deutschnationale Korrespondenz sich hier einer Fälschung fchuldig macht. Der Say lautet in Wahrheit:„ Tretet für die Erhaltung des republikanischen Preußen ein!" Er befagt also nichts anderes als das, wozu eine Regierung, die auf die Re publit und auf die Berfaffung bereidigt ist, verpflichtet ist.
Bolkes über eine Bertretung, die in den Methoden eines wirtlichen Machtkampfes beffer Bescheid meiß. Die Sozialdemofratie hat sich als die einzige Arbeiterpartei erwiesen, die es versteht, politische Macht zu erobern und festzuhalten, und darum ist sie allein es, die den Kampf gegen die Vertreter der alten Standes- und Klassenvorrechte zu führen hat. Die Reaktion, die nicht phantasiert, sondern rechnet, weiß ganz genau, daß jede Stimme, die für die Sozialdemokratie abgegeben wird, einen Strich mehr durch ihre Rechnung beB.K.B.D. entfallen, dadurch, daß sie die Sozialdemokratie deutet, während die Stimmen, die auf die U.S.P. und die schwächen, legten Endes ihr zugute fommen.
Es ist nicht zu verkennen, daß die Erkenntnis diefer flaren Sachlage bei allen Gegnern der Reaktion seit den Reichstags= wahlen des vorigen Jahres bedeutende Fortschritte gemacht hat. Gegen den efelhaften Radauantisemitis. mus, der sich jetzt an allen Eden und Enden breit macht, bildet nur die Sozialdemokratie einen festen Damm. Und der Traum des deutschnationalen Parteivorsitzenden Hergt, er werde demnächst an der Spike eines antifozialdemokratischen Bürgerblocks die Ministerpräsidentschaft übernehmen und für Preußen das werden, was für das gesegnete Bayern der Herr ' D. Rahr ist, tann nur dadurch zerstört werden, daß die