Nr. 109+38. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Der verurteilte Staatsanwalt.
Das Urteil im Kommunistenprozeß.
Kaffel, 5. März.( Eigener Drahtbericht des„ Borwärts".) Bor dem Gerichtsgebäude Stacheldraht, Sipo, Lastautos und vielleicht auch Maschinengewehre. Die Kommunisten haben in einer Demonstrationsversammlung am Freitagabend einen Demon strationszug angefündigt, um gegen den Staatsanwalt, der politische Angeklagte als ehrlos und schamlos bezeichnet hat, zu proteftieren.
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Bor dem Gerichtsgebäude haben sich Tausende von Ar. beitern aller sozialistischen Parteien eingefunden. Der Zuschauerbeitern aller sozialistischen Barteien eingefunden. Der Zuschauerraum des Gerichtssaales ist dicht besetzt.
Der Borfihende verkündet das Urteil: Es ergeht folgendes Urteil: Die Angeklagten& after und Cohagen werden frei geiprochen. Die fünf übrigen Angeklagten werden megen Berbrechen gegen die Verordnung des Reichspräsidenten verurteilt: alingmüller zu 9 Monaten Gefängnis, Schroer und 3eifer zu 4 Monaten, Harbich und Rabbich zu je 2 Monaten Gefängnis. Je 1 Monat Untersuchungshaft wird augerechnet, das Material wird eingezogen, zur Tragung der Koffen werden die Angeflagten verurteilt. An die Berlesung des Urteils fnüpft der Borsitzende folgende Urteilsbegründung:
Ebenso wie jeder Angeklagte, der unschuldigt beschuldigt ist, das Recht hat, freigesprochen zu werden, so haben auch der Staat und die Allgemeinheit ein Recht auf Berurteilung eines Schuldigen. Davon fann fich das Gericht nicht abbringen lassen durch Protefte und Umzüge einzelner Parteien. Die Angaben der Angeklagten in der Haupt verhandlung stimmen mit der Wahrheit nicht überein. Das Gericht legt seinem Urteil das Urtundenmaterial und die Ausfagen im Borperfahren zugrunde. Das Gericht nimmt an, baß in Effen eine Bezirksoberleitung bestanden hat, in Dort mund eine Unterbezirksleitung, und daß offenbar noch andere Be zirtsstäbe beftanden haben, so auch in Düsseldorf . Die Leitun gen standen anscheinend mit einer Zentrale in Berlin in Berbindung. Die Inftitution hatte den 3wed der Bersetzung der legalen militärischen Berbände und außerdem den Zweck der Zusammenfaffung von Bersonen zu militärischen Zweden. Die Rote Armee war in Stizze fertig, deren einzelne Ausführung aber noch fehlte. Das Gericht fann sich der Auffassung nicht anschließen, daß es sich bei dem beschlagnahmten Material um Spigelmaterial handelt.
Die bayerischen Einwohnerwehren
bestehen mit Genehmigung der zuständigen Stellen, daher ist das Gesetz nicht andauernd durchbrochen worden. Der Staat hat auf den Schutz durch eine Rote Armee in unzweideutiger Weise verzichtet. Die Bildung einer Roten Armee war bislang nicht nötig, um die vermeintlichen Angriffe von rechts abzumehren. Es gibt andere Mittel: Anrufung des Schutzes der Behörden, Borlage des Materials, wenn daraus ein Angriff gegen das Proletariat hervor. geht. Das Schaffen von Armeen von rechts und links foll gerade vermieden merden, bu daraus Bürgerfriege eftehen. Zum Begriff der Notwehr gehört der Angriff von Person zu Person, nicht von Klasse zu lasse. Das Gericht hat den Angeklagten mil bernde Umstände in weitestem Sinne zugebilligt. Sie haben nicht unehrenhaft gehandelt. Darum tommt Zuchthaus nicht in Befracht. Doch ihr Borgehen war sehr gefährlich. Es ist nicht wahr, daß die Richter Angeflagten aus dem Arbeiterstande gegenüber fein Berständnis aufbringen. Der Richter ist genau so gut Arbeiter wie die Angeklagten, und wenn die Angeklagten den Begriff des Prole tariats so auffaffen, daß jeder, der meniger als ein Existenzmini mum hat, Proletarier ist, dann ist der Beamte und Offizier ebenso Brolier wie jeder Handarbeiter. Die Angeklagten haben persönlich
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Sonntag, 6. März 1921
tapitalfräftigsten Macht so ein gut Stück der Kriegslosten zugeschoben werden. Der neueite Vorschlag, der einstweilen inoffiziell in London und Paris ausgebedt worden ist, geht dahin, daß alle durch den Krieg verursachten Kosten und Berluste zusammen gerechnet und ihre Dedung dann na Maßgabe der Einwohnerzahl von jeder der beteiligten Nationen verlangt werden joll, wobei natürlich die Summe, die man von den Kriegsgegnern einen ungünstigen Eindrud nicht gemacht. Aus der herauspressen hat tönnen, in Anrechnung zu bringen wäre. Da Ueberzeugung, daß sie Kommunisten sind, fann natürlich ein Amerika io große Vorteile aus dem Weltfrieg gehabt habe und vor Grund zur Berschärfung des Urteils nicht ange- seinem Eintritt in den Krieg die übrigen Nationen auch in seinem nommen werden. Interesse gelämpft hätten, sei es nicht mehr als recht, daß es feine volle Quote an der Schuldenlast trage. In New York meint man Das Urteil, noch mehr aber die Urteilsbegründung be- aber, wenn auf einem folchen oder ähnlichen Wege die Weltdeuten eine Verurteilung des Staatsanwalts, berichuldung getilgt werden solle, fönne man lange warten. Amerika des ehemaligen Kriegsgerichtsrats Dr. Meyer, babe, bevor es in den Krieg eintrat, ausdrücklich festgestellt, daß wie sie schärfer faum gedacht werden fann. Man sieht aus den es in feiner Hinsicht mit den Aliierten gemeinsame Sade madhe, Urteilsgründen deutlich, wie das Gericht sich die größte Mühe babe fich bollständige Handelsfreiheit vorbehalten und werde auch außer to praktische Gründe dies angebracht erscheinen liegen. Es gibt, von den parteipolitischen und haßerfüllten Ausführungen in der Kriegstoftenfrage seine eigenen Wege gehen. Eine solche Idee diejes merkwürdigen Gerechtigkeitsvertreters jo meit als tönne überhaupt nicht biskutiert werden. Ein anderer Vorschlag wil an möglich abzurücken. Wenn das Gericht auch einige der An- Amerita die Schuldverschreibungen zedieren, welche Deutschland in geflagten für schuldig erflärt, so hat es doch mit erfreulicher der Wiedergutmachungsfache den Alliierten geben soll. Zunächst Energie abgelehnt, wie das Herr Staatsanwalt Meyer ver- würde man damit die Verichuldung der Alliterten an Amerika aus langte, die Angeklagten als politische Gegner zu ächten, sie als der Welt schaffen, dann würden die Altierten Amerifas Goldbort ehrlos zu erflären und sie ins Zuchthaus zu stecken. anzapfen tönnen, und schließlich was aber nicht gefagt wird-- Weit. anerkennenswerter Deutlichkeit sagt das Gericht, daß die würde Amerikas neuer Rolltarif nicht allzu hoch werden können, Angeflagten nicht mit anderer Elle gemessen werden weil Amerifa doch Deutschland Gelegenheit geben muß. feine Fa dürfen, weil sie kommunisten sind. In der Rede des brifate abzufezen, andernfalls es ja nicht gablen lönnte. Amerifa Staatsanwalts war das der immer wiederkehrende Refrain daß die Alliirten nicht einmal die ginien auf ihre Verichuldung müsse doch einsehen so fommt es aus London und Paris . gewesen, daß die Angeklagten als Kommunisten außerhalb zahlen fönnten. Zum mindesten solle Onkel Sam fich für lettere bes deutschen Boltes ständen, daß sie als Kommunisten ehrlos aus der deutschen Entschädigung schadlos halten. feien, daß die ganze Kommunistische Partei ehrlos fei und daß man ihr gegenüber das deutschnationale Racheschwert hand- Jndustrieller Kapitalbedarf. Die Industrie schluckt nach wie haben müsse.
bor riesige neue Kapitalien. So wurden im Monat Februar 1921 Es läßt sich darüber streiten, ob das gefällte Urteil in weit über 2 Milliarden neue Attien und Dbligationen gefchaffen. allen Bunkten der Gerechtigkeit völlig entspricht. Gemessen Mit 2893 Millionen Mark erreicht der Februarbedarf der Industrie an den Zuchthausanträgen des Staatsan- eine Rekordsumme( im Januar 1921: 1551 Millionen Marl , im walts und feiner deutschnationalen An- Februar 1920: 807 Millionen Mart ). Die Zunahme verteilt sich flagerede, ließt es sich mit seinen Gründen jedenfalls wie gleichmäßig anf alle Kategorien. Im einzelnen wurden geichaffen: ein Musterbeispiel der Objektivität. Das Gericht hat einige mark Vorzugsaktien und 636( 896) Millionen Mart Obligationen. 1329( Januar 908) Millionen Mark Stammattien, 428( 247) Millionen Angeflagte freigesprochen, andere verurteilt. Biel schärfer und unter den letteren befindet sich das Zeichnungsergebnis auf die muchtiger verurteilt aber als selbst diese ist der Staatsan- Anleihe von Bayerischen Wassertraft- Werte A. A. mit 500 Millionen walt Dr. Meyer! Hinaus mit diesem Mann aus Mart. Bei den Vorzugsaktien handelt es sich auch diesmal nicht der Rechtspflege! um sogenannte Stimmrechts- Aktien, sondern in der Hauptface um einstimmige Vorzugsaktien, wie zum Beispiel die 250 Millionen Vorzugsaktien der AEG.
Wirtschaft
Am 5. März galten:
Die Mart.
100 Gulden holländisch 100 Kronen dänisch . 100 Kronen schwedisch 100 Lire italienisch
1 Bfund englisch
1 Dollar amerifanifch
100 Franken franzöfifch
2157. 1101 1398
230
244
62
450 1038
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Soziales.
Arbeitsnot und Freizügigkeit.
Aus dem Reichsarbeitsministerium wird mitgeteilt: Wie aus Berhandlungen des vorläufigen Reichswirtschaftsrats befannt ge= worden ist, beabsichtigt der Reichsarbeitsminister die Verordnung über die Freimachung von Arbeitsstellen in naher Zeit wesentlich einzufchränken. Zunächst war geplant, die Vorschristen dieser Berordnung, durch die die Freizügigkeit der Ar= beitnehmer beeinträchtigt wird, völlig aufzuheben. Im Reichswirtschaftsrat fomohl wie von der Bertretung der deutschen Städte 100 Franten schweizerisch. ist aber darauf hingewiesen worden, daß die Großstädte mit beBerglichen mit dem Stande der Mark Ende Februar bat fich fonders großer Arbeitslosigkeit, wie Berlin , Hamburg ufm., bei der unsere Baluta nicht wesentlich verfchlechtert, tog der schweren gegenwärtigen Lage des Arbeitsmarktes bis auf weiteres noch vor wirtschaftlichen und politischen Krifis, die in London ihrer Löiung dem Zuzug arbeitsfremder Arbeitsträfte geschützt werden mugen. harrt. In New York z. B. hat der Martture in den legten Tagen Es wird deshalb nunmehr daran gedacht, die Beschränkung der Fraifogar etwas anziehen können. Man muß dies aber nicht so gr zügigkeit in den Großstädten mit besonders ungünstigem Arbeitslegen, als werde Deutichlands Butunft nun günstiger beurteilt. martte noch fortbestehen zu laffen, zugleich aber auch die übrigen Sondern die Spekulation hält fich aurud, wartet den endgültigen Bestimmungen der Berordnung nur auf diese Zentren der ArbeitsAusgang der Londoner Konferenz ab und hat wahrscheinlich auch Lofigkeit zu beschränken und für das übrige Reich die ganze Berordnung aufzuheben. Die Regierungen der Länder, die Vereine schlimme Wendung, wie üblich, im voraus estomptiert. tretungen der Städte und die Bereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der vorläufige Reichswirtschaftsrat find gebeten worden, zu diesem neuen Vorschlage Stellung zu nehmen. Sobald ihre Erklärung vorliegt, wird die endgültige Entscheidung getroffen werden.
Amerifa zahlt alles! Das Deutschland die Hauptlasten des Weltkrieges tragen muß, gleich viel, ob es in der Lage ist, zu be zahlen oder nicht, ist bei gewissen Führern der Entente eine aus gemachte Sache. Aber auch den Bereinigten Staaten, als der
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