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Nr.14838.Jahrgang
Ausgabe B Nr. 73
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Mittwoch, den 30. März 1921
Mai- Aufruf der Gewerkschaften.
Paris , 30. März.( WEB.) Der Internationale Ge- zuffand in den Arbeiterfamilien verewigen. Die Leiter des werkschaftsbund erläßt zum 1. Mai eine Proflamation an die Bölferbundes machten fidh verantwortlich beispielsweise für Arbeiter der gesamten Welt. Darin wird u. a. gesagt, in die Arbeitslosigkeit der Bergarbeiter in England, Frankreich , diesem Jahre müßten die Arbeiterfundgebungen am 1. Mai Belgien und Holland , während zu gleicher Zeit die deutschen großartiger denn je werden. Die Reaffionen in allen Ländern Bergarbeiter gezwungen wären, Ueberstunden zu leisten. werden immer fühner. Die Bourgeoisie widerfete sich mit Ferner müsse an die Anfirengungen der Bourgeoisie aller einer fich steigernden Energie den gerechten Forderungen der Länder erinnert werden, die Sozialisierung der ProduktionsArbeiter. Die Arbeiterorganisationen hätten die Regierungen mittel zu verhindern. Mehr denn je müßten sich deshalb die zum Teil gegen sich. Die Bemühungen der Vertreter des Arbeiter zufammenschließen. Der 1. Mai müsse der AusgangsGroßfapitals, die Regierungen unter Vormundschaft zu brin- punkt einer energischen Handlung zugunsten der von den gen, würden jeden Tag stärker. Man müsse sich erinnern an organisierten Arbeitern am 1. November auf dem letzten die Greueltaten, die gegen die Kameraden in Irland , in Finn- Internationalen Gewerkschaftsfongreß in London gestellten land, in Spanien und in den Vereinigten Staaten von Forderungen sein, nämlich der Sozialisierung des Bod is und Amerika begangen worden seien. Man müsse sich ferner er- der Produktionsmittel, des Infrafttretens der sozialistischen innern an den Widerstand, den in allen Ländern die Verbesse- Abmachungen von Washington, des Kampfes gegen die Arrung der sozialpolitischen Gesetzgebung erfahre. Schließlich beitslosigkeit durch die Regelung der Berteilung der Rohmüsse der absolute Mangel an gutem Willen befont werden, materialien. Der 1. Mai müsse der Propaganda für diese Forden die Leitungen des Bölkerbundes zeigten, um die wirtschaft- derungen gewidmet fein. liche Wiedererhebung Europas herbeizuführen dadurch, daß sie Die Kundgebung schließt, die Organisationen müßten dafich weigern, das Wechselfursproblem zu lösen, daß fie fich für sorgen, daß am 1. Mai die im Internationalen Gewertferner weigern, die Verteilung der Rohmaterialien für die Jn- fchaftsbund organisierten zehn Millionen Arbeiter fich erheben duffrie zu organisieren. Durch diese Nachlässigkeit der Re- zur Eroberung einer menschenwürdigen Existenz: gierungen und der Kapitalisten werde sich die Arbeitslosigkeit überall verschärfen und infolgedeffen der schlechte Ernährungs- Es lebe der internationale Kampf der Arbeiter!
Karls Knabenstreich.
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Kritisches zur Abstimmung.
Bon Heinrich Löffler.
Im Jahre 1913 fam ich als Angestellter des Verbandes der Bergarbeiter Deutschlands nach Oberschlesien und verblieb dort in dieser Eigenschaft bis 1920. In dieser Zeit lernte ich das Land, die Bevölkerung und ihre Gebräuche kennen, so daß mir wohl ein fritisches Urteil über das Ergebnis der Volksabstimmung gestattet ist.
Oberschlesien hat bekanntlich seit 1163 mit Polen feine ftaatliche Gemeinschaft mehr und ist seit 1740 mit Breußen vereinigt. Die Bevölkerung dachte am allerwenigsten, daß die ftaatliche Zugehörigkeit ihrer Heimat eiustens zweifelhaft werden könnte. Erst der Krieg und fein Ende und der Versailler Bertrag machten das bis dahin fest Bestandene flüffig.
Bei der Durcharbeitung des Versailler Vertrages waren die Alliierten zuerst auf den Gedanken gekommen, Ober schlesien , gleichsam wie die Bezirke Bromberg und Bojen, ohne Bolfsabstimmung an Polen zu gliedern. Daß dieses Vorhaben eine bittere Barodie auf das feierlichst verkündete Selbstbestimmungsrecht der Bölfer war, tümmerte, wie auch durch andere Gemaltatte offenbar ist, die allilerten Regierungsmänner wenig. Die zu den Borberatungen herbeigeeilten polnischen Sachverständigen haben, gestügt auf das PreuBische Statistische Jahrbuch für 1912, den Nachweis zu führen versucht, daß in Oberschlesien ( Regierungsbezirk Oppeln ) 884 045 Einwohner deutscher und 1 169 340 Einwohner polnifcher Muttersprache beheimatet seien, also dortselbst eine unzweifelhaft polnische Bevölkerungsmehrheit wohne. Bringt man die Einwohner der Kreise Falkenberg, Grottkau uno Für Defterreich feien wohl feine Berwickelungen zu befürchten. Neiße , die zu demjelben Regierungs-, aber nicht zum AbstimAs Karl von Horthy Uebergabe der Regierung verlangte, erwiderte mungsbezirk gehören, mit 154 735 deutsch und nur 6392 polWie aus Wien gemeldet wird, leitet die christlichsoziale dieser, daß der König Unmögliches verlange. Horthy habe sein nisch Sprechenden in Abzug, dann verbleiben, immer nach dem Regierung eine Untersuchung darüber ein, ob Karl über 2mt von der Naiton erhalten und er könne dieses Amt nur der Statistischen Jahrbuch, für das Abstimmungsgebiet 729 310 Deutschösterreich gereift sei. Die Habsburger sind nämlich Nation wieder zurückgeben. Er müsse, vor die Wahl zwischen deutsche, gleich 38,6 Broz, und 1 162 938 polnisch sprechende aus Deutschösterreich durch Gesez ausgewiesen. Wenn Karl König und Bolt gestellt, sich auf die Seite des Bolkes stellen. Der Bewohner, gleich 61,4 Proz., im Abstimmungsgebiet. Diese nicht etwa im Flugzeug über Italien und Südflawien die König folle warten, bis das Barlament die Entscheidung getroffen Beweisführung dürfte großen Eindruck auf die allierten Staaten der Hauptgegner feiner Wiederkehr geflogen ist, habe. Der König sei durch diese Mitteilungen äußerst erschüttert Herren gemacht haben, da sie fich auf amtliches deutsches Madann fann er nur über Deutschösterreich nach Steinamanger gewefen und soll seiner tiefsten Enttäuschung Ausdrud gegeben ergebnis, das, prozentual beurteilt, umgekehrt und günstiger terial stüßen fonnten. Hoffentlich macht das Abstimmungs( madjarisch: Szombathely ) gekommen sein, das hart an der haben, da er einen stürmischen Empfang in Ungarn erwartet hatte. liegt und auch eine deutliche Willenstundgebung darstellt, Grenze liegt und wohl auch zu dem abzutretenden Burgen- Bon den ,, Karlisten ", die( wie bereits gemeldet) verhaftet werden gleichen Eindrud und führt zu der Ueberzeugung, daß Oberland gehört. Er mag sich gedacht haben, ruhig über sollen, ist Beniczky Minister des Innern gewesen, Abg. Schlesien ein Gebiet mit unzweifelhaft deutsch geDeutschösterreich fahren zu fönnen, da ein Wortführer der re- Smrécsanni ist der Präsident der Pogrombanden Erwachende finnter Bevölkerungsmehrheit ist. gierenden Chriftlichsozialen Partei soeben in der Neuen ungarn " und Lutachich war früher Stadtkommandant von Budapest . Die angeführte Statistik hat mit dazu geführt, daß die Zürcher 3tg." betont hat, diese Partei sei zum allergrößten Wien , 30. März.( TU.) Bei der Ankunft in Budapest trug Karl staatliche Zugehörigkeit Oberschlefiens zweifelhaft wurde und Teil unbedingt monarchistisch trotz ihrem Eintreten für die die Uniform eines Feldmarschalls. Karl erklärte, daß er sie wird auch bei demnächstigen Beratungen eine Rolle spielen. republikanische Verfassung! lieber sterben werde, als ungarn noch einmal zu verlassen. Karl In Oberschlesien wurde bekanntlich die vielumstrittene Aber durch die kleine Entente und durch Deutschösterreichs schütt jezt leichtes Unwohlfein vor, um womöglich noch im Bischofs. O st markenzulage an die Staatsbeamten gezahlt. Diese palaft von Steinamanger bleiben zu können. Berhandlungen mit Arbeiter ist dafür gesorgt, daß der lächerliche Karl nicht wieder der österreichischen Regierung sollen geführt werden, um dem Er- Beamten hatten deshalb ein materielles Interesse daran, diese ein Allerhöchster wird. feifer freies Geleit nach der Schweiz über Tirol zu sichern. Geiner dauernd zu beziehen. Bei der Aufnahme der BevölkerungsDie wahren Gründe für die schleunige Rückreise Karls Rüdfehr durch Desterreich würde man fein Hindernis in den Beg statistit mar den an der Ostmarkenzulage interessierten Beliegen darin, daß fast sämtliche Parteien des Landes mit legen, da Desterreich ein Interesse daran hat, daß der Ertaifer fo amten durch ihre Mithilfe Gelegenheit geboten, der Regireung großer Entschiedenheit gegen seine Butschabsicht Stellung ge- rafch als möglich wieder nach der Schweiz zurückkehrt, aber man gegenüber den Nachweis zu führen, daß in Oberschlesien eine gewürbe würde dafür sorgen, daß er die Durchreise unter sicherem Ge- polnisch sprechende Bevölkerungsmehrheit wohnte, wodurch nommen haben. Sogar diejenigen Gruppen, die bisher den feite zurüdlegt. Die Einstellung des internationalen Telephon- nach der damaligen Regierungsweisheit die Zahlung der Ost,, Christlichen Kurs " unterstügt haben, wandten sich gegen die und Telegraphenverfehrs in Weftungarn spricht aber für die Wahr marfenzulage durchaus begründet war. Es ist auch eine beRückkehr Karls. Besonders gilt das für die Partei der kleinen scheinlichkeit, daß sich der Ertaiser beim Horthy- Obersten Lehar in fannte Tatsache, daß die oberschlesische Landbevölkerung vielLandwirte, die an der Regierung beteiligt ist und die mit Steinamanger befindet. der schärfften Opposition drohte, falls Karl seine Absicht wahr Bien, 30. März.( TU) Ein Reisender, der aus Budapest fach nicht genügend schreibkundig war, um die Ausfüllung des machen wollte. Aber auch die Legitimisten unter Führung gestern abend in Wien eingetroffen ist, berichtet, daß Karl in Fragebogens für die Bevölkerungsstatistik felbständig vorzudes Grafen Andrassy trugen im jezigen Augenblic Bedenten, Steinamanger im bischöflichen Palais wohne, wo er vom Militär nehmen. Hier mußte dann der bei der Aufnahme mitwirkende Beamte die Ausfertigung vornehmen. Vielfach spielte sich der bie Thronbesteigung zuzulaffen, da sie wohl wußten, daß dies ftart bewacht wird. Es sei ein ganzes Offizierbafaiffon eingetroffen, Borgang dann so ab, daß der Beamte fragte: Muttersprache vor der Kleinen Entente als Kriegsfall betrachtet werden ebenso ein Egtrazug mit Ministern. Die Reisenden dürfen in würde. Bedingungslose Anhänger Karls sind nur die Er- Steinamanger, dessen Bahnhof durch einen militärischen Kordon ab: polnisch?" worauf er ohne Befinnung zur Antwort erhielt: " Ja, polnisch!" Demgemäß erfolgte die Eintragung. Die wachenden Ungarn " und ein Teil der Offiziere der National- gelperrt ist, weder ein noch aussteigen. Die Telephon- und Tele. Oftmarkenzulage hat in ganz Ostdeutschland eben allenthalben armee. Die Hoffnung auf diese bewaffneten Gruppen graphenlinien find militärisch gesperrt. unheilvoll gewirkt. scheint es zu sein, die Karl veranlaßt hat, vorläufig bei dem tatholischen Bischof in Steinamanger , der zu den Getreuesten feiner Getreuen zu
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Karl falsch berichtet.
Wien , 30. März.( TU.) Einem Bertreter des Neuen Biener Wien, 30. März.( TU.) Einem Vertreter des„ Neuen Wiener
Wer an der Richtigkeit dieser Darlegungen zweifeln sollte, der möge die Bevölkerungsstatistik aus den einzelnen Orten mit den Ergebnissen der Reichstagswahl von 1912 vergleichen.
unterdrückte zunächst die 3ensur alle Meldungen über Tagblatt" erklärte der Bertrauensmann des gewesenen Kaisers, Sef Bei diesem Bergleich wird man finden, daß in manchen Orten
tionschef Dr. Schager, er könne nur annehmen, daß Oberst dem Ertaiser Karl die Situation so dargestellt wurde, als ob die Rücker des Erfaifers erhoffe. Mehrheit Ungarns die Wiederherstellung der Ordnung nur durch die
Lehar als überzeugter Legitimist ihm hilfe angeboten habe und
Deutschösterreichs Vorsicht.
Hauptstadt erst am Dienstag gerüchtweise davon Kenntnis richtete sich in unverkennbarer Weise gegen die verhaßte erhielt. Die Aufregung war ungeheuer, die Boltsmeinung Habsburg - Dynastie. Aber nicht nur die Arbeiterschaft und das Bürgertum in den Städten, sondern auch die Bauernschaft erklärte in Versammlungen und Entschließungen, von Wien , 30. März.( TU.) Die Regierung hat noch gestern abend einer Rückkehr Karls nichts wissen zu wollen. Somit ist der Gendarmerieabteilungen und fleinere Truppenabteilungen an die ctönig fast völlig isoliert. Vom internationalen Standpunkt Grenze dirigiert. aus wird man die weitere Entwicklung der Angelegenheit mit Aufmerksamkeit verfolgen müssen, da die habsburgischen Umtriebe nicht nur einen Anschlag gegen das ungarische Bolt, fondern auch eine Gefahr für die Demokratie ganz Europas daß den Entwaffnungs bestimmungen in verschiedenen Rich
bilden.
Wien , 30. März.( WTB.) Die Mehrzahl der Blätter betont, daß der König " schlecht beraten war, als er sich zu diesem Schritt entschloß. Wenn Ungarn in seiner Mehrheit auch monarchisch sei und Karl als seinen legitimen König qnertenne, so hätte seine Rüdtehr nur im Einvernehmen mit den Regierungsfaktoren in Budapest por fich gehen sollen.
Nollet rügt.
sollten, in denen bei der Reichstagswahl nur wenige, recht oft aber auch eine einzige Stimme für die nationalpolnischen Reichstagskandidaten abgegeben wurden. Man beachte auch noch folgendes. Nach der Bevölkerungsstatistik des Preußischen Jahrbuchs für 1912, neuere Zahlen liegen leider nicht vor, setzte sich die Bevölkerung auf je 100 Personen zusammen und haben bei der Volksabstimmung votiert wie folgt:
Proz.
Kreis Kreuzburg
46,94
5
P
"
"
Rosenberg.
68,42
76
24
75,05
76
24
80,69
68
32
222
Die militärische Ententefommission haf am 18. März gerügt, fungen nicht Rechnung getragen fei, und bis zum 31. März Erfüllung verlangt. Die Antwort des Auswärtigen Amtes bestreitet durchaus Sollten durch diese Gegenüberstellungen die Richtigkeit die Richtigkeit der Angaben Nollets, erklärt auch die vollkommene der Angaben über die Muttersprache in der Statistit des Entwaffnung der Ost festungen als unter den gegenwärtigen Ber- Preußischen Jahrbuchs nicht zweifelhaft werden? Gewiß haben hältnissen unmöglich, erinnert in bezug auf die Fabriken an die noch jene Personen, die diese Statistik von unten auf bis zur endausstehende Beantwortung deutscher Vorstellungen, die auf dem Ver- gültigen Fertigstellung mit bearbeiteten, nie daran gedacht, tragstert beruhen, und erklärt sich wiederum bereit, alle Streitfälle daß sie einstens die Bedeutung erlangen würde, die ihr jett einem unparteiischen Schiedsgericht zu unterbreiten. I beigemessen werden muß.