Leschlutz des Fürsorgeausfchusies. Werden sie als krank oder über 75 Proz. erwerbsbeschränkt befunden, dann dürften sie aus der Erwerbslofenfürsorge auszuscheiden, nicht aber der Armenverwaltung, sondern einem Unterstützungsamt für außerhalb der Armenpflege Stehende zu überweisen sein. Werden sie in der Erwerbslosenfürsorge belassen, dann wäre ihre Rente zu einem geringen Teil auf die Erwerbslosemmter stützung in Anrechnung zu bringen. Heber die Arbeitswilligkeit Erwerbsloser gehen die Meinungen selbst von Fachleuten sehr weit auseinander. Ohne Zweifel wird sie stark beeinträchtigt durch die vermin- derte Arbeitsfähigkeit. Als Tatsache muß in Rechnung ge- stellt werden, daß heute die Erwerbstätigen als Rcgelleistung nicht die Friedensleistung vollbringen können.! Die Menschen sind zurzeit alle mehr oder minder stark körPer- lich und geistig zermürbt, wenig widerstandsfähig. Es fehlt die Ausdauer, die Elastizität. Der beste Wille kann nicht die mangelnde Spannkraft ersetzen. In weiten Volkskreisen ist man sich auch bewußt, daß es verschiedentlich am Arbeits- willen fehlt. Solche Menschen Hot es srüher gegeben und jetzt gibt es noch mehr. Die Kriegszeit hat hier weiter demoralisierend gewirkt. Regel- und planmäßige Arbeit ist schnell ab-, schwer aber wieder angewöhnt. Die Ausführungsvorschriften der Crwerbslosenfürsorge kennen verschiedenen Widerwillen gegen die Arbeit. Als direkt arbeitsscheu wird erachtet, wer sich an die Arbeit über- Haupt nicht heranwagt, unter allen möglichen Ausfluchten der angebotenen Arbeitsaufnahme aus dem Wege geht, sowie der- jenige, der jede Gelegenheit benutzt, um von der Arbeit los- zukommen. Es wird unterschieden zwischen selbstverschuldeter und unverschuldeter Arbeitslosigkeit. Arbeitsmangel und höhere Gewalt gilt natürlich als unverschuldete Ar- beitslosigkeit. Trägheit bei der Arbeit, passive Resistenz oder Strecken der Arbeit, Verweigerung von Nebenarbeiten, an- derer als Berufsarbeit, Ablehnung wegen ungenügenden aber doch tarifmäßigen Lohnes oder außerhalb des Wohnortes und dgl. gelten als verschuldete Arbeitslosigkeit bzw. Arbeits- Verweigerung. Wird in der Hauptsache die L e r w e i ge r u n g noch- gewiesener Arbeit als Ardeitsunwillen angesehen, so bildet doch für die Beurteilung der Arbeitswtlligkeit des ein- zelnen noch die bisherige nachgewiesene Arbeit durch Arbeits- bescheinigungen, Invalidenkarte usw. einen ausschlaggebenden Faktor. Als stichhaltige Weigerungsgründe für ange- botene Arbeit kommen nuh in Betracht, unzulängliche körper- liche Beschaffenheit, nicht angemessener Lohn, sittlich bedenk- liche Unterkunft und bei Verheirateten, wenn die Versorgung der Familie unmöglich wird. In diesen Fällen wäre die Er- werbslosenunterstützung zuzubilligen, in den anderen Fällen zu versagen. Versagung wird gewöhnlich nicht für bau- ernd, sondern nur für begrenzte Zeit ausgesprochen. Nichts- destoweniger bleibt sie in allen Fällen und in heutiger Zeit nach besonders eine recht fühlbare Mahregel für die Erwerbslosen und eventuell auch für ihre Familien. Sie trifft sie an der empfindlichsten Stelle, am Einkommen, und ergibt praktisch eine weitere Verminderung der Existenzmittel. Diese Bestimmung der Reichsverordnung ist deshalb für die N e u- gestaltung überreif, wenngleich nicht verkannt werden soll, daß notorische Tagediebe das Recht auf Unterstützung verwirkt haben.
die zerbröckelnüe �Vereinigte". In der„Vereinigten" Kommunistischen Partei geht es üru-nter und drüber. Der sinnlose und mißlungene Putsch hat die lange schwelende Opposition gegen den Despotismus der Zentrale zum vollen Ausbruch gebracht. Selbst das drakonische Mittel des Partelausschusses, wie es Paul L e v i gegenüber angewendet wurde, verfängt nicht mehr. Gegenüber dem forrschreitenden Zerfall der Partei stößt die Zentrale«inen verzweifelten Hilfeschret aus; an der Spitze der
Ein verurteilter. Der Zeichner G e o r g G r o ß ist von einem— Verzeihung, fast hätte ich gesagt„königlich"— preußischen Gericht wegen Beleidi» gang der Reichswehr oerurteilt, seine famose Mappe„Gott mit uns' der Vernichtung überliefert worden. Das ist ein« Ehre für Georg Groß , dem damit quast amtlich bescheinigt wird, daß er ein Karrikaturist von Gottes Gnaden ist. dessen Hiebe von den Zeitgenossen wirklich als Hiebe, nicht als Kitzeln des satten Bauchs empfunden werden.(Thomas Theodor Hein- widerfährt solche Ehrung längst nicht mehr...) Aber für die Republik ist es eine Schande. Wir sind ja so überreich an kraftvoller Produktion, daß wir un, ein solches richter- liches Vernichtungswert mit Seelenruhe leisten können. Wenn wir Georg Groß nicht sehen dürfen— es bleibt un, ja noch immer Fritz Koch-Gotha in der„Illustrierten ' und in der..Woche', es bleibt uns der„neckische' Humor der Henny Porten im Kientopp. E» bleiben uns die ungezählten Lieblinge eines blöden Philistertum», die nie- mand weh tun. Aber wer weh tut, der muß vernichtet werden. Da» ist die natürliche Moral des Philisters. Rur nützt sie nichts. Denn zu einer späteren Zeit, wo alle seine.Lieblinge' vergessen sein werden, da wird kein Sammelwerk über die Kunst der deutschen Revolutions- epoche erscheinen können, das nicht die Zeichnungen des Georg Groß als das Charakteristischste und Wuchtigste enthielte, was diese Epoche hervorgebracht hat. Trotz der patriotischen Zeichenlehrer, die sich in,..Kladderadatsch' und In Knüppel-Ziuntzes antisemitischem Witzblatt austoben. Bor mir liegt eines der neun Blätter.„Die Gesundbeter' übcrloiricben. Eine preußische Revierstube, in der ein zum Skelett versauitcr Leichnam„k.v." geschrieben wird. Das ist die Idee— ober wer eine Idee von dieser Idee haben will, der müßte die Aus- führung sehen. Ach so. ich vergaß, daß ein hohes Gericht die Ein- ziehung, Einstampfung. Einschmelzung dieser famosen Zeichnung und der dazu gehörigen Platten verordnet hat. Es soll keiner mehr sehen, wie es damals gewesen ist. Aber trotzdem, meine Herren, e» war s o. Mit genau diesem servilen Gesichtsau»druck hat sich der rundliche Zioilarzt auf das Untersuchungsobjekt gebeugt, fest ent- jchlosien. was er auch entdeckte, sein k. o. herauszusauseln. Genau so teilnamslos und krähend haben sich während der Untersuchung die beiden Generalärzte im Vordergrund ihre Zoten erzählt. Genau so Hot der Vorsitzende der Kommission mll seinem Monokel darein- geblitzt, genau so untertänig verlegen der mollustenhafte Sanitäter dagestanden, genau so brutal der Feldwebel sein künftige, Au«bU- dungsobjekt angestiert. Genau so trostlo» und öde hat e« in dem Rauni ausgesehen, wo auf die Anforderung noch soundsoviel Mann die befohlene Zahl„k. v.' geschrieben wurde, ob sie gesund waren oder nicht.
„Roten Fahne" verössentllcht sie einen Aufruf:„Wahrt die Parteidiszipl in!" Dieser Aufruf deckt die Z e r o r ö ck e- l u n g auf. in der die VKPD . sich befindet. Es heißt in ihm nach einer Einleitung, die auf die Beschlüsse der Bezirkstagung Bezug nimmt: Trotz dieser Beschlüsse der Parteimitgliedschaften, des Zentral- ausschusses und der Exekutive der Kommunistischen Internationale versucht ein« Anzahl Genoss«n. die sich in führend«? Parteistellung befinden, einen Feldzug gegen diese Be- s ch l ü s j e zu organisieren. Diese Genossen tragen damit nicht nur die größte Verwirrung in die Parteimitgliedschaften, son- dcrn hindern auch die Partei an der Weilerführung der begonnenen Akkioa, die mit der Beendigung de» Märzkampfes keiaestvegv abge- ichlosien, sondern mit größler Energie sortgeführl werden muh. Gegen diese Opposition, die den Putschwahnsinn satt Hai, werden die Parteianhänger zum schärfsten Kampf aufgefordert. Namentlich werden die Parteimitgliedschaften ersucht, Paul Levi nicht mehr innerhalb der Partei reden und arbeiten zu lasten, da dieser ausgeschlossen sei. Auch über die Verbünde- ten Levis bricht das Strafgericht herein. Der Aufruf sagt: Di« Genossin Zetkin und die Genosien Braß, Däumig, Kurt Geyer, Adolph Hoffmann , Eckert, Malzahn und Paul Neumann haben am 16. April eine Erklärung abgegeben, in der sie sich nicht nur mit der Haltung Paul Levi , solidarisieren, sondern auch die von Paul Levi herausgegebene Broschüre„Wider den Putschisinus' gutheißen. Diese» Lorgehen zwingt die Zentrale, diese Genossen, soweit sie Parlamentsmitglieder sind, auszufordern, die Ausübung ihres Mandats bis zur nächsten Sitzung des Jenkralaus- jchusses einzustellen. Der Zentralausschuß wird darüber zu bestimmen haben, ob die genannten Genossen auf Grund ihres Verhaltens be» fugt sind, in ihrer führenden Stellung weiter zn verbleiben. Man wagt also nicht, diese Sünder wegen ihrer großen Zahl gleich Levi auezuschließen, aber man will ihnen wenig- stens Mandate und Aemter aberkennen. Ob das gelingen wird, ist fragliche Das Mittel der hinterlegten Vlantoaustritte hat bisher nicht verfangen, da die Gemeuchelten diese Erklä- rungen mit Erfolg widerrufen konnten. Mittlerweile erfahren wir, daß auch der Reichstags- abgeordnete Teuber aus Bochum seinen Austritt aus der kommunistischen Fraktion erklärt hat. Er legt sein Mandat nicht nieder, sondern gehört vorläufig keiner Fraktion an. Immer weiter greift die Spaltung um sich, daher der Name„Vereinigte". Am Schluß seines Aufrufs lehnt der Zentraiausschuß die Einberufung eines außerordentlichen Partei- t a g e s, den die Opposition fordert, nochmals ab mit der Begründung, daß den Parteigenosten, die an den Märzkämpfen aktiv teilgenommen hätten, eine öffentliche Tagung des Partei- tage» Berfolgunaen einbringen könnten. Man verkriecht sich also hinter der Justiz, um nicht Rechenschaft ablegen zu müssen. Stolz erklärt der Zentralausschuß, die„Zahl der Opfer nicht vermehren" zu wollen. Das sagt derselbe Partei- ausschuß, der in der oben zitierten Stelle verkündet hat. der Kampf dürfe nicht abgebrochen», sondern müsse weitergeführt werden. Für seine sinnlosen Pläne scheut der Zentralausschuß keine Opfer, das einzige Opfer, das er wirklich scheut, istdasOpsersetnerMachtstellung Zurück zur alten Partei! vtdesloe, 21. April. (Eigener Drahtbericht des„Vorwärts".) Am IS. April tagte hier die Mitgliederversammlung des Orts- veretns Oldesloe der DKPD. Beschlosten wurde, den Ort«»- verein auszulösen und geschlosten zur alle» Sozialdemokratische» Partei überzutreteu. Arbeit gegeu die Shaltung. Der beste Helfer in ihren Nöten ist der VKPD. noch die I u st i z. Wie sie der Zentrale den Vorwand liefert, die Einberufung de, Parteitages abzulehnen, so sorgen einige Ausnahmegerichte für das sonst gänzlich fehlende Agitationsmatcrial. Das Essener Ausnahme- gericht verurteilte den Redakteur Werner vom„Ruhr-Echo" wegen der Ausrufe zum Ausstand zu zwei Jahren Zuchlhau«. Der Staatsanwalt hatte sogar 7 Lahre Zuchthaus und 10 Jahre Ehrverlust be- antragt.
Das darf nicht mehr gezeigt werden. Namentlich nicht in dem lapidaren Stil eines Georg Groß , der wie ein unbeholfenes Kind an den Zaun zu kritzeln scheint und in dieser Kritzelei das höchste an Ausdruck und Sattre gibt, das sich denken läßt. Wir haben einen Kerl von grimmem Humor, einen Kerl, besten Hiebe schmerzen. Gottlob, man hat ihn verboten. Aber tröstet euch, im Kientopp rollt bereits der neuest« Film von der Beerdigung der Kaiserin. Erich Kuttner .
Garlenzaun und vlumenfreud«. In einer Rundschau des jetzt mit der„Umschau" vereinigten„Prometheus" wird ein Thema an- geschlagen, das wohl des Nachdenkens wert ist. Es heißt dort: Weshalb muß ein jeder, der ein Gärtchen sein«igen nennt, sich mit großen Kosten«inen Zaun um dasselbe bauen? Doch nur des- halb, weil er dem menschlichen Empfinden seiner Mitmenschen nicht traut und nicht trauen darf. Ich sage absichtlick nicht: der Ehrlich» keit. Denn Blumenftehlen hält niemand für eine Unehrlichkeit. Man kann vielleicht sagen, daß diesenigen, welche anderen Leuten ihre Blumen stehlen, auch, aber auf ihre Welse dem Früh- ling huldigen. Sie sind Egoisten, welche nur an sich denken. Ob aber wohl eine Zeit kommen wird, in der die Verfeinerung unseres Empfindens so weit fortgeschritten sein wird, daß jeder es versteht, sich in das Mysterium des erwachenden Frühling» zu versenken und dabei doch auch dem anderen sein« Freude zu lasten? Ein« Zeit, in der mein Garten denen, die an ihm vorübergehen, Freud « machen wird, ohne daß sie meine blühenden Büsche knicken und mein« Blumen abrupfen? Eine Zelt, in welcher Gartenzäun« als altmodischer Unfug gelten werden, weil man weiß, daß sie überflüssio sind? Erleben werde ich dies« Zeit wohl nicht, aber ich hoffe, daß sie kommen wird. Ich hoffe es, well ich ein Optimist bin, und weil ich weiß, daß es Länder gibt, in denen sie bereits gekommen ist. Ein solches Land ist z. B. Nordamerika. Ob die Pankees ein tieferes Empfinden als viele Menschen bei un» für den rechtlichen Begrifs der Garten blume ol» fremde, Eigentum hoben, ob ihnen die Be- geisterung für die Lieblichkeit der Blumen fehlt, weiche bei unseren Zaunmardern schließlich doch ol» edle Triebfeder eine? schändlichen Tat angenommen werden muß— ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß in Amerika das Stehlen von Blumen und daher auch die Gartenzäune zu den überwundenen Dingen gehören. Di« Gärten welche die schmucken Häuser der Amerikaner umgeben, liegen frei an der Straße, jeder, der daran vorbeigeht, freut sich über sie, und die Besitzer freuen sich nicht minder, denn es wird ihnen nicht, zer- treten, nichts verdorben, nichts abgerupft. Der älteste Baum Deutschlands . Unweit Görlitz bei dem Dorf Katholisch-fiennersdorf steht ein« Eibe von über S Meter Umfang und 11 Meter Höhe, deren Atter nach vorstchtiger Berechnung mehr als 1400 Jahre beträgt. Dr. O Herr bezeichnet in„Ueder Land und Meer' dieses ebrwürdig« Naturdenkmal als den ältesten Baum Deutschlands , vielleicht sogar ganz Mittelenropos. Der Um- fang, der im Verhältnis zum Atter gering ist, erklärt sich daraus, daß bei der Eibe das Wachstum in der Dick« außerordentlich lang. sam vor sich geht: die Jahresringe sind sehr vi«l schmäler al» bei
Der pflichttreue �anörat. Ende Januar hatte der„Vorwärts" aus der„Bürener Zeitung", dem amtlichen Krcisblatt für den Kreis Büren im Regierungsbezirk Minden , das folgende Inserat zitiert: Bauer, paßaufl Es ist Pflicht eines jeden Landwirt«, gegen dl« ihm zugegangenen Veranlagungen zur RMansfl«' winnsteuer und zum Reichsnotopfer, soweit darin nicht die von den landwirtschaftlichen Organisationen aufgestellten Grund- sötze gewahrt sind(Abzüge wegen Werwerminderung an fflebäu- den und Grundstücken, Zugrundelegung de» bei der Bcsigsteuer festgelegten Besitzwertes), sofort Einspruch ein zulegen. zu dem folgender Wortlaut genügt:„Gegen die Veranlagung zur Kriegsgewinnsteuer— zum Reichsnotopfer— lege ich hiermit Einspruch ein.(Unterschrift.)" Aufklärende Vorträge und Sprechstunden über die nähere Be- gründung werden in nächster Zeit im Kreise abgehalten. Namens des Vorstandes des Landw. Kreisveretns der Dereinsdirektor gez. Wintelmann. Dieser Winkelmann war niemand anders als der— L and r a i des Kreises Büren, der tapfer Vorträge und Sprechstunden zur Der- Minderung dir agrarischen Steuern abhäll. Aus einer deutschnationalen Anfrage im Landtage erfährt man nun, daß dieser eifrige Landrat als Regierungsrat nach Münster in Westfalen versetzt worden ist. Die Deutschnationalen sind selbstver- ständlich aufs tiefste empört darüber, daß ein Landrat. der Steuer- sabotage treiben hilft,„im Interesse de» Dienst»«' versetzt wird. Nach ihrer Meinung muß ein solcher Landrat als Blümchen Rühr- michnichtan betrachtet werden, der seiner für die Agrarier so er- sprießlichen Tätigkeit auf jedem Fall erhalten werden muß. Da Severing, an den die Anfrage gerichtet ist, st« kaum noch beant- warten dürfte, so kann sein heute noch unbestimmter Nachfolger, der sa auf die Stimmen der Deutschnattonalen angewiesen ist, ihnen den Gefallen tun und den„pflichteifrigen" Landrat den Bauern von Büren erhalten._ Die Titelseuche. Aus Postbeamtenkreisen wird uns geschrieben: Wöhrend nach Verordnung des Reichspräsidenten vom 11. Juli 1020 den Beamten, unbeschadet ihres Rechts, ihrerseits die früher verliehenen Titel weiter zu führen, kein Rechts- a n s p r u ch darauf zusteht, daß sie auch im dienstlichen Verkehr mit ihnen benannt werden, hat es der R« i ch s p o st m i n i st« r für richtig befunden, das alte Titelwesen wieder aufleben zu lassen. Im Amtsblatt des Reichspostministerium» Rr. 1? vom 13. April wird unter Nr. 30 gesagt: „Ich erachte es für angemessen, daß auch im Amtsvcr- kehr den Beamten gegenüber neben den neuen Amtsbezeich- nunqen von den wohlerworbenen Ehrentiteln, wie z. B. Rechnungsrat. Geheimer Rechnungsrat, Kanzleirat. Ge- heimer Kanzieirat, Geheimer Postrat, Geheimer Obervostrat. Ge- heimer Baurat usw. Gebrauch gemacht wird. Hiernach ist künftig zu verfahren." Nach dem Borstehenden dürfte es ja nicht wundernehmen, wenn die Herren demnächst auch noch den Zusatz„Kaiserlicher" ver- langen werden, der ihnen ja mit dem gleichen Recht zusteht.. Der Reichspostminister wird auch wahrscheinlich dagegen nichts einzu- wenden haben. Leußerste Rechte und äußerste Linke pfeifen auf das Gesetz und der Rcichspostminister ans die Verfassung, deren Artikel 109 sagt:„Titel dürfen nur verliehen werden, wenn sie ein Amt oder einen Beruf bezeichnen." Sozialdemokraten hingegen pfeifen auf Verordnungen, wie die des Reichspostministers. Titel aus dem„Wilhelminischen Nachlaß" existieren für uns nicht, insbesondere nicht solche Titel, für deren Verleihung nicht Fähigkeiten und Tüchtigkeit, sondern nur die aller- höchste Huld und Gnade maßgebend waren. Nach dem, was bisher von republikanischem Geist in der Reichspostverwaltung in die Oeffentlichkeii gedrungen ist, braucht man sich über die neue Der- ordnung des Ministers allerdings nicht allzusehr zu wundern. Je mehr die überzeugten Republikaner, die Sozialdemokraten, au» den führenden Stellen hinausgedrängt werden, um so mehr gewinnt die Reaktion an Boden. Langsam aber sicher wird da» Rad der Zeit- geschichte zurückgedreht, wenn nicht da» Volt selbst und vor allem unsere Partei endlich dl» Gefahr erkennt.
den meisten anderen Bäumen. Die Eibe ist in Norddeutschland seit langer Zeit im Schwinden begriffen, und nur hier und da trifft man noch auf einzelne größere Exemplare, die eigentlich alle geschützt werden sollten. Früher aber war dieser Baum in ganz Europa weit oerbreitet und an vorgeschichtlichen Funden treffen wir ihn immer wieder. Besonders wurde das Holz der Eibe wegen seiner Festig- keit für Bogen verwendet und im altgermanischen Runenalphabet bedeutet dasselbe Zeichen„Eibe" und„Bogen". Es gibt männliche und weibliche Eibenbäume, von denen natürlich nur die letzteren die bekannten roten Beeren tragen. Unser ältester Baum ist ein männ- liches Exemplar, doch entwickelt er in einzelnen Iahren auch einzelne weibliche Zweige, die dann Früchte ansetzen. Könnte das Rauschen dieser alten Eibe sich zu Worten verdichten und un» von ihren Er- lebnissen erzählen, so würden wir ein gut Teil germanischer Geschichte erfahren. Unter der Herrschaft des großen Karl war er bereits über die erste Jugend hinaus; er sah die Verwüstung der Lausitz durch die Hussiten und zwei Jahrhundert« später die Greuel des Dreißig- jährigen Krieges. Friedrich II. zog an ihm vorbei als Sieger und als geschlagener Feldherr. Kosaken lagerten unter ihm in den Frei- heitskriegen von 1813, schnitten sich Pfeifen und Talismane aus seinem Holz und legten dadurch das Innere des hohlen Baumes frei. Ein Engländer über die Tuberkulose in Deukschlond. Ein trübe, Bild von der Verbreitung der Tuberkulose in Deutschland entwirft Dr. Glover in der englischen Fachzeitschrist.Fancet". Er stellt die enorme Zunahme der Krankheit seit 1v14 fest, die viel großer ist, als die in England während des Krieges. An eine wesentlich« Ein- schränkung der Krankheit, etwa bi» zum Stande vor dem Kriege, sei nicht zu denken, da„die Ernährunzsoerhällnisse in Deutschland jetzt noch viel schlimmer sind als jemals in England in der schlimmsten Zeit des Krieges". Die Maßregeln zur Bekämpfung der Tubcr. tulose findet Glover ungenügend: es fehle an Geld, die Vorschriften würden nicht genügend beachtet, und auch die Organisation habe Mängel. Der britische Slrzt meint, daß diese traurigen Zustande nach der allgemeinen Ansicht aus die Hungerblockade und die Aus- lieferung der Milchkühe zurückzuführen sind.„Wir müssen uns da- mit zufrieden geben, bemerkt dazu die„Münchener Medizinische Wochenschrift",„wenn englische Sachverständige in ihren Fachzeitun- gen den Stand der Dinge wahrheitsgemäß darstellen; die maß« gebende politische Presse wird— mit wenigen Ausnahmen— kein« Notiz davon nehmen: sie findet Ihre Rechnung dabei, Haß und Er- bitterung immer weiter zu steigern." Film und Marionettentheater In der eckule behandeln die ent, lckiiedenen Schulrrtormer aui ihrer Kunlitagung am 4. und S. Mai in der Geuieindesesibnlle in Berlin . Lankwitz . Karlen zur Taarnig in«runwald» Reform bauS.\V 9, Linlstr. 39, bei Frau Prof. Behren», Berlln-Lantwitz, Viktoria ftr. 87, im Landkgemeindehous. Berlin , Tophienür. 28/24. Volksbühne<?. v. In den beiden Feftaufsabrunaen der SI«n»rschen „GSllerprüsung", die der verein Voiksbllhne unter der Regie Hein, Gold- berg« am t. und», Mai, vorm. 11 Uhr, im Tbeoter am Bülowplatz ver- anftaltet, werden in wichtigen Rollen autzer Maria Leito, Vau! Mederow, Lothar HendcS noch beichSstigt sein: Gertrud Kanltz, Ludwig KubelStv, Friedrich Lobe. Hein, tziipeil und Veit Harlan . Karten sind nur noch in beschränkter klnzahl zum Einheitspreis von 5 St. für Mitglieder dt» Kiep tiui und 10 M. jür Richtnutgiied« erhätllich.