Nr. 133 ♦ 3S. Jahrgang
2. Seilage öes vorwärts
Sonntag, 20. März 1021
GroßSerllu Schaufenfter unü Moüewoche. Di« Schoufulster in den 5)auptftraßen stehen im Zeichen de« Modem och e. Besonders all die Alislagen, die zur Mode, zur Kou- fektion in engerer Beziehungen stehen, sind zum Teil in der heute üblichen provozierenden lleppigkeit hergerichtet. G-s ist recht unterhaltsam, durch die Straßen zu gehen und die neue Moderichtung mit oll ihren Auswüchsen zu besichtigen. Man glaubt, die siebziger Jahre seien wiedergekehrt, oll der„Qälanz", oll das Protzentunr, der Luxus eines neuen Reichtums ist wieder auf- getaucht, genau wie vor M Iahren, als die drei Kriege gewonnen wurden. Der neue Reichtum bringt eine neue Mode hervor, der neue Reichtum schwelgt in grellen Farben, in blendender Seide, in 'Zstbcrrem Samt und wirkungsvollen Stickereien. In den Schau- fenstern steht man sie, die reich bestickten Kleider. Mäntel. Hüte. Sonnenschirme. Blusen und Kostüme, viele Kleider schimmern in metallischer Stickerei wie die Galauniformen einstiger Fürstlichkeiten. Die Mordefarben sind merkwürdig leuchtend, an ein Mildern dieser starken Farben ist nicht zu denken. Das kräftige Rostrot steht neben einem kalkigen Grün: sahlblau und schwefelgelb, veilchenblau und andere ungebrochene Töne sind hochmodern. Straußenfedern, in seltenen Exemplaren, schwarz, weiß und eingefärbt, werden als Fächer getragen, Spitzen kommen wieder auf. An den modernen Sonnenschirmen steht man sehr originelle Griffe: Tierköpfe, am liebsten Hundeköpfe, werden vielfach gezeigt. Die neuen Damen- schuhe haben schmal auslaufende Spitzen: sie werden sich wohl in dieser Form schwer einbürgern. Ganz besonders reichhaltig ist die Hutmode vertreten. Die großen und kleinen Geschäfte bringen aller- lei Formen. Der Hutputz ist bunt und auffallend: Trauben, Beeren, Blumen, Blätter kommen auf. Auch hier findet man Anklang an die Mode der siebziger Jahre. Die Schaufenster zeigen sehr gute Mod«llfiguren. Eins der größten Konfektionshäuser in der Leipziger Straße hat einen be- kannten Bildhauer mit der Ausführung ihrer Schaufensterfiguren betraut: es sind Figuren der neuesten Richtung, expressionistische Köpfe, eigenartige Gesichter.... Kurz, es ist alles vereint, um den Gegensatz zu den dürftig Bekleideten der Straße so kraß wie irgend möglich hervortreten zu lassen. Den Modeindustriellen aber wäre dringend zu raten, bei der unzweifelhaft geschickten Regie ihrer Deranstaltungen nach außen hin auch die inneren Berhältnisie des Landes zu berücksichtigen, aus dem sie ihre Kapitalien ziehen. dle neue Verkehrspolizei. Die Berkehrsabidlung der Berliner Schutzpolizei hat jetzt die Regelung des Verkehrs übernommen. Drei Hundertschaften sind Ungerichtet worden, die nicht kaserniert sind, sondern von ihrer Wohnung aus ihre Posten beziehen. /Es sind zum größten Teil Beamte der früheren blauen Polizei, an die hohe Anforderungen gestellt werden. S e sollen die Straßen Berlins kennen und auch über die öffenttichsn Gebäude Bescheid wissen, über gute Unrgangsformcn vei fügen(über deren Mangel früher-viel geklagt wurde), Heiser und Schützer des Publikums sein. "voraus haben die.Beamten. der.L!erkehr-abtei!ung- uicht olles zu achten! Daß die Straßenbahnen in den verkehrsreichen Straßen langsam fahren, die Rodfahrer an gefährlichen Straßenkreuzungen 1 möglichst absteigen, daß der Straßenhandet die mit Rücksicht auf den Verkehr gezogenen Grenzen nicht überschreitet. So sind einige Straßen für diesen Handel gänzlich verboten, und in den Reben- strasjen sollen sich die Händ'er 10 Meter von der Baufluchtlinie der verbotenen Straße aushalten. Ob ein Pferd fällt oder ein Hund überfahren wird, immer loll der Beamte raten und helfen. Nicht derjenige Polizeibeanne sst der best«,, der viele Bnzeioen macht, sondern derjenige, de- sich durch sein Verhalten als Schützer des Publikul/lL erweist. Eine bc'ondere Aufaabe ist die Verkehrs- regelung auf dem Potsdamer Platz , die viel schwier ger ist als die so oft als Beispiel issngestellre in der Londoner Ciiy. Dort oerkeh'en keine Straßenbabnen, die auf dem Potsdamer Platz eine qroße Gefahrenquelle darstellen und es auch unmögi'ch erschsi- neu lassen, den Verkebr z. B. durch allgemein erkenntliche Signale automatisch zu regeln. Ein Berkchrokommando— 1 Oberwachtmeister j und 12 Mann— haben darüber zu wachen, daß alle Wagen auf'
dem Potsdamer Platz kreisförmig fahren und Kreuzungen ver- mieden werden. Diese theoretisch ziemlich einsach«, jedoch gut durch- dachte Verkehrsregelung ist für die Beamten bei der Ausübung keine leichte Auigabe. Im Jahre 1907 sind z. D. ungefähr 60 Beamte ausgewechselt worden, ehe es gelang, die für diesen Zweck geeigneten zu finden. Die Verkehrsverhälwisie sind stets das Sorgenkind der Oeffent- lichkeit gewesen und werden es bei ihrer Vielgestaltigkeit wohl auch bleiben Es tonnen jedoch bei einigem guten Willen auf allen Seiten manch« Reibungen vermieden werden.
5.P.D. Allgemeine Funktionär- Versammlung am vienskag. den 22. März, abends 6 Uhr im Lehrer- verewshaus. Alexanderstc. 41. Tagesordnung: 1. Wohnungsnot und Mietssteuer. Referent: Hermann Silber- schmidt, M. d. R. 2. Stellungnahme zum Berliner Mieterverband. Referent: Max Gronefeld. Funktionäre, die länger als zwei Monate mit ihren Beiträgen im Rückstände sind und nicht die neue rosaiarbene Ausweiskarte vorzeigen können, haben keinen Zutritt, w Der Bezirksvorstand.
die Vahle« zum Staatsrat. von der gestrigen Tagung des provinziallandkages. Der brandenburgische Provinziallvndwg nahm gestern die Wahlen zum Staatsrat vor. Die drei sozialistischen Parteien hatten sich mit den Demokraten auf einen Wahloorschlag geeinigt und erhielten drei Sitze(Hänchen- Guben S.P.D., S o i l e r- Lucken- wolde S.P.D., La® r a mg e- Rowawes U.S.P.), während die bürgerliche Fraktion nur zwei Sitze bekam. Die Zahl der Mitglieder des Provinzialausschusses wurde von S auf 13 erhöht. Vom Vorschlag der Sozialisten und Demokraten wurden 7, von dem der bürgerlichen Fraktionen 6 Kandidaten ge- wählt. Dem Ausschuß gehören von den Linksparteien an: Hugo Zander S.P.D., Kersten-Kalau U.S.P., Mauritz-Rowaw«? K.P.D , Trautmann-Frankfurt a. d. O. Dem., Ausländer-Brandenburg, Wilhelm Koene-Spremberg. Die Stellvertreter werden Im gleichen Verhältnis gewählt. Der Provinziallandtag beschloß, für die vom Hochwafler im Sommer 1920 Geschädigten im Oder- und Warte- bruch erhöhte Beihilfen zu gewähren. Der Fehlbetrag des Rechnungsjahres 1920 von 22, S Millionen Mark soll durch eine nachträgliche Erhöhung der Provinzial» st euer von 31,74 auf 83 Proz. gedeckt werden. Don der Stadtgemeinde Berlin soll für die ausgeschiedenen Vorortkreise 76 51300 Mark als Sonderzuschlag gefordert werden. Darauf vertagte sich der Provinziallandtag zur Beratung des Hausholtplans auf Dienstag, den 26. April. Paulsens Kampf. Der Oberfiadtfchulrat Wilhelm P a u l f e n Hot an die Berliner Oberlehrerfchast mit Bezug auf das vertrauliche auch von uns kriti- sierte Schreiben des Groß- Berlin er Philologenver- b a n d e s, den Aufruf zur Mitarbeit und Berstän- d i g u n g an den Schulen zu unterdrücken und die Einmischung in innere Angelegenheiten abzulehnen, folgende Mitteilung erlassen: .Diese Kundgebung geht von völlig irrigen Voraus- fetzungen aus. Der Aufruf stellt nach Form und Inhalt keinen Eingriff in das Schulleben dar, sondern ist lediglich eine Aussorde- rung zu einer gemeinschaftlichen Erörterung der großen Schul- und Erziehungsprobleme, die unsere Zeit bewegen. Er spricht dies aus- drücklich und mit voller Absicbt aus. Zum anderen ist es selbfwer- ständlich, daß unser Schulwesen der staatlichen Aufsicht unterstellt ist, daß damit aber keineswegs der unterhaltenden Patronatsherrin, der Stadt, das maralische Recht abgesprochen werden kann, von dem inneren Schulleben Kenntnis zu nehmen und in Ueberrinstimmimn mit den staatlichen Organen aus seine Gestaltung einzuwirken. Die
Dienstanweisung für die Direktoren und Lehrer läßt darüber keinen Zweifel. Wenn der Philologenoerband dem Patronat dies natür-- liche R�cht verweigert, bricht er mit der Stadt und gc- fährdet das Schul- und Bildungswerk, an dem mitzuarbeiten er be- rufen ist. Die ihm soczenden Mitglieder verleugnen außerdem ihren pädagogischen und wissenschaftlichen Beruf, wenn sie sich ab- sichtlich der Einwirkung einer neuen Gedankenwelt verschließen. Es erscheint ausgeschlossen, daß die Stadt Berlin an Lehrern, die die Stetigkeit ihrer geistigen und kulturellen Entwicklung aus dem Schulgebiet verletzen, irgendein inneres Interesse haben kann. Sie wird dem engen und irr-geleNeter, Standesintercss« einer Beamten- gruppe ihren ganzen Einfluß entgegensetzen. Diese Feststellung dürste genügen, um den ernsten, blwußteren Teil der Berliner Ober- lehrcrschaft von einem Schritt zurückzuhalten, der für das Schul- wesen Minferer Stadt verhängnisvoll werden kann. Ich vertraue dem hohen Amt. dem wir alle in höchster Verantwortung dienen. und bringe noch einmal zum Ausdruck, daß alle Beratungen und Erörterungen unter den freie st en wissenschaftlichen Voraussetzungen erfolgen,«ine Vergewaltigung jeder ehrlichen Ueberzeugung also ausgeschlossen ist.' Das MorögestäuSnis. Der wegen des Raubmordes an der Frau des Kraft- droschkenbesitzers Meinhardt aus der Malpaquekstraße 12 ver- hastete 18 Jahr« alte Arbeiter Max Kappe hat, nachdem er gestern den ganzen Tag über immer wieder beteuert hatte, daß sein Ge- ständnis der Wahrheit entspreche, abends doch endlich zugeben müssen, daß der große Unbekannte, auf den er die ganze Schuld abzuschieben versucht«, in Wirtlichkeit gar nicht existiert, er vieimehr das Verbrechen allein ohne Spießgesellen ausgeführt hat.
die KUafthfabrik. Aufdeckung zweier Gehelmbreuuereieo. Räch vielen Bemühungen ist es der Berliner Kriminalpolizei in der vergangenen Nacht gelungen, wiederum zwei große Geheim- brennereien in der Cadin er und Marsilius-Straß« aus» zuHeben. Nachdem Krimlnalwachtmeister Röthke einen schwunghaften Handel mit Sprit und Schnaps beobachtet hatte, dessen Spuren schließlich zur Entdeckung der beiden Brennereien führte, drang gestern nacht überraschend eine Spezialpatrouille der Kriminal- Polizei in die Wohnräume des Kaufmanns Minia , Cadiner Straße 17, ein. Sie fand dort eine Geheimbrennerei mit allen technischen Einrichtungen in vollem Betriebe in einem Lagerraum und in einem Keller vor. Seit Ansang Januar sind in der Brennerei über 3000 Liter Rohsprit aus Rübenschnitzeln gebrannt wor» J den, die als Futtermittel von Fouragehändlern bezogen sind. Zwei I ganze Fässer Rohsprit konnten beschlagnahmt werden. Hierauf be- gaben s�y die Beamten nach der Marsiliusstr. 5, wo sie in den Räumen des Großhändlers und Destillateurs Kleinot au» der Blankenfelstraße 8 eine zweite Brennerei, die mit der ersten in Berbindung stand, gleichfalls aushoben. Dort wurde der ge» brannte Sprit in großen Ouaictitäten zu Allasch ver» arbeitet. Als Hauptabnehmer kommt der Kaufmann Hans Bor, mann aus Schöneberg in Frage. Anderen Absatz fanden die Brennereien in einer Villa in Zehlendorf in der Karlstraße, der«. Inhaber noch nicht ermittelt ist. Als Eigentümer der Brennereien werden von den Ver Haft et cfj zwei ehemalige rumänische Z i vi lg ef a n g en e, die inzwischen auch verhaftet wurden, bezeichnet, mit den Namen David und Schwarz. Einführung neuer Bezirksämter. In Tempelhof erfolgte am Freitag die Einführung der Bezirks- amtsmitglicder. Oberbürgermeister Böß betonte in seiner Ansprache, daß es ihm zur Freude gereiche, die Einführung des ersten Bezirksamts vornehmen zu können, weil ja dadurch erst das Gesetz von Groß-Berlin wirtlich in Kraft trete� Es werde sein Bestreben sein, nach Möglichkeit den Wünschen der Bezirke gerecht zu werden, daß die Gcsamtgemeinde dadurch keinen Schaden erleide. Genosse Groß dankte dem Oberbürgermeister und führte dann die neu- gewählten Mitglieder des Bezirksamts ein. Die noch nicht auf die Verfassung vereidigten Stadträte K ü t e r(U.S.P.) und I r r g a n g (Kam.) leisteten den Eid auf die R e i ch s v e r f a s s u n g besonders. Hierauf erstattete die Kommission Bericht über die Errichtung eines Kaufmanns- und Gewerbegerichts für den 13. Bezirk. Die
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Skine Menschenkind. II. M ü t t e r ch e n.' .von Martin Andersen Rerö.
Lars Peter kam nach Hause, er hatte eine Wanderung hinter sich. Er hängte den Stock hinter der Küchentür auf und, wahrend er sich daran, machte, die Stiefel auszuziehen, fragte er:„Ra. wie geht es mit dem Auge?' .,O. jetzt geht es viel besser. Und was hat der Lehrer gesagt?' -Th ,�Ia. was hat er gesagt? Er fand es gut und richtig von dir, deine Geschwister zu verteidigen. Aber er war ja nicht gerade begierig danach, mit in die Geschichte verwickelt zu werden. Was übrigens auch gar Nicht so wunderbar ist.' „Wcerum nicht? Cr weiß ja, wie das Ganze zugegangen ssl— und er ist doch ein aufrichtiger Mensch!' „Hm— ja. siehst du— aufrichtig! Wenn es sich um den Sohn eines wohlhabenden Hofbesitzers handelt, dann— Er ist gewiß ein tüchtiger Mensch, aber er muß leben. Er ist besorgt um die Abgaben, die er bekommt, darum will er's nicht mit den Bauern verderben, siehst du, und die hängen ja zusammen wie die Kletten. Er riet mir, die Sache aus sich beruhen zu lassen— zumal da wir die Gegend verlassen wollen: es komme nur neuer Schade und neue Hetzerei dabei heraus, meinte er. Und das kann schon richtig sein! Auf der Auktion können die Leute uns ja dadurch schikanieren, daß sie untereinander verabreden, nicht höher zu bieten oder sich ganz kernzubalten.' � „Du bist also nicht zum Dorfschulzen gegangen und halt es angezeigt?' „Doch, das Hab' ich getan. Aber er meinte auch, es sei nichts an der Sache zu ändern.— Der Lebrer sagte übrigens. ich brauchte euch für den Rest der Zeit bis zu unserem Um- zug nicht in die Schule zu schicken— er übernehme die Ver- antwortung. Ein anständiger Kerl ist er doch, wenn er auch um sein bißchen Einkommen besorgt ist.' Stine war nicht zufrieden. Sic gönnte dem großen Burschen einen gehörigen Denkzettel dafür, daß er zuerst Christian überfallen und sie dann mit seinem Holzschuh ins Auge getreten hatte, als sie den Bruder beschützte. Und in
ihrem Kindergemüt war sie überzeugt davon gewesen, daß sie diesmal Genugtuung bekommen würden— denn die Obrigkeit machte doch keinen Unterschied zwischen den Leuten! „Wäre ich nun die Tochter eines Hofbesitzers und er im Elsternnest zu Hause gewesen, was �ann?" fragte sie heiser „Ja, dann hätte er eine tüchtige Tracht Prügel vom Dorfschulzen gekriegt— wenn nichts Schlimmeres!' sagte der Bater.„Aber so ist es nun einmal; darein müssen wir kleinen Leute uns finden. Und wir müssen uns freuen, wenn wir nicht zugleich Prügel und Strafe bekommen!' „Wenn du den Jungen triffst, gibst du ihm dann Prügel?' fragte sie kurz darauf. „Ich hätte mehr Lust, seinen Vater zu versohlen— aber es ist sicher das Beste, sich von allem fernzuhalten. Wir sind die Kleinen, du!' Christian war in der Küchentür zum Vorschein ge- kommen.„Wenn ich größer werde, schleiche ich in der Nacht hin und zünde seinen Hof an," sagte er. Aus seinen Augen schössen kleine Flammen. „Was sagst du da. Junge— willst du, daß wir alle ins Zuchthaus kommen?' rief Lars Peter entsetzt. „Ach, das geschah' ihnen ganz recht,' sagte Stine und begann, mit den Schüsseln zu wirtschaften. Sic war sehr un- zufrieden mit dem Ausgang der Sache. „Wann wirst du die Auktion bei der Behörde bestellen?' fragte sie streng. „Das besorgt der Dorfschulze,' erwiderte Lars Peter eifrig—„er hat es mir selber angeboten. Er war übrigens sehr freundlich!" Lars Peter wax dankbar dafür; er liebte es nicht, die wirkliche amtliche Stelle aufzusuchen. »Ja er freut sich darüber, daß wir von hier wegziehen,' sagte Stine unbarmherzig—„das tun sie alle. In der Schule gehn die Kinder im Kreise und singen das Lied von der Elster � und der Eule! Und die Esster und ihre Brut stiehlt dem . Bauer seine Kücken,«ber der Bauer nimmt seine lange i Stange und reißt das Elsternncst herunter. Glaubst du viel- leicht, ich wüßte nicht sehr gut, was sie denken." Lars Peter schwieg und ging au seine Arbeit. Auch er war jetzt schlechter Laune. Als sie aber am Abend um die Lampe saßen und die Zu- kunst besprachen, war all das Böse und Aergerliche wieder vergessen. Lars Peter hatte sich nach einer Stelle umgesehen.
wo er sich niederkauern konnte, und hatte sich schließlich für das Fischerdorf entschieden, wo er in alten Zeiten Heringe aufzukaufen pflegte. Da drüben konnten die Leute ihn gut leiden, und häufig genug hatte man ihn aufgefordert, sich dort anzusiedeln.„Und dann ist da ein sehr netter Mann, der Krugwirt, der viel zu sagen hat. Er hat ein häßliches Aus- sehn, solange man ihn nicht kennt, aber er hat ein gutes Herz. Er hat versprochen, mir ein paär Stuben zu verschaffen, bis wir selber bauen können— und er will mir behilflich sein, in eine Bootsbesatzung hineinzukommen. Den Erlös von hier müssen wir dann zum Bauen verwenden." „Ist da» der, von dem du erzählt hast, er sähe aus wie ein Zwerg?" fragte Stine voll Interesse. .La, er gleicht einem Riefen und einem Zwerg, er ist beides zugleich-- wenn man so sagen darf. Das eine Wesen könnte sein Bater und das andere seine Mutter sein. Einen Buckel hat er vorn und hinten und er hat ein Gesicht, so groß wie das einer Kuh. Aber dafür kann er ja nichts, und im übrigen ist er ein ganzer Kerl. Er hält da drüben feine Hand über das Ganze." „Also ein richtiger Troll!" sagte sie schaudernd. Lars P�eter wollte Fischer werden. Er hatte sein galljes Leben lang' mit Fischern zu tun gehabt, aber nie selber das Handwerk betrieben; es kribbelte ihm geradezu in den Fin- gern vor Verlangen, auch das einmal ,zu versuchen. Stin« hatte nichts dagegen. Dann kam man wieder ans Meer hinab. dessen sie sich aus ihrer Kindheit bei Großchen dunkel entsonn. Und man räumte einmal gründlich mit allem auf; vielleicht aelang es, den Schindernamen und das böse Schicksal abzu- schütteln. Run mußte man sich schlussig darüber werden, was man mitnehmen wollte. Jetzt, wo es soweit war, fiel es doch schwer. sich von den Dingen zu trennen: als sie sich klar darüber geworden waren, was vorhanden war, und auf Christians Tafel aufgeschrieben hatten, was verkauft werden sollte, da war das nicht viel. Am liebsten wollten beide alles mitnehmen. „Wir müssen es noch einmal durchgehn— und mit rauher Hand alles Entbehrliche abstoßen," sagte Lars Peter.„Wir können unmöglich den ganzen Plunder nach dem Dorf schaffen. Geld brauchen wir auch— und nicht zu knapp." (Forts, folgt-ji