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Str. 144 38.Jahrgang

Ausgabe A nr. 73

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Sozialdemokrat Berlin  .

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Vorwärts

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei   Deutschlands

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Sonntag, den 27. März 1921

Blutige Ostern.

Die junge deutsche Republit gleicht nicht einem lachenden Frühlingsgarten, in dem quellende Kraft an Baum und Strauch neue Knospen treibt. Sie gleicht vielmehr den verödeten Ge bieten Nordfrankreichs, die durch Blei und Eisen in ihrer Ent­wicklung auf Jahrzehnte zurüd geworfen sind. Durch den Rrieg ist auch ihr mirtschaftlicher Mutterboden vermüftet und auf lange Zeit in seiner Fruchtbarkeit eingeschränkt. Da be darf es besonders fleißiger und umsichtiger Arbeit, um diese Fruchtbarkeit wiederherzustellen und Land und Volt mit neuem Frühlingsglauben zu erfüllen. Noch drücken die Kriegsfolgen in aller Schwere auf unsere Schultern, noch minten dauernd neue Santtionen" und neue Belastungen, und immer ist das Ende noch nicht abzusehen. Der Frühling, der auch dem vom Krieg zermürbten   Deutschland die Oster botschaft des Wiederauferstehens bringen foll, scheint noch in meiter Ferne.

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Dynamit, Maschinengewehre und Bandenkrieg sind keine Mittel, die nach aufwärts führen. Sie fönnen vernichten, fie fönnen wirtschaftliche und politische Zerstörungen herbeifüh ren, aber fie vermögen nicht aus dem Elend des Staates den Weg zu lichteren Höhen zu öffnen. Dazu bedarf es der 3 u= fammenfassung der Kräfte, nicht der Zersplitte­rung. Dazu bedarf es des Glaubens an die sieg hafte Kraft der Entwidlung, nicht der Fetischanbetung der Mordwaffen. Diesen Frühlings- und Osterglauben an den Fortschritt der Menschheit wollen wir auch durch Brandgeruch und Gewehrfalven uns nicht verfümmern lassen.

Das steht wohlgemerkt in demselben Blatte, das eine der Berdacht aufgetaucht, daß geheimnisvolle Fäden som Woche hindurch in der Morgen- wie in der Abendausgabe in Lager der Gegenrevolution ins Hauptquartier der Kommu immer fetteren Lettern zum bewaffneten Kampf gegen niften führten. die Mörderbanden Hörsings", gegen die bezahlten Brole­tariermörder" usw. aufgerufen hatte! Jegt will man die große Mehrheit der nichtkommunistischen Arbeiter, denen solidarisches Klaffenfühlen zur zweiten Natur geworden ist, zum Sym pathiestreit veranlassen, damit sie die Suppe auslöffle, die die Moskowiter eingebrodt haben. Dieses Hilferufen spricht ganze Bände. Man weiß, daß der Karren verfahren ist und möchte mit Anstand ihn wieder aus dem Sumpfe ziehen. Diejenigen   sozialistischen Arbeiter aber, die den Locktönen der Kommunisten heute folgten, würden ihre eigene Sache schädigen, ohne der fremden zu nuken. Die sozialdemokratische Arbeiterschaft, die sich ihrer Aufgabe auch in fo erregten Zeiten bewußt bleibt, wird sich zu feinen Tor heiten verleiten laffen, aber sie wird wirklich jene Subjekte ab­Schütteln, die ihre mitteldeutschen Klaffengenoffen vor die Gewehriäufe gebracht haben und selbst im Hintergrunde

blieben.

Immer wieder, wenn sich bisher Anfäge zeigten zur Sammlung der Kräfte, zur Erstarfung des republikanischen Staatsgebantens, brach ein neuer Rauhreif herein, um die zarten Knospen zu vernichten. Was im Vorjahre der Kapp­Butsch, das ist in diesem Frühling der kommunistische Aufs Die sozialdemokratische Arbeiterschaft hat ihren Mann ge­stand, der mit Dynamit und Waffengewalt eine Neugestaltung standen, als die Kappisten das Spiel der Spartatiften zu erzmingen mill, für die der Boden weder reif noch vorbereitet spielen fuchten, wie sie auf dem Bosten war, als es galt, die Anstatt eines frohen Osterglaubens an die Zukunft der letteren niederzuringen. Sie empfindet mit Trauer, daß diese atschen Arbeitertlaffe bringen diese fommunistischen Butsch- Ostertage angefüllt sein müffen Dom Knattern der Maschinen perjuche nichts weiter als tiefe Trauer über zahlreiche Arber Hinterbliebenen, deren Angehörige im Bürgerkriege fielen. gemehre, vom Wehflagen der Verwundeten und vom Weinen beiterfamilien, neue Wirtschaftsnot und neue Berbitterung Aber diese Trauer wird sie nicht abhalten, mit aller Schärfe auch in solchen Schichten der Bevölkerung, die ihrer fozialen ihr Urteil zu sprechen über diejenigen, die durch ihren Größen Lage nach gemeinsam an dem Aufbau der   deutschen Republit wahn das Blutbad in   Mitteldeutschland und   Hamburg ver arbeiten sollten. In einem Augenblid, da sich die in   Oberschlesien hulbet haben. Niemand empfindet herber als wir die Tat sache, daß diese fommunistischen Aufruhrpriester seit Monaten allen tommunistischen Sowjetparolen zum Trok gerade die schon, nicht erst seit den letzten Tagen, den Reaktionären und organisierten Arbeiter in ihrer überwiegenden Mehrheit für der Drgesch in die Hände gearbeitet haben. Und oft schon ist  Deutschland erklärt hatten, da vor der Wucht diefer Tatsache felbft ben allezeit geschmäßigen Rapitalistenblättern der En tente zeitweilig die Sprache verschlug, in diesem Augenblic riefen unreife und unverantwortliche Führer der Kommunisten zu den Waffen" und damit zum Bürgerkrieg mit allen seinen verheerenden Folgen! Scheinheilig, wie es die Art solcher Berschmörer ist, fuchen auch die Kommunisten jetzt die Schuld

Es ist ein Spiel des Zufalls, der doch kaum einer ist, daß in der gleichen Woche, da die Kommunisten zur Freude der Reaktion ihre verborgenen Waffen verheerend spielen lassen, die alte Sozialdemokratische   Partei in   Dresden ihren Ku1­turtag abhält. Während dort Bernichtung tobt, wird hier am geistigen Aufbau des   deutschen Boltes gearbeitet. Die   deutsche Republit, die aus einem Trümmerhaufen ent­standen ist, bedarf der neuen geistigen Einstellung. Sie schaffen zu helfen, ist Aufgabe der Sozialdemokratie, die niemals mur rein materiellen Interessen vertrat, sondern sich immer als die Förderin der neuen   sozialistischen Kultur fühlen durfte. Der Krieg hinterlassen, aus den Opfern, die im Bürgerkrieg Und das ist unser Osterglaube: Aus den Gräbern, die gefallen, muß doch schließlich emporsteigen die Erkenntnis von der Notwendigkeit einer neuen Gemeinschaftskultur, die den Egoismus überwindet und an feine Stelle feßt die geistige Arbeit des einen für alle und der vielen für jeden einzelnen. Dies ist das Ideal, das die Sozialdemokratische Kulturpartei in der Ofterwoche neu aufpflanzte und das weithin Teuchten foll über alle Lande!

Laßt Euch nicht provozieren!

von sich abzuwälzen. Sie suchen es darzustellen, als ob sie An die organisierten Arbeiter Groß- Berlins!|

trachteten.

Arbeiter, Arbeiterinnen, Angestellte!

Die

Situationsbild aus   Berlin.

Bis zum Nachmittag war die Ruhe in   Berlin durch Gewalt­worben. Eine Ansammlung von mehreren hundert Erwerbslosen

Der Unterwachtmeister G. wurde an der Ecke der Runge- und

ihm das Seitengewehr zu entreißen versuchten. G. verteidigte

Der Ausschuß der Gewerkschaftskommiffion   Berlins u. Umg.: fich aber damit und schlug seine Angreifer in die Flucht. Sabath. Bollmershaus. Afa- Bund, Ortskartell   Berlin: Tatau. Ciebeskind.

Vor dem Warenhause von Jandorf am Kottbuser Damm rotteten sich etwa 100 Perfonen zufammen, die aber, ehe sie noch irgend etwas unternehmen fonnten, zerstreut wurden.

Bei dem Zusammenstoß am Petersburger Blas find, wie jest nur in der Abwehr zum Kampfe gerufen hätten und fragen feststehen dürfte, insgesamt vier Perfonen verlegt worden, mit frommem Augenaufschlag, ob man ihnen wirklich zutraue, und zwar der Arbeiter Julius Edel durch einen Bauchschuß, der daß sie gerade die Woche vor Ostern" sich zum Angriffs. Wir nehmen Bezug auf unseren Aufruf vom 24. März Arbeiter Wilhelm Rettler ebenfalls durch einen Bauchschuß, der trieg ausgesucht haben würden. Und doch liegen in diesem und erinnern nochmals daran, daß die organisierte Arbeiter Ostar Wendland durch einen Oberschenkelschuß und eine Falle die Tatsachen so klar zutage, wie selten jemals. Ganz Arbeiterschaft mit der von der B.K.B.D. und der Frau Gabriele Kabler burch einen Streifschuß. Sämtliche vier aus heiterem Himmel heraus tamen die Aufrufe, die sich..p.D. planlos inszenierten Bewegung nichts ge- Berlegte wurden nach dem Krankenhause Am   Friedrichshain trans­jagten und überschlugen und immer wieder in den gesuchtesten mein hat. Ihr wahnsinniges und jeden verantwortlichen portiert. Edel war inzwischen verstorben und Rettler erlog Ausdrücken eine künstliche Siedehige hervorzurufen Gefühls entbehrendes Vorgehen, ihre un sinnigen Butsche feinen Berlegungen bald nach der Aufnahme ins Krankenhaus. nüßen nur der Gegenrevolution und schädigen die Ihr Erfolg ist allerdings nicht der erwartete. Wenn auch Intereffen der Arbeiterschaft. Wir richten darum noch einmal in hem industriellen Revier   Mitteldeutschlands mit seinen schaft, sich in den nächsten Tagen von allen Veranstaltungen tätigkeit fast nicht gestört worden. die dringende Mahnung an die organisierte Arbeifer­Höhenzügen und seinen Bergbauschächten sich einige tausend der Kommunisten fernzuhalten. Broletarier in falsch verstandenem Idealismus zusammenfchaften und Betriebe werden dringend ersucht, in den funden, um mit bisher verheimlichten Waffen den Kampf nächsten Tagen feine Umzüge oder Versammlungen vor der Gasanstalt in der Danziger Straße, die Niederlegung gegen die republikanische Staatsgewalt aufzunehmen, wenn unter freiem Himmel zu veranstalten. Organisierte Ar- der Arbeit verlangten, konnte mühelos zerstreut werden. auch hier und dort noch ein kommunistisches Feuerchen auf beitnehmer folgen nur den Parolen ihrer selbst gewähl- Inselstraße von jungen Burschen und Beibern überfallen, die fladert, so zeigt doch das Gesamtbild, wie wenig eigentlich ten Organisationsleitungen. an Massen und an organisatorischer Kraft hinter den Abgesandten Mostaus in   Deutschland steht. Wer sehen mill, fann es flar erkennen, soweit er nicht schon durch die Mahlziffern vom 20. Februar darüber belehrt gewesen ist: in der großen   deutschen Arbeiterbewegung spielt die Kommu­ nistische   Partei zwar eine sehr lärmende, aber doch sehr unter­geordnete Rolle. In ihrem Lager hat man das bereits mit aller Deutlichkeit gefühlt. Man weiß dort, daß die ruhige Blutige Zusammenstöße in   Berlin NO. organische Entwicklung nicht auf den Wegen   Moskaus führt,   Berlin, 26. März.( WTB.) Eine Versammlung im sondern diese gewalttätige Abart von Arbeiterorganisatoren Friedrichshain, an der zahlreiche Erwerbslose teilnahmen, verlief in­immer mehr zu isolieren im Begriffe ist. Deshalb bedeutete folge maßloser Brandreden recht stürmisch, im übrigen aber ohne Etwas lebhafter ging es vor dem Städtischen Arbeits­die Veranstaltung des Butsches nichts anderes als eine Re- Zwischenfälle. Um 3 Uhr nachmittags löfte sich die Versammlung nachweis her, der in dem früheren. Wertheimschen Waren­tlameattion für die Kommunistische   Partei, deren Ansehen im auf und 30g in einzelnen Abteilungen ab. Zwei dieser Trupps ffießen haufe in der Friedrichstraße untergebracht ist. Hier erschienen zirfa Schminden begriffen ist und die sich verzweifelt mehrt gegen an der Ede der Wilhelm-   Stolze- und Straßmann- Straße, nahe dem 400 bis 500 Personen und forderten die im Arbeitsnachweis sich auf­die noch lärmenderen Brüder von der sogenannten Kommu- Petersburger plah, auf eine Streife der Schuhpolizei, haltenden Erwerbslofen auf, fich ihnen anzuschließen. Sie wurden nistischen Arbeiterpartei. die von einer Durchsuchung nach der Oftwache zurückkehren wollte. zefireut, zogen aber mit der Drohung ab, sie würden sich Ber­Bielleicht ist den   kommunistischen Führern neuester Prã- Die Demonftranten fielen sofort über die Beamten her, entwaff- ftärtung aus dem   Friedrichshain holen und wieder­gung inzwischen schon vor ihrer eigenen Gottähnlichkeit bange neten einen Unterwachtmeister und verfchleppten ihn. Seine tommen. gemorden. Heute rufen sie in der Roten Fahne" fchon nicht kameraden machten nach wiederholten, aber völlig unbeachtet An zahlreichen Stellen wurden Platate angeschlagen mit dem mehr zu den Waffen", heute fordern sie lediglich Solidari bleibenden Aufforderungen, auseinanderzugehen, zunächst von ihren Lapidarfayz Bündnis Mostau- Berlin bringt Ret tät der übrigen Arbeiterschaft, der sie die Bistole auf die Bruft Seitengewehren, als das aber nichts half, von ihren Schuh- tung!" Flugblätter und Handzettel wurden verteilt mit der Auf­gesetzt hatten. Also läßt sich die ,, Rote Fahne" in ihrer Abend waffen Gebrauch, worauf sich die Beamten in Sicherheit bringen forderung zum Generalstreit und auch sonst noch allerlei dezu ausgabe vom 26. März vernehmen: tonnten. Herbeigerufene Verstärkungen der Schutzpolizel, die beigetragen, um Unruhe in die Bevölkerung hineinzutragen. Be­Die Ronterrevolution wird versuchen, euch vor ihre auf einem Auto ancollfen, haben dann die Ansammlungen vollständig fonders in den Außenbezirken, so auf der Borhagener Chauffee, in Gewehrläufe zu bringen! Die Parole der Partei lautet: 3erfreut, ohne von den Waffen Gebrauch machen zu müssen. Der   Friedrichsfelde, am Bahnhof Weißensee, in   Baumschulenweg, an der Generalftreit! Wer euch vor die Gewehrläufe der Konferrevolution verschleppte Unterwachtmeister, den man schwer mißhandelt Gußkomsty- Brüde und in der Lehrter   Straße, gelang es, die Ber­bringen will, den schüttelt ob.... hatte, wurde wieder aufgefunden. teiler und Be: breiter der Aufrufe festzustellen.

Bor den Loeb Werfen in   Charlottenburg, Fritschestr. 27/28, erschienen zahlreiche Personen mit Blafaten und Zetteln, auf denen aufgefordert wird, sich nicht an den Betriebsrats. wahlen zu beteiligen. Hier wurden wegen Nichtbefolgung polizei licher Anordnungen vier Personen festgestellt.