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Achtung! Parteifunktionäre, Betriebsvertrauensleute!
wird In den Zelten 23, Zimmer 10, wichtiges Agitationsmaterial zur sofortigen Verbreitung ausgegeben.
Am Freitag, den SS. März, vor- 9 Uhr,
mittags Der Bezirksvorstand
GroßSerün 3n den Frühling. ' ostern, das Fest des Wiedererwachens der Natur, ist gekommen; der junge Lenz schreitet von Neuem durch das Land. Eine tief« Sehnsucht nach Luft und Sonne packt die Menschen, und sie pilgern hinaus ins Freie, die Spuren des Frühlings zu suchen. Nachstehend geben wir einige Vorschläge zu Wanderungen in landschaftlich schöne Gebiete der Mark. Eintägige Wanderungen. Zum Lienewitz-See. Die Wanderung beginnt in Potsdam . Vom Bahnhof über die Eisenbahn, durch die Leipziger Straße , am Fuß des Brauhausberges vorüber zur Havel . Die Straße wird von alten Buchen eingefaßt; Platanen und Kastanien nehmen mit- unter ihre Stelle ein. Bon den Höhen, die linker Hand die Straße begleiten, prächtiger Ausblick über den Strom, auf dem schmucke Segler kreuzen. In einer ruhigen Bucht liegt in stiller Abgeschieden- heit die Siedlung Templin . Der schöne Weg führt nach Caputh , dem langgestreckten Obstdors, das den Beginn des märkischen Obst- gaus anzeigt. In �er Nähe der Kirche zweigt ein Weg in südlicher Nichtimg ob. Links an den Krähenbergen vorüber zum Wald. An der Kreuzung der Gestellwege r und I gen Südost zum Großen Lienewitz-See. Von hochstämmigem Kiefernwald umrahmt, gleicht der See einem„Waldauge", wie es die märkischen Wälder selten in so ausgesprochener Eigenart bewahren. Auf der schmalen Land- enge zwischen dem Großen und dem wesllich von ihm gelegenen Kleinen Lienewitz-See, die Siedlung Lienewitz, nur wenige Häus- chen, die sich In das Waldesgrün schmiegen, lieber die Bahn von Wildpark nach Beelitz und weiter in westlicher und südwestlicher Richtung nach Ferch am Schwielowsee . Das Gelände ist äußerst abwechslungsreich: Hügel und Senken läsen in steter Folge einander ab. Dem Kiefernwall» sind häusig alte Eichen beigemengt, meist rekt knorrige und abenteuerlich gestaltete Burschen. Von Ferch am Ostufer des Schwielowfees gen Nord über Flottstelle nach Caputh zurück. Mit der Fähre zum anderen Havelufer und um den Petzicn, eine Ausbuchtung der Havel , und am Forsthaus Goisberg vorüber zum Luftfchiffhafen. Von hier führt die Straße in gerader Richtung zum Bahnhof Charlottenhof. Weglänge etwa 26 Kilometer. Die Tegeler Heide. Hinter dem Schlößchen Tegel zweigt der Weg nach Tegelort von der Chaussee ob. Durch einen tiefen Gin- schnitt zum Tegeler See und weiter zum Forschaus Tegelsee . Eine schmale Landzunge streckt sich hier weit in den See hinein, bis dicht an die Insel Scharfenberg . In Tegelort ist die Havel erreicht. Gen Nord nach dem freundlichen Dörfchen Helligensee, zwischen der Havel und dem gleichnamigen See. Dom Nordende des Dorfes gen Oft tSrraßenbahngleis) zum Waldbegmn. Hier auf Gestell I in nordöstlicher Richtung nach Schulzendorf und weiter am Ehrenpforten- vorüber zu den ersten Häusern von Frohnau . Der Tegeler Forst ist eins der schönsten Waldgebiete in der näheren Umgebung Berlins . Herrscht auch die Kiefer vor, so geben zahlreich einge- sprengte Laubbäume sowie reichliches Unterholz doch recht mannigfache Waldbilder. Das Gelände ist mitunter ziemlich uneben, wo- � kiurch die Schönheit der Gegend beträchtlich vermehrt wird. Durch die schön angelegte Waldsiedlung Frohnau zum gleichnamigen Bahn- Hof der Nordbahn. Weglänge etwa 18 Kilometer. Rund um den Müggelsee. Vom Bahnhof Friedrichshagen gen Süd durch die Friedrichstrahe und dann gen Ost durch die See- straße zu den Berliner Wasserwerken und dem Institut für Binnen- sischerei. Jetzt rechts ob zum Ufer des Müggelsees, einer der um- fangreichsten Seen der Mark. An einer Holzabloge vorbei zum Frei- bad Müggelsee, das jetzt allerdings noch verödet ist. Nun vom See entfernt auf der Chaussee am Forsthaus Müggelsee vorüber zur Rahnsporfer Mühle, eine alte Wassermühle. Südlich der Nohns- dorfer�Mühle liegt Rahnsdorf , am Einfluß der Spree in den Müggelsee. Das Dorf ist ein Runddorf oder Rundling: die Gehöfte liegen rund um einen erhöhten Anger herum, auf dem die Kirche steht. Eine solche Siedlungsform gehört zu den ältesten der Mark. Bon Rahnsdorf mit dem Boot zum jenseitigen Ufer und nun um den Kleinen Müggelsee zum Südufer seines großen Bruders. Hier die Müggelbcrge, die von Aussichtstürmen gekrönt stnd. Die Aus-
ficht gibt ein prächtiges Bild von der Gliederung der Landschaft. Die Gestellwege sind von Birken eingefaßt, deren weiße Zeilen sich leuchtend von dem dunklen Grün der Kiefern abheben. Aus dem Süduser des Müggelsees weiter zum Ausfluß der Spree und hier mit der Fähre nach Friedrichshagen zurück. Weglänge etwa 16 Kilometer._ Kommuniftenfpektakel in Serlin. Wir berichteten bereits im gestrigen Abendblatt, daß die kam- munistischen Verbrechen in Mitteldeutschland nicht ohne Einfluß auf die zumeist kommunistisch orientierten Berliner Arbeitslosen ge- blieben sind. In Befolgung der von der KPD . und sehr wahr- scheinlich auch von der Betriebsrötezentrale in der Münzstraße aus- gegebenen Generalstreikparole begaben sich gestern mittag 2 0 0 bis 250 Arbeitslose zu den Ludwig- Loewe -Werken, um dies« stillzulegen und zu besetzen. Die Tore zu den Loewe-Werken waren ebenso wie die der benachbarten„Turbine" geschlossen. Die Arbeitslosen nahmen daher den Weg über das verschlossene Tor der „Turbine ", begaben sich ins Kesselhaus und löschten die Feuer. Dann begaben sie sich in den Loeweschen Betrieb und forder- ten vom Betriebsrat die Stillegung der Werke. Unsere Parteige- nassen lehnten natürlich diese Forderung stritte ab. In einer dar- auf tagenden gemeinsamen Sitzung des Betriebs- und Arbeiterrats wiederholten die Vertreter der Kommunisten ihre Forderung, fanden aber bei den Anhängern der SPD. , der USPD . und bei den Asa- Vertretern keine Gegenliebe. Diese lehnten es ausdrücklich ob, Leuten zu folgen, von denen man nicht weiß, wer sie sind und wo- her sie kommen. In einer sich an diese Sitzung anschließenden Be- triebsoersammlung versuchten die kommunistischen Arbeitslosen be- sonders unseren Genossen Weiner am Reden zu verhindern. Aber der stürmische Beifall am Schlüsse seiner Ausführungen bewies, daß die Zeit, in der die Kommunisten unumschränkt in den Berliner Großbetrieben herrschten, längst vorüber ist. Ohne Abstimmung wurde die Arbeit wieder aufgenommen. Ein Vertreter der KPD. fordert« seine Freunde auf, alsbald nach Empfang des Lohnes den Betrieb zu verlassen und in den Generalstreik zu treten. Im Laufe des Nachmittags haben dann ganze 250(in Worten: zweihundert- fünfzig) Kommunisten den Betrieb verlassen. In einer Besprechung des Betriebsrats mit der Direktion wurde von dieser mitgeteill, daß die Sicherheitspolizei gegebenenfalls den Betrieb räumen würde. Die Arbeitslosen waren aber inzwischen selbst abgerückt, um nach einer Stunde wiederzukehren, das Kesselhaus zu besetzen und die Feuer auszulöschen. Der belonnene Teil der Arbeiterschaft veron- lahte sie aber sehr bald, den Betrieb wieder zu verlassen, so daß in einer halben Stunde die Arbeit wieder aufgenommen werden tonnt«.
5ür Sie Erwerbslosen. Der Ständige Ausschuß zur Prüfung der Anregungen für produktive und unterstützend« Erwerbslosenfürsorge hat am Donnerstag mit zuständigen Behörden unterhandelt und ihnen folgende Forderungen unterbreitet: Es sind zu zahlen für männliche Personen über 21 Jahre 15 M. täglich, falls sie nicht im Haushalt eines an- deren leben, sonst 13 M.; für eine Person über 16— 21 Jahre 11 M. und unter 16 Iahren 6 M.; für weibliche 13 M. bzw. 11, 9 und 5 M. Die Familienzuschläge für den Ehegatten sind auf 5 M. zu erhöhen, für die Kinder bis zu 16 Jahren auf 4 M. und für alle Unterstützung?- berechtigten Angehörigen auf 3 M. täglich. In bedürftigen Fällen sind Kleider unter Verzicht auf Abzahlung zu gewähren. Beim Reichs- arbeits- und Wohlfahrtsministerium wurde u. a. beantragt: daß dem Wohnungsamt die Befugnis gegeben wird, gewerbliche Räume, die zwecklos belegt fino, zu gewerblichen Zwecken zu beschlag- nahmen. Ferner schleuniger Weiterbau der Museen. So- fortige Hebung des Siedlungswesens und der Bau- t ä t i g k e i t. Alle Arbeiten, die von der Post, Eisenbahn und anderen Behörden vergeben werden, sind möglichst in Berlin herzustellen. Die an der W e i ch b i l d g r e n ze brachliegenden Ländereien sind den Erwerbslosen zur Bestellung zu überlassen.
Selbstmord nach dem Geständnis. Der aufgeklärte Millionenraub auf Postamt 54. Mit dem Selbstmord seines Urhebers hat der Millionenraub auf dem Postamt 54 in der Lothringer Straße seine Aufklärung gefunden. Die verhafteten Täter sind überführt und ge- st ä n d i g,.zwei sind noch flüchtig. Der Erfinder des ganzen Planes und der Anführer der Bande, Postbetriebsassistent Paul Antoch. der zum Schein gefesselt worden war, leugnete die gegen ihn er- hobene Beschuldigung, seine Hand im Spiel gehabt zu haben, fort- gesetzt, bis er endlich doch ein Geständnis ablegte. Kurz darauf machte er im Polizeigewahrsam seinem Leben ein Ende. Der Verdacht lenkte sich von vornherein auf den Betriebs- assistenten Antoch, der durcb fein Verhalten und seine Aussagen aufsiel. Er ging dann auch auf seinen Bruder über, den er gleich nach der Tat aussuchte. Auch dieser leugnete zunächst. aber beide wurden gleich von der Kriminalpolizei in Gewahrsam genommen. Die weiteren Ermittlungen ergaben auch die Beteili- gung eines gewissen Stein, der ebenfalls festgenommen wurde. Stein konnte bald so überführt werden, daß er ein Geständnis ablegte. Die Täter trafen sich nach Verabredung um 2 Uhr nachts auf dem Rofenthalerplatz und drangen vom Grundstück Z« h d«- n i ck e r S t r a ß e 1 6 auf den Posthof ein. Sie schlugen an der Hintertür eine Glasscheibe ein, langten durch die Oeffnung und drehten den Schlüssel herum. Mit dem Raube schlugen sie den Rückweg wieder in das Grundstück Zehdenicker Straße 16 ein. Der Lärm, der bald auf der Straße entstand, veranlaßt« die Räuber nach verschiedenen Richtungen zu entfliehen. Das ganze geraubte Geld sollen nach Angabe der Verhafteten die beiden flüchtigen Mittäter besitzen. Die Untersuchungen sind noch nicht abge- schlössen. Auch der beiden flüchtigen Täter hofft man bald habhaft zu werden.__ verurteilte Eisenbahnräuber. Massendiebstähle an Eisenbahngütern in Grohbehnitz hoben nun» mehr vor Gericht ihre Sühne gefunden. Eine 35 Mann starte Bande, die sich größtenteils aus Eisenbahnern zusammensetzt, hatte bis zum August 1919 planmäßig die Beraubung von Eisenbahn- güterwagen durchgeführt und war dabei zum Teil auf frijcher Tat von der Eisenbahnüberwachungsabteilung abgefaßt worden. Von den 35 Angeklagten, von denen in der Zwischenzeit 2 gestorben und einer in eine Irrenanstatt eingeliefert war, sind nur 22 zur Verant- wortung gezogen worden, da die übrigen bisher noch nicht ermittelt und verhaftet werden konnten. Unter diesen Flüchttgen befindet sich auch der Haupttäter Engfer, der sich noch Brasllsen in Sicherheit gebracht hat. Nach zweitägiger Verhandlung erkannte das Gericht durchweg auf Gefängnis, u. a. erhielt der Unterassistent Dahlweg 4 Jahre, Zugführer Krause, Packmeister Stürmer, Hilfsschaffner Seikritt je 2 Jahre, Schaffner Adamitz 2 Jahre usw. Mit diesem Urteil hat einer der größten Bandendiebstähle auf der Eisenbahn im Jahre 1919 seinen Abschluß gesunden.
Einführung ües Bezirksamtes VII. Bei der Einführung der Mitglieder deö Bezirksamt«? ichs 7. Bezirks hob Oberbürgermeister Boese in seiner BegrüßungS- ansprach« hervor, daß die Stadt Cbarlottenburg rn dem zehnjährigen Kampfe um die Gemeinde Groß- Berlin stet? zu den Gegnern der Zusammenfassung der Gemeinden gehört habe. Dies sei auf Grund der Bedeutung, die sich Charlottenburg unter den deutschen Städten diiech seine vorbildlichen kommunalen Einrichtungen auf allen Ge- bieten erworben hatte, nicht verwunderlich. Er hoffe und wünsche, daß der Bezirk Charlottenburg auch in Zukunft als Teil de? Ganzen stets Mustergültiges zu leisten bestrebt sein werde. Nach dem Vorsteher Köhler dairkte Genosse Hirsch als Bürgermeister» Stellvertreter des Bezirks für die warme Begrüßung und gab der � Ueberzeugung Ausdruck, daß alle Mitglieder des Kollegiums als . Diener der Gesamtheit ihre ganze Kraft einsetzen werden zum Wohle des Bezirks und damit der Kommune Groß-Berlin. Unter dem Halleschen Tor. Die Bauarbeiten der Nord-Südbahn an der Landwebrkanal» kreuzung haben weiterhin günstigen Verlauf genommen. In dem
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Sline Menschenkind. II. Mütterchen. von Martin Andersen ZlexS.*
Endlich kam das Frühjahr. Es kündigte sich mit heftigen Osterstürmen an und mit Unglücksfällen rings an der Küste. Eines Morgens kam Lars Jensens Boot ohne Führer zurück; eine Sturzsee hatte ihn über Bord gespült. „Jetzt ist es das beste, du gehst sofort zum Krugwirt." sagten seine beiden Kameraden zu Lars Peter. „Ist es nicht vernünftiger, wenn ich zu Lars Jensens Witwe gehe?" fragte Lars Peter.„Ihr gehört doch der Boots» ant�il." „Darein mischen wir uns nicht," sagten sie vorsichtig. „Geh' du, zu wem du willstl Wenn du aber Geld beiseitegelegt hast, dann solltest du es zur Sparkasse bringen— die Hütte könnte dir leicht abbrennen." Sie lachten einander verstohlen zu und drehten ihm den Rücken. Lars Peter ließ sich ihre Worte durch den Kopf gehen -- ob sich das wohl so verhielt? Er nahm die 2000 Kronen, die er von der Auktion übrigbehalten und zum Bauen zurück- gelegt hatte, und ging damit zum Krugwirt. „Ich komme, um dich zu bitten, mir etwas Geld zu ver- wahren," sagte er leise.„Du hast ja eine Spartaste für uns hier, Hab' ich gehört.� Der Krugwirt zählte das Geld nach und verschloß es in seinen Sekretär.„Du wilyt wohl ein Papier darüber haben?" jagte er. „W, das ist wohl nicht nötig." Lars Peter dehnte die Worte. Er hätte nichts dagegen gehabt, etwas Schriftliches für sein Geld zu erhalten, wagte aber nicht, darauf zu bestehen. Das hätte ja wie Mißtrauen ausgesehen. Der Krugwirt schlug die Klappe des Sekretärs zu—«s klang Lars Peter, als würde Erde auf einen Sarg geworfen. „Es kann als Kaution für den Bootsanteil stehenbleiben," sagte er.„Ich Hab' gedacht, du trittst an Lars Jensens Stelle." „Eigentlich sollte ich dann wohl die Sache mit Lars Jensens Witwe ordnen und nicht mit dir," sagte Lars Peter. „Es ist ja ihr Bootsanteil." Der Krugwirt wendete ihm seine» Riesenlech zu.„Du
verstehst dich wohl besser als unsereins auf Mein und Dein hier im Dorf, wie es scheint," sagte er. „Nein, das nicht gerade, aber so Hab' ich es verstanden," murmelte Lars Peter. Als er wieder draußen war, schüttelte er sich. Zum Henker, man war nie sein eigener Herr, wenn man da drinnen dem verwachsenen Kumpan gegenüberstand. Allein das, daß er überhaupt keinen Hals hatte, wirkte so unangenehm! Und dann dieser gewaltige Kopf! Er hatte Kräfte wie ein Bär, er- zählte man, und Verstand hatte er sicher. Er führte einen an der Nase herum und setzte genau das durch, was er wollte. Man konnte sich ihm gegenüber einfach nicht behaupten. So zum Beispiel fiel dem Lars Peter, als er so dastand und nach einer Antwort suchte, die die Frage mitten durchschnitt, auf einmal dos Gemächt des andern ein. das ganz ungewöhnlich groß sein sollte. w,e die Leute erzählten.— Er war unzu- frieden mit dem Ergebnis seines Besuchs, aber froh, daß er wieder draußen war. Er gina zum Hafen und teilte den beiden Pootskame- raden das Resultat mit. Sie hatten nichts dagegen einzu- wenden, freuten sich vielmehr, den Lars als dritten Mann zu bekommen; er war groß und stark und ein guter Kamerad. „Nun bist du noch der Witwe gegenüber verpflichtet," sagten sie. „Was, auch das noch?" rief Lars Peter.„Zum Henker, soll denn der Bootsanteil zweimal bezahlt werden?" „Das mußt du selber wisten," sagten sie.„wir mischen uns nicht darein." Er ging zu der Witwe hinaus, die in einer kleinen Hütts am Südronoe des Dorfes wohnte. Sie saß beim Kamin und schlürfte gelbe Erbsen aus einer Schale; die Tränen liefen über ihre Nase und tropften ins Esten hinab.„Ja, nun hat man keinen Versorger mehr," sagte sie schluchzend. „Ja. und ich habe Angst, daß ich'nen Bock geschossen lzabe," sagte Lars Peter bedrückt.„Ich Hab' dem Krugwirt für den Bootsontell zweitausend Kronen bezahlt, und nun höre ich, daß es dein Eigentum ist." „Du konntest wohl nicht gut darum herumkommen," er- widerte sie und sah ihn freundlich an. „Gehört der Anteil denn nicht dir?" „Meinem Mann hat der Krugwirt ihn vor zehn Iahren übertragen, und bezahlt hat mein Mann ihn«in paarmal, wie er[übet weinte. Akr es ist schmierig für eme arme
der alles durch die Gnade und Barmherzigkeit anderer zufällt, eine eigene Ansicht zu haben. Man hat es schwer auf der Well, Lars Peter! Wer soll einen jetzt schützen— und einen ausschimpfen und es dann wieder gutmachen?" Sie begann abermals zu weinen. „Wir werden fleißig nach dir sehen, und über die Esten» Sage kommen wir wohl auch weg. Ich will nicht gern ein nrecht gegen jemanden verüben und am allerwenigsten gegen jemand, der seinen Versorger-verloren hat. Wir Armen müssen zusammenzuhalten versuchen." „Ich weiß recht gut. du wirst mich nicht Not leiden lasten. soweit es in deiner Macht steht. Aber du hast das tägliche Brot für die Deinen herbeizuschaffen, und es wächst nicht um« sonst hier in den Dünen. Wenn es hier nur nicht wie immer geht, daß die, die den guten Willen haben, nicht können, wie sie möchten!" „Ja, ja— ein armer Teufel muß jedenfalls den andern an der Hand nehmen. Du sollst nicht vergessen werden, wenn es uns erträglich geht. Aber du mußt dreimal hinter mir her- spucken, wenn ich weggehe." „Das werd' ich herzlich gerne tun," sagte die Witwe.„Ich wünsche nur Gutes über dich herab."
Nun konnte er arbeiten. Und es kam bloß darauf an, etwas Glück und guten Fang zu haben. Er freute sich darüber, daß Lars Jensens Wllwe seine Fahrten zur See nicht mit bösen Wünschen begleitete. Der Fluch von Witwen und Dater- losen war eine schwere Bürde für eines Menschen Arbeit. Nun, wo Lars Peter den Dingen näher gerückt war, war das Dorf nicht mehr ganz das gleiche wie vorher; er konnte sich wohl einen Ort denken, wohin er lieber gezogen wäre. Arm war das Ganze, und von Lust vorwärtszukommen spürte man nicht das geringste. Die Fischer fuhren aufs Meer, weil das nun einmal nicht anders sein konnte; wenn ihnen die Witterung einen Vorwand liefern konnte, zu Hause zu bleiben. so taten ste's.„Wir sind und bleiben gleich arm, mögen wir viel oder wenig tun," sagten sie. „So? Wo bleibt es denn?" fragte Lars Peter anfangs und lachte ungläubig. „Das wirst du schon sehen!" erwiderten sie. Und jetzt ver- stand er es einigermaßen. (Forts, folgt.)
PI