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Sowjet-Kapktalksmus. Dem Kapitalismus   und dem Freihandel ist in Sowjet- ?lußland ein mächtiger Fürsprech entstanden. Kein(Berin- gerer als Lenin beweist setzt, daß diese beiden Einrichüm» gen sich mit dem Kommunismus ausgezeichnet vertrogen. Darüber meldet.Dst-Expreß" aus Helstngfors vom 20. April: Auf der Moskauer Konferenz derÄcmmumstifdjen Partei- jenen' führte Lenin   in seiner Red«(deren Lnfang gestern ge- meldet wurde) ferner au»: Der Freihandel werde einen Staatskapitalismus zeitigen. Die Desorganisation. Reiz­mittel» und Rohstoffmangel und die Zerrüttung des Transport- wesens hätten dazu geführt, daß gleichzeitig mit dem Sozialismus noch die Klein-Jnduftrie sich in Svwjet-Rutzlgnd erhalten Hab«. Unter diesen Umständen würde der Staatskapitalismus ein« Zu- fammenfaflung der Klein Industrie bedeuten. Die Konnnunisten brauchten die Entwicklung des Staatskapitalismus nicht zu fürchten, da sie selbst ihr bestimmte Grenzen stecken könnten. DerKapita- licmtis unter der Kontrolle eine» Staate», in welchem da» Proletariat dl« ganze Macht iu Händen halte, widerspreche nicht der Idee de» Kommunismu  ». In solchen Purzelbäumen nach rückwärts bewegt sich jetzt die bolschewistische Dialektik. Es lohnt sich wohl kaum. auch Deutschland   noch nach russischem Muster kaputzuschlagen. um zu den gleichen Ergebnissen zu gelangen. Ein weiteres Beispiel der bolschewistischen Rückwärts- entwick'ung liefert ein neues Dekret, welches anordnet, daß versuchsweise den Arbeitern außer ihrem Geld- und Natural- kohn ein Teil der Erzeugnisse ihres Betriebes zugewiesen werden soll. Der auf dies« Weise gebildet« Warenfonds soll entweder unter den Arbeitern für ihren Eigenbedarf unmittelbar verteilt oder durch Vermittlung der lokalen Konsumgenossenschaften gegen ander« Waren ausge- lauscht werden. Für die Betriebe, in denen nach Art ihrer Erzeugnisse diese Regelung undurchführbar ist. ordnet das Dekret an. den Arbeitern die Möglichkeit zu geben, nach Schluß der Arbeitszeit mit den Betriebsmitteln Be­darfsartikel für den Austausch herzustellen. Es dürfen so- gar Gruppen von Arbeitern ihre ganze Zeit den neuen Vroduktionsgattungen zuwenden, wenn die übrige Belegschaft Gewähr dafür übernimmt, daß die Produktion des Betriebes dadurch nicht-geschmälert wird. Das Dekret bildet ein Zu- Geständnis an die Forderungen der noch zuletzt auf dem kom- munistischen Parteikongreß als syndikalistisch bekämpften Gruppe derA r b e i t« r o p p o s i t i o n' und einen völligen Bruch mit der bisherigen Politik, da die Entlohnung der Ar- beiter durch Erzeugnisse stirer Betriebe bisher streng ver- pänt war. Renal. 20. April.  (MTB.) Der I.-Moi-Feienag fällt in Sowjet» nißland auf den Osterfonntag. Das Zentralvollzug»» komite« macht darauf aufmerksam, daß die religiösen Ge- fühl« der Massen unter keinen Umständen durch un» vorsichtig« Wort«»«rletzt werdcn dürfen.(Wem, die deutsche Sozialdemokratie einen ähnlichen Standpunkt vertritt, dann w-rd sie von den Adolf Hoffmonn und Konsorten als konter- -evolutionär und opportunistisch beschimpft. Di« Red.) Der Zasciftenschrecken. Rom  . 20. April.  (EP.) Eine Abordnung der sozialipi- s ch e n Parteien und de» Gewerkschaftsbunde» mit den Abgg. Bacei, Duzoni und Zanardi an der Spitz« ist beim Mi.nisterp'-Ssidenten gegen die Gewaltakt« der Fascisten vorstellig geworden. Sie erklärten, es fei den sozialistischen   Massen untnögllch, am Wahlkampfe teilzunehmen, da in einigen Provinzen di« immer schlimmer werdenden Vergewaltigungen durch die Fa»cist«n andauerten. Einig« Gewerkschaftcn hätten de»- halb die allgemein« Stimmenthaltung bei den Wahlen gefordert. Eine Wahlenthcltung der Sozialisten hätte jedoch den Rücktritt der sozialipischen Gemeinde- und Pro» vinz Verwaltungen sowie die Aufgabe aller Fürsorgewerke und Arbeit»ämter zur Folg«. Die Kommission verlangte die Woh. rang de» Gesetze» und vollständige Wahl- und Etimmfreiheit. Ä i o- l i t t i erklärte,»r arbeit« Verfügung«» an die.Präfekten au», um die Wohlo ordere, tung und die Stiwmsreiheit zu gewährleisten und alle Gewalttaten energisch zu unterdrücken, von welchcr Seit« sie auch kommen. WTB. meldet inzwischen«eitere Brand st iitunge» an kommunistischen   Privathäusern durch die Fascisten in£; 0} a n v. Gs wurden mehrere Personen getötet, andere verletzt'imd einig« Verhaftungen vorgenommen._ Tirarüs Mühlen mahlen langsam...' Alalnj, 20. April.  (TU) Don der neuen Zollgrenze zwischen dem befetzten und unbesetzten Gebiet, dl« von der Entente heute in Ausführung der Londoner   Sanktionen aufgerichtet worden ist, ist w den frühen Morgenstunden des ersten Tages ihres Snkraft. tertens noch wenig zu merken. Der Persvnenver» kehr ist bisher nicht wesentlich beeinträchtigt. Ander Uebergongsstation ist lediglich der übliche Aufenthalt von wenigen Motten im Schnellzug Frankfurt  -Wiesbaden   und die Kontroll« der Gepäckwaren durch rineu einzigen französischen   Unteroffizier bemerkenswert. Eine Revision des Handgepäck» fand nicht statt. Lm Güterverkehr machen sich infolg« größeren im Fahrplan nicht vorgesehenen Ausenthalt» Störungen be- merkbar. Mannheim  , 20. April.  (TU.) In Biebesheim  . Ludwigs- Hafen und Worms   fanden bis jetzt kein» Bifitationen der Reisenden und de» Gepäck«, statt. Anscheinend haben dl« Franzosen ihre Vorbereitungen noch nicht beendet. .*. nnd schlecht. Köln  . 20. April.  (WTB.) Wie die hiesige Eisenbahn» direktion der.Kölnischen Zeitung" mitteilt, besteht ein Unter» schied zwischen der belgischen und der englischen Zone. In der ersteren hat die Kontroll« de» Güter» uwd Poftv»rt»hr»totsächl!ch eingesetzt: k der englischen  sakf�i« Kontrolle heut« im Lause de» Tage» beginnen. Da aber zu» Ueberwachung de» P ostverkehr» englifcherseit, die nötigen Organ« noch nicht bereit sind, wird damit gerechnet, daß in dieser Zone di« Zollgrenze zunächst überhaupt noch nicht in die Erscheinung tritt. Wie die Handhabung in der Gegend von K o b l e n z und weiter südlich vor sich geht, fft bi» zur Stund  « noch nicht bekannt. Heute morgen glich der Bahnhof Derendorf   schon einem Warenlager. Aus den Bohnsteigen lagen allerlei Waren au» Güter- und Personenzügen. Die beut- schen Zoll» und Bahnbeomt« geben stch all« Muhe, den Berkehr schnell und glatt abzuwickeln, ober«a» heute vormittag beobachtet werden konnte, läßt berechtigt« Zweifel zn. ob«in regelmäßiger Verkehr aus die Dauer möglich ist. In Sachverständigentreisen glaubt man, daß Bahnhöf« wie der «n Derendorf sehr Mb Vollständig nerflvpfi(da»«den.|
Reichstag   unö Sonöergerichte.
Präsident Oöbc begrüßt b?t Abgeordneten nach der Osterpause. Er fährt fort: Als wir das letztemal vor«ehr als einem Monat auseinandergingen, hatte di« Abstimmung über Oberfchlesteu gerade begonnen. Das Schicksal dieser deutschen Provinz ist auch heute noch nicht entschieden. Wir danken allen, die unter schwierigen Umständen und mancherlei Gefahren zum Trotz für Deutschland   gestimmt haben. Mit 710000 gegen 471000 Glimmen, mit derMehrbeitseinerGemeinden.mit Einstimmig- kelt seiner Stadt« hat Obersch'.esieck für Deutschland g«- stimmt.(Deisoll.) Wenn wir uns einen Augenblick vorstellen, daß die gleichen Zahlen f ü r P o l« n gegen Deutschland   gefallen wären, so wären die Instanzen der alliierten Mächte keinen Augen- blick zweifelhaft gewcsen. wohin sie dos so votierend« Land, das Ganz« schlagen würden.(Lebhaste Zustimmung.) Dieselbe Ge- rechtigkeil fordern wir auch für uns, denselben Respekt vor dem Mehr- heitswillen fordert das oberschlestsche und dar deutsche   Volk, Wir können nur warnen, daß in einer so unheilschwangeren Zeit neu« Kriegsherd«, neue Reibungsslächsn, neue Schwächungen dez miktel- europäischen Wirtschaftrlebens geschaffen werden. Oberschlefien hat sich mit Mehrheit für Deutschland   entschieden, bei ihm muß es auch bleiben, webhaster Beifall.) Levis Llaukoverzlchk. Präsident töbe teilt ferner mit, daß«in Schreiben de» Abg. Levi (Komm.) eingegangen ist, in dem«» heißt:.Ich habe ein Blanko- formulär unterschrieben, wonach ich mein Mandat niederlege.(Hört, hört!) Ich widerrase hiermit diese Erklärung.(Heitertest und Hört, hört!) Präsident töb«: Sollte diese Erklärung noch eingehen, so gilt sie im voraus als widerrufen.(Große allgemein« Heiterteil.) ch Au? der Tagesordnung stcht ein« Interpellation der Unabhängigen über die auswärtige Lage. Ein Vertreter des Auswärtigen Amtes   erklärt, daß der Außen- minister die Interpellation in der g« s ch ä fi s ordn un gs- mäßigen Frist beantworten werd«. Der Außenminister legt Wert darauf, daß die Beantwortung sobald al» irgend möglich erfolgt. Abg. ecdebour(U. Soz.) fordert schleunig« Erörterung der auswärtigen Lag«. Präsident Löbe: Das liegt im Interesft des ganzen Hauses. Eine entsprechende Interpellation Arnstadt  (Dnack.) ist ebenfalls schon eingegangen. Es lolgt di« erste Bevastiug eines Abkommen» mst den alliierien Hauptmächten über die Festsetzung einig«? Abschnitt« der Grenzen des Saargebleks. Abg. KordI(Dem.): Di« sogenannte Völkerbunds regicrung im Saargebiet unterbindet rigoros den kulturellen Zusammenhang der Einwohner mst den Deutschen   im Reiche. Ein Rundschreiben der französischen   Bergwerksverwaltung sucht aus di« Beamten einzu- wirken, daß sie sich naturalisieren lassen. Vau ueulraler Verwaltung ist keiue Rede. Am 1. Mai kommt zur Fraukeulöhaung den Bergarbeiter auch die der Post, und Bahubeamten. Dann muß auch da? letzte Viertel der Bevölkerung zur Frankenwährung übergehen, also Anichfasi an Frankreich   suchen. Die Bergarbei:«? »erwünschen heute schon die Frankenwährung. Wir können den Saarländern nicht helfen, wir vergessen sie aber nicht, bis das Saarland   wieder mit dem Reiche verbunden ist.(Beiiall) Abg. Hoffmanu-Ludwigsbafen(Z.): Als geborener Saar  - länder schließ« ich mich den Ai?führang«n de, Abg. Korell voll a n. Die Obhut des Völkerbundes ist den Saarländern zum Ver- h ä n g n i s geworden. Die geqenseitig«» brüderlichen warmherzigen Gefühl« zwischen unseren deu  'schen Brüden, im Saargebiet und den Deutschen   im Reiche können kein e Zollgrenze der Entente und kein« ander« Mahregel zerstZren.(Beifall.) Da» Abkommen wird einem Ausschuß überwiesen. Der Gesetzentwurs über di« Verteilung des Gewinns der Reichsbank für das Jahr 1020 wird dem Haushaltsausschuh über. wiesen, ebenso t«r-Gesetzentwurf zur Aenderung de» Bank- g e s e tz« s. wonach die Borschrist, noch der der Teil, der im Umlauf befindlichen Reichsbanknoten, der durch tursfähiges deutsche« Geld usw. gedeckt fein soll,«in Drittel nicht unterschreiten darf, bi» zum S1. Dezember 1S2S außer Kraft gesetzt werden soll. Ein kommunistischer Antrag fordert soforklge Haftentlassung des Abg. Thomas(Kom.) au« der Gefangenenanstalt Londsberg in Bayern  . Präsident Löbe teilt mit, daß ibm«in Schreiben de» Abg. Thomas zugegangen fei. w dem dieser um S ch u tz bittet. Ich Hab« Mich durch Vermittlung des Reichsminister» des Innern an den bayerischen Mi- ntster des Innern gewandt, ob etwa ein« Verletzung der Im- wunität vorliegt. In einem längeren Schreiben wird dargelegt. daß eine solch« Verletzung nicht vorliegt. Abg. Trimborn(Z.) beantragt die Ueberweisung des An- trage» an den T?sKäuzordnung»au»schuß. Abg. Geyer(Kom.) verlangt Freilassung de» Abg. Thomas. indem er auf»in Schreiben desselben hinweist. In diesem«klärt Thomas, daß er in sehr raschem Derfabren wegen Ausfvrderung zum Hochverrat und Aufr»lzung zum Klassenhaß zu L Iahren Gefängnis»«rnrieilt und während der Haft mst Strohflechten beschäftigt worden sei. Durch«in» ausführ­liche Ichaltsangab« de, Dortroges, wegen dessen er verhaftet und verurteist wurde, sucht Thoma» klarzulegen, daß er weder zum Generalstreik noch zur Revolution aufgefordert habe. Das Gericht nahm aber an, daß. wenn auch nicht vom lImstiÄz g!-sp rochen wurde, dieser«der doch gemeint ge- wefen sei Da er nach dem Vortrag rasch zum Bahnhof eilt«, um seine» Augsburge  " zu erreichen, habe man Fluchtverdocht ongenamnwn. Der Redner ersucht um sofortig« Annahme des An- träges. Abg. Müller-Frank«(Soz.) ersucht wn Klarstellung de« Fakle» Thomas in einer Ausschußverhandlung. Sollten sich di« Angaben des Abg. Thomas al, zutreffend erweisen so müßten wir auf dos energischste gegen ein solches verfahren protestieren. Abg. Schficklng(Dem.)! Wenn ein Znsammenhang zwischen den Vorgängen in Mitteldeutschland mck» dem Bergeben des Abg. Thoma» besteht, dann wäre die Immunität noch Art. ö? der Verfassung nicht verletzt, denn die miiteldenlslhen Verbrechen sind gemein« Verbrechen. Allensalls sollte der Gesckjäfisorb« nungsau-fchuß möglichst rasch arbeiten. Abg. Ledebour  (U. Soz.): Da kein Zweifel bestehen kann, daß die Immunität des Ab«. Thoma, nerletzt worden ist. ist jede Lusschußberatung Lberflüsstg. Der Antrag wird gegen die Stimmen der Anabhingigen und Kommunisten dem Geschäftsordnungsausschuß überwies«?- Die SluSuahmegerichte. E» folgt di« Beratung de» schleunigen Antrage» der Unabhängigen, der die Aushebung der Vera. rdnuN- gen des Reichspräsidenten für den Bezirk Groß-Hrnn- bürg, für die Provinz Sachsen  , für di« Regier, mgsbezirke Düsse!» dorf, Arnsberg   und Münster   und übe? die Bildung außer» ordentlicher Gericht« fordert. Abg. Dr. Rosen Wd fU. Soz.): Die Ausnahmegericht« sind unzulässig; der Unterschied zwisch« Ausnahmegerichten nnd Sondergerichten ist nicht einmal
s den Juristen klar, wieviel weniger dem deutschen   Volk«. Es ist ein« ~ lächerliche Begründung, wenn man sagt, daß man den Gefangenen, die nachher doch zu Zuchthaus verurteilt werden, einige Tage Unteriuchungshaft ersparen will. Die einfach» steu Bkchlsgaranllen fehlen in diesem Verfahren. Jeder gemeine Verbrecher Hai es befler als diese politischen Gefangenen. Zeugen- Vernehmungen werden meistens abgelehnt und ein« Berufung gegen das Urteil findet nicht statt. Das ist eine barbarische Justiz. Fast die Hälfte aller Angeklagten besteht aus Iugendl'chen, aber die Richter setzen immer ahn« weiteres die erforderliche Einsicht voraus. An der Spitze de» Berliner   Ausnahmegerichtes hat man keinen anderen Richter zu setzen gewußt, als den R> ch t e r H i l l e r s. Die Aufforderung zum Generalstreik wird überall von den Gerichten als Auf- forderung zum Uvgehor'am gegen di« Gesetze beurteilt. Do untergräbt man die Koalitionsfreiheit. Der deutsch  - nationale Redakteur Lebiu» bekam für selne wiederholt« Aufforderung zum Mord 1000 Mark Geldstrafe, aber die Aufforderung zum Generalstreit wird mit 3 Monaleu Ge- sängnis bestraft. In dem Prozeß gegen die sogenannten VlientSter der Siegessäule wußte der Staatsanwalt jede Aufklärung darüber zu verhindern, daß dies sogenannt« Attentat ein Werk von Lockspitzeln gewesen ist. Wo bleibt demgegenüber die Strafverfolgung der Kapp-Rebellen und der Kriegsverbrecher? Wenn«» dem Staat», anweilt damit Ernst gewesen wäre hätte er gestern nur noch Pots- dam gehen sollen.(Pfuirufe recht».) Bisher sind von den Ausnahme» gerich:«« 587 Jahre Zuchthau». 4? Jahre Gefängnis, ferner gegen S Angeklagt« lebenslängliche» Zuchthaus   und gegen 2 Angeklagte die Todesstrafe o erhängt worden Die Arbeiter sind eben heute völlig vogelfrei. Die Staatsanwälte und Richter stürzen sich mit einer wahren Wollust auf die Arbeiterschaft. Diese Derord- nung trägt den Namen de, sozialdemokratischen Reichspräsidenten Ebert   und di« Sozialdemokratische Partei   ist für die Handlungen de» Reichspräsidenten   durchaus oerantw orüich. Die Kommunistisch« Partei uberlassen Sie ruhig der Arbeiterschaft; die Arbeiterschaft ist auf dem besten Wege, sich von der kommunistischen   Verwirrung frei zu machen. Das Eingreifen von Polizei und Gericht siört nur diesen Gesundungsprozeß.(Lebhafter Beifall b. d. U. Soz.) Neichsjiistizminister yeinze: Hie Verordnung des Reichspräsidenten entspringt keinem Rache» begehren des Bürgertums oder der Regierung gegen die Arbeiter- (lasse. Vielmehr wurde die Verordnung auf meinen Vor, schlag vom Reichspräsidenten   erlassen, weil die Justizverwaltung überzeugt war. daß ohne eine derartige Verfügung der Gerechtigkeit nicht Genüge geschehen würde.(Lachen v. d. Komm.) Wenn nun von übertriebenen Schilderungen der Press« gesprochen wurde, so will ich Ihnen das Milieu, aus dem die Verordnimg erwachsen« ist. au« Ihrer eigenen Press«, au» der.Freiheit' vom 3. April, schildern.(Der Minister verliest einen Bericht der.Frei- hett' über Attentate, Angriff« und Plünderungen in Eisleben  .) Es ist festgestellt, daß bei den Kämpfen Polizeibeamten Rasen und Ohren abgeschnitten und Lugen ausgestochen worden sind. (Groß« Unruhe. Zuruf: Da« ist gelogen! Präsident Löbe rügt diesen Zuruf.) Die Justiz hat die Pflicht, den Dingen gerecht zu werden, Deshalb kann man in onnormalen Zuständen nicht mit normalen Mitteln arbeiten, wenn die Zufssz nicht Schiffbruch leiden soll. Da» ordentliche Gericht ist für ganz ander« Fälle eingerichtet. Die vielen Hunderte von Prozessen kann die- Justiz nicht in so kurz« Zeit durchführen.(Unruhe links.) Die Frage der Verfassung?» Möglichkeit der Verordnung ch nicht zweifelhaft, denn Artikel der Verfassung billigt dem Reichspräsidenten für gewisse Ausnahme- fäll« Ausnahmerechte zu. Die Jugendlichen sollen übrigens möglichst vor die ordentlichen Gerichte kommen, aber das ist nicht immer durchführbar. Die van den Sozialdemokraten beantragten Einschränkungen de? Sondergerichte auf das unmittelbare Ausstandsgebiet und ihre Außerkraftsetzung bei Hochverrat usw. bitte ich abzulehnen. Die Beweisführung soll den Angeklagten nicht oerkümmert werden. Bon einer Vlut- lustiz kann man nicht sprechen. Di« Urteile in Berlin   waren sehr milde.(Der Minister führt noch einig« Fälle von besonder» schweren Vergehen an, di« mit Zuchthaus oder Todesstrafe ge« ahndet wurden.) In leichten Fällen werden milde Strafen verhängt. Di« Gerichte verfahren durchaus unparteiisch. Di« Beschlagnahme eines Teil« der Rotationsmaschinen derRoten Fahne' ist noch ß 40 des Strafgesetzbuchs durchaus zulässig, ver Gesun, dungsprozeß. wird sich am leichtesten vollziehen, wenn das gesamt« Volk der Ueberzeugung ist, daß durch die Gerichte der Gerechtigkeit Genüge geschieh.(Beifall rechts.) Präsident Löbe. der den Abg. Höllein(Komm.) schon zweimal zur Ordnung gerufen hat, ruft ihn nunmehr zum dritten Male zur-Ordnung, weil er der Recktekäufliche Subjekte' zugerufen hat. Abg. Höllein(Komm.): Mein Zuruf war nur eine Erwiderung auf die Bemerkung des Abg. Cremer, ich hätte von Moskau  500000 M. bekommen. Die Abgg. Kahl und Crem«(D. Bp.) bestreiten dies« Bemerkung. Abg. Höllein: Lügen kann jeder!(Große Entrüstung recht».) Die Beratung wird abgebrochen. Erledigt werden noch einig« klein« Vorlägen, u. a. ein demokratischer Antrag aus Einstellung eine» Sachkundigen aus den Kreisen des Handwerts beim Reichswirt- schaftsminister!-m. Da» Haus vertagt sich auf Donnerstag 2 Uhr: Interpellation Arnstadt  (Dnot.) über die Auswärtige Lage. Be» richt de» Geschäftsordnungsausschusses über die verfahren gegen einzelne Abgeordnet«. Fonfetzung der Debatte über dt« Sonder- gertchte. Schluß: 6 Uhr._ Sürgerliche Sozkalpolitit. Der D e s ch l u ß des Reichstag«, d.ie Dekleidungs» Zmter teilweise auszulösen, der kurz vor den Osterferien mit ziemlich allen bürgerlichen Stimmen gegen di« sozia» listischen Parteien gefaßt wurde, stellt stch immer mehr als eine schwer« Schädigung der in den Aemtern Ange- stellten, aber auch als ein Nachteil für das Reich selber heraus. So wird jetzt das LeNeidungsamt Breslau   verkleinert, das 'dem Reiche im letzten Geschäftsjahre einen Hebers chuß von vielleicht 20 Millionen Mark erbringt. Der Verkleinerung fallen zahlreiche Schuhmacher und Schneider zum Opfer, die zum Teil seit über 20Iahr«n in dem Dekleidungsamt tätig sind, das fünfzigste Lebensjahr über» schritten haben und nunmehr di« Arbeitslosigkeit vermehren. da ihre Bemühungen, w der Privatindustri« unterzukommen. wegen ihres Lebensalters meist erfolglos sind. Das Reichsfchatzministerium hat alle Beschwerden über di« Härten feiner Verfügungen mit dem Hinweis auf den Reichstagsbeschluß zurückgewiesen, der sicher sehr überellt ge» saßt und vom Reichstag einer Nachprüfung unterzogen wer» den muß._ Ein Rachspiel zur Spalkuog der llSP. Den infolge der Trennung der Unobhängigsn und der Kommunisten in Württemberg   entstandenen Streit über die LandtagSmftgliedschatt der beiderseitigen Abgeord- nrten hat der württembergiicke Staategerichtshof nunmehr dabin entschieden, daß die Abgeordneten beider Gruppen ibr« Sitze im württemberg'schen Laiidtag beibehalten. Die Kummunistt!! verachten zwar den Parlamentarismus, aber sie lassen sich dach gern von einem StaatSgerichtShof ihre Mandat« zuerkennen.