Nr. 259.
Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Vierteljährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags: Nummer mit illustr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Bost- Abonnement: 3,30Mt. pro Quartal. Unter Kreuz band : Deutschland u. Desterreichs Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post Zeitungs- Preisliste für 1894 unter Nr. 6919.
Vorwärts
11. Jahrg.
Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder beren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Juferate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochens tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn und Festtagen bis 9 Uhr Vor mittags geöffnet.
Fernspredjer: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse:
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Dienstag, den 6. November 1894. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!
Der landwirthschaftliche Kredit brachte, dazu verwandt würden, die Grundbesitzer, die ihr Luft, den Großgrundbesitzern gefällig zu sein, die sämmtlich Land selbst bebauen, von der Grundsteuer zu be- Legitimisten, d. h. Anhänger der fortgejagten Dynastie und freien. Der Antrag wurde verworfen, weil in Frankreich . er folglich seine Feinde waren. das Budget aus dem Gleichgewicht bringe. Die Bei Napoleon III. glaubten die Herren mehr Paris , 2. November 1894. Sozialisten, die ganz böse Burschen find, haben Glück zu haben. Und wirklich erlangten sie auch gleich Das Ministerium und die ministeriellen Abgeordneten diese Geschichte den Bauern erzählt und ihnen ge- nach dem Staatsstreich des 2. Dezember 1851 schreien, als ob sie am Spieße ftäten, daß die Sozialisten sagt: da seht Ihr, was die Versprechungen der Bourgeois- die Einrichtung des Kredit Foncier( Grundkredits), dem sie daran hindern, am Glücke Frankreichs zu arbeiten; und Deputirten werth find! als Taufgeschenk eine Unterstüßung von 10 Millionen Franks dech wurden sie ohne die Sozialisten nichts thun, oder viel- Um diesen Hieb zu pariren, haben sich die Deputirten in die Wiege gelegt wurde. Wie es der Name besagt, sollte mehr es würde so aussehen, als thäten sie nichts. Seit die ans Wert gemacht und wollen jetzt der Landwirthschaft den diese Gesellschaft den Grundbesitzern Vorschüsse gewähren; aber Eozialisten mit der Propaganda auf dem Lande begonnen landwirthschaftlichen Kredit geben, dieses Wundermittel, die Verwalter des Justituts dachten anders. Sie rafften auf dem haben, zittern unsere Gegner vor Angst, die Bauern, das sie von allen Uebeln erlösen soll. Es finden sich Lande alles Geld zusammen und verwandten es zur Spekuwelche bisher die große Armee der Reaktion bildeten, sogar unter den Reaktionären Steptifer, welche die absolute lation in städtischem Grundbesitz und in egyptischen Schuldwürden zum Feinde übergehen; um fie davon Wirksamkeit der Panacee*) bezweifeln. Der Soleil", ein verschreibungen. Nach einem solchen Erfolg unterstützte die abzuhalten, hat man unter mächtigem Reklame orleanistisches Reaktionsblatt, schrieb in diesem Sinne: kaiserliche Regierung, die um jeden Preis den Grundbesitz lärm und inbrünstigen Liebesversicherungen angekündigt, Worauf es autommt, das ist, den Bauer in den Stand sich verpflichten wollte, eine neue Gesellschaft, die diesmal daß man ihnen alles mögliche Gute erweisen, Alters- zu sehen, daß er seine Geschäfte ohne Anlehen be den Namen:„ Landwirthschaftlicher Kredit" annahm. Diese versicherungs Rassen für sie wie für die Arbeiter er forgen tann; das Aulehen ist ein Aderlaß, der schließlich Gesellschaft bewies ihren Eifer für die Landwirthschaft richten, ihnen unentgeltliche Arzthilfe gewähren und sie sonst die stärkste Konstitution und das solideste Eigenthum zu dadurch, daß sie einen großen Theil ihres Fonds auf den mit allen möglichen menschenfreundlichen Einrichtungen be- Grunde richtet." Bau der großen Oper verwandte, deren Tänzer und Tänzeglücken würden. Man hat zahlreiche Reden gehalten, aber rinnen sich mit den vom Londe kommenden Beefsteaks und fich wohl gehütet, auch nur das kleinste Gesezchen zu beGemüsen ernährten. willigen.
M
Sie haben Pech, die Herren Bourgeois; was sie gethan haben, das wendet sich gegen die Landwirthe. Um diesen den Verkauf ihrer Ernten zu hohem Preise zu ermöglichen, hat man die Zölle erhöht; und siehe da, seit dieser Erhöhung über den früheren Stand, wird der Wein immer billiger, und der Weizen, welcher 22 Franks der Doppel zentner foftete, wird jeht zu 16 bis 18 Frants verkauft. Was man nicht gethan hat, ist den Bauern genau ebenso nüglich.
Die Abgeordneten versprachen schon seit Jahren, den Gewinnst aus der Rentenumwandlung( Konversion) für die Erleichterung der auf die Landwirthschaft drückenden Lasten zu verwenden. Das würde nur gerecht und billig sein; denn gerade die Bauern und kleinen Leute tragen die Verluste der Umwandlung, zu deren Durchführung man nur darauf wartet, bis die Finanzleute der hohen Bank alle betheiligten Werthpapiere in ihren Portefeuilles dem Publikum auf gehalt haben.
Bei der Umwandlung der 4 pct. in 3½ pCt. im verflossenen Jahre ergriff Jaurès die Gelegenheit, um die Abgeordneten an ihre Wahlversprechungen zu erinnern und zu fordern, daß die 68 Millionen, welche die Konversion ein
Hans Sachs."
Nicht Kredit mit Zinsen, sondern Kredit ohne Zinsen; Kredit, der nichts kostet, verlangen die Großgrundbefizer des Soleil".
"
In der vorigen Legislaturperiode brachte unser Genoffe Lafargue eine Gesetzesvorlage ein, die den Klein grundbesitzern diesen famosen Kredit sichern sollte. Sein Vorschlag war in wenigen Worten der:
Die Stadtgemeinden sollten den Landwirthen unter Bürgschaft ihrer Gemeinderäthe Summen in der Höhe des halben Ernte- Ertrages vorschießen und die Rückzahlung in Produkten zum laufenden Marktpreise erhalten.
Auf diese Weise würden wir den Bauer von dem Kauf mann oder Wucherer befreien, der ihn ausbeutet. Aber ein solches Kreditsystem hat zur Voraussetzung, daß die Stadt gemeinden die Ernährung der städtischen Bevölkerung über nehmen; und das würde dem Bourgeoishandel und der Finanzspekulation schaden. Man beeilte sich deshalb, den Vorschlag bei Seite zu schieben.
Und diese Art des Kredits ist es auch nicht, was die Herren Großgrundbesitzer wollen. Sie hatten unter Louis Philippe die Gründung einer Landwirthschaftsbaut gefordert, die Geld zu 2 pCt. ausleihen und ihre Fonds aus der Sparkasse herausziehen sollte. Allein Louis Philippe hatte keine
*) Allheilmittel.
Bis hierher haben die landwirthschaftlichen KreditGesellschaften von der Landwirthschaft nur den Namen gehabt. Nachdem die Grundbesitzer alles Vertrauen zu den Kapitalisten verloren hatten, dachten sie nur daran, sich selbst zu retten. Sie gründeten landwirthschaftliche Syndi fate, die sich zu Kooperativ- Gesellschaften umgestalteten: Maschinen, Sämereien, Dünger und andere für den Ackerbau nöthige Waaren kauften und an die Mitglieder vertheilten. Da die Syndikate im Handel Glück hatten, so dachte man daran, sie in Kreditbanken umzuwandeln.
Die Kammer hatte ihnen dieses Recht zugestanden und die von Syndikaten gegründeten landwirthschaftlichen KreditGesellschaften von den Patent- Kosten sowie von der Steuer auf Mobilien- Werthe befreit.
Die Grundbesitzer hatten, wie unter Louis Philippe , verlangt, die Fonds für ihre landwirthschaftlichen Banken aus den Sparkassen zu ziehen; aber die Finanzleute, welche der Meinung sind, daß sie allein das Recht haben, die Volks ersparnisse zusammenzuraffen und einzusacken, bewirkten, daß diese Forderung verweigert wurde, die ein Attentat auf ihre Privilegien war.
So um die Hilfsquelle der Sparkassen gebracht, zeigen die Grundbesitzer teine große Begeisterung für die landwirth
fammentamen, um sich an Singen, Dichten und Tonsehen dichtet. Zur Kunst des Meistergesanges sein Leben lang zu erlustiren.
Meister Jörg Sachs lächelte und meinte: Nun, bis der Bub die Feilweis von Hans Folk kann, hat's wohl noch gute Wege."
zu halten, entschloß er sich aber schon in Wels; die Buchdruckerpläne hängte er wieder an den Nagel.
Ta lebte vor 400 Jahren in der schönen alten Reichs ftadt Nürnberg einmal ein ehrsamer Echneidermeister Namens Ueber Burghausen, Detting und Landshut wanderte Jörg( Georg) Sachs, dem am 5. November 1494 ein Söhne unser guter Geselle nach München , wo ihm die Meisterlein geboren ward, das er Hans nannte. Es war in der Meister Andreas aber griff in seine Tasche und zog singerkunft auch gleich einmal aus der Noth half. Ohne Stadt eine schlimme Beit, eine furchtbare Seuche wüthete einen jener viereckigen Klippenschillinge heraus, die Mittel langte er auf der Herberge der Schuhmacher in und raffte schnell viele Menschen dahin, weshalb man sie als Denkmünzen vertheilt wurden, wenn man einmal die Bayerns Hauptstadt an und mußte dem Herbergsvater, auch die Geschwinde Krankheit nannte. Deswegen hatten es Reichskleinodien der deutschen Kaiser und ein paar andere dem Wirth des Gasthauses seinen Rock zum Pfande für die Eltern Hänsleins auch sehr eilig damit, ihm einen Werkwürdigkeiten dem Volke öffentlich zeigte. Die feine Verköstigung abtreten. Da nahm sich die gutherzige Namen geben zu lassen, und zwar geschah das noch am Reichskleinodien waren vornehmlich: die ganz goldene, mit Wirthin des schmucken, verständig dreinblickenden Burschen selben Tage, an dem das Knäblein zur Welt kam. Bei dem ungeschliffenen Edelsteinen besetzte Reichstrone, der Reichs- an, und da sie wohl aus seinen Reden gemerkt hat, er verFamilienfest der Namensgebung war der ehrsame Messer- apfel, der Reichsszepter, alles Zeichen der Herrscherwürde stehe sich auf Sangeskunft, sprach sie: schmiedemeister Andreas Sponn Zeuge gewesen. deutscher Kaiser, die lange Zeit in der Reichsstadt Nürnberg
Sohn, kannst Du reimen eben Das Werkzeug, das ein Schuhknecht hat In der Werkstatt Und auch dabei sein' Arbeit, frei Will ich den Rock Dir geben.
Der fam nun eines schönen Tages, nachzuschauen, was aufbewahrt wurden. feine Gevattersleute machten, die auch bei Geburt ihres Der Klippenschilling sollte dem Kinde das WohlHansels krant gewesen und noch nicht ganz genesen waren. wollen seines Herrn Bathen immer vor Augen führen Raum war er eingetreten, jo hub der kleine Hans und dem Kleinen als Spielzeug, aber auch als mächtig an zu schreien mit voller Kraft seiner kleinen Pfand dienen, daß Meister Sponn sich späterhin seiner Das erbaute den jungen Handwerksgesellen gar sehr, Lunge. annehmen und ihm die Kunst des Meistersanges er nannte und beschrieb des Schuhmachers Geräthe und Der Gevattersmann, dem sein Bathe dargebracht wurde, lehren wolle. Hat's aber nicht gethan, vielmehr hat der ihre Verwendung in wohlgefügten Bersen, und lachenden summte dem Knirps ein Liedlein vor, was diesem wohl zu junge Hans, der nach dem Besuch einer guten Schule zwei Mundes reichte die Wirthin dem jungen Dichter seinen Rock gefallen schien, denn er stellte nun seinen Gesang ein und Jahre lang die Schuhmacherei lernte, die Einweihung in wieder. Kunst bringt Gunst! war still. die Geheimnisse der Dicht, Tonsatz- und Sangestunst von In München war es aber auch, wo Hans Sachs sein Nun, der Hansel scheint ja wohlauf zu sein; eine dem Leinwebermeister Lienhard Nunnenbeck erhalten. poetisches Meisterstück vor der dortigen Zunft der Meisterfräftige Stimme hat er und das Singen scheint ihm auch In der Schule, in der Handwerkslehre und in Nunnens finger ablegte. Denn jene Dicht- und Singschulen waren Freude zu machen. Wenn er zu seinen Jahren tommt, bed's Unterricht hat der Hansel nun fein aufgemerkt und zuuftmäßig eingerichtet; die Schüler oder Jünger sangen nehm ich ihn in die Lehre und bringe ihm die löbliche in allen Dreien was Tüchtiges gelernt. Dann ist er auf nach Melodien, die schon vorhanden waren, alte vorhandene, Kunst des Meistersanges bei." die Wanderschaft gegangen, um das Gelernte zu üben und feltener neue, selbstgedichtete Texte; hatten sie darin eine Meister Sponn war nämlich Meister in der Nürn auswärts zu spähen, wo er noch etwas dazu lernen gewisse Sicherheit erlangt, so galten fie als Gesellen; berger Sängerschule, einem Verein, in welchem eine Anzahl tönnte. Die Reise ging von Nürnberg nach Regensburg , Meister wurden sie erst, wenn sie eine der berühmten alten Handwerksmeister nach des Werkeltages Laft und Hiße zu von da über Passau , Braunau , Wels und Reichenhall nach Melodien der großen Meister verwendet oder neue Tonweise erfunden hatten zu einem Zum vierhundertften Geburtstag des größten deutschen Zum vierhundertsten Geburtstag des größten deutschen Salzburg , wo ihm die neue Kunstübung des Bücherdrückes eine Dies Meisterstück legte unser Bollsdichters" bringen wir diesen Artikel, der aber für heute den bekannt wurde und ihm die Lust kam, umzusatteln, von selbstgedichteten Liede. Raum wegnimmt für das Feuilleton. Die Leser werden das der Schuhmacherei zur Druckerkunft überzugehen; etwas Hans eben damals 1514 in München ab, und zwar von dieser scheint er schon damals gelernt zu haben. Später benutte er die Melodie des Altmeisters, den man den Fehlen desselben für einen Tag freundlich entschuldigen. ( Red. d. Vorw." hat er auch ein Preislied auf die löbliche Druckerei ge- Marner nannte, den sogenannten„ langen Ton des Marners."