Nr.193+ 38.Jahrgang

Ausgabe A nr. 98

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands

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Dienstag, den 26. April 1921

Vorwärts- Verlag G.m.b. 5., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 11753-54

Die Internationale zum ersten Mai. Kasperletheater? Trauerfpiel!

Als. Paul Levi feine auffehenerregende Broschüre ver­

Die diesjährige Maifeier ist von hiftorischer Bedeutung. Auf der Arbeiter- Internationale euer aller Herzen bewegt! Lakt an öffentlichte, in der er das putschistische Treiben der kommuni­den Arbeitern aller Länder, der fiegreichen so gut wie der besiegten diesem ersten Mai die Größe der Gefahren, die uns bedrohen, alle stischen Gruppen ebenso scharf verdammte, wie irgendein„ Ge= und neutralen, laftet der Drud der Kriegsschulden. Alle find fie Uneinigteit vecbannen!] durch die Verwüstungen des Krieges verarmt. Wir haben Frieden und doch keinen Frieden. Die fapitalistischen Regierungen halten noch die Macht, inmitten der Ruinen, in Händen und verursachen Immer neue Zerstörung. uu

An die Arbeiter ergeht der Ruf zur Erobe. rung der politischen macht.

Eure Löhne fallen. Arbeitslosigkeit herrscht, wohin man blidt. Die Kapitalisten, im Bollbesik der politischen und ökonomischen Macht, gehen zum Angriff auf euch über. Viele Regierungen rauben euch eure ftaatsbürgerlichen Rechte, und wenn ihr euch dar­über beschwert, so ist das Aufruhr", oder was sie als„ Aufruhr" bezeichnen.

Jn Europa herrscht Armut.

Ihr wollt arbeiten. Aber die Politik der herrschenden Klaffe hat eure Märkte geschlossen, hat den internationalen Handel zerstört, leert eure Taschen und Schränke. Niemals gab es eine größere Nachfrage nach Waren, niemals eine geringere Nachfrage nach Urbeit. Mie ist der Zusammenbruch des fapitalistischen Systems offensichtlicher zutage getreten, nie hat er das Leben der Arbeiter, der Gesamtheit, der ganzen Kultur furchtbarer bedroht.

Man gestattet euch nicht zu arbeiten, aber man gestattet euch zu verhungern.

Das Großfapital beherrscht die Welt und entscheidet über die Geschicke der Völier. Sein Geist ist es, der die fogenannten Friedensverträge beherrscht; es versucht heute die jungen demokratischen Staatsgebilde zu erdrosseln; es zieht durch den Besit der Kohlenbergiverke, der Delfelder, der tropischen Länder feinen Profit aus den Opfern und dem Tod der Millionen.

Arbeiter! Euer erfter Mai ist der Tag der internationalen Berbrüderung, der Tug, an dem es feine frennenden Grenzen, nur gemeinfame Juteressen und gemeinsamen Kampf gibt. Es ist der Tag, an dem über alle Grenzen hinweg der gewaltige Geist

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Optimismus in Washington .

New Yort, 25. April. ( WIB.) Eine amtliche Meldung aus Washington bejagt: Man ist hier sehr hoffnungsvoll, daß die neuen deutschen Vorschläge die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Deutschland und den Alliierten unter Teilnahme Amerikas gestatten

werden.

Wir fordern:

Nationale Gerechtigkeit für alle Völker und dementsprechend Revision der Friedensverträge

wertschaftsbonze" oder„ Arbeiterverräter" von der SPD. , da versuchte die" Rote Fahne" nach berühmten Mustern diese seit zwei Jahren anerkannter Führer war, wurde von der Sache als einen„ bedauerlichen Einzelfall" abzutun. Levi, der Zentrale auf Knall und Fall hinausgeworfen, und damit Wiederherstellung des internationalen Handels und Verkehrs. Sicherung des geiffigen Kampfes in Wort und Schrift, un- hoffte man, die Angelegenheit erledigt zu haben. beschränkt durch Willkürgesetze, die nichts anderes als politische Wie sich dann die Dinge weiter entwickelten, weiß jeder Tyrannei find. einigermaßen aufmerksame Zeitungslejer. In der soeben erst Freilaffung aller, die wegen ihrer politischen Gefin- Dereinigten" KPD. riß sich zwischen Rechtskommunisten und nung gefangengehalten werden. Linkskommunisten eine breite Kluft auf; die Zentrale wurde Abschaffung des Militarismus allen nervös und begann mit Massenmaßregelungen von Abgeord neten und Redakteuren vorzugehen, und heute ist es so weit, daß die„ Rote Fahne" offen von einer Rebellion der Führer" spricht, der durch schleunige Einberufung eines außerordentlichen Parteitags ein Ende bereitet werden soll.

Ländern.

Frieden zwischen den Bölkern!

in

Wir erneuern unfer altes Gelöbnis zu kämpfen für: Die Sozialisierung der Produktionsmittel und die Erfehung des Kapitalismus durch das fozialistische Gemeinwesen; Die internationale Gemeinschaft der Arbeiterklaffe und eine einige Arbeiter- Internationale;

Die Berbefferung der gesamten Lebenshaltung der Arbeiter. Genossen! Bereint eure Kräfte, um aus diefer Maifeier eine nie dagewesene Demonstration für die Solidarität der Arbeiterschaft zu machen. Weil ihr unfrei und uneinig seid, eilt Europa dem Berderben entgegen. Möge an diesem Tage aus hundert Ländern, in hundert. Sprachen der eine Ruf sich erheben:

Die Arbeit muß herrschen.

Das Eretutiv- Komitee der Zweiten Internationale: Arthur Henderson , England. J. H. Thomas, England. Camille Huysmans , Belgien . Offo Wels, Deutschland . 3. Ramjay Macdonald, England. Hjalmar Branfing, Schweden . Emile Bandervelde, Belgien . P. J. Troelstra, Niederlande . H. Gosling, England. Thomas Shaw, England.

Was die Rote Fahne " verschweigt, das ist der Umstand, daß es gerade die rebellierenden Führer" waren, die diesen außerordentlichen Parteitag forderten. Die Zen­trale mehrte sich gegen ihn, solange sie fonnte, und erst als ihr das Wasser bis an den Hals stand, entschloß sie sich zu seiner Einberufung, die das Ende des Streits bringen soll, wahr­fcheinlich aber das Ende der Partei bringen wird, da es hier zu einer Spaltung der Kommunisten kommen wird, wie es in Halle zur Spaltung der Unabhängigen fam.

Die Rote Fahne " schreibt:„ Die Partei ist fein Rasperletheater, wo zum Gaudium der Zuschauer die Führer sich fatbalgen." Ein solches Kasperletheater war aber Halle, mo der Moskauer Sendling Sinomjem die unab­hängige Rebellion der Führer" niederwarf, indem er deren Ausschluß verlangte und durchsetzte. Ein solches Kasperle­theater wird auch der außerordentliche Parteitag der KPD. werden, die sich seit furzer Zeit vereinigt" nannte, jetzt aber auch wieder nur die Ver un einigte KPD. heißen darf. 3 u einem solchen Kasperletheater haben die Schreier von links feit Jahren die ganze poli­tische und gewerkschaftliche Arbeiterbewe­gung gemacht, zum Gaudium der Gegner, zum Nutzen des Kapitalismus, zum Jubel der bürgerlichen Reaktion.

Die Arbeiten der Reparationskommission. Paris , 25. April. ( WTB.) Die Reparationsfommif fion ist noch mit den Schäßungsarbeiten für die Kriegsschäden be­Was wir da erlebt haben, war immer eine Kazbalgerei schäftigt, um am 30. April den Gesamtbetrag der deutschen Repara- zwischen den Führern und solchen, die es werden wollten. tion festzusetzen. Er beschäftigte sich heute außerdem mit folgen. Keine Beschimpfung war zu niedrig, feine Verleumdung zu den drei Fragen: 1. Festsetzung des Wortlautes der Antwort gemein, als daß sie nicht denen, die seit Jahren, manchmal feit auf die deutsche Note über die Ueberführung des Gold best anJahrzehnten an der Spitze der Arbeiterbewegung gestanden Was angeblich vorgeschlagen wird. des der Reichsbant ins befeßte Gebiet und über die Berlänge und für fie Opfer und Verfolgungen ertragen hatten, an den Berlin , 25. April. ( TU.) Wie verlautet, schlägt das deutscherung des Ausfuhrverbotes für Gold, 2. endgültige Kopf geworfen worden wäre. Jeder Versuch, die Beweg­Angebot einen Betrag vor, der in Sachwerten und in bar inner Prüfung der noch durchzuführenden Reparationen für die gründe des andern zu verstehen, Recht und Unrecht sorgfältig halb 42 Jahren zu leisten ist. Die Gesamtfumme mit 3ins und Schabung der von Deutschland auf Grund des Artikels 235 des abzuwägen, hörte auf, und an feine Stelle trat eine blind­Zinseszins wird der in Paris von der Entente aufgestellten von Friedensvertrages be wirtten Leistungen, 3. die durch das mütige moralistische Heuchelei, die sich über den Andersdenken­226 Milliarden nahekommen.( Bon anderer Seite wird gemeldet, Ausseßen der deutschen Biehlieferungen erforder- den maßlos entrüstete, ihn als Judas "," Bluthund"," Ar­daß eine Gesamtsumme von 200 milliarden vorgeschlagen werde.) lichen Maßnahmen. beiterverräter" abstempelte, auf daß womöglich kein Hund Die Zahlungen sollen fich hauptsächlich nach dem Stand der deutschen mehr ein Stück Brot von ihm nehmen möchte. Handelsbilanz richten. Eine Uebernahme der Ententeverpflichtun gt gegen Amerika durch Deutschland ist nicht vorgesehen. Der ge­samte Plan enthält vor allem große Sachleistungen, in erster Linie an Frankreich .

Uebereifer im Osten.

Die Sorge der östlichen Bevölkerung Deutschlands vor friegerischen Ueberfällen der Polen hat stellenweise zu vorbe Der Senatsausschuß für den Antrag Knox. reitenden Maßnahmen geführt, über die der unabhängige Ab­Washington, 25. April. Die Senatstommiffion für aus geordnete Dißmann gestern im Reichstag in erregtem Ton artige Angelegenheiten erstattete einen Bericht, der sich zugunst en berichtet hat. Soweit wir unterrichtet sind, handelt es sich um der Resolution Knor über Herstellung des Friedens 3 uawei voneinander getrennte Aktionen, deren eine etwa um standes mit Deutschland erklärt. den 20. März herum einsetzte mit dem Ziel, eine etwaige ge­waltsame Besizergreifung Oberschlesiens durch Polen zu ver­hindern, und um eine zweite, die erst in den allerlegten Erklärung Lloyd Georges im Unterhause. Tagen begann und durch das Gerücht verursacht wurde, die Bolen wollten gleichzeitig mit der geplanten Besetzung des Condon, 25. April. ( EE) Lloyd George gab heute nach- Ruhrreviers durch die Franzosen , kriegerisch in deutsches Ge­mittag im Unterhaufe folgende Erklärung ab: Briand hat der eng biet einfallen. lifchen Regierung versprochen, in ein bis zwei Tagen neue Bor­Ist diese Bewegung auch in ihrem Ursprung verständlich, fchläge über die franzöfifchen Pläne zu machen. Die ganze Frage wird geprüft werden, und den Delegierten, die das Kabinett so bestehen doch ernsteste Bedenken gegen sie, da mit auf der Konferenz der Alliierten vertreten werden, sollen Inftrut- ihr die Gefahr verbunden ist, daß sie immer weiter in natio­fionen gegeben werden. Die Konferenz wird für Sonnabend ein- nalistisches Fahrwasser gerät und die auswärtigen Schwierig­berufen werden, damit neue Maßnahmen getroffen werden, um feiten der Deutschen Republik noch erheblich vermehrt. Dann den Bersailler Friedensvertrag zu erfüllen. Man glaubt zu wiffen, aber auch, weil- den äußersten Fall vorausgesezt irregu­de die deutsche Regierung neue Borschläge ausarbeitet, die läre Zivilistenhaufen gegen reguläre Armeen nichts auszu­man bis jetzt noch nicht erhalten hat. Sollten diese nicht richten vermögen und ihre Einsetzung nutzlose Aufopferung be­befriedigend sein, so wird die englische Regierung in der nächsten deutet. Konferenz Frankreich bezüglich der Befehung der Kohlenberg-| Wir richten an alle verantwortlichen Stellen im Osten und werte im Ruhrgebiet unterstützen. Die neuausgearbei­teten Zwangsmaßnahmen werden vor ihrer Anwendung dem Un- an die Bevölkerung selbst die ernste Mahnung, nicht mit terhaus vorgelegt werden. dem Feuer zu spielen. Dieselbe Mahnung muß aber Condon, 25. April. ( WTB) Briand und Cloyd George auch an die andere Seite jenseits der Grenze gerichtet werden. haben, wie dem„ Star" gemeldet wird, heute morgen noch eine Der Quell jener Vorgänge, die uns mit Sorgen erfüllen, wird turze Unterredung gehabt. kurz vor 11 Uhr hat sich Clond erst dann verschüttet sein, wenn über das Verhältnis zwischen George nach London begeben. Briand ist mittags nach Folkestone der Deutschen und Bolnischen Republik und die friedlichen Ab abgereift. fichten der letteren volle Beruhigung geschaffen werden tann,

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Zuerst gingen Unabhängige und Kommunisten gemeinsam auf diese Weise gegen die alte Sozialdemokratische Partei vor. Dann tamen Kommunisten und Unabhängige ins Raufen, mo­bei die Unabhängigen unter sich uneins wurden, und sie ar­beiteten nun genau mit denselben Mitteln gegeneinander, mit denen sie zuvor miteinander gegen die Sozialdemokratie ge­arbeitet hatten. Die Scheidemänner" gerieten fast in Ver geffenheit, und alle Wut richtete sich gegen die„ Hilferdinge". Jetzt find aber auch die Hilferdinge" beinahe schon wieder die Bergessenen, und es geht mit Horridoh und Hussassa gegen die Leviten", d. h. gegen Levi, Klara 3ettin, Däu­mig, die Geyers usw., Leute, die noch vor vier Wochen anerkannte Führer der eigenen Partei waren.

Hat dieses Vorgehen noch irgend etwas mit Arbeiterpoli­tit zu tun? Biel eher erinnert es an das Treiben eines jungen Hundes, der mit wütendem Gebell hinter einem Wagen her­läuft, dann aber, wenn ein anderer Wagen aus entgegen­gefehter Richtung fommt, Kehrt macht und mit derfelben Be­geisterung nun ihm in die Radspeichen zu beißen versucht. Wo ein solches Treiben herrscht, das alle rerständigen Menschen zu Hohn und Spott herausfordert-- können da wirklich Arbeiterinteressen vertreten werden?

Was ist das Ergebnis in zweieinhalb Jahren? Mensch lich: Tausende von Arbeiterleichen, Zehntausende von Ar­beitern in Strafanstalten und Untersuchungsgefängnisfen, un­gezählte Arbeiterfamilien ob des Unbedachts eines ihrer An­gehörigen in Sorge und Not. Wirtschaftlich: Erstarfung des Unternehmertums, Schwächung der Stellung der Arbeiter in den Betrieben, Gefährdung aller gewerkschaftlichen Errungen­schaften. Politisch: Bürgerliche, sozialistenreine Regierungen im Reich, in Bayern , in Breußen, nationalistischer Uebermut, Reaktion auf allen Gebieten.

Es hat nun aber feinen Sinn, menn einer dem andern mit blutunterlaufenen Augen und wutkreischender Stimme zu­suft: Shr allein habt baran schuld!" So tommt man auf