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Nr. 258.

Gird RoR 95

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Biertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage ,, Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 8,30mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band  : Deutschland   u. Desterreichs Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mr.pr.Monat. Eingetr. in der Post Beitungs- Preisliste für 1894 unter Nr. 6919.

Do not 11. Jahrg.

Vorwärts

800

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder beren Raum 40 Pfg., für Bereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn und Fefttagen bis 9 Uhr Vor mittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Bozialdemokrat Berlin  ! ad 2) jund auf d

Berliner   Bolksblatt.

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Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

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Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2. Sonntag, den 4. November 1894. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

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Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein

Jean Dolders.

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boykottirtes Bier!

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Peuple, rue de Bavière eine ungeheure Menschenmasse zu- I eine ungeheure Menschenmasse zu- Und doch hat uns der Volksmann gefehlt, dieser herrliche sammengefunden. Sie feierte durch enthusiastische Jubelbezeugungen Mann, deffen Kraft und flammende Worte die Maffen auf­die sozialistischen Siege in Lüttich  , in Charleroi  , in der Borinage rüttelten und in Bewegung festen. und in anderen Streifen.

Alle unsere Genossen kennen ihn die weitaus meisten nur durch Schrift und Bild; die, welche so glücklich waren, die internationalen Kongresse zu Paris  , Brüssel   und Zürich   durchzuckte es wie ein Schauer diese Menschenmasse. Ein unvergeßliches Schauspiel! In gewissen Augenblicken zu besuchen, vom Ansehen, vom Druck der Hand, vom Diese armen Leute fühlten, daß die Kraft der Arbeiter­Alle Leuchten seiner treuen, Begeisterung blizenden Augen, und klasse, ihrer Klasse wuchs, sich verstärkte, und fie begannen zu vom durchdringenden, das innerste Mark und Herz be- hoffen. Es sei also wahr, was die Sozialisten fagten? Sie wegenden Metall seiner Volksrednerstimme. Ein echter würden eines Tags Herren im Land, ihre eigenen Herren, sein? Volkstribun, das Jdeal eines Volkstribuns: hohe Gestalt, Ihre Leiden würden nicht ewig dauern?" Und ihre Phantasie gewinnende Persönlichkeit, mächtiges Organ, hinreißende schuf vor ihnen das irdische Paradies ihrer Träume. Beredtsamkeit und das verbunden mit gesundem Menschen­Am Fenster des ersten Stockwerts schlug man eins der verstand, rascher Auffassung und zäher, unerschütterlicher tros ihrer Eigenschaft als Stadt des Luxus, des Handels und der letzten Theil- Resultate von Brüssel an. Die Hauptstadt hatte, Thatkraft. fleinen Industrie, troß der ihr beigefügten großen Landbezirke So weit von Führern" die Rede sein kann, war Jean und ungeachtet alles Druckes von seiten der Regierung, der Volders der Führer der gewaltigen Arbeiterbewegung, die Verwaltung und des Unternehmerthums für die Arbeiterpartei den kapitalistisch- pfäffischen Machthabern Belgiens   das all- 40 000 Stimmen abgegeben. Das war ein Ausbruch des Ent­gemeine Wahlrecht, wenn auch noch nicht das gleiche, ent- zückens! Man sang, man tanzte und man weinte vor Freude. riß; und ihm vor allen Anderen, ihm, der, wie einst In diesem Augenblick hörte ich Jemand an meiner Seite Carnot den Sieg der französischen   Revolutions heere, fagen: Armer Jean". Es war ein alter Kamerad unseres so den Sieg der belgischen Proletarierarmee vorbereitet und orders. Auch er war glücklich, aber sein Glück war mit organisirt hat ihm gebührt vor allen Anderen das Ver- Traurigkeit gemischt, bei dem Gedanken an den Abwesenden. dienst des 14. und 21. Oktobers.

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Armer Jean!" Das war das schmerzliche Gefühl, welches uns das Herz zusammenschnürte. Es war in der That das erste Er fonnte an dem Kampf nicht theilnehmen, nicht an Mal seit dem Bestehen der Partei, daß Jean Bolders nicht dabei bem Triumph. Die Riesen- Anstrengungen des Feldzuges war und das an diesem Tage des großen Sieges. Er, der um das allgemeine Wahlrecht waren selbst für seinen die Seele so vieler Arbeiter- Manifestationen war, wenn es galt herkulischen Körper zu viel sein Nervensystem ist der auf zu kämpfen, er war fern von uns in dem Augenblicke, wo die reibenden, nie nachlassenden, immer wachsenden Spannung Arbeiterklasse den ersten Triumph, nach länger als zehn Jahren erlegen, und seit Monaten befindet er sich in einer Frren- des Ringens der Opfer und der Leiden feierte. Man fühlte, anstalt, aber die belgischen Arbeiter haben ihren Jean Boltserregung Giner fehlte. Mancher fragte sich, ob unsere Ver daß bei dem Appell der Arbeiterpartei in diesen Tagen der Bolders nicht vergessen. In der Stunde des Siegs gedachten sammlungen, unsere Manifestationen noch Erfolg haben würden, sie dessen, der ihre Schaaren geordnet, ihnen die Waffen nun Er nicht mehr da war. geschmiedet und den Weg zum Siege gezeigt hatte. Und vorigen Mittwoch schrieb das Brüffeler Bentralorgan der belgischen Sozialisten, der Peuple  ":"

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Je wo der Wahlkampf vorüber ist, wollen wir die Tage affenstillstandes benutzen, um einer Pflicht der Dant zu genügen und der Erinnerung einige Augenblicke zu war der Abend des 14. Oftobers. Inmitten von Schmut egen hatte sich vor dem Volkshaus Maison du

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Feuilleton.

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Zum Glück eine unbegründete Furcht. Volders hat selbst vor einiger Zeit auf diese Frage geantwortet. Ich hatte ihn in dem kleinen Hause seines Baters in Forest besucht. Die fürchter­liche Krankheit zerstörte schon sein Gehirn, doch hatte er immer noch Stunden vollständiger Klarheit. Wir sprachen von der sozialistischen   Bewegung. Die Arbeiterpartei." sagte er, , bedarf nicht, oder vielmehr sie bedarf nicht mehr eines Führers. Der Bug ist auf dem Geleise, die Maschine ist geheizt, er läuft allein."

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Erinnerungen eines Kommunarden. Szelheiten

Aus dem Französischen von Jakob Audorf  .

Ein Rendezvous.

Wie Caesar de Paepe, wie Brismée, Berrycken und viele Andere, hatte auch er schwer zu arbeiten, und wie sie, hat auch er nicht den Lohn geerntet.

Aber er wurde am härtesten getroffen. Unter unseren theuren Todten waren auch Märtyrer, allein ihre Leiden endigten mit dem Tode. Jean Bolders ist ein zwiefacher Märtyrer. Getrennt von der Welt der Lebenden, ist er noch fähig, törperlich und seelisch zu empfinden, zu leiden.d

Vielleicht hat er in den letzten Tagen auf der Chaussee von Löwen Arbeiter vorüber gehen hören, die durch lauten Gesang ihren glorreichen Sieg feierten.

Bielleicht hat er sich gesagt das ist die Marseillaise  " und vielleicht hatte jer dann ein unbestimmtes Bewußtsein unseres Triumphs.

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Bisweilen erhellen noch Lichtblicke die Nacht seines Gehirns. Wie kommt es", fragte er fürzlich den Leiter der Anstalt, daß ich Peuple  " nicht erhalte, hat man mich schon ganz vergessen?" und nicht selten spricht er vom Fortgeben; er will in die Bettungss redaktion, in das Maison du Peuple, zu den Seinigen nach Forest, überall hin, wo er einen Theil feiner Seele gelaffen.

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Hoffen wir, daß ihm eines Tages noch diese Freude werde; hoffen wir es für ihn und für uns. Hoffen wir, daß noch nicht alles zu Ende ist, daß er geheilt wird, daß wir ihn wiedersehen, daß sich das furchtbare Opfer, daß er seiner Partei gebracht, der Partei der Armen, nicht bis zum äußersten Ende vollziehen wird. police Aug. Dervinne. Und auch wir hoffen es, hoffend gegen Hoffnung"; Wir fahen ihn zuletzt in Zürich   und Schreiber dieses verkehrte damals viel mit ihm und mit den übrigen Aehnlichkeit seines Zustandes mit dem Wilhelm Hasen. Belgiern. Und damals erschreckte uns die unheilverkündende Aehnlichkeit seines Zustandes mit dem Wilhelm Hasen. clever's auf dem St. Gallener Kongreß. Derselbe Gesichtsausdruck, dieselbe Unfähigkeit, einen Gedanken fests zuhalten, dasselbe tiefschmerzliche Aufdämmern der Wahrheit, dieselbe schwere Bewegung des Kopfs, in dem das tranke Hirn sich auflöſte.

Armer Hasenclever! Armer Volders! Ihr seid nicht vergessen!

Präsidenten des Kriegsgerichts die Erlaubniß erhalten hatte, der Wohnung am Boulevard Clichy, als er eines Abends sein Verhältniß mit Sylvia gefeßlich zu regeln, wurde er von dort zurückkehrte, in Kenntniß gesezt. 30 um fünf Uhr Morgens in der Kaserne Lobau erschossen." Ihr liebes Frauchen", sprach er ,,, leidet an einem Herz­Ich habe, so schloß der Baron   seine Erzählung, diese übel, jedenfalls, wie ich folgere, durch die Aufregungen der von dem Präsidenten des Kriegsgerichts letzten Monate erzeugt. Man muß sie schonen und warten, selber, der noch ganz entrüstet von dem prahlerischen bis man ihr beruhigter die ganze Wahrheit ohne Gefahr und fecken Benchmen des durch und durch Schuldigen mittheilen darf. Eine solche Nachricht, wie ihr kurz oder war."- dinded lang zu Theil werden muß, wenn auch freudig, könnte doch nachtheilig für sie sein. Ich werde übrigens mich mit aller Sorgfalt ihrer Gesundheit annehmen und alles aufbieten, was meine Wissenschaft vermag."

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Dieser feige Lügner! Und was antwortete die Baronin, Am folgenden Tage, an einem strahlend heitern Juni- seine Mutter," forschte Sylvia weiter. morgen, saß Sylvia an der Seite eines jungen Mädchens Beugen wir uns, mein Sohn, vor den Rathschlüssen unter den dicht belaubten Kastanienbäumen vor dem kleinen Hause des Boulevard Clichy. Das junge Mädchen, keine Andere als meine Pflegeſchwester Louise, war auffallend blaß, ihre großen blauen Augen standen voll Thränen, sie hielt die Hände Sylvia's in den ihrigen und bedeckte die selben mit Thränen und Küssen.

Beruhige Dich, meine gute Louise, redete Sylvia leise, mit schmeichelnder Stimme dem vor Schmerz fast sprach losen Mädchen zu, wir trennen uns nicht mehr. Jacques war Dein Bruder, ich werde Deine Schwester sein. Ich werde Dich nicht in den Händen dieser Frau Baronin Meylan und ihres schrecklichen Sohnes lassen. Aber wie haft Du meine Adresse erfahren?"

Durch den Baron Meylan  ."

der Vorsehung;" sprach dieselbe, ohne eine Thräne zu ver gießen, ohne daß ihre Stimme auch nur eine Regung ver­rathen hätte ,,, was Gott   thut, das ist wohlgethan! Früher oder später hätte dieser Mensch uns doch entehrt. Und was sind jetzt Deine Absichten, Sylvia gegenüber?"

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Immer dieselben, liebe Mama. Wenn es nur irgend eine Möglichkeit giebt. Wir haben ja überhaupt mit dem traurigen und düstern Ende Jacques' nichts zu thun!" Der Niederträchtige!" murmelte Sylvia. T " Nun, dann schreibe ihr und suche sie womöglich persönlich auf;" fuhr Louise in ihren Mittheilungen fort. Mein Arzt, so sprach die Baronin weiter, hat mir uns bedingt Seebäder verordnet. Die starken Gemüthsbewegungen, welche dieses schreckliche, traurige Jahr mich durchmachen Hat er von der Verhaftung Jacques' gesprochen?" ließ, haben meine Gesundheit erschüttert. Ich reise diesen " Er hat es seiner Mutter erzählt und ich habe Alles Abend nach Dieppe   und zwar allein, da einer unserer mit angehört. Er sprach ungefähr folgendes: Ganz unschul- Freunde mir Gastfreundschaft anbietet. Louise wird hier diger Weise gab ich einem meiner Freunde, einem Polizei- bleiben, um das Haus zu hüten. Die Baronin ist darauf Tommissär, die Wohnung Sylvia's an, um dieselbe in dem denselben Abend abgereift und ich benutze diesen Morgen Drunter und Drüber zu beschützen. Dieser Beamte übernahm des Barons Abwesenheit, um mit Ihnen zu weinen." den Auftrag mit Vergnügen, wahrscheinlich jedoch hatte er Ich danke Dir meine gute Louise," sprach Sylvia, eine geheime Instruktion, welche er mir nicht mittheilte. das Mädchen bewegt an sich drückend. Nur noch wenige Er wußte selber nicht, wie er mir seitdem sagte, daß Tage und wir beide werden uns nicht mehr trennen. Jacques mein Bruder sei, da es viele Meylans giebt. Er Ich habe noch, bevor ich Paris   verlasse, eine Pflicht zu war Sylvia vom Boulevard Sebastopol gefolgt und hatte erfüllen. Sobald dieses geschehen, reifen wir miteinander auf diese Weise Jacques entdeckt, welcher sich dort bei einem nach Morne- Rouge. Paris   und Frankreich   ist jetzt für mich Freunde heimlich aufhielt. Jacques wurde natürlich ver- ein Gegenstand des Abscheues und des Schreckens. Ordne haftet, vor ein Kriegsgericht im Chatelet gestellt, wo er ein Deine kleinen Angelegenheiten und halte Dich auf den ersten voll ommenes Geständniß seiner Verbrechen ablegte; fein Ruf bereit." Sa tsal konnte danach nicht zweifelhaft sein. Zum Tode Derurtheilt in einer Abendsigung, und nachdem er vom

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Was Sie mir mittheilen, lieber Doktor, betrübt mich, ohne mich jedoch zu überraschen," antwortete ich. Sylvia's Vater, d'Herbois, mein Oheim, ist plötzlich auf der Reise von Amerika   hierher an einem Herzschlage gestorben. Es ist wohl klar, daß die Aufregung während des Krieges und die Gemüthsbewegungen während der blutigen Woche eine Krankheit entwickeln mußten, zu welcher das arme, liebe Kind wahrscheinlich den Reim schon in sich trug."

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Eine Krankheit," meinte der Arzt, welche nicht nur leicht heilbar ist, sondern auch nicht verhindert, hundert Jahre alt zu werden. Und Sie, wie geht es denn mit Ihnen? Geben Sie Ihren Puls! Kein Fieber geht zum besten Sie brauchen weiter nichts als Ruhe und Pflege."

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alles

Er untersuchte meine Wunden und die Zufriedenheit spiegelte sich auf seinem Gesichte wider.

Das lasse ich mir gefallen! Einen solchen Kranken mag ich gern. In acht oder zehn Tagen sind Sie nicht nur außer Gefahr, das sind Sie schon jetzt, aber Sie können daran denken, die Grenze zu gewinnen."

Dante Ihnen, theurer Doktor! Aber es bleibt immer noch die Frage, wie bekomme ich einen Baß?" Sprechen Sie und Ihre Frau englisch  ?"

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Wie französisch! Da wir in Jamaita, einer englischen Rolonie, erzogen und aufgewachsen sind, mußten wir wohl die Sprache des Landes lernen."

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Gut, dann läßt es sich machen! Ich bin mit einer jungen englischen Familie speziell bekannt, die sich ein Vergnügen daraus machen wird, Ihnen ihren Paß zu leihen. Die Frau ist eine hübsche Brünette. Der Der Doktor hatte mich von dem Stand der Dinge in Mann von einem unbestimmten Blond. Alle Beide