dC0 Voanerstag, 24.5ebraae 1�21
Nr. Y?» zs. Jahrgang
GroßGerlln Merbetag für üen„Dorwärts�. Am heutigen Tage werden Tausende von Genossinnen und Genossen auf den Beinen sein, um für das Organ der werktätigen Bevölkerung Berlins , den„Vorwärts", Abonnenten zu werben. Diese Tätigkeit kann nur von durch- schlagendem Erfolg gekrönt sein, wenn die Abonnenten des „vorwärts" unseren Genossinnen und Genosien hilfreich zur Seite stehen. Jeder Leser unseres Blattes, auch wenn er sich offiziell nicht an dieser Werbearbeit beteiligt, kann doch ein wich- tiger Pionier für die Verbreitung des„Vorwärts" fein. Gerade weil er mit den Nachbarsleuten in Berührung steht und mit ihnen sich über das, was der„Vorwärts" als großes Arbeiterblatt im Kampfe für die Entwicklung zum Sozialis- nius bedeutet, eingehender unterhalten kann, ist jeder„Vor- wärts"-Leser der geeignete Helfer für dessen Verbreitung. Die Landtagswahl am Sonntag bat gezeigt, daß Hunderttausende Wähler Groß-Berlins in der alten Sozialdemokratischen Partei ihre erfolgreiche Interessenvertretung sehen. Dieses Votum sollte aber auch Veranlassung sein, daß der Abonnentenstand des„Vorwärts" wesentlich erhöht wird. Wollen wir die sozialdemokratischen Wähler zum dauernden Besitzstand der Partei machen, so müsien wir sie in engen Zusammenbang mit dem führenden Blatt der Sozialdemokratie, den„Vorwärts", bringen. Nur durch ihn können die Hunderttausende mit der Ideenwelt des Sozialismus bekanntgemacht werden. Als führendes Organ der Sozialdemokratie zeigt der„Vorwärts" auf den mannig- fachen Gebieten des wirtschaftspolitischen und kommunalen Lebens, daß nur zähe und methodische Arbeit zu Erfolgen führt. Von dieser Ueberzeugung sind die Mafien bereits in er- freulichem Maße durchdrungen, daher ihre A b k e h r von der revolutionären Phrase, durch die lediglich die Feinde der werktätigen Klasse erstarken. Die beste Agitation für den„Vorwärts" kann jeder Leser dadurch leisten, daß er sein Blatt den Nachbarsleuten zum Lesen gibt. Nur durch dauerndes Inverbindungbringen der unserem Organ noch Fernstehenden können wir dieselben von der Notwendigkeit überzeugen, daß der„Vorwärts" ein weit- verbreitetes Blatt sein muß, wenn er mit noch größerem Erfolge Vertreter ihrer Interessen sein soll. Von diesem Gedanken durchdrungen, erweise sich heute und in den kommenden Tagen jeder„Bvrwärts"-Leser als ein Helfer für die Verbreitung seines Organs.
BezirkSamtswahle« im Verwaltungsbezirk Spandau . Nach monatelangen Verbandhingen erfolgten gestern die Wahlen iium Befir'samt. Alle drei Linksparteien lvaren bereit, die Demo- kratcn uiw das Zentrum mit je einem besoldeten und beide zu- sammen einem unbesoldeten Stadtrat zu beteiligen. Obgleich daS Zentrum und die Demokraten zusammen nur 7 Stimmen zählen und alw keine Aussicht ballen, auch nur einen Sitz zu erlangen. fordeiten sie drei Besoldete und einen Unbesoldeten. An ibrer Nu» nach ncbigkeit scheiterten die Verhandlungen. Da«in Jfsttiammen- geben mit den monarchistischen Rechtsparteien unmöglich war, wollten die Linksparteien die Verantwortung allein übernehmen. Bei den Wahlen brach ein Mitglied der Linksparteien in verant- woriungsloser Weise nicht nur da» getroffene Uebereinkommen, sondern es verslieh sich noch obendrein dadurch dagegen, daß es seine Stimme dem von deutschnationaler Seite vorgeschlagenen Gegenkandidaten gab und so defien Wahl ermöglichte. Gewählt winde zum Bürgermeister Bürgermeister Stritt-Tegel mit Stimmengleichbeit. Au? der weiteren Wabl gingen hervor: Stadt- schlllraf Kramm sAP D.s. Befirksverordn. Münzinger(S.V. D.s. Bezirk»verardn. Wagner(U.S P.f. Stadtrat Leo lK.P.D.), Stadt- rat lvi'ch lK.P.D.). Als unbe'oldete Stadträte wurden gewählt: Stadtrat W aB»e r(S P.D.). Sekretär Vollmann(K.P.D.V
N e u s ch(Dnatl.), F a h r e n h o r st(D. Vp.). Die bisherigen Bürger- meister Dr. Woelck und Stahl hatten ihre Wiederwahl abgelehnt, trotzdem alle Linksparteien sie wählen wollten. Die Wahl des Syndikus wurde vertagt._
Ein neuer Morö. Die Kapitalverbrechen Hausen sich in der letzten Zeit in ge- radezu erschreckender Weise. Gestern wurde der Mordbereitschasts- dienst der Kriminalpolizei wieder nach der Petersburger Strohe 2Z gerufen, wo der 26 Jahre alte aus Lodz gebürtige Schriftsteller Theodor Körner von einem noch unbekannten Manne in seinem möblierten Zimmer erstochen worden ist. Im ersten Stock des Hauses Petersburger Str. 25, am Petersburger Platz, wohnt die 62 Jahre alte Witwe Berta Grützner, die zwei ihrer aus drei Zimmern bestehenden Wohnung möbliert an junge Leute vermietet hat. In dem Vorderzimmer wohnte sei un- gesähr einem Jahre der aus Lodz stammende Theodor Körner . Die- ser war von dem Drei-Masken-Verlag als Uebersetzer polnischer Dramen tätig, machte aber auch Handelsgeschäfte. Er erhielt auch öfter Besuch in seiner Wohnung. So auch gestern nachmittag wie- der. Gegen 4 Uhr hörte die allein anwesende Wirtin plötzlich Hilferufe aus dem Zimmer Körners. Als sie daraufhin dessen Zimmer betrat, sah sie, wie sein Besucher auf ihren am Boden liegenden Untermieter mit einem Messer einstach. Als der Mann die Wirtin gewahrte, wari er das Mordinstrument, ein kleiner Dolch, wie er im Felde in der Scheide am Koppel getragen wurde, beiseite und rannte, während die Frau sich um den Schwerverwun- Veten bemühte, davon. Seinen Hut lieh er am Tatort zurück. Die Frau schlug jetzt Lärm, doch hatte der Mörder unterdessen schon das Haus oerlafien und war verschwunden. Ein Arzt, der herbei- geholt wurde, tonnte nur noch den Tod des Mannes feststellen. Er hatte mehrere Mefierstiche in oie Brust erhalten, von denen wahrscheinlich auch emige davon das Herz durchbohrt haben. Die zunächst benachrichtigte Revierpolizei alarmierte den Mordbereit- schaftsdienst der Berliner Kriminalpolizei, von der alsbald die Kriminalkommissare Bvese und Dr. Schuppe mit ihren Beamten und dem Erkennungsdienst am Tatort erschienen. Sie nahmen den Tatbestand auf und leiteten sofort die Nachforschungen nach dem flüchtigen Täter ein. Ein umgeworfener Rauchtisch und andere Merkmale lassen erkennen, daß sich zwischen dem Mörder und seinem Opfer ein heftiger Kamps abgespiell hat. Wer der Täter ist und in welchen Beziehungen dieser zu dem Ermordeten stand, steht noch nicht fest, ebenso weiß man noch nicht, ob dieser Körner im Streit erstochen hat oder es auf eine Beraubung abgesehen hatte. Das Gerücht von dem Mord rief eine ungeheure Menschen- menge an den Tatort, die das Haus bis in den späten Abend hinein umlagert hielt. Die Kriminalpolizei sucht vor allem festzustellen, mit wem Körner in geschäftlicher oder privater Beziehung in Verbindung ge- standen hat. Wer darüber irgendwelche Mitteilungen machen kann, wird ersucht, sich im Zimmer S!a des Berliner Polizeipräsidiums zu melden.
Der Raubmord in der Linienstraße. Zur Aufklärung des Raubmordes in der Lmienstraße wird noch mitgeteilt: Frau Schulz bestreitet noch wie vor ihre Mitwisser- schaft über das Verbrechen. Haufe gibt noch an, daß er mit feiner Frau und Liesegang nach Entdeckung des Verbrechens zusammen an einer Säule den Anschlag der Kriminalpolizei gelesen habe. Alle drei begaben sich darauf zu Frau Schulz und wurden von ihr be» wirtei. Bei dieser Gelegenheit erklärte Frau Schulz, daß sie, wenn etwas herauskommen sollte, niemals zugeben würde, von der Tat gewußt zu haben. 5)aufe bleibt dabei, daß er bei der Ausführung des Planes nicht mit in die Wohnung Engelmanns gegangen, son- dern draußen aus der Straße geblieben sei. Das geraubte Geld hat das Ehepaar Hause mit Liesegang in dem gemeinschaftlichen Haushalt verbraucht. Liesegang hat aber, ohne daß Frau Haufe pder Frau Schulz es wußten, auch noch die goldene Uhr des Er- mordeten geraubt und sie an einen Händler in der Friedrichstraße für 250 M. verkauft. Als ihm der Boden zu heiß wurde, begab er sich nach Lychen zu seinen Eltern. Von dort aus soll er in die Fremdenlegion eingetreten sein. Mehrere Postkarten, die er ge-
„Dann rudre du nur auch." Mit Marjas Hilfe ging es durch die erste Strömung, und sie gelangten in Stillwasser, wo das Rudern leichter war. Iuha glaubte zu rudern, aber die Ruder platschten in das Wasser wie in den Händen eines Ungeübten, ohne Takt. ... Ich habe ihn zum Krüppel gehauen. Weshalb habe ich ihm den Arm und das Bein entzweigeschlagen? Es ist ja nicht seine Schuld, daß die andere gern mit ihm davonge- gangen ist... vielleicht hat sie sich ihm sogar aufgedrängt... Seine Sippe wird ihn nicht ungerächt lassen, den Besten in Karelien . Eine Fehde wird daraus entstehen... Eine Plage werde ich ihr nur sein, in Zukunft wie bisher. Sie fürchtet, ich könnte sie und ihr Kind umbringen Davor wird sie Tag und Nacht zittern... Es wird kein richtiges Leben mehr wer- den... Sie hat es doch gewünscht, hat gewünscht, ich wäre tot. Und das kann man ja auch von mir wünschen, da ich in der Wut so etwas vollbringe. Einen Unschuldigen habe ich zerschlagen, den Vater ihres Kindes. Ein Vater ist ein Vater. Dem hat sie das Kind geboren, nicht mir, bei mir hat sie es wohl auch nie gewollt— nein, nein... Aber sie bekommt ja einmal das Gehöft... Das Boot fuhr unterhalb der Stromschnelle an das Ufer. Marja stieg mit dem Kinde aus. Iuha blieb wie selbswer- geffen, mit den Rudern im Wasser, auf der Bank sitzen. ... Sie bekommen ja das Gehöft. Die Sippe kann es ihr nicht nehmen, da sie einen Leibeserben hat. Das weiß auch Kaifa... Da ist noch der oberste Scheitel des Hügels unabgefchwendet... Ach, was wird mir das Atmen schwer... Die hier zerstören vielleicht nicht den Hof ihrer Verwandten, solch eine gute Herberge... Ich kann sie, kann sie vielleicht bis zum Sonntag dorthin rudern, wenn ich mich hier erst ein bißchen verschnaufe... Wenn sie aber doch lieber da geblieben wäre, um ihren Liebsten zu pflegen... Iuha erhob sich mühsam, er wäre beim Aussteigen fast gestolpert, nahm seinen Hut, wendete das Innere nach außen und trank Wasser damit; setzte ihn umgewendet auf den Kopf und stand, die Stromschnelle betrachtend, eine Weile da. Dann begann er langsam den Zugstrick vorn im Boote auseinander- zuwirren. Marja faß weiter oben am Strand und beruhigte das Kind, das in seiner Hülle zu weinen angefangen hatte. „Was weint es denn?" „Ich weiß nicht... vielleicht will es die Drnst haben." „Gib ihm... Na. gib ihm doch dann die Brust." „Ich kann ja nicht.. Sie nahm doch das Kind aus dem Tuch, in das sie es gewickelt, haue, und beruhigte es, indem sie es an sich drückte. Das Kind hörte auf zu weinen, lächelte, stammelte, mit Wund.
schrieben hat, machen seinen Eintritt in die Legion wahrscheinlich. Gesucht wurde Liesegang schon vor dem Mord in der Linienstraße wegen mehrerer Einbrüche. Er selber hat auch öfter erwähnt, daß er nicht nur wegen Einbruch verfolgt werde, sondern auch mit einem Mord in der Spandauer Straße zu tun gehabt habe.
flus der Kokainhöhte. Die weitere Untersuchung des Tretbens in dem Keller des Kellners Beckmann in dem Haufe Waterlooufer 12 fördert Dinge zutage, die man in Berlin doch auch heute noch für unmöglich gehalten hätte. Hiernach scheint, gang abgesehen von den Orgien der gewissen Kreise, auch das Kokainlaster an sich in Verlin viel weiter verbreitet zu sein als man bisher angenommen hatte. Junge Leute, die aus ihrem Erwerb zunächst das Geld hatten, sich das Berauschungsmittel zu kaufen, frönten dem Laster nach und nach so stark, daß sie, wenn ihr Geld nicht mehr ausreichte, alles hergaben, um immer wieder Kokain kaufen zu können..Noch andere verschaff» ten sich die Mittel durch Diebstahl. Sie gaben statt des baren Geldes dem Beckmann das, was sie von Handwagen oder sonstwie an irgendwelchen Werten erbeuteten. Einige besonders Geflügel, das sie stahlen und das Beckmann sehr gern annahm, um seine Gäste bei Tag und Nacht bewirten zu können. Beckmann, der in seinen schmutzigen Räumen außer Speisen auch Getränke aller Art verabreichte, machte das Hauptgeschäft mit Kokain. Er verkaufte die Dose, die nur 1 Gramm enthielt, für 20 bis 25 M„ wahrend es ihn kaum die Hälfte kostete. In einem eigenartigen Versteck fand man noch eine Anzahl leere Flaschen, die 11» bis 50 Gramm Kokain enthalten haben. Bei einer erneuten Durchsuchung, die Kriminalkommissar Trett-n mit mehren Beamten vornahm, wurde» noch weitere Kokainverräte entdeckt. Beckmann harte zwischen einem Brikettstapel ein künstliches hohles Brikett eingeschoben und dieses mit Kokain angefüllt. Ein Weihnachtsbaum, der noch mit Silber- fäden und Glasschmuck behangen in dem großen Zimmer stand, wurde von den Kokainisten benutzt, um ihre nassen Taschentücher daran aufzuhängen und zu trocknen. Der Kundenkreis setzte sich aus den höchsten und niedrigsten Gesellschaftsklassen zusammen. Die Wirkung des Kokainschnupfens war zunächst der„Kokolores", ein Zustand, der die Personen stark belebt und erregt, auch Sinnestäuschungen und Trauinzustände waren die Folge. War aber die Wirkung des Kokaingenusses vorbei, so machte sich eine große Er- schlaffung bemerkbar. Der bäufige 5iokaingenuß, der zu einer schlimmeren und noch unheilvolleren Wirkung als der Morphium- genuß siihrt, hat schwere körperliche und auch geistige Schäden zur Folge.
/lrbettsitachweisweseti. Der Deutsche Städtetag hat in Eingaben an die Reichsstelle» Einspruch dagegen erhoben, daß nach dem Entwurf des Arbeits» nachweisgesetzes die Landesämter für SrbeitSvermitt- lung zu Aufsichtsbehörden gegenüber den Ge» m e i n d e n als Trägern der Arbeitsnachweise berufen werde» sollen, anstatt sie auf den durch die Technik der Arbettsvermittlung gegebenen TätigkeitSrabmen(zwischenörttiche Vermiltlungs zu bc- schränken. Dieses neuen Eingriff« in die Selbstverwaltung bedürfe es angesichts der bestehenden staatlichen Kommunalaussicht keines« Wegs. Nach den mit den Landesarbeitsämtern bisher gemachten Erfahrungen werde die ihnen jetzt zugedachte Rolle nur zu einer kostspieligen und dabei entbehrlichen Vermehrung der AmlSgeschäfto und»einrichtungen führen._ Ein Rathauskeller für Titzungs- und Bnreauraume. In Eöpenick hat sich in den letzten Verwaltungsjahren infolga der fteren Zunahme und Ausdehnung der BerwaltungSgeschäste ein Mangel an geeigneten Bureauräumen bemerkbar ge, nacht, der noch fühlbarer wird dadurch, daß Eöpenick Eitz der Bezirtsvcrwaltung sijr den i6. Verwaltungsbezirk Berlin geworden ist. Der Magistrat hat daher beschlossen und die Stadwerordnetenversammlung um Zustimmung ersucht, vorläufig die Räume deö Cöpenicker Rats» kellerS nicht zu WirtschaflSzwecken zu verpachten, sondern sie zur Benutzung als SitzungS» und Bureauräume herzurichten.
Tie Krankheiten in der 17». Gemeindeschule. Zu der Nachricht über Krankheiten in der 175. Gemeindeschnk« teilt daS Nochrichtenamt des Magistrats folgendes mit: Wie zu allen Zeile» ist eö auch jetzt vorgekoniinen. daß Eltern ihr Kind in der Hautklinik untersuchen ließen und dabei erfahren haben, daß Fingern, Äugen die Brust suchend— eines Anderen Kind, ein S' emdes, dunkelhaariges, mit Marjas Stirn, Schemeikkas ugen... Ihm hat sie eins geboren... mir nicht... nein, nein... Iuha halte sich abgewendet, das Boot vom Land gestoßen, den Strick über die Schulter geworfen und angefangen am Ufer der Schnelle hinzuschreiten, indem er das Boot nachzog. Als er es den Fall hinauf in das Stillwasser gebracht hatte. zog er es ans Ufer, stieg hinein und begann es, hinten stehend. mit der Stange stromaufwärts zu schieben. Marja ist am Ufer entlang mitgegangen, um am Still» wasier in das Boot zu steigen und beim Schieben zu helfen. Aber er scheint ja allein fertig zu werden. Das Boot bewegt sich leicht, den Steinen ausweichend, hinauf. Iuhas Rücken beugt und streckt sich immer heftiger, obgleich die Strömung keinen Widerstand mehr bietet, als wollte er hastig wegfahren, entfliehen.— Er wird doch nicht gehen und uns hier zurück- lassen? Wenn er es sich nun so ausgedacht hat? Nein nein—! Plötzlich sieht Marja, wie das Boot still stellt und das Bordertell hoch auffährt, wie auf einen Stein. Iuha drückt mit der Schiedestange auf den Boden, indem er das Boot zurückzustoßen versucht, aber es rührt sich nicht, neigt sich ein wenig auf die Seite und nimmt Wasser ein. Es ist wahr- scheinltch Zwischen zwei Steinen eingeklemmt, und das Wasser drückt es immer fester dazwischen. Jetzt geht Iuha nach vorn, schlägt mit der Stange auf den Boden und versucht das Boot. vorsichtig gegen den Rand stemmend, loszumachen. Die Stange steckt irgendwo fest und geht nicht heraus. Iuha läßt sie aufrecht stecken und macht ein paar Schritte nach hinten zu. schwankt, fällt ober nicht. Er geht wieder nach vorn, packt von neuem die Stange und dreht sie wild hin und her. Sie bricht durch, und Iuha stolpert auf die Ruderbank, in der Hand die Hälfte der Stange. Zugleich macht sich das Boot los, und das Wasser beginnt es davonzutragen. Weshalb greift er nicht nach den Rudern? Läßt er es auf den großen Fall zu gehen?—„Iuha! Iuha! rudre! wes- halb ruderst du nicht?"— Mit zunehmender Geschwindigkeit gleitet das Boot querüber in die Strudel. Iuba sitzt rubig an feinem Platz.— Ach, der Unglückliche, er will nicht!— Marja läuft so nahe heran, wie sie kann, und fuchtelt mit den Händen. Als das Boot ihr gegenüber am Kamm des Falles ist, wirft Iuha, nachdem er Marja gewahr geworden, das Ende der Stange in das Wasser und winkt wie zur Antwort ein-, zweimal mit den Händen, als ob er den Flug eines Vogels nachahmte, auf den Lippen ein sinnloses, eindrucks- loses Lächeln, den Hut umgewendet auf dem Kopf. In dem- selben Augenblick schlägt das Boot um, und Iuha stürzt de« Fall hinab.
Schweres Blut. 46] Roman von Zuhani Aho. (Schluß.) Iuha erhob sich wild, stieß das Boot vom-Lande ab, so daß die Ruder und Sitze durcheinanderpolterten und-sprangen und er selbst von der Wucht des Stoßes auf die Knie sank. Steig ein!" befahl er barsch. Marja schien es, daß der Ausdruck in Iuhas Äugen wieder rasend, fürchterlich war. Sein Ge"cht war bis über die ganze Kopfhaut rot Übergossen. Marja fühlte sich von einem finnlofen Entsetzen gepackt, und, ohne zu wissen, was sie tat, rief sie: „Ich komme nicht, du bringst uns um!" „Ich bringe euch nicht um.. sagte Iuha. leise jammernd, wie einer, der lange krank gewesen ist, das Gesicht wieder schlaff, die Augen eine Weile geschlossen. „Wohin fahren wir?" fragte Marja scheu. „Doch wohl heimwärts— oder willst du hier bleiben... um ihn zu pflegen?" � � „Rein, nein. Iuha— laß uns nur gehen— ich habe nicht gewünscht, daß du tot wärest." Iuha winkte mit der Hand, als wollte er sagen: laß nur.. ich weiß schon... es nützt nichts mehr. Marja stieg in das Boot und ging nach achter. „Setz dich vorn, da ist es besser mit dem Kind." Er selbst nahm an den hinteren Riemen Platz, um zu rudern. Marja legte das Kind an die Spitze des Bootes und griff nach den Rudern. „Laß, ich werde euch schon rudern." Er schwenkte das Boot auf die Stromschnelle zu, von der Schaumbälle mit der Strömung vorwärts trieben. Er ruderte und mußte sich in der immer stärker werdenden Gegenströmung immer mehr anstrengen. „Soll ich nicht doch nldern?" „Laß." Aber er ermattete immer mehr und keuchte wie ein auf ungebahntem Wege ziehendes Pferd... Kann ich denn nicht mehr? Was hat mir so die Kraft gelähmt?... Wie be- komme ich sie nun alle Schnellen und Gegenströme hinauf? Was wird aus ihnen, wenn ich mitten drin zusammenbreche? Es schwindelte ihm der Kopf wie einem, der ohnmächtig wird. Die Ruder griffen in das Wasser wie in Eisbrei, das Boot schien sich nicht vom Fleck zu bewegen; die Ufer standen still, oowohl das Wasser nach hmlen schoß.