Kessel hastentlassen! ou Jegknn der heutigen Verhandlung appelliert der Vorsitzende Landgerichtdirektor Weigert nochmals an die Objektivität der Presse. (Streichungen, die er bemängelt, sind ausschließlich aus den Raum- Mangel zurückzuführen. Red.) Weiter führte der Vorsitzende aus, das Gericht habe mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand des An- geklagten in Erwägung gezogen, ihn gegen Hinterlegung einer Kaution in Höhe 00.1 200 000 M. aus der Untersuchungshaft zu entlassen.(!!) Staatsanwaltschaftsrat Gerlach erklärte sich im Prinzip gegen eine Haftentlassung, da er nicht glaube, daß dadurch die Gesundheit des Angeklagten günstig beeinflußt werde. Rechtsanwalt Dr. Alsberg legte dem Gericht ein ärztliches Attest vor, in dem bekundet wird, daß v. Steffel an Nerven- schwöchung leidet, die durch eme Verhaftung sich steigern würde. Der Angeklagte bedürfe eines längeren Landaufenthalts. Zur Stellung ciner.Kaution erklärt Dr. Alsberg, daß der Angeklagte nicht in der jage sei, in so kurzer Zeit eine so erhebliche Summe flüssig zu machen. Er schlage deshalb eine Kaution von 30 000 M. vor und übernehme im übrigen die persönliche Bürgschaft dafür, daß v. Kessel nicht fliehe. Das Gericht beschloß, den Angeklagten mgen Hinterlegung einer Kaution von 150 0C0 ZN. aus der Haft zu entlassen.(!) Dann ergriff Staatsanwaltschaftsrat G e r l a ch das Wort zu folgender Erklärung: Der Angeklagte hat in der gestrigen Verhandlung gegen zwei Beamte in höherer Stellung, gegen Geh.-Rat Dr. W e i s m a n n, und den früheren Polizeipräsi- deuten Ernst, schwere Vorwürfe erhoben. Er hat behauptet, daß diese beiden Herren auf ihn georückt hätten, M a r l 0 h zur Flucht zu rsranlassen. Diese Vorwürfe sind besonders deshalb ungeheuer- I i ch, weil sie gegen einen früheren ersten Staatsanwalt und einen früheren Polizeipräsidenten gerichtet sind. Ich muß diese Behauptungen mit oller Entrüstung zurückweisen und be- nenne die beiden genannten Herren, daß die Unterredungen, von denen der Angeklagte gestern sprach, nicht stattgefunden haben. Der Angeklagte wird in dieser Verhandlung versuchen iinglaub Würdigkeit eines Belastungszeugen nachzuweisen. Aus der Vernehmung der obengenannten Zeugen wird sich ergeben, daß der Angeklagte nicht der Mann ist, anderen Leuten ihre Un- giaubwürdigkeit vorzuhalten, fondern daß er selbst unglaubwürdig ist und es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt.— Rechtsanwalt Dr. Alsberg widerspricht den Ausführungen des Staatsanwalts. Hierauf wurde in der Vernehmung des Angeklagten fort- aefabrsn. v. Kessel kommt ausführlich auf Vorgänge zu sprechen, die sich am 4. Juni ISIS, einem Sonntage, abspielten, dem Tage, an dem M a r l 0 h durch den Kriegsgerichtsrat Dr. Meyer ver- haftet werden sollte. Nach seiner Schilderung der Vorgänge wollte v. Steffel am genannten Tage gegen M2 Uhr aus seinen, Bu- reau zum Essen fortgehen. In diesem Moment klingelte Exzellenz v. Oven bei ihm an und sagte ihm, er möge auf seinem Bureau bleiben, es käme gleich ein Bote mit einem wichtigen Befehl. Er sollt? diesen Boten mit einem Auto abholen lassen, v. Kessel will an einen Gefechtsbefehl gedacht und sich deshalb angeschickt haben, seine Staffel zu alarmieren. Als er zum Zwecke der Alar» mierung durch die Korridore ging, stieß er auf M a r l 0 h. Ich sagte zu ihm:„Was wollen Sie denn schon wieder von mir? Ich habe keine Zeit." Wenn ich wirtlich gewußt hätte, daß Marloh fliehen wollte und ich ihn deshalb vielleicht das ganze Leben nicht mehr sehen' würde, dann wäre es doch sehr natürlich gewesen, daß ich u, einen Zlerger hinuntergeschluckt und ihm ein paar freundliche Worte mit auf den Weg gegeben hätte. Hauptmann v. Kessel will dann in sein Bureau gegangen sein, in das bald Kriegsgerichtsrat Meyer kam. Nach seiner Angabe sprach Kriegsgerichtsrat Meyer etwa ZV Minuten init ihm über die ganze Sache. Dann stand er auf uirt sagte: „3efjt will ich Warloh festnehmen.' Ich sagte darauf:„Nehmen Sie lieber zwei Osfiziere mit, was bei solchen Dingen schon im Frieden üblich war. Dr. Meyer nahm diesen Dorschlag auch an. und die drei gingen dann in das im Krimlnalgericht befindliche Zimmer von Marloh . Dr. Meyer kam tcrt) zurück und erklärte„Marloh ist nicht in der Wohnung. Cr soll bei Pfarrer Rump sein. Ich will sofort hingehen und ihn dort festnehmen." Ich tat darauf hin nichts, obwohl ich die beste Gelegenheit gehabt hätte, zu telephonieren. Pfarrer Rump sogt dagegen, in feiner Wohnung wäre jetzt ein yexensabbokh losgegangen. Inzwischen war Kriegsgerichtsrat Meyer zu Pfarrer Rump gegangen und hatte fragen lassen, ob Marloh dort fei, was nicht der Fall war.— De, Vorsitzende unterbricht hier den Angekloaien und macht ihm verfchiedeue Dorhaltungen zu den ein- zelnen Paukten, die in der Anklage anders dargestellt werden, v. Kessel bleibt demgegenüber bei seinen Bekundungen. Studenten das Hochschulgesetz zu sabotieren und darüber hinaus d i« Universität zu boykottieren. Der Plan ist schändlich mißlungen. Verhandlungen des Fortschrittlichen Hochfchulblocks in Hamburg , die in Göttingen und in Münster mit der Studentenschaft stattfanden, beben ergeben, daß die ganze Aktion eine Art studentischer Putsch war, der nur möglich wurde dadurch, daß einige der antisemitischen Studentenvertreter Hamburgs allzusehr vom Geiste ihres Ge- sinnungsgenossen Biertimpel berührt waren. Das. Ergebnis der Verhandlungen wird am besten durch folgende Notiz des amtlichen studentischen Pressedienstes gekennzeichnet. Es heißt da:„Ein Boy- kottplan, welcher anläßlich der Beratung des Hamburger Hochschul- gesetzes vertraulich im Vorstand der deutschen Studentenschaft er» wogen wurde, ist durch einen groben Vertrauensbruch Hamburger Vertreter gegen den Willen der deutschen Studentenschaft zur Aus- Wirkung gekommen. Daher wurden der Homburger Studentenschast die Rechte der Mitgliedschaft zur deutschen Studentenschaft entzogen. Der Vorsitzer der deutschen Studentenschaft erklärt nachdrücklichst, laß dieser Plan nicht durchgeführt werden loll, und daß die Ham- biirger Studentenschaft vollberechtigtes Mitglied der deutschen Studentenschaft ist. Die deutsche Studentenscbaft hat keinerlei Veranlassung, vom Besuch der Hamburger Uni- versität abzuraten." Das Verhalten gewisser Vertreter des Hochschulrinaes deutscher Art dürfte für sie ein„ehrengerichtliches Nachspiel" haben. Die Nähmaschine im Faust. Gretchen am Spinnrad ist eine so alimodische und ungewohnte Erscheinung, daß sie dem modernen Sinn der Amerikaner nicht entspricht. Man hat daher bei einer Aufsührung des„Faust", die kürzlich in Montreal In Kanada stattfand, den Spinnroggen durch eine ganz moderne hochelegante Nähmaschine ersetzt. Die kühne Regietat wurde folgendermaßen be- gründet:„Im zweiten Akt ist das Spinnrad durch eine Nähmaschine erseht, auf der in leuchtenden Buchstaben der Name des Verfertigers n" lesen ist. Die Maschine wird während der ganzen Szene voll- kommen geräuschlos arbeiten, so daß dag Publikum jedes Wort van der berühmten Ballade des Königs von Thüle verstehen wird." Hoffentlich sst durch das die Nähmaschine tretende Gretchen auch niemandem die Stimmung gestört worden. B.
Tpiclplonänderuua. Im Lelltngtbeater muh infolge Er. ft-Qnlunfl von Säle Dorsch die Erltausillbrung von Hermann Essigs Komödie Der iirauenmul" auf Dienstag, den 22. Mörz, verschoben werden. Donners- tag. Sonnabend und Sonntag geht„Ein idealer Gatte", Freitag„Peer Gynt" tn Szene. Kunftabend. Da die Berliner Biibnen heute«ehr den Ausländern oebören ot» den ringenden deutschen Dramatikern, greis« die Arbeits. oemeinschast für vergleichende Literaturlvissenlchast an der Universität ein durch Borleiung von neuen deutschen Dramen. Ferdinand v. Alten. Tbeodor Laos, Dagnh Servacs lesen die neue Tragödie„Ardalio" von Hermann Reich in der Philharmonie am 19. März, 6'/, llhr. Abiaqnng des Bonner MnfikfefteS. Der Ausschuß für das große Bonner Musiksest, da» als Nachfeier von Beethoven » 150. Geburtstag dem- nächst veianstaitet werden sollte, beschloß einstimmig, weg« der politisch« Loge v« der PeranstalUmg abzusehen.
GroßGerMl Der Nlorö an Talaat Pascha . Racheakk wegen des Todes der Eikern. Da die näheren Umstände bei der Ermordung des früheren türkischen Großveziers in der Hardenbergstraße klar zutage liegen, so erstrecken sich die Nachforschungen der Kriminalpolizei Hauptfach- lich auf die Beweggründe, die den Mörder zu der Tat getrieben haben. Dieser, der Student Salomon T e i l r i a n, konnte auf dem Polizeiamt in Charlottenburg auch heute vormittag nur kurz ver- nonrmen werden, well ein armenischer Dolmetsch noch nicht zu- gegen war. Es kommt hinzu, daß er durch starken Blutverlust sehr geschwächt ist. Der Mörder wurde bekanntlich von dem Publikum, das ihn ergriff, vor Eintreffen der Polizei sehr übel behandelt. Bei dem vorläufigen Verhör gestand der Verhaftete, Talaat Pascha mit Ueberzeugung und Vorbedacht aus Rache erschossen zu haben. Terlrian behauptet, Talaat Pascha sei schuld an dem gewaltsamen Tode seiner Eltern. Er selbst Hobe sich durch die Flucht gerettet und Talaat Pascha Rache geschworen. Wie die Charlottenburger Kriminalpolizei feststellte, hat sich Teilrian schon längere Zeit in Groß-Berlin in verschiedenen Woh- nunacn aufgehalten. Er ist ohne Zweifel lediglich zu dem Zweck hierhergekommen, um Talaat Pascha ausfindig zu machen, und hat auf der Suche nach ihm an verschiedenen Stellen, so auch in der Tauentzienstraße, Wohnung genommen. Als er die Wohnung des Berfolgten in der Hardenbergstrahe entdeckte, bezog er dieser gegenüber ein möbliertes Zimmer, um ihn ständig beob- achten zu können. Daß er nicht schon früher zur Ausführung seines Planes schritt, erklärt sich wohl daraus, daß es ihm bisher an Mitteln zu der beabsichtigten Flucht fehlte. Man fand jetzt bei ihm annähernd 12 000 M. Wie er angibt, hat er dieses Geld erst vorgestern durch Scheck überwiesen erhalten. Jetzt besah er die Mittel zur Flucht und führte seinen Racheplan aus. Das Einschreiten des Publikums durchkreuzt« jedoch seinen Flnchtplan und lieferte den Mörder der Polizei in die Hände. ZNikwisser der Tai? Die Ermstllungen der Kriminalpolizei, die Kriminalinspektor v. Manteuffel vom Polizeiamt Charlottenburg leitet, richten sich auch auf die Frage, ob Teilrian Mitwisser oder Mittäter gehabt habe. Die Angaben mehrerer Zeugen, die sich meldeten und vernommen wurden, schienen darauf hinzudeuten. Die Zeugen teilten mit, daß nach ihren Beobachtungen kurz nach der Tat mehrere Personen orientalischen Aussehens vom Bahnhof Zoologischer Garten in der Richtung nach der Friedrichstraße zu weggefahren seien. Das Zimmer des Verhafteten wurde vorläusig verschlossen und versiegelt. Seine Papiere werden beschlagnahmt und geprüft werden: auch daraufhin, ob etwa Mitschuldige vorhanden sind. Ueber die Gattin Talaat Paschas, die gestern n t ch t, wie zunächst irrtümlich gemeldet, durch Reoower» schüffe des fanatischen Persers verletzt wurde, wird uns von türki- schen Frauenrechtlerinnen nahestehender Seite folgendes mitgeteilt: Im Orient wird man keinem Mann etwas zuleide tun, wenn er in der Begleitung einer Frau geht. Die Gattin Talaats, eine hoch- begabte Frau, war politisch sehr interessiert. Sie«rahm den regsten Anteil an dem Schaffen ihres Gatten, wie er Beamter, Minister des Innern und Großvezrer war. Einige Eingeweihte redeten sogar von einer starten Beeinflussung. Sie selbst ist als glänzende Redne-- rin bekannt, die u. a. auch einmal in der Universität in Konstant!- nopel sprach. Diese geistreiche Frau hatte auch den Mut, ihre Mei- mmg zu vertreten. Sie wogte es auch, unverschleiert aus die Straße zu gehen zu einer Zeit, wo dieses Vorhaben sehr gefährlich war, well die reaktionäre Geistlichkeit gegen die fortschrittlichen Frauen hetzte. Die Geistlichkeit setzte späterhin das Schleiergebot ja auch wieder durch, obwohl Mohammed der Frau den Schleier gab zum Zeichen, daß sie keine Sklavin war. Mithin war dies zu Zeiten des Propheten ein Akt der Hochachtung. In den Kreisen, die sich um dos Xomitee Union et p-ogres(Einheit und Fortschritt) grup- pierten, wor Talaat Paschas Gattin wahrlich kein« Unbekannte. In diesen Kreisen, Talaat und Djavid fielen auf als Nichtmilitär, hatte man überhaupt allerlei Sinn für die Dildungsbestrebrrngen der Frauen. Gab es doch jungtürkische Offiziere, die mit ihrem Gelde ein Mädchengymnasium in Konstantinopel unterstützten.— Das Ehepaar lebte hier angeblich zurückgezogen.— Talaat , so sagte er kurz nach der Revolution gesprächsweise, wollte sich seinem Volke (das hieß damals seiner Verurteilung) zur Verfügung stellen, wenn die Züge wieder führen. Er hat sich offenbar im Kursbuch schlecht zurechtfinden können, aber die Kugel fand ihn auch hier. * Die Mittwoch-Morgennummer der„Roten Fahne" wirst dem„Vorwärts" schmutzige Hetze gegen die Kommunisten und be- wußte Fälschung" vor, well in der ersten kurzen Notiz in der Dienstag-Abendnummer über die Ermordung Talaat Paschas der Mörder als Russe bezeichnet wurde. Die Redaktion der„Roten Fahne" scheint der Meinung zu sein, daß ein Russe auch unbedingt Kommunist sein müsse, besonders aber dann, wenn er einen Mord begeht— woraus wieder einmal der Größenwahn und das Kombi- Nationsvermögen dieser sonderbaren„Politiker" zu erkennen ist. Oder sollten die„Enthüllungen" Ledebours über die„kommunistischen Mörderzentralen" diese geistige Verwirrung angerichtet haben?
Stickereisn. Der Arbeitgeberverband der Stickereiindustrie hat eine große Ausstellung im Lichthof des Kunstgewerbemuseums in der Albrechtstraße eröffnet. Der Raum ist mit all den dustigen Stickerei. gebilden gleichzeitig festlich geschmückt, so daß sich das gesamte Material sehr vorteilhaft darbietet. In der Mitte des Lichthofs sieht man auf niederen und höheren Estraden die verschiedenen Hilfsmittel der Kunststickerei, Wolle und Seiden in auffallend bunten Farben, prächtige Auslagen, die mit ausgezeichnetem Geschmack hergestellt worden sind. In langen Strähnen fallen die schönen Stickseiden, sie sehen wie ein prächtiges Feuerwerk aus, hier bekommt man sofort die richtige Uebersicht, welche Farben in der Modenindustrie zurzeit verwendet werden. Diese prächtige Materialschau wirkt überzeugender als das beste gemalte Plakat.— Auf langen Tischen liegen die Ausstellungs- stücke ausgebreitet, Kleider, Blusen und Mäntel sind auf Puppen und Büsten gezogen, man übersieht ohne Schwierigketl sämtliche Arbeiten. Der Zusammenschluß zwischen der Großkonfektion und dem Stickereigewerbe ist deullich, beide sind aufeinander angewiesen, sie müssen mit einander auskommen, wenn sie beide bestehen wollen. Die rein kunstgewerbliche Stickerei kommt hier nicht in Betracht, die Konfektion muß mit großen Mengen, mit reicher Nachbestellung rechnen: davon zeugen die Meterwaren aus den Tischen, reich be- stickte Seiden, Bänder, Sammele, Tülle, Waschstoffe. Mit Metall- stickereien find starke Wirkungen erreicht worden. Bei diesen Meter- waren spielt die S ch i f f l i st i ck e r e i eine große Rolle, die Schiff- chenmaschine bestickt große Flächen, Storchschnabeltechnik, S bis 6 Meter Breite in steter Wiederholung, ein Rapport, wie bei den Tapetenmuftgrn. Sehr interessant sind die verschiedenen Muster, man findet eine erstaunlich« Farbigkeit, die Entwürfe entstammen den »erschtedmstei, Zeitaltern, den verschiedensten Länder». Aegypten .
China , Japan hat seine seltsam« Ornamentik gestehen, römische Streifenmuster leuchten auf, dazwischen explodieren die neuesten Moderichtungen, zerrissene Streifen, halbierte Kugeln, Quadrate, Dreiecke, in wilden Tönen. Außer bekannten Firmen haben die Schule Reimann und die Städtische Webeschule ausgestellt; die Städtische Webe- schule zeigt Arbellen im expressionistischen Geschmack, die ungemein farbigen Muster kommen besonders gut bei den kleinen Stücken, bei den Beuteln, Westen, Knöpfen usw. zur Gellung.
Einführung See ersten Bezirksämter. Nachdem der Oberpräsident für eine Reihe von Bezirksämtern die Bestätigung erteill hat. können die gewählten Bezirksbürger- meister und Bezirksstadträte in ihre Aenller eingeführt werden. Als die ersten Bezirksämter werden im Süden und Norden des neuen Berlin 13(T e m p e l h 0 f- Mariendorf) und 19(Pankow - Niederschönhausen ) am Freitag nachmittag in öffentlicher Sitzung der Bezrrksversammlungen eingeführt werden. In Tempelhof wird in der Aula des Lyzeums Oberbürgermeister B ö ß und in Pankow im Sitzungssaal des Rathauses Bürgermeister Ritter die Ein- führung mit einer Ansprache vornehmen. Bezirksamt Hallesches Tor bestätigt. Zu den berells bestätigten Bezirksämtern fft gestern auch das Bezirksamt Hallesches Tor(Berlin K) getreten. Der Oberpräsident hat für diesen Verwaltungsbezirk die folgenden Wahlen bestätigt: ols Bürgermeister Dr. Kahle, als stellvertretenden Bürgermeister den Kaufmann Bernhard Bruns, als besoldete Stadträte den Ge- werkschaftsvorsitzenden Eugen Gottschalk, den Magistratsrat Dr. Grunow, den Krankenkassenbeamten Wilhelm Conrad , den Gewerk- schaftssekretär Karl Zachow und den Regierungsbaumerster Max Brandt: als unbesoldete Stadträte den Lehrer Franz Iänicke, den Zeitungsverleger Karl Sedlatzek, den Expedienten Friedrich Zubeil, den Gastwirt Hermann Schweickart, den Redakteur Emil Dittmer und den Gewerkschaftssekretär Karl Hetzschold.
Die Untersuchungen über öen Fleischverbrauch. Der zur Prüfung der angeblichen Unterschlagungen auf dem Schlachthof eingesetzte Stadwerordnetenausschuß hat gestern seine Verhandlungen sortgesetzt und sich der Untersuchung über die so- genannte Liste der markenfreien Fleischlieferungen zugewandt. Von der Leitung des Schlachthofs gab Inspektor Lorenz nähere Auskunft über diese Angelegenheit, zu der übrigens ein Berg von über 100 Aktenstücken gehört. Nach diesen Bekundungen hat der Schlachthos an die Mitglieder der auswärtigen Gesandtschaften und sonstigen diplomatischen Vertretungen und deren Familien- angehörigen durch Vermittlung des Auswärtigen Amtes Fleisch ohne Rücksickt arif die Menge geliefert: für das Personal und die Bedien- steten der Votschaften wurde die doppelte Menge geliefert, wie sie die Zivilbevölkerung erhielt. Es kam dabei die Tatsache zur Sprache, daß unter den Gesandtschaften die russische bolschewistische Ver- tretung des Herrn Joffe den weitaus größten Fleisch- verbrauch hatte, weil das von Joffe angegebene Personal, dessen Verzeichnis über 5 Folioseiten ausfüllte, mehr als 100 Stopfe zählte. Zum Teil durch Vermittlung und auf Anweisung des Landesfleisch- amts wurde zur Repräsentation Fleisch ohne Marken an Staats- männer und Minister geliefert Auf jeden Foll hat d-e(Schladohof derartige markenlose Lieferungen nur auf amtliche Anweisung der vorgesetzten Dienststelle bewirkt, so daß von irgendwelchen Un- reg el Mäßigkeiten der Schlachthofbeamten nicht die Rede fern kann.
Pilzkunde. Der vom BundezurFörderungderPilzkunde(Ge- schäftsstelle Berlin -Stcglitz, Albrechtstr. ISb) veranstaltete Vortrags- abend im pharmakologischen Institut hall« sich einer regen Teilnahme zu erfreuen. Der 1. Vorsitzende des Bundes. Dr. Herter, er- öffnete die Sitzung mit einer Ansprache, in der er kurz die Vor- geschichte und die Ziele des Bundes darlegte. Dann folgte ein längerer Vortrag des Or. pirri. et rer. pol. Sabalitsiyta über die augenblickliche Bedeutung der Pilze für unsere Ernährung. Zwei Gründe müssen uns heute zur Ausnutzung der Pilze anhalten: einer- jells unsere empfindliche Not an den notwendigsten Nahrungsmitteln, andererseits der nicht geringe Nährwert der Pilze. Frische Pilze übertreffen das Gemüse an Nährwert, Pilzmehl sogar das Roggen- mehl. Dem Vortrage schloß sich eine Aussprache an, in der Prof. L i n d n e r auf die Fetterzeugung gewisser mikroskopischer Pilze hinwies. Geheimrat Rost erinnerte an die geringe Verdaulichkeit frischer, schlecht gekauter Pilze, sowie die Giftigkeit der Lorcheln (Morcheln) selbst nach mehrmaligem Abbrühen. Rur durch Trocknen werden die Giftstoffe der Morcheln zerstört. Hierauf berichtete Dr. Wollenweber über Ehampignontreibereien. Witt(Torgau ) zeigte frische Champignonbrut vor. Nach einer kurzen Mitteilung von E ch i k 0 r a über die Düngerfrage folgten zum Schluß einig? farbige Lichtbilder der wichtigsten Giftpilze, der Knollenblätterpilze und ihrer Doppelgänger, der Champignons. Die Erklärungen oazu gab Dr. H e r t e r. Demnächst findet eine Morchelwanderung statt. An- Meldungen bei der Geschäftsstelle erbeten.
Gegen Elternbeirats-Arbeitsgemeinschaften zwischen höheren Schulen und Volksschulen regt sich Widerspruch in den Kreisen der Voltsschul-Elternbeiräte. Es wird geltend gemacht, daß bei den Elternbeiräten der höheren Schulen die Durchführung der für alle Kinder gemeinsamen Grundschule wenig Freunds hat. Im 13. Verwaltungsbezirk(Tempelhof , Mariendors usw.) haben die vereinigten sozialistischen Elternbeiräte sich grundsätzlich gegen eine die höheren Schulen mit den Volksschulen zusammenfassende Arbeitsgemeinschaft ausgesprochen. Sie sind der Ansicht, daß eine solche Arbeitsgemeinschaft den Kamps um die Reform des Schulwesens nur erschweren, wenn nicht ganz un- möglich machen würde. Zur Begründung weisen sie darauf hin, daß in Berlin die Elternbeiräte der höheren Schulen sich offen zur Erhaltung der höheren Schulen in ihrer jetzigen Form bekannt und sich für Sabotierung des Grundschulgesetzes durch privat«, die Vorschulen ersetzende Schulzirkel ausgesprochen haben. Erst wenn die der Einheitsschule bereiteten Hindernisse aus dem Wege geräumt sind, wollen sie einer Arbeitsgemeinschaft beitreten. „Gegen die Reaktion— für die Republik " veranstalten repubii- konische Verbände unter Leitung des Republikanischen Führer- Bundes am Donnerstag, den 17. März d. M., abends 7 Uhr, eine Kundgebung im großen Saal der„Neuen Welt", Hasenheide. Redner aller republikanischen Parteien— bekannte Parlamentarier — haben es übernommen, in dieser öffentlichen Versammlung auf den Ernst der Stunde hinzuweisen. Die Jnteregeugemeinschaft der Mieter Groft-Berli» veranäaltet Donnerstag, 17. März, 7 Mr. im Böriensaal deS Viebbos«. Eldenaer Strohe, eine ösfentliche Mieterversammlung. Referate: Der kommende Mieterstreik. Genosse I. Jabwkoff. Die Notwendigkeit der Oraanssatio». Genosse Kienert. Freie Aussprache(auch für den Hauswirt». Der Verein„Akademisch« ttuterrichtskiirse für Arbeiter C. wird von der Stadt lausend unterstützt. Die Kurse dienen dazu, den Bevölle- rungskreisen, die eine mangelhafte Schulbildung genossen haben, die fehlenden Elementarkenntnisse zu vermitteln. Sie ermöglichen diesen Kreise« gleichzeitig, später aus die Bolkshochschule überzugehen. Die Volkshoch- schule unterstützt die Kurse daher nach Kräften. Angesichts der in letzter Zeit sestzustellenden archerordentlichen Zunahme der Beteiligung an diesen Kursen und bei der Steigerung der Preise für all« Bedürfnisse hat der Magistrat beschlossen, dem Berein daher für lW0 eine auf MOV M. erhöhte Beihilfe zu gewahren. Der Stadtverordnetenversaurmlung ist eine enl- sprechende Vorlage zugegangen.