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Nr. 137 SS. Jahrgang
1. Seilage öes vorwärts
Mittwoch, 23. März 1�21
Der Serliner haushaltplan genehmigt Neue Erhöhung der Gas- und Elektrizitätspreise Annahme der Hausangestelltenfteuer. Die Stadtverordnetenversammlui�g hielt' läusiq abgelehnt. Der Vermehrung der Assistenzarzt« beim Gesund-
sich gestern mit der 2. Lesung des aus dem Ausschuß zurücktom wenden Haushaltsplans 19 20 nicht lange auf. Nach kurzer Erörterung wurde er ohne Aenderungen so, wie der ZÜMuß vorschlug, in Einnahme und Ausgabe mit annähernd K Milliarden Mark festgesetzt. Die Frage, woher für die außerordentlich gestiegenen Ausgaben der Stadt die. Deckung genommen werden soll, wurde im l�ause der Sitzung mehrfach aufgeworfen. Die neue Erhöhung des Gas- und Elektrizitätspreises, die gestern ge- nehmigt wurde, soll zur Beschaffung der Mittel beitragen. Der Redner der sozialdemokratischen Fraktion, Genosse Eon- r a d, betonte die Notwendigkeit, auch durch Verbesse- rungen der Technik eine Steigerung der Werkerträge anzustreben. Sehr lebhaft wurde um die Hausange stellten st euer gestritten, die der Stadt- säckel braucht. Sie wurde mit den Stimmen der Sozialdemo- traten. Unabhängigen und Kommunisten angenommen. Sitzungsbericht. .Au Beginn her heutigen ousterorbenttichen Sitzung er­folgt die Einführung der Swdträtin Frau Deutsch  . Nach der Absicht des Vorstehers soll der gesamte Rest an uner- lchigten Vorlagen, Anträgen usw. vor den, 1. April erledigt werden: man will gründlich Inventur machen. Nur wenn heute stark geschafft wird, ist Aussicht vorhanden, um eine Sitzung am Bründonnerstag und am dritten Osterseiertag herumzukommen. Aus eine dringliche Anfrage der Deutschnationalen Dr. Steiniger, Koch und Gen., was der Vorsteher gegen die Urheber der TribünenkartenfLlschuag zu unternehmen gedenkt, erwidert Dr. W« y l, daß nach seinen In- svrmationen die Staatsanwaltschaft sich der Sache bemächtigt hol und sich bemüht, die Urheber festzunehmen. Das Bureau habe Vorkehrungen getroffen, um, soweit möglich, Fälschungen zu ver- hindern. Ein dringlicher Antrag der D. Vp. oerlangt schleu­nigst« Ergreifung von Maßregeln, den ungehinderten Verkehr mit dem Rachause während der Sitzungen zu gewährleisten. Der Antrag findet Widerspruch bei den Kommunisten-. v. Ey nern bemerkt zur Geschäftsordnung, man habe diesen Wider- spruch vorausgesehen, glaube aber schon durch die Stellung des An- txages erreicht zu haben, daß der Magistrw diese im eigentlichsten Sinne des Wortes dringlich« Sache einer Prüfung unterziehen wird. Darauf tritt die Versammlung in die Tagesordnung ein, die Nachträglich um einen Gegenstand, nämlich die Aestsehung des Si«ldchaushaltsplaa» für 1920. bereichert worden ist. Diese Beratung und die Beschlußfassung über neun damit im Zusammenhang stehende Vorlagen wird oorwegge- Nammen. Den Bericht des Etatsausschusse» erstattet Iursch tD. Vp.). Der Ausschuß beantragt die unverändert« G e n« h m i- «'ung des Etats, der mit SSOl 268 600 M. in Einnahme und Ausgabe balanziert: gleichzeitig soll der Magistrat bei Neubearbeitung des Lagerbuchs bei allen Werten grundsätzlich prüsen, ob sie sich zur A b st o h u n g durch Verkaus eignen.' Dr. Steiniger erklärt, daß dir Detitschnationalen gegen den Etat stiimntn werden. Leid(U..Soz.) und Dörr(Komm.) sprechen sich gegen die Veräußerung von Ksmmunalbcsitz aus: die Kommunisten werden ebensalls den Etat ablehnen. Für die Ent- fchließung betr. den Vertauf von Immobilien tritt v. E y n e r n lD. Vp.)«in: die Deutsche Volkspartei   wird für den Etat stimmen. Der Etat für 1920 wird unverändert genehmigt. Die Entschließung wird mit 73 gegen 68 Stimmen angenommen.(Rufe bei den Kommunisten: Berlin   auf Abbruch.) Heber die anderen dem Etatausschuß überwiesenen. Vorlagen be- richtet Stadw. Merten(Dem.). Sie betreuen Bewilligung von Mitte/in für die Anfuhr von Brennholz für Schwerkriegsbeschädigte, Bewilligung von 4 Assistenzärzten sür das Gesundheitsamt. Unter- stützung Minderbemittelter beim Umzug, Gewährung von Fuhr- kosten, Straßenbahnzeitkartcn usw. an gewisse Beamtentategorien u. a. Die letzterwähnte Vorläge wird einein Ausschuß überwiesen: die übrigen Vorlagen werden angenommen, diejenige wegen Her- stellung eines Vereinsz-mmers im Ratskeller in Schmarqendors vor-
heitsamt widersprechen die Vertreter der D. Dp., weil sie darin eine unerwünschte Stärkung der Zeniralisationsidee erblicken: Stabtmedi- zinalrat Dr. R a b e n o« legt wiederholt die Notwendigkeit dar, zur- zeit das Personal des Gesundheitsamts entsprechend zu vermehren, und die Mehrheit tritt dem Ausschußantrag bei. Auf Antrag Koch(Dnat. Vp.) wird die Vorloge wegen Ankaufs von Gelände zur Erweilerung des Friedhofs in Frledrichsselde einem heute noch zu ernennenden Ausschüsse überwiesen. Mit der Freilassung der Westhälfte des ehemaligen Exerzier  - Platzes vor den, Schönhauser Tor von den Kosten der Anlegung der Gaudystraste, der Schwedter und der Eberswolder Straße aus An­laß der gegenwärtigen Errichtung städtischer Bauten für gemem- nützige Zwecke erklärt sich die Versamntlung einverstanden, doch soll diese Einverständnlserklärung nur für den jetzigen Eigentümer gelten, »nd es sollen dort weder die derzeitigen Mietpreise erhöht, noch andere Baulichkeiten errichtet werden. Am 14. März hat ein Ausschuß die Magistratsvorlage beraten, welche die Deckung für die Erhöhung der Lohn- und Ver- gütungssätze der städtischen Arbeiter usw. durch Er- h ö h u n g des G a s p r e i f e s um 10 Ps.(von 1,25 auf 1,35 M. für den Kubikmeter), des Preises der Elektrizität für Licht um 50 Pf.(von 2 M. auf 2.50 M.) bzw. um 20 Pf.(von 1,20 auf 1,40 M.) herbeiführen will. Mit 7 gegen 5 Stimmen hat der Ausschuß dem zugestimmt. Deitmer(U. Soz.) erhebt Einspruch gegen das Verfahren des Magistrats, die Lohnerhöhung immer als Grund der Preissteigerung für Gas und Elektrizität anzugeben: es handle sich tatsächlich um die Erzielung des Gleichgewichts im Etat. Redner richtet Angriffe auf d!« Verwaltung, die noch immer aus der Kopp-Putschzeil in dem Gaswert Danziger Straße 26 Arbeiter durchschleppe, die keine pro- duktive Arbeit leisten. Auf Antrag des V o r st e h e r s wird die weitere Erörterung ausgesetzt, bis ein zuständiger Magistratsverlreter zugegen ist. Als Oberbürgermeister B ö ß kurz darauf erscheint, unterstreicht Letz (Komm.) im wesentlichen die Zlussührungen des Vorredners. B u ch w i tz(Dnat. Vp.) tritt den Angriffen des Borredners entgegen. Conrad(Soz.): Der Lohnerhöhung mußten wir zustimmen, und der Tariferhöhung müssen wir zustimmen. Die ftädiischen Tarife sind ja vergleichsweise immerhin noch niedrig. Die Werte müssen vor ollem ihre Technik ausbauen und vervollkoimnnen. Der Ratschlag, Gas nur als Nebenprodukt zu erzeugen und Koks und Ammoniak zur Hauptsache zu machen, hätte früher vielleicht Sinn gehabt, heute ist an Koks Uebervroduktion vorhanden. Im Interesse des Wiederaufbaues muß die Vorlage angenommen werden. Der Oberbürgermeisterletzt auseinander, daß 120 Millio- nen zu decken find, wovon die Tariferhöhung nur 73 Millionen deckt. Im Etat für 1920 ist ein Fehlbetrag von 400 Millionen, der in fünf Raten a SO Millionen abgetragen werden soll. Im Etat für 1921 werden 600 Millionen zu decken sein. Es muß nach aller Möglich- kcit vorgesorgt werden, daß Einnahmen zur Deckung schon ab 1. April flüssig gemacht werden, wenn auch fatalerweise woran ja in diesein Hause niernand schuld ist der Etat für 1921 erst Anfang Juni wird vorgelegt werden können 320 Millionen können durch StAiern und Werke gedeckt werden, die übrigen 280 Millionen wer- den sich vielleicht durch Minderausqaben einbringen lasten. Die Tariferhöhung läßt sich nicht hinausschieben: wir kommen um sie nicht herum und mästen sroh sein, wenn wir damit das Gleichgewicht herstellen können.
w,e antrag Strom vom Tage der Bestandsaufnahme im März ob gegen die Unabhängigen und Kommunisten beschlossen. Uebcr die neue Hausangesievlen-Steuer berichtet nunmehr Dr. Hertz(U. Soz.). Die Steuer soll für den ersten Hausangestellten 100. für den zweiten 500, für den dritten 1500, für jeden folgenden 2000 M. betragen. Die Steuer ist viertel- jährlich und auch dann zu entrichten, wönn die Hausangestellten auch
mrr einen Monat(Vorlage: eine Woche) tätig waren. Aufwärt«- rinnen sollen dann als Hausangestellte zählen, wenn sie mehr als 20 Stunden ln demselben Haushalt beschäftigt werden. Ausbesse- rinnen und Näherinnen sind aus der Vorlage beseitigt. Kindergärt- nerinnen, Kinderpflegerinnen und Wärter von Heizanlagen vom Ausschusse hinzugefügt worden. Nach ausgiebiger Aussprache, an der sich hauptsächlich die weib- llchen Mitglieder der Versammlung beteiligten und in der L v h- mann(Soz.) die Hausangestelltcnsteuer als kleineres Uebel trotz ihrer Eigenschaft als indirekte Steuer, akzeptiert, weil sie nur den wohlhabenderen Teil der Bevölkerung trifft, werden die Anträge von rechts auf Steuerfreiheit des ersten Hausangestellten und auf Er- Mäßigung der Sätze für die übrigen abgelehnt und die Ausschuß- Vorschläge im wesentlichen angenommen: gestrichen wird auf An­trag der Sozialdemokraten der Zlusschußvorschlag, wonach der erst« Hausangestellte steuerfrei sein sollte, wenn der Haushalt besteht«us 1. einer Person über 60 Jahre mit nicht mehr als 20 000 M. Ein­kommen: 2. zwei Personen über 60 Iahren mit insgesamt nicht mehr als 30000 M. Einkommen, oder wenn zum Haushalt gehören mehr als drei Personen unter 16 Iahren. Die Uebevuahme der Feuerwehr von Alt-Berlin in städtische Verwaltung wird namens des in voriger Sitzung cingesetzien Ausschusses von S ch u l d t(Soz.) empfohlen und von der Versammlung mit großer Mehrheit be- schlössen.- Ueber die Frage, ob der Antrag des Zentrums wegen Gcwäh- rung von Zuschüssen an höhere private Mädchenschulen Groß-Berlins an den Ausschuß zurückzuverweisen ist. erhebt sich«ine langwierige Debatte, die mit der Verneinung der Frage endet: die weitere Be- ratung dieser Sache wird nach SLIO Uhr vertagt. Darauf wird noch die Vorlage betreffend die Einrichtung eines städlischen Anschlagwesens in Beratung genommen. Haß(Soz.) empfiehlt die Annahme noch den Magistratsvorschlägen. Auf Antrag Koch wird die Debatte ge- schlössen und in der Abstimmung die Vorlage in erster Lesung ge- nehmigt. Die zweite Lesung soll nächsten Donnerstag stattfinden. Nach 10 Uhr werden noch weitere Vorlagen erledigt. bestätigte und nichtbestätigte bezirksämter. Der Oberpräsident hat gestern eine weitere Zahl von Bezirks- ämtern bestätigt, bei einer Reihe von anderen Bezirksämtern da- gegen den meisten besoldeten Bezirksamtsmitgliedern die Be» stätigung nicht erteilt. In diesen Bezirken sind nur die unbe- soldeten Mitglieder vollständig bestätigt worden. Die Staatsaus- sichtsbehörde hat sich hierbei, wie mitgeteill wird, von dem Grund- satz leiten lassen, daß die Bezirksämter, die gerade jetzt sehr schwierige organisatorische Aufgaben zu erfüllen haben, sachkundig besetzt sein müssen. Dies um so mehr, als die Gewählten nicht in eingearbeitete Dezernate kommen, sondern völlig neu anfangen müssen. Bei ande» rer Zusammensetzung der einzelnen Bezirksämter würden wahr» scheinlich einige der Gewählten noch bestätigt werden. Aus die pol!- tische Stellung der Gewählten, heißt es wester, ist nirgends Rücksicht genommen worden. Soweit die Mitteilung, auf die später zurück- zukommen wäre. Ganz bestätigk wurden außer den bereits bestätigten und mitgeteillen Bezirksämtern Bezirksamt 10(Z e h l e n d o r f), Bezirksamt 12(Steglitz- L i ch t e r f e l d e), Bezirksamt 14(N e u k ö l ln), Bezirksamt 16 (Köpenick-Fried r i ch s h a g e n). Teilweise bestätigt wurden folgende Bezirksämter: Bezirksamt 3(Wedding  ): Be- stötigt:- Bürgermeister Redakteur Karl Leid, sowie die sämtlichen unbesoldeten Stadträte: Stempelfabrikont Zietemann, Bureau- gehilfin Bertha Lungwitz, Gewerkschaftsangestellter Kreienbrink, Zeichner Dörr, Studienrat Pros. Dr. Knicke, Architekt Wilhelm Pfeiffer: nicht bestätigt sind die sämtlichen besoldeten Stadt­räte. Bezirksamt 4(Prenzlauer Tor): Bestätigt: Bürger- meister Paul John, Redakteur, sowie die sämtlichen unbesoldeten Stadträte, nicht bestätigt: die sämtlichen besoldeten Stadträte. Bezirksamt 5(Fr i e d r i ch s h a i n): Bestätigt: Bürgermeister Ge- werkschaftssekretär Paul Mielitz, stello. Bürgermeister Arbeitersekret. Eugen Brückner: nicht b e st ä t i g t: sämtliche besoldete Stadträte. Bezirksamt 15(T r e p t o w): Bestätigt: Bürgermeister Gewerk- schaftsangestellter Julius Grunow, stello. Bürgermeister Redakteur Karl Mermuth, die sämtlichen unbesoldeten Stadträte: nicht be- st ä t i g t: die sämtlichen besoldeten Stadträte. Bezirksamt 17
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Skine Menschenkind. II. Mütterchen. Don IN artin Andersen TlexL.
Hinter dem Wagen kam Trupp auf Trupp, ein ganzer Aufzug: es sah aus, als hätte keiner das Schindergrundstück als erster betreten wollen. Wo die Obrigkeit voranging, konnten wohl auch andere Leute herantreten: aber der Amts- gehilfe und der Polizeidiener waren die einzigen, die Lars Peter die Hand gaben: die übrigen stießen sich gar sonderbor umher, steckten die Köpfe zusammen und siüsterten mitein- '. ander. V Lars Peter nahm die Auktionsgafte in Augenschein. Dieser und jener Hofbesitzer war darunter, alte, geizige Bauern, die in der Hosinung aus einen billigen Kauf erschienen waren. Im übrigen waren es meist kleine Leute aus der Um- gcgend des Sandes und des Hags, Häusler und Landhand- werker, die der Kredit lockte. Sie begrüßten Lars Peter nicht, sondern machten sich an die Bauern heran und scharwenzelten um den Polizeidiener herum: an den Amtsgehilfen getrauten sse sich nicht heran. »Sie treten wahrheftig auf, als ob man tief unter ihnen stände," dachte Lars Peter, lind was besaßen sie. Die meisten waren Leute, die nicht so viel Land hatten, daß man einen halben Scheffel Mohrrüben darauf ziehen konnte. Gut, daß er keinem von ihnen etwas schuldig war! Selbst die Häusler aus dem Moor, denen er in ihrer Armut oft bei- gestanden hatte, folgten dem Beispiel der andern und sahen inn heute über die Achsel an. Nun, setzt war es ja nicht mehr zu erwarten, daß er ihnen nützen könnte! Es war übrigens recht komisch für ihn, hier umherzugshn und mitanzusehen, wie die Leute sich um seine Brocken stritten. So klein waren sie also, daß sie sich die verschlissenen Sachen des Schinders zulegten wenn sie nur Kredit bekamen und einen billigen Preis erzielten. D-r   Amtsgehilfs kannte die meisten von ihnen beim Namen und ermunterte sie zu bieten.»Na, Peter Jensen vom Hag, heraus mit einem ordentlichen Angebot! Sie haben ein ganzes Jahr lang nichts bei mir gekaust!" So fiel er plötzlich über irgendeinen Häusler her. Oder:»Hier gibt es etwas zum Witnehmea für Ihre Frau, Jens Päsen!" Jedesmal, wenn
er jemanden beim Namen nannte, zuckte der Angeredete zu- sammen, lachte verlegen und bot. Die Defangenheitsröte um die Augen der Leute verriet, daß sie sich stolz und geehrt da- durch fühlten, daß der Amtsgehilfe sie kannte. »Ein Haarkamm, wieviel wird geboten!" rief der Amts- gehilfe, als die Reche an die landwirtschaftlichen Geräte kam. Ein Gelächter wogte über die DersaMmlung hin; eine alte Egge war hervorgeholt worden. Die Reinigungsmoschine nannte er eine Kaffeemühle, und so hatte er für jeden einzelnen Gegenstand eine komische Bezeichnung. Zuweilen waren die Witze derart, daß das Gelächter sich gegen Lars Peter wendete. und zwar ohne viel Bedenken. Aber Lars Peter schüttelte es ab und nahm es hin als das, was es war. Es gehörte nun einmal zum Beruf des Auktlonarius, Witze zu reißen das förderte den Umsatz. Auch der arme, elende Tagelöhner Iohansen hattte sich eingefunden, hinter den andern reckte er den Hals im zer­rissenen Arbeitsanzug und in gespaltnen Holzichnhen. So oft der Amtsgehilfe etwas sagte, lachte Iohansen laut auf, um zu zeigen, daß auch er mit dabei war. Den Lars Peter packte ein rechter Zorn auf ihn. Zu essen hatte er selten im Hause, außer dem, was man ihm in der Dummheit zusteckte: sein Ber- dienst ging iür Branntwein draus. Und nun machte er sich wichtig, der Lump! Und wahrhaftig, er bot auch auf Lars Peters alte Stiefel! Niemand wollte sie ihm streitig machen, und so bekam er sie sür eine Krone.»Es wird wohl bar be- zahlt?" sagte der Amtsgehilfe. Da war er vor der ganzen Lersammluny lächerlich gemacht, er hatte ja kein Geld. »Das Geld kann er von mir bekommen," sagte Lars Peter und legte die Krone auf den Tisch. Iohansen gafft« ihn an; dann setzte er sich hin und begann, die Stiefel anzuziehen. Er hatte seit Jahr und Tag kein Lederschuhzeug getragen. In der guten Stube war der Tisch gedeckt mit zwei großen Schüsseln mit Butterbroten, einer Flasche Branntwein und drei Gläsern. An dem einen Tischende standen Kaffeetassen. Stine hielt sich in der Küche auf: mit roten Wangen wirt- schaftete sie da herum, gespannt, ob ihre Anrtchtung Beifall finden werde. Es war alles vorbereitet, noch mehr Butter» brote zurechtzumachen, wenn es nötig sein sollte, und jeden Augenblick war sie an der Türspalle und guckte hinein. Das Herz schlug ihr zum Halse hinauf. Hier und da kam ein Fremder in die Stube und schaute sich neugierig um; ober die Leute gingen wieder, ohne etwas zu genießen. Ein Mann kam. der nicht au» der Gegend war. Stine kannte ihn nicht.
Er setzte sich rittlings aus die Bank, nahm ein Stück geräucherte Laminkeule und schenkte sich einen Schnaps ein. Stine konnte an seinen Kiefern sehen, daß es ihm gut schmeckte. Aber dann kam eine Bauersfrau herein, zupfte ihn am Aermel und flüsterte ihm etwas zu. Er stand auf, spuckte das Essen in die hohle Hand aus und ging mit ihr zu den andern. Als Lars Peter in die Küche kam, lag Stine weinend über dem Küchentisch. Er hob sie auf und fragte:»Was ist los?" Ach, nichts," erwiderte sie schnaubend, während sse sich freimachte. Vielleicht wollte sie ihn schonen, ihm vielleicht ver- bergen, wie sie sich schämte; es bedurfte vieler Ueberredung, bis er aus ihr herausbrachte, daß es sich um das Essen han- delte.»Sie rühren es gar nicht an!" schluchzte sie. Er hatte es selber bemerkt. Um sie zu trösten, sagte er:»Sie sind wohl noch nicht hungrig. Und sie haben ja auch keine Zeit." Sie glauben, es ist ungenießbar!" beharrte sie.»Sie halten es für Hundefleisch oder dergleichen." »Ach, dummes Zeug!" Lars Peter lachte wunderlich. »Es ist ja auch noch nicht Mittagspause." »Ich Hab selbst gehört, wie eine Frau zu ihrem Mann sagte, er solle es nicht anrühren." Lars Peter stand eine kleine Weile da, dann klopfte er sie auf den Rücken und sagte:»Mach' dir bloß nichts draus. Morgen ziehen wir von hier fort und dreben allen eine Nase. Dann sängt ein neues Leben für uns an. Na, ich muß wieder zur Versteigerung hinaus. Sei ein vernünftiges Mädchen!" Lars Oeter ging zur Tenne hinijber, wo die Auktion jetzt stattfand. Um zwölf Uhr hielt der Amtsgehilfe inne.Jetzt machen wir eine kleine Ruhepause, Leutchen, und stecken uns was ins Gesicht!" rief er. Die Leute lachten. Lars Peter näherte sich dem Amtsgehllfen. Jeder wußte, was er von ihm wollte; man drängte sich näher heran, um mitanzusehen. wie der Schinder sich seine Abfuhr holte. Er lüftete den Schlapphut und kratzte sich in seinem gewaltigen Schopf. �Jch wollte bloß fugen," seine mächtige Stimme drang bis in die fernsten Winkelwenn der Amtsgehllfe und der Polizei- dicner vorliebnehmen wollen, drinnen in der Stube steht Essen  . Schnaps und Bier. Auch mit einem Schluck Kaffee können mir aufwarten." Die Leute stießen einander an: wie frech der Schinder heut auftrat! Einen von der Obrigkeit zu Tisch zu bitten, obendrein im Hause der Mörderin! Gespannt sah man auf den Amtsgehllfen: ein Hofbesitzer nahm firf, heraus, ihm warnend zuzublinzeln.(Forts, folgt.)