r«n Seite hatten dieselben Zentmmsleute nicht» dagegen, daß der früheren elsaß -lothringischen Schwerindustrie Milliarden bewilligt wurden, abgesehe-n von den unge- Heuren Summen, die in den letzten Tagen wieder dem Reederkapital zugeführt werden. Das Zentrum beweist auch in der Frage der Entschädigung der mindcrbemittellen Vertriebenen, daß es zu gerne nur kapitalistischen Interessen dient und den berechtigten Wünschen der vertriebenen A r- beiterschast, der kleinen Gewerbetreibenden und des Mittelstandes kein Interesse entgegenbringt. Die Vertriebenen werden sich gelegentlich der„sreundlichen" Haltung des Zentrums erinnern, die im schroffsten Widerspruch steht mit den durch seine Fraktionsrednerin Schmitz in der Nationalversammlung abgegebenen Erklärungen. Hapern unö üie Entwaffnung. Der R e i ch s t a a s a u s s ch u ß zur Vorberatung des Gesetz- eiuwurfes betreffend Durchführung der Artikel 177 und 178 des Friedensvertrages(Verbot der Selbstfchutzorganl- sakionen) begann heute seine Beratungen mit einer ausgedehnten Debatte über die Stellung Bayerns zum Reich und über den Noten- bzw. Briefwechsel, der zwischen der bayerischen und der Reichsregierung geführt worden ist. Auf Antrag des Abg. Hofsmann-Kaiserelautern(Soz.) wurde nach einer entgegenkommenden Erklärung des Reichsminister» des Innern Koch vom Ausschuß die VeröffenMchung des Briefwechsels verlangt. Abg. hoffmann-Kaiserslautern (Soz.) wünscht« die o« fl« Er- f üllung der Bestimmungen des Dersailler Vertrages in bezng die Entwaffnung und kritisierte den Gesetzentwurf sowie die"letue Rede des bayerischen Mini st erpräsidenten. der in allen Nachbarländern Feinde Bayerns sieht. In seinen Aeutze- rungen im Landtage über die Einwohnerwehren erblickte er eine Aufforderung zur Mißachtung der Reichsgesetze. Ein Vertreter des Auswärtigen Amtes begründete die Vorlage mit dem Hinweis auf den Friedensvertrag, den zu erfüllen die deuffche Regierung bestrebt sei. Das Pariser Diktat gehe viel» fach über den Friedensvertrag hinaus, so die Bestimmungen über die Luftschiffahrt, die Aufsicht über die Industrie usw., Bedingungen. die nicht erfüllt werden könnien. Dagegen würde Deutschland die Sympathien der Welt verlieren, wollte es den militärischen Bestimmungen des Berfailler Vertrages nicht nachkommen. Die Abgg. v. Graefe und Edler o. Dran»(Dnai.) griffen die Regierung wegen der Art des Vorgehens in dieser Frage scharf an. Wenn außenpolitische Gründe für die Vorlegung des Gesetzes in Frage kämen, so muffe doch gesagt werden, daß der Gesetzentwurf weit über das hinausgehe, was der Versailler Vertrag verlange. Agrarische Sünüer. Aus Pommern wird uns geschrieben: Eine der wichtigsten Fragen, mit denen sich der Wirffchasts- Politiker auseinanderzusetzen hat, ist die, ob und wie wir unsere B«° volkerung ernähren können. Zu einer vollständigen Ernährung unter Verzicht auf ausländische Unterstützung find wir gegenwärtig nicht in der Lage. Zwar hat man ausgerechnet, daß bei intensivster Bodenbearbeitung wir sogar noch einen Ueberschuß heraus- wirtschaften könnten. Da uns jedoch zurzeit die Mittel fehlen, um derartige Betriebsweisen zu finanzieren, so müssen wir versuchen, mit den vorhandenen Mitteln die denkbar größte Menge heraus- zuholen. Notwendig ist allerdings, daß dann jedes Fleckchen Erde bebaut wird. Wie sieht es jedoch da in der Wirtlichkeit aus? Allein im Kreise B u b l i tz liegen mindestens 6000 Morgen Land brach. Die Provinz Pommern hat rund 36 Kreise. Rechnet man durchschnittlich in jedem Kreise 400Ö Morgen Brache, so ergibt das für eine Provinz allein 140 000 Morgen Land, die nicht de- baut werden. Im Durchschnitt ergibt 1 Morgen Land 4 Zentner Roggen. Es könnten somit allein in Pommern 630000 Zentner Roggen mehr geerntet werden, als tatsächlich ge- wonncn sind. Von dieser Menge können 280 000 Menschen gut er- nährt werden. Würde man das Land mit Kartoffeln bestellen, so ergäbe eg bei SO Zentner Durchschnittsertrag rund 7 Millionen Zentner Kartoffeln. Hier könnte selbst mit den vorhandenen Mitteln Großes ge- leistet werden, aber hier versagt alles. Es gibt kaum ein« Be-
Hörde, die hier tatkräftig eingreift, verfiigungen find zwar«klaffen, in Hülle und Fülle, aber eine Derfügung, die einen Anbau- zwang vorschreibt, ist bis heute noch nicht ergangen. Glaubt etwa die Regierung, daß sie die dickhäutigen Agrarier dadurch zum Anbau bringt, daß sie ihnen höhere Preise bewilligt? Diese Sorte Gewaltmenschen wird nur dann zum Gehorsam und zur tätigen Mitarbeit zu gewinnen sein, wenn man Gewalt an- wendet. Mag die Regierung doch für jeden Morgen Brach« eine Sonder st euer einziehen, die dem Werte von 4 Zentner Roggen entspricht. Zwar beteuern diese Musterpatrioten dauernd, daß sie wegen Mangel an Leuten und Spannoieh die Bebauung nicht«st- los durchführen könnten. Doch das trifft nicht zu. Leute sind in überreich er Zahl vorhanden, aber man scheut sich, die aus der Industrie kommenden Arbeiter aufzunehmen. Auch die Frag« des l Spannviehs könnte leicht gelöst werden. Zum Teil könnte man die Militärpferde gebrauchen und dann könnten Dampf-, Motor- usw. Maschinen in überreicher Zahl verwandt werden. An- statt der Luxusautomobile sollte man lieber landwirtschaftliche Maschinen kaufen. Es ist ein Jammer, wenn man feststellen muß, daß die Anbauflächen dauernd ab» nehmen, der Hunger und die Rot dagegen ständig steigen. Ein noch größerer Jammer ist es allerdings, daß man von Re- gierungsseite nichts tut, um hier Remedur zu schaffen. Es ist immer das gleiche Bild: Wenn es gegen die A r b e i t e r- s ch a f t geht, weih man sofort Rat: gilt es jedoch, die agrarischen Sünder vorzunehmen, so hat man keinen Mut und schließt lieber die Augen. Etat ües Reichstags. Bei Erörteniug des Reicheiagsctats im Hauptausschuß des Reichstages teilte Abg. Dr. Pachnicke(Dem.) mit, daß Verhandlungen darüber schweben, ob der Reichstag selbständig seinen Etat festsetzen darf oder an die Zustimmung des Reichsrats und der Finanzver- waltung gebunden ist. Bis zum Abschluß dieser Verhandlungen Sllen keine Aenderungen vorgenommen werden.— Zum Etat des uswärtigen Amts regte bezüglich der Unterstützung von Veröffentlichungen über Völkerrecht und internationales Recht Abg. Schreiber(Zentr.) an, daß der vom Minister Dr. Simons in Aus- ficht gestellte kulturelle Beirat bei der Verteilung der Unterstützungs- gelder mitwirken solle. Die Regierung sagte die» zu.— Abg. Dr. Pachnicke(Dem.s berichtete über die Tätigkeit des Unterousschuffes, der zur Nachprüfung der Tätigkeit der Reichszentrale für Heimat- dienst eingesetzt war. und befürwortete die Einsetzung eines Bei- rates mit der Aufgab«, Vorschläge über Abänderung der Reichs» zentrale für Heimatdienst auszuarbeiten.— Der Hauptausschuß be- schloß demgemäß und nahm auch noch eine Resolution an, wonach lede Regelung in Frage der Rcichszenirale für Heimatdienst solange ausgesetzt werden soll, bis der für diese Angelegenheit eingesetzte Unterausschuß Bericht erstattet hat. Gberscklesiee aus Deutstböfterreich. Wien , 18. März.(MTB.) Dienstag nachmittag traten in Zwei mit Blumen und Fahnen geschmückten Sonderzügen etwa 14 0 0 Oberschlesier aus Oesterreich und Ungarn die Absiimmungsreise an. Zum Abschied hatten sich auf dem Bahnhofe eingefunden der deuffche Gesandte von Rosenberg mit Herren der Gesandtschaft und des Konsulats,«ine Anzahl österreichischer Staatsmänner, Abge- ordnete und zahlreiche Mitglieder der reichsdeuffchen Vereine. Nach- dem Abg. Straffner (Großdeuffche Bp.) in herzlichen Worten den treuen Wünschen der Deutschen Oesterreichs Ausdruck gegeben hatte, richtete Gesandter von Rosenberg kurz vor der Abfahrt eine markige Ansprach« an sie. Bach dem begeistert aufgenommenen Hoch aus das deuffche Obsrschlesicn überbrachte Stadtrat Richter(Soz.) oie Grüße des Bürgermeisters von Wien für Oberschlesien . Am Morgen hatten die in Graz lebenden Oberschlesier die Fahrt angetreten. Bor der Abreise hielten der deutsche Konsul Müller ttttd Vertreter der deutschen Verbände herzliche Ansprachen. Paris , 18. März.(TU.) In der Kammer waren acht Mitglieder der sozialistischen Partei ausgewählt worden, die nach Oberschlesien fahren sollten, um die dortige Abstimmung zu beobachten. Die De- legation sollte gestern früh abreisen, erhielt aber von der Regierung die Mitteilung, daß man in Uebereinstimmung mit der britischen Regierung beschlossen habe, dieser Delegation die Päffe zu ver- weigern.(Bürgerliche französische Abgeordnete sollen von Le Rond eingeladen sein!)
Park». 18. März.(ET.) Dem Dertreter der„Thikago Tribüne' sagte General Le Rond: Hunderte von Maschinengewehren, Hand- granaten, Revolvern und große Mengen Munition, mehr als 40 00O Gewehre wurden von uns beschlagnahmt, seitdem wir die Kontrolle in Oberschlesien ausüben. Dieses Gebiet war von den Deuffche« für die Depots von allerlei Waffen bevorzugt, die es an die Jnter« alliierte Militärkonimission hätte abliefern sollen. Wir konnten nur die örtlichen Führer gefangen setzen, aber die eigentlichen Draht- zieher befinden sich im llnu rn Deutschlands . Wir konfiszieren weiterhin täglich große Mengen Massen und Kriegsmaterial, die meistens in Eisenbahnwaggons und Lokomotiven verborgen sind. Andere werden als Nahrungsmittel oder Bücher geschmuggelt. Wir haben zahlreiche Noten an die Regierung gerichtet, aber diese scheint unfähig zu sein, die militärischen Abenteurer zu beseitigen. Der Prozeß gegen tziller. Nach Eröffnung der heutigen Sitzung wird die Beweisaufnahme fortgesetzt. Zunächst wird der frühere Vizeseldwebel von der 10. Kompagnie vernommen, der Hiller als strengen Borge- setzten schilderte.— Auf Befragen erklärt der Zeuge weiter, daß nach seiner Ansicht die Gefangenen Kaiser und Helmhake vom Bataillon hätten verpflegt werden muffen. Leutnant d. R. Schlange war Anfang April Zugführer in Hillers Kompagnie. Die Zustände dort bezüglich der Berpflegung usw. waren haarsträubend. Als ich, so fuhr der Zeuge fort. die kranken und erschöpften Mannschaften sah, faßte mich ein Grauen, denn das leiseste Versagen bei einem Angriff hätte die Gefangennahme des Regiments bedeutet. Morgens waren die Leute frisch und munter, abends waren sie t o t. Dr. Müller bezeichnete die Suppe als gesundheitsgefährlich. Ich hörte viele Klagen über Hiller und wußte, daß er streng strafte. Der folgende Zeuge Schlächter Bauer wird aus dem Ge- fängnis Plötzensee vorgeführt, der wegen schweren Diebstahls eine längere Strafe verbüßt. Er sagt aus, er habe von einem Kameraden Schöner gehört, daß Hiller den Helmhake mißhandelt habe. 1917 kam der Zeuge in das Ersatzbataillon, wo Hiller war. Dort sei hiller betrunken zum Dienst gekommen. Kurdirektor Häver aus Bad Oeynhausen war beim 8. Garde- Jnfanterie-Regiment mit Hiller zusammen. Hiller nahm dort als Jurist Vernehmungen als Gerichtsoffizier vor. Hiller genoß hohe Achtung im Regiment. Oberstleutnant v. L e o s e n war Bataillonskommandeur des Gardefüsilierregiments. Er ichildert Hiller als tüchtigen und Pflicht- eifrigen Offizier. Der Angeklagte legte dann den Geschworenen seine Aufzetch- nungen über Mannschaften, Schießübungen im Februar vor, um zu beweisen, daß er sich um jeden einzelnen Mann gekümmert habe. Staatsanwalt Sauer, der die Zettel durchliest, bemerkt, daß er in den Zetteln Hillers folgende Angabe findet:„Kompagniestärke 293 Mann. Im Arrest ein Unteroffizier, 38 Mann.'— Staats- anmalt: Das scheint ein sehr starker Prozentsatz von Bestrafungen zu sein. Der Arbeiter Reinhold Müller, der als nächster Zeuge gehört wird, erzählt, daß er beim Essenholen sich einmal verirrt habe. Hiller zog sein Seitengewehr und sagte:„Gestehen Sie, Sie sind ein U e b e r l S u f e r!' Als ich verneinte, rief er einen Burschen, der ihm das Gewehr bringen sollte, da er mich, wie«r rief, erschießen wolle. Ich fiel auf die Knie und bat ihn, mich zu schonen. Dann wurde ich aus dem Rande der Stellung angebunden. H i l l e r erklärt, es sei ein albernes Märchen, daß er den Zeugen an den Grabenrand angebunden habe. Fleischer Ernst Taß bekundet folgendes: Als wir aus den Karpathen kamen und Gewehre reinigten, ging mein Gewehr ms Unvorsichtigkeit los. Hiller schlug mich mit dem Gewehr über den Kopf und lieh mich anbinden.— Hille r; Der Zeuge hatte bodenlos leichtsinnig gehandelt und mußte bestraft werden. Zn Sachen des Prinzen Friedrich Leopold erhalten wir eine' Zuschrift des Iustizrats Dr. L u s z y n s k i, des prinzlichen Rechtsbeistandes. Herr Lubszynski verwahrt sich in dem Schreiben sehr energisch gegen den— von uns nicht erhobenen— Vorwurf, daß er direkt oder indirekt an der Fortschaffung irgendwelcher G e g e n st ä.n d e aus dem prinzlichen Besitz gewesen sei oder eine solch« auch nur stillschweigend geduldet hätte. Iustizrat L u b- szynsli erklärt solche Behauptungen für Verleumdung. Dem Finanzministerium sei bekannt, mit welcher Strenge er stets auf das Gegenteil bedacht gewesen sei. Auf den zweiten Teil des Schreibens einzugehen, in dem Herr Lubszynski sein öffentliche'- Vorgehen in der Sache rechtfertigt, liegt kein besonderes Intet, est pot.
Sorgen.
Von Edmund Göhring. Sorgen haben uns schon als Schuljungen begleitet, und sie werden uns erst im Grabe verlassen. Das ist Menschenlos. Doch nicht das schlimmste. Die Sorgen sind unser Fluch und— unser Segen. Klagt nicht über eure Sorgen! Sorgt aber, daß sie euch kluger und tapferer machen. Denn das soll die Sorge. Das ist ihr Eeelengeheimnis. Deshalb fliehet sie nicht, es wäre feige. Dann wäre Sorge nur Angst vor dem Mut, den ihr nicht aufbringen könnt, dem drohenden Uebel zu begegnen. Ja, in Mut muß sich die Sorg« wandeln, wenn das Schicksal an unsere Pforte klopft. Dann habt ihr die Sorge recht oerstanden, dann stählt sie euren Willen. Und ein Bollwerk gibt es. das vor vielen Sorgen des Alltag» wie auch vor denen der großen Verantwortung schützt. Wenn du sagen darfst: Ich kann etwas. Von den kleinlichen und dummen Sorgen rede ich nicht, die waren immer überflüssig und lächerlich, und sind es heute erst recht. Immer blinzelt die Sorg« in die Zukunft, stets Trübes erwartend, oft sieht sie Gespenster, darum täuscht sie auch zuweilen und ver- anlaßt uns zu törichten Maßregeln, die wir später be«uen. Sie hatte ihre frohe und lieblichere Schwester, die Hoffnung, verscheucht. Aber— das Wunderbare! Wir Menschen brauchen die Sorg«. Leben heißt schaffen, dulden, kämpfen. Wer keine Sorgen hat, macht sich welche. Da» Grauenhafteste für uns wäre das Paradies, und(£oo handelte— unter uns ge- sagt— eigentlich sehr klug, als sie durch die Apfelgeschicht« diesem enffetzlich langweiligen Zustande für alle Zukunft ein Ende be- rettete.- Viele Sorgen sind so alt wie das Menschengeschlecht. Wir sollen sie haben, und werden sie uns genommen, dann vermissen wir sie. Die Mutter, die ihr krankes Kind verliert, hat immer ge» weint— um ihre verlorene Sorge. Andere Sorgen aber wechseln mit den Zeiten, auch unser« Stel- lung zu ihnen. Das alte, schöne Mahlmannsche Lied:„Weg mit den Grillen und Sorgen'— es will heute nicht mehr anklingen. Für den Leichtsinn, der auf morgen vertröstet, ist— auch für die Jugend— keine Zeit mehr. Denn über all den Einzelsorgen schwebt heut« wie ein Riesenschatten die eine große Sorg«, die wir alle kennen. Ja. sie will Großes erreichen. Sie will uns wieder Härten und ve«d«ln und wieder vereinigen. Gelingt es ihr» dann hat sie uns unermeßlichen Segen gebracht. Die Festvorstellung in der Slaatvoper. die der Verband der Deutschen Modeindustrie anläßlich der Berliner Frühjahr»« modemvoch« gestern veranstaltete, war für gewiß« Kr Ks«(die Herren
im Frack, die Damen in Gesellschaststoilette) zweifellos ein Ereignis. Erst zeigte man auf der Bühne die dramatische Tanzhandlung, früher „Ballett" genannt,„Iosephs-Legende' mit der Musik von Richard Strauß . Dann erlebte man die Uraufführung eines von Albert Günther zu Ehren der Modenwoche erdachten und von Heinz Kröller in Szene gesetzten Balletts, jetzt„Tanzreihe' genannt. Es hieß„Tomofa" und bestand aus einer Serie von Tänzen in ver- schieden«» historischen Kostümen: Renaissance, Barock, Rokoko, Direc- toire, Biedermeier, Alt-Wien, Gegenwart, Zukunft. Mit Musik- begleitung im jeweiligen Zeitkolorit. Getanzt wurde brillant und namentlich die humoristischen Szenen, Directoir« und All»Wien , fanden vielen Beifall. Die Kostüme waren luxuriöser, aber kaum geschmack- und phantasievoller, als man sie heutzutage auf unseren öffentlichen Künstlerbällen zu sehen bekommt. Indessen war das olles auch nur der Vorwand und die Um- rohmung für den eigentlichen Mittel-, Glanz- und Höhepunkt der Veranstaltung, für die große Pause. Diese daueret« 30 Minuten und bot Gelegenheit, im Foyer alle männlichen und weiblichen Kost- borkeiten aus den vornehmen Logen und Rängen in der Nähe zu genießen. Ein Bild unserer Zeit in einem absonderlichen, aber immerhin kennzeichnenden Spiegel. Würdevoll gepflegte Männer- erscheinungen, auf deren Brust Kreuze und Sterne funkellen. Ich bin in Ordenssachen leider ganz unbewandert, aber da es sich um Häupter der Modenindustrie und Konfekttonsbranche handelle, so vermute ich, daß es in der Mehrzahl Hosenbandorden gewesen sind. Dazwischen«in üppiger, von Brillanten und Perlen überfluteter Damenilor mit Nackenausschnitten, die oft bis zu dem Punkt gingen, wo auch die edelste Rückenlinie nicht umhin kann,«inen Volkstum- lichen Namen anzunehmen. Ein Anblick lehrreich und herzerfrilchend. Hoffentlich befanden sich unter den Festgenossen keine Ententespion«. I. S. Museen frei! Die Direktoren aller Berliner Museumsabtellungen haben sich gegen die geplante Bildungssteuer, die die Eintrittsgelder darstellen, ausgesprochen. Vom Standpunkt der Besucher ist diese Stellungnahme nur zur billigen. Die Sammlungen sind doch nicht nur für Fremde da, die auch einmal durch die Museumssäle wandern. und dafür bei den übrigen Reisekosten auch zwei Mark Ein- trittsgeld verschmerzen werden. Wer aber zu seinem Beruf oder Studium oder zu semer Bildung die Museen öfter oufsucht, sieht sich von der beabsichtiaten, höchst unsozialen Maßregel schwer geschädigt. E i n Tag in der Woche außer Sonntaq ohne Eintrittsaeld nützt auch nichts. Nicht jeder ist so Herr seiner Zeit, daß er gerode diesen Tag benutzen könnte. Und am Sonntag sind die Sammlungen, zumal vormittags, schon so überfüllt, daß an aufmerksame Betrachtung kaum zu denken ist. Die Folge wird zunächst sein, daß viele vor der Tür umkehren und ihre freie Zeit lieber an gastfreieren Stätten ver- bringen werden. Dann aber wird ein Sturm von Ersuchen um freie Eintrittskarten einsetzen. Und wie soll es mit Massenbesuch gehalten werden? Wenn z. V. Lehrer ihre Klassen zur Ergänzung des Unterrichts vor die Originale führen, wenn Prwatgelehrte ihre Privatkurse veranstalten, wenn Volkshochschulturse abgehallen wer» den. Gewerkschaften und Dereine sich von Fachleuten unterrichten lassen. Auch da wird man um Freikarten nicht herum kommen, vor» ausgesetzt, daß die Beschaffung solch« Karten nicht manchen Lehr«
abschreckt. Für wen werden dann schließlich die Museen noch da sein? Die Betrachtung durch Eintrittsgelder versperren, heißt doch die Museen ihrer eigentlichen Bestimmung entziehen. Leb« Forschungen an Menschenaffen sprach in der Urania d« ehemalige Leiter der Menschenaffenstatton in Teneriffa , Dr. W Köhler. Heber seine Beobachtungen und Forschungen ist hier bereits anläßlich seines Vortrags im Museum für Völkerkunde ausführlich referiert worden. Trotzdem soll nochmals darauf hingewiesen wer- den, weil ja nun weitere Kreise Gelegenheit haben, sei es in der Urania, sei es im Zoo, diese Dinge selber nachzuprüfen. He« Köhler führte uns zunächst sein« schwarzen Klienten, es waren zumeist Schimpansen, die im Klima von Teneriffa natürlich besser gediehen als bei uns. im Bilde vor: beim Reigen und dem belustigenden Spiel mit Spiegeln. Der Affe greift(wie dos Kind) hinter den Spiegel, um das Ebenbild zu packen. Er ging dann über zu den planmäßig angestellten Intelligenzprüsungen. die so Überraschende Resullate ergaben. Dem Affen kann man mit den langweiligen Ans- gaben, die niedere Tiere durch sinnlose Gewöhnung lösen, nicht kommen. Er reagiert im allgemeinen nicht daraus. Man muß ihm mit anderen, besseren Methoden zusetzen. Man stellt ihm Aufgaben, die ihn interessieren(das Ziel ist immer: etwas Eßbares), die« an- schaulich begreift und durch eigenes Experimentieren lösen lernt. Der Affe„äfft' nicht in dem Sinne den Menschen nach, wie es ihm gewöhnlich unterstellt wird. Er macht von Haus aus schon Sachen, die menschlichen Handlungen gleichen. Bei diesen Versuchen aber erfindet er. Um zu der begehrten Banane zu kommen, lernt er(aus sich) Stöcke zu benutzen, sie in einander zu stecken, mit dem Sprungstock springen. Kisten aufeinander zu türmen, Türen zu öffnen, davor liegende Steine wegzuwälzen u. a. Also der Affe wird «in Werkzeug benutzendes Tier. Die Grenzen seiner Einsicht sind freilich enge: er kombiniert meist nur unmittelbar anschaulich Ge- gebenes. Die vorgeführten K i n o b i l d e r geben über diese Ver- suche sehr anregende, erschöpfende Auskunst. Auch über das soziale Leben und die Gefühlswelt der menschen- ähnlichen Affen teilte der Vortragende allerlei Interessantes mit. Der Affe ist ein durchaus soziales Tier, das sein Leben aufs Spiel setzt, nm wieder zu seiner Gruppe zu kommen.. Er hat auch soziale Empfindungen, er hilft, wenn ihm die Not des Genossen anschaulich wird,« hat starke» Gruppengefühl(in Verteidigung und Angriff). Freundschaften und Feindschaften, Freuden- und Dankgefühle er- füllen ihn. Ueber das Stadium der nackten materiellen Bedürfnisbefriedigung ist er bereits weit hinausgeschritten. Es wäre wünschenswert, wenn auch von der Arbeiterschaft solche Vorträge besser besucht würden..» h. d. Brilegung des Hamburg « yochschulkrachs. Nach Annahme de» Hochschusae'etzes für die hamburglsche Universität hatte in der Ham- burger Bürgerschaft eine Aktion reaktionär« Studenten gegen die darin enthaltene Hochschulbehörde eingesetzt, die von reaktionären Professoren unterstützt wurde. Sie gipfelte darin, daß die deuffch- völkischen Studenten einen Beschluß der deutschen Studentenschast (Döttingen) herbeiführten, wonach die Hamburger Universität als nicht gleichberechtigt zu gelte» habe. So gedachten die alldeuffcheu