ftr. 185 ♦ 38. IahcganK
Heilage öes Vorwärts
donnerstags 21. �p?il1H21
GroßSerKn Wohnungsfrage und Schlafgängerwesen. Em Beifrag zur silllichen Erneuerung. Die Wohnungsverhältnisse sind, wie selbst bürgerlich» Cthsker beronen, sür die Bewertung der Sittlichkeil eines Volkes vk* ausschlaggebender Bedeutung. Don der Lösung der Arbeits* frage hängt der wirtschaftliche, von der Lösung der Wohnung»* frage der sittliche, sozial« und kulturelle Bestand einer Gemeinde ab. In eindringlichster Weise hat auf die Bedeutung der Wob- mmgcfrage und ihre Beziehung zum Schlasgängerwesen uuser Genosie Ministerpräsident a. D. Paul ch i r s ck in einer vor einiger Zeit erschienenen Schrift:„Die Aufgaben der Kommunolpolltik" hingewiesen. Er sagt darin u. a.: „Jeder Versuch, die Familie rein und gesund zu erhalten und sie sozial zu fördern, wird sich alz ein Versuch mit untauglichen Mitteln erweisen, wenn er nicht Uas Uebel an der Wurzel' saßt. d. h., wenn er nicht mit der B e s« i ti g u n g des g e s u n d h« i t- lich und sittlich in gleicher Weise schädlichen W ohn un g« elend? beginnt. Wie sehr dt» Wohnungsnot, die sich ja Nicht nur in einem Mangel an Wohnungen, sondern auch in zu hohen Mietspreisen und in weiterer Folge in der Ueberfüllung der Wohnungen äußert, da» Familienleben zerrüttet, wieviel sie zur sittlichen Verwahrlosung weiter Kreis» der Bevölkerung beiträgt, wie insbesondere das mst der Wohnungsnot in engstem Zusammen» hang stehende Schlasgängerwesen die Prostitation und das Zkrdrechen fördert, ist leider nur allzu bekannt. In sittlicher Beziehung ist die Gefahr des Schlafstellenwesens «ine doppelle: es wird entweder der Vermieter und lein« Familie oder aber der Inhaber der Schlafstelle.geschädigt Man denke sich. auf»inen wie engen Raum oft«in« ganze Familie zusammenge- (»fercht ist, wie schwer eine Trennung der Geschlechter bisweilen elbst dann sich ermöglichen läßt, wenn der Geschlechtstrieb der heranwachsenden Kinder bereits in der Entwicklung begriffen ist! Die Kinder wohnen leider nur allzu häufig selbst den intimsten Dar- gängrn bei und verlieren schon früh jedes Schamgefühl. Wöris- Hofer sagt:„Sie(die Schlafmädchen) schlafen dann in der Regel mit «lncm der Kinder in einem Bette, wo» bei dem lockeren Leben vieler dieser Mädchen fast mit Notwendigkeit zu einer frühzeitigen Verderbnis der Kinder solche? Arbeiterfamilien» führen muß." Und der berühmt« Forscher F o r e l kommt zu folgendem vernichtenden Urteil:„Wenn Dater, Mutter und Kinder in derselbe'i Stube nicht nur wohnen, kochen und esien, sondern auch schlafen und oft sogar im gleiche» Bett zusammenliegen, bleibt für das Scham« aefühl wohl kein« Stelle mehr übrig. Es gibt Städte, in deren Proletariat es nur wenig 14jährige Mädchen gibt die noch keusch, d. h. Jungfrauen sind." Wenn irgendwo, so könnten die Gemeinden hier segensreich wirken, denn sie vor allem haben es in der 5)and, durch sozial- politisch»crnür.ftige Banordnunaen die Spekulation in Grund und Boden einzudämmen und das Mietskofernentum zu beseitigen: ste h�ben es in trr chand, rechtzeitig Baugelände zu erschließen, die Busrpläne den.Bedürfnisien der Mieter anzupassen, statt auf die Wünsch« und Interessen der Grundbesitzer Rücksicht zu nehmen; ste haben es in der Hand, durch die Schaffung guter Derkehrsverbin- dunoen die arbeitend« Bevölkerung da. Wohnen in guter Luft zu ermöglichen." Lo weit unser Genoste Hirsch. Nun aber ist es mit der Geduld der Massen zu End«. Da» neu erwachte sittliche Bewußtsein de» Proletariats, wie es stch auch besonders in der proletarischen Frauen- und Jugendbewegung äußert duldet derartig« schmachvolle Zustände de» Berliner Woi> nungs- und Schlofstellenunwesens nicht länger mehr. In dem Wirtfchaststeil des„Vorwärts" Nr 179 vom Sonntag, den' 17. April. ist ein von den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung der SPD. und USP. gemeinsam«ingebrachter Antrag zur nächsten Stadwerordnetenversammlung abgedruckt worden, de? die Forde- riingen der Berliner Arbeiter- und Angestelltenschaft hinsichtlich Drgeoyljation des Dohnungs- und Siedlungsweiens, der Bekamp- fung der Arbeitslosigkeit und Behebung der Wohnungsnot. d«r Grundsätze der Bauaussührung und der entsprecyenden Forderun- gen an Reich und Staat formuliert Dieser Amrag deckt sich teil- w>ise auch mit einem Antrag der Demokraten, während die KPD . dafür kein Interesse gehobt hat. Hier sind Weg« gewiesen, die praktisch gangbar sind. Dieser Antrag kommt als
22. Punkt aus der Tagesordnung der heutigen Stadtverordneten- Versammlung zur Verhandlung. Aus dem Verhallen der äußersten Rechken wie der äußersten Linken wird das Voll von Berlin ersehen können, wie well es diesen Leuten um dos wahre Wohl des Volkes ernst ist.
§�0. Elternbeiräte Hroß-Serlins! I Vovuersiag, den 21. April, abends 7 Uhr. in dcr Aula drs vorolheen- städtischen Realgymnasiums, Dorolyeenstr. 12(Lcchnh. Friedri chskraß e): Vollversammlung Tagesordnung: f. Der Aufruf des Obersfcidtfchnlraks Paulsen. Rekorcnt: Genosse Prof. Dr. Paul Oe st reich 2. Elternbeiräte und Partei. Referent: Genosse Lehrer Richard Schröter. PartcimitqliedSbuch dient als Ausweis. Alle Parteigenössischen Lehrer sind eingeladen. Ter Zentralarbeitsausschuß der SPD. -Eltcrnbeiräte Groß-BerlinS.
Hetze gegen einen sozialüemokratWen päüagogen. Der Studlenrat Genosse Dr. O st r o w s t i in Lankwitz , dcr zwei Jahre hindurch das Amt des Lankwitzer Gemeindevorstehers verwaltete, wird seitdem von bürgerlicher Seit« mit gehässigen Angriffen vxrfolgt. Als es bekannt wurde, daß er bei Beginn dieses Sommerhalbsahres zu seiner pädagogischen Tätigkeit zurück- kehren werde, begannen in Elternkreisen neue Treibe- r e i e n gegen ihn. Noch ehe er sein Amt om Realgymnasium übernommen hatte, richteten 81 Lankwitzer, deren Söhne diese Anstatt besuchen(im ganzen hat st« etrpa 400 Schüler), an Mi» nister Haenisch die Forderung. Ostrowski zu ver- setzen. Das sei, behaupteten sie, nötig.zur Vermeidung großer Unzuträglich leiten und zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ord- nung im Lantwiger Realgymnasium": Ostrowski..genieße weder das Dertrauen der Ellern , noch die Achtung dcr Schüler". Gegen dieses Vorgehen der 81 bat die Arbeitsgemeinschaft so- z i o l i st i s ch e r Elternbeiräte des 12 Verwollungsbezirkez lSteglltz, Lankwitz , Lichterfelde ) eine Erklärung beschlossen, die hauptsächlich folgendes ausführt: „Es erscheint unverständlich, wie durch die Ausübung der päd- agvgifchen Tätigkeit eines anerkannten Schulfachmannes Ruhe und Ordnung gestört werden und grobe UnzunrägUchkeiten«mftehen könnten. Dielmehr wird die Absicht, durch Veröffentlichung der Eingabe in der Presse die Schüler von vornherein gegen ihren Lehrer aufzuhetzen, als empörendes Mittel, die allgemeine Disziplin zu untergroben, empfunden. Wenn dann weiter Herrn Dr. Ostrowski dos vertrauen der Ellern und die Achtung der Schüler abgesprochen wird, kann durin nur eine persönliche Beleidigung erblickt werden, die in der Hauptsache auf s-ine Zuaehörigkeit zur sozialistischen i Partei zurückzuführen Ist. Mit demselben Rechte könnte bei solcher Voreingenommenheit gegen sämtlich« sozialistische Lehrer rnid Lehrerinnen vorgegangen w-rden. Wer aber ohne parteipolitische Ge° hässtgkeit den Choratter Dr. Ostrowskis und seine Tätiqteit als So- zinlpolitiker und Iugenderzieher prüft, wird stch von seiner Selbst- losigteit seiner Ehrenhafliokeit und pädagogischen Eignung über- ; zeugt haben. In diesem Sinne hat sich auch das Ministerium ge- ; äußert. Gerade durch feine zielbewußte Fürsorge um ! d i e Schuljugend Hot er sich die Dankbarkeit des größten Telles ■ der Elternschaft erworben. Rückblickend muß man dos, was er ■ während feiner zweijährigen Amtstätigkeit für die Jugend ge- leistet hat, als segensreich anerkennen. Darum werden die Ellern . die einen gesunden Fortschritt in unserer Iugendbildung ersehnen, mit allen zu Gebot« stehenden Kräften und Mitteln dafür ein- treten, daß Dr. Ostrowski' seinem Berufe al» Iuge.iderzieher er« . halten bleibt." Gleichzeitig hat die Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Eltern- beiräte ihrerseits an Minister Haenisch ein« Eillgab« gerichtet,
die Schutz für Ostrowski. fordert. In ihr wird über sein« ehrenomlliche Tätigkell als Gemeindevorsteher gesagt, daß er Außer- ordentliches für die Lankwitzer Jugend getan had», indem er planvoll und zielbewußt die öffentlich« Erziehung der Kinder nach großen. sozialen Gesichtspunkten zu reformieren suchte. Hingewiesen wird u. a. daraus, daß er in Lankwitz den Nantessori-Kindergarten ge- schaffen, die Grundschule durchgesetzt. Förderturs« eingerichtet und durch Berufung resarmerisch gesinnter Lehrer den Wünschen sehr vieler Eltern Rechnung getragen habe, lieber Ostrowski als Schu!» mann sagt die Eingabe: .Sein« hervorragende persönl-che Eignung zum Erzieher«st von öfelen Ellern verbürgt Auch konnte ihm von keinem Gegner nach- gewiesen werden, daß er die Schule benutzte, um parteipolitisch z« wirken Die Unterzeichneten sehen in den sich wiederholenden An- griffen aus diesen wahrhaft sozial empsindenüsn Erzieher den Bar- such eines kleinen Kreise» engherziger Eltern, die um die allher gebrachten Vorrechte ihrer Kinder bangen und für die modern« � Erziehung der Kinder weiter Bokkskreise nicht das geringste Ve? ständnis haben." Dielelbe Eingabe Ist von der Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Cllernbeirät« auch dem Oberftadtschulrai Pausen übersandt worden. das NegieruAgehochhaus w Seriia. Kürzlich wurden in der Prest« Mitteilungen gemacht über£»;* Anregung des Reichsministers des Innern, die««.iichtigsten Reichs- Ministerien in einem zu erbauenden Hochhaus zu vereinigen � Bei dieser Idee wird, wie die KPR. in Ergänzung der bi�erigeu Mitteilungen hinzusetzen können, in erster Linie an die Mi-glühkell von Erwarungen gedacht Di« Reichsminifterien liegen heute in den verschiedensten IciUn Berlins zerstreut; mit der damit v««v bundenen erheblichen Erschwerung des Dienstes und des großen Zeitverlustes ergeben sich gleichzeitig groß« Unkosten sür Automobile, Benzin, Botendienste usw. Hier könnten durch«ine Zu- sammenfossung wesentliche Ersparungen gemocht tverdwu Auch die Abscrtigung des Publikums neß« stch. aus diese Wcis« mit viel größerer Beschleunigung erwirken, es würden ihm weniger zeit-- raubende Gänge und Fahrten zugemutet werden Di» Errichtii«g eines Hochhauses für die Reichsministerien in der Nähe der Reichskanzlei würde somit zweifellos einen organisatorischen Fortschritt bedeuten. Dom finanziellen Standpunkt aus ist hervorzuheben, daß viel« Reichsbehörden in Miethäusern verhälMismäßig teuer untergebracht find. Würden die großen Ministerien in einem Haufe zusammen-- gezogen, so böte stch die Möglichkeit,«ine Reihe der im Hochhaus nicht' aufgenommenen Dienststellen in den freigewordenen Sfsevt» llchen Gebäuden unterzubringen. Dadurch könnten teure Mieten erspart werden Für die Frage des Wohnungsmangel» in Berft* würde ein solches Hochhaus, das Taufende von Räumen freimachen würde, von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein. Diejenigen Gkbäude, die nicht für andere Zw t« der Behörden verwertet werden würden, könnten verkauft welken. Da st« fast durchweg in den teuersten Gegenden der Stadt liegen, so wäre anzunehmen, daß die erzielten Preis« sich sehr günstig stellen würden. Die Koste « des Regierungshochhoufes würden dadurch wesentlich ermästjgi werden. Für dir Verwirklichung des Plans stehen verschieden» reich»- eigene Grundstück« zur Verfügung. Interessante Projekt« für Hochhäuser in Breslau , Leipzig , Dresden , Düsseldorf und anderen Orte» zeigen, daß der Gedanke der Hochhäuser die deutsche Architekten-- schost lebhaft beschäftigt und sie bereits zu schöpserischen Ideen angeregt hat. Auch yat gerade der Gedanke der Zusammenführung der Reichsbehörden in eisen, umfassenden Hochgebäud« bereit» Pro— jekte veranlaßt, die wertvoll« Gedanken»nthallen. > Nicht z» viel Schularbeiten. Ein« Verfügung de» Genossen Hönisch an die Previnziulsdhil'- kollegien wendet sict» gegen dt« U« der last an g der Schüler und Schülerinnen mit. HauSauigaben. E» darf in den unteren und mitileren Klassen te«ne häutl'che Aus- gäbe gestellt werden, die nicht unmittelbar au» dem Klnssenunter« «icht hervorgebt. Bestimmte Arbeiten müsiey in den Klassen vor- bereitet werden. Die bäueliche Aibeit dari durch erd- und no« urkundliche Zeichnungen nicht in Anspruch genommen werden. Den Eltern soll keine Arbeil ausgebürdet werden, die Sache de: Sdnite ist. sonst werde nur ein ungesund»? Aachh«Isewe>en gezüchtet. Ter Lernstoff soll beschränkt»nd jede unnötige Belastung teS Gedächtnisse» vermieden werden. Die Schule soll dr» Unterrrcht vergeistigen und verinnerlichen. Di« Fachlehrer fallen a»ch hierin zusammenarbeiten, die Ge'omt» und Fachkonferenzen stch damit betasten und die Arbeit-k-pläne d«rnp.f
Siine Menschenkind. IlL Der SLndenfaL. Bon Martin Andersen Rexö."
-4. Ein willkommener Ga st. Etine war mit ihrer Strickarbeit fertig und hatte den Proviantkorb geleert, obwohl es noch lange nicht Vefperzeit war: aber so wurde ihr die Zeit nicht so lang. Sie lang- weilte sich! Die Einsamkeit auszufüllen, war nicht leicht: spie« len mochte sie nicht, sie war auch nicht mehr dafür veranlagt, und/ die Tiere waren keine Gesellschaft für sie. Sie interessierte sich für sie, soweit ihre Pflichten es verlangten, gab acht, daß sie keinen Schaden anrichteten, und daß ihnen selbst nichts Zustieß, und sie hatte sie auch gern. Das zeigte sich be- sonders, wenn dieses oder jenes Stück Jungvieh Unglück ge- habt hatte, wenn es sich am Stohidraht verletzt halte oder von dem älteren Vieh gestoßen worden war. Dann war sie ernstlich beschäftigt, und ihre Fürsorg« wollte kern Ende nehmen.. solange sie damit zu schaffen hatte. Aber zu einem vertraulichen Verhältnis zwischen ihr und den Tieren kam es nicht; Kühe waren Lühe , und Schafe waren Schafe— wie die übrige Natur etwas ganz Selbswerständlickes. Ihr Tun und Treiben interessierte sie nur. soweit es mit ihrer Arbeit in Verbindung stand; oft konnte das Vieh recht drollig fein, aber ihr Herz hing nicht an Ihm. Ssine war ein kleines geselliges Wesen; ste mußte zwei plaudernde Stimmen im Ohr haben, und die eine davon muhte am\i*bsten ihre eigene sein. Es war mindestens ebenso unterhaltend, lelber zu schwatzen wie zuzuhören— wenn man nur jemanden hatte, zu dem man schwatzen konnte. Sie laß oben aus dem obersten Rande des Ackers und starrte in die Weite, krank im Gemüt vor Langeweile und Sehnsucht .Wenn doch nur etwas geschehen möchte— etwas recht, recht Unterhaltend«-!" dachte sie und wiederhatte es laut«In übers andre Mal. um gegen die Leere anzugehen. Und plötzlich sckstvieg ste und reckte den Hals. Sie wollte nicht glauben, was sie sah, und schloß die Augen fest: aber als sie sie öffnet«, war es wieder da. Weit drüben auf der Landstraße kam ein Zhiflbe gerannt. Er eilte guer über die Felder, schreiend und winkend, da» Echulränzel über der Schutterl Stfc« war nicht
einmal imstande, ihm entgegenzulaufen; ste saß steif da und schluchzte laut vor Freude. Christian warf sich vor ihr ins Eros, ohne ein Wort zu sagen; so lag er eine Weile schnaubend da.„Du hast ja die Schule geschwänzt," sagte Stine, nachdem sie sich gesammelt hatte— und machte einen Versuch, streng auszusehen. Aber es ging nicht recht, denn heute war sie im Grunde dankbar für den Vagabundiertrieb des Jungen. Der Bursche streckt« als Entgegnung nur die Zunge heraus. Cr antwortet- auch nicht auf ihre vielen Fragen, sondern lag bloß da und holte Atem, die schwarzen Fußsohlen in die Lust haltend. Sie trugen mancherlei Male und Narben; über der einen Ferse sah man einen tiefen Riß. der wahrscheinlich von einer Glasscherbe her- rührte, auf die er getreten war. Stine nahm die Wunde näher in Augenschein, sie war schwarz von Schmutz.„Du mußt«in Tuch darum leaen." sagte sie und drückte leicht daraus.„Sonst wird es eitern." „Pah. ich hcb's gestern gekriegt, als ich aus der Schule lief. Es ist schon geheilt Ich laufe bloß auf den Zehen!" Dann war er wieder auf den Deinen; er war nicht her- gekommen, um zu faulenzen. Er verschaffte sich hastig einen Ueberblick über das Terrain.„Laßt uns dahin gehen!" sagte er und zeigte nach dem Moor hinunter. Hier oben mar es nicht sonderlich interessant Sttn« zeigte ihm ihre Schlupflöcher im Gebüsch.„Das ist famos," sagte Christian anerkennend„Aber der Eingang muß versteckt sein, damit man das Nest nicht finden kann— sonst ist nichts dran. So macht es ja ieder Bogel , das weißt du doch." kstAn, Stine war ja kein Vogel und wollte sich nicht verbergen, ste batte es hauptsächlich so«ingerichtet, um gegen Sanne und Wetter geschützt zu sein. Aber Ehcisttm zeigte ihr, wie man die Zweige zusammenflechten konnte, da» mit der Eingang gar nicht zu sehen war.„Dann kannst du spielen, daß du einer bist, der etwas getan hat und sich ner- stecken muß," sagte er. Stine sah ihn erstaunt an; sie de- griff nicht, wieso das Vergnügen machen konnte. Aber wie närrisch froh der Junge über alles war! Selbst an den braven Kühen entdeckte er etwas Neues; die eine war so, und die andere benahm sich so. Für Stines Gemüt war hier auf der Weide nicht viel Nährstoff vorhanden gewesen, aber Christian betrachtete alle» mit Verwunderung, als wäre es soeben vom Himmel herabgefallen und nicht allbekannt und selbstverständlich.
Die Maorlächer machten ihn ganz verrückt. Sein erster. Gedanke war, eine Brücke nach einem der vielen Hügel zu schlagen,— Inseln nannte er die Hügel! Das ließ sich mit Hilfe von ein paar Stangen und Birkenreisern machen. Stine mußte ihm das Material anweisen. So tonnte man all die Inseln miteinander in Verbindung bringen und in der ganzen Welt umherreisen. „H�r ist es großartig!" sagte er und wiederhr.lt« es so oft, daß Stine schließlich ganz gereizt wurde. „J ch finde es zu Hause unterbaltender," sagt« sie. „Weil du ein Dummrian bist," erwiderte Christlon. „Aber du kannst ja nach Haus« kommen und statt meiner da bleiben." So hatte er früher nie mit ihr gesprochen; ober hier war sie so unbedingt die Kleinere, daß aller Respekt von selber verloren ging. Ja,-sie hätte nichts gggen den Tausch«inzu- wenden gehabt; aber es ließ sich nun einmal nicht machen. „Woher bekommst du zu esien?" fragte EJmstian plötzlich. mitten während des Spielens. Stine starrte ihn einen Augenblick versteinert an, dann begann ste zu lausen, den Hügel hinan..„Komm, beeil dich!" rief sie. Wenn es Mittag wurde, mußte st« hier von den Fel- dern aus die alte Etubber Mühl, im Auge behalten, aber heute hatte sie dos vollständig vergessen. Nun, die Luke war noch nicht geöffnet! „Das ist schlecht eingerichtet." sagte Christian. ,Henn wenn du unten beim Vieh bist, kannst du die Mühle ja gar nicht sehen. Sie sollte tteber ein Signal geben— denn hören kann kann man doch immer." „Ein Signal?" Stine sah ihn dumm an „Ja, auf etwas hämmern— natürlich!" Sie saßen oben und behielten die Luke im Lug«. Jetzt hatte Christian sich beruhigt, und es ließ sich ein nernünftiges Wort aus ihm herausholen; Stines Gesichtsousdruck war lauter Neugierde.„Ist bei einem im Dorf was Kleines an- gekommen?" fragte sie und beobachtete gespannt seinen Mund. „Ja. bei der Martha!" antwortete Christian und warf den Kopf herum. „Das tst ja nicht wahr, Jimge.— du lügst!" Stine könnt, ausrechnen, daß es nickt stimmte. „Nein, aber sie kriegt was— die Witwe von Lars Jensen erzählt es. Ich Hab' selber gehört, wie st-«» sagte!" (Forts, folgt)