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Wirtschaft aber ist es, nach dem die Menschheit sich sehnt, der notwendig ist, wenn sie überhaupt leben soll. Die Sozialisten und Arbeiter Europas sind dabei, den Haß zu begraben, der sie jahrelang voneinander trennte. Die am schwersten im Kriege gelitten, erkennen die Notwendigkeit der gemeinsamen Arbeit zum gemeinsamen Aufstieg, sie sehen den Weg, sie kennen das Ziel: dieWirtschastsgemein- fchaft'der Völker Europas . Fürwahr, brächte der 1, Mai statt des nacksen K r i e g s z u st a n d e s als Frucht zweijähriger Verhandlungen auf diesem Wege zunächst nur ein einheitlich deutsch - französisches Wirtschaftsgebiet, er schlöffe die Energien beider Länder zusammen, sicherte Frankreich den Aufbau der zerstörten Gebiete und der Welt den Frieden. Der Weg für die Abrüstung wäre frei, ungeheure Mittel für die wirtschaftliche und kulturelle Wiederaufforstung Europas wären gewonnen. Aber diese Lösung der unendlichen Schwierigkeiten ist zu einfach, als daß die zünftigen Staatsmänner Europas darauf verfielen, und so verlängern sie die Warte- und Leidenszeit ihrer gequälten Völker, bis diese gezwungen sind, sich ihrer zu entledigen und die Leitung ihrer Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Der 1. Mai 1921 stellt die Internationale vor neue Auf- gaben, deren schwerste die ist, dem gesunden Menschenverstand zum Siege zu verhelfen. Europa steht in Gefahr, in den Ab- grund zu stürzen. Es ist die Ausgabe der Internationale, durch ein tatkräftiges Eingreifen jede Abenteurerpolitik zu ver- hindern, das neu erwachte Solidaritätsgcfühl der Arbeiter- klaffe lebendig zu erhalten im Interesse des Friedens und um der Zukunft der Menschheit willen.

Veutschnationale öanüiten. Zu Mecklenburg hat sich die Arbeitsgemeinschaft Zi o ß b a ch niedergelassen, die angeblich die ehemaligen Soldaten des Meutcrerdetachements oersorgen. In Wirklichkeit eine gelbe Schutzgarde der Großgrundbesitzer und«ine gegenrevo« iutionäre Stoßtrupporganisation bilden soll. Die Ausnahmebedingungen dieser Arbeitsgemeinschaft spotten jeder Be- schreibung, jeder neu Aufzunehmende muß ein umständliches Ge- iäbnis über deutschnationale Gesinnung ablegen und sich zu einem ans Sklavische grenzenden Gehorsam gegen Führer und Arbeit­geber verpflichten. Wozu nun die Gesellschast der als Landarbeiter maskierten Söldner verwendet wird, zeig! folgender Bericht der .Freiheit": Am letzten Sonntag drangen aus der Insel Poel unter der .Führung des Leutnants Bender etwa 40 Mann in eine Gast- ivirtlchaft ein, wobei sie die Fenster einschlugen, dann raubten sie das Lokal aus, verprügelten den Wirt, stahlen«ine Ziehharmonika und zogen mit Gesang und Spiel: Deutschland , Deutschland über alles" nach Kirchdorf. Dort schlügen sie einen Arbeiter so lange, bis er bewußt- lös zusammenbrach. Andere Arbeiter wurden aus den Betten geholt und, nur mit dem Hemd bekleidet, auf die Straßen geschleift. Don hier begab sich die Bande nach Kaltenhof, wo ebenfalls wieder Fenster zer- trümmert, in die Wohnungen eingebrochen und Guts- . arbeiter halbtot geschlagen wurden. Der Nachtwächter Trost in Kirchdorf wurde ebenfalls bewußtlos ge- schlagen. Das alles geschah unter der Führung von Offizieren und von Gutssekretären zu dem Zweck, an den sozialistischen Land- arheilern Rache zu nehmen. Bock der Swatsanryaltschaft tn Schwerin sind Leutnant Bender, Gutssekrelar Bothe und eine Anzahl der übrigen Strolche verhaftet worden. Man wird ja nun die Vergleichs- Möglichkeit haben, ob die Justiz diese deutschnationalen Exzesie mit demselben Maßstab mißt, wie die kommunistischen Exzesie in Mitteldeutschland . Qualitativ besteht nicht der geringste Unterschied zwischen beiden. Das Treiben dieser ausgesproche- neu Gegenrevoiutionäre sollte aber den Deutschnationalcn kräftigst imter die Nase gehotten werden, wenn sie wieder einmal die ge- steigerte Unsicherheit als eine Folge der Ausbreitung sozio- l i st f s ch e n Geistes hinzustellen suchen.

tseitnkehrlager wünsüorf. Bon zuständiger Stelle wird uns geschrieben: 'Vor einigen Tagen lief eine Mittsstüng durch die Prcsie, wonach im Flüchtlingslager Wilnsdorf eine Zusammenrottung der Flucht- linge stattgefunden habe, die dringend forderten, nach Rußland transportiert zu werden, und zwar wurde die Bewegung zurück- geführt auf ein Eingreifen des Vertreters der hiesigen Sowjet- regierung, Herrn Victor Kopp. Es haben mittlerweile in Wünsdorf genau« Erhebungen stattgefunden, die zu folgender Feststellung führten: In Wünsdorf sind in der Hauptsache Deutsch« untergebracht, die früher in Rußland gewohnt haben und durch die kriegerischen Ereignisse von dort vertrieben worden sind. Sie haben zum Teil den Wunsch, sobald wieder einigermaßen geregelte Verhältnisie in Rußland eingetreten sind, dorthin zurückzukehren. Deutsch - land hat natürlich gar keinen Anlaß, sie in dieser Absicht zu hindern. Vor einiger Zeit begaben sich einige FUichllinge nach dem Reichs­wanderungsamt, Berlin , um dort ihren Wunsch auf Rückbeförderung nach Rußland anzubringen. Das Reichs- wanderungsamt schickte diese Leute nun zum russischen Ge- fangenenbureau, wo man offenbar der Meinung war, Leute vor sich zu haben, deren staatsrechtliche Zugehörigkeit nicht feststehe. Es ist ihnen aber sofort erklärt worden, daß vorläufig von einer Rückkehr nach Rußland keine Rede sein könne. Die Angehörigen der Roten Armee werden nun in diesen Tagen nach' Rußland abtransportiert und die Flüchtlinge, die die Absicht haben, wieder nach Rußland zurückzukehren, waren der Mei- nung, daß sie mit diesem Transport mitgenommen werden müßten und daß nur die deutsche Regierung den Rück» transport verhindere. Eine Aussprache mtt den Flüchlingen hat zu einer re st losen Ausklärung geführt, die um so mehr er- leichtert wurde, als das hiesige russische Gefangenen. b vre au ausdrücklich erklärt hat, daß vorläufig von einer Rück- kehr nach Rußland absolut keine Rede sein könne. Es erscheint jedoch erforderlich, um gewissen �Treibereien die Spitze ab­zubrechen, festzustellen, daß Herr Victor Kopp in der ganzen Angelegenheit in keiner Weise beleillgi war.

9er Ueberfal! auf Gen. Ammer vor Gericht. AuS Moers meldet uns ein eigener Bericht: Bekanntlich wurde unser Genosse Peter Zimmer(Bezirksleiter des Bergarbeiter­verbandes) am 81. März von einer Anzahl K o m m u n i st e n in feiner Wohnung überfallen und schwer mißhandelt. Das Schwurgericht in Cleve verhandelte am 28. April gegen zwei der Deteiligien. ES waren die Arbeiter H l a ch und Plitt. Beide waren wegen schweren Landfriedens- b r u ch e S angeklagt. Hlach erhielt ein Jahr und fech» Monake Zuchlhau», ferner sprach daS Gericht Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf fünf Jahre aus, Plitt kam mit einem Zahre Ge- ftingni» ab. Insgesamt sind noch über 20 an dem Ueberfall beteiligte Personen in Hakt, die jedenfalls in der nächsten Schwur- gerichtsperiode sich wegen LandfriedenSbrucheS verantworten werden. AuS dem Prozeß ist noch folgendes hervorzuheben: Der Staatsanwalt stellte ausdrücklich fest, daß die amtlichen B�- Hörden infolge der Unruhen gezwungen waren, die B e- fatzungSbehörden anzurufen, wenn die Ruhe wieder ein- treten sollte. Hiermit ist die lügnerische Ausrede der DSncldorfer kommunistischenFreiheit" und des Abg. Franken lstümm.), Ge-, nosie Zimmer hätte die BesatzuagSbehörVe angerufen, voll- ständig widerlegt worden.

Die vorläufige Erhebung der Einkommensteuer. Das Reichs« finanzministerium erläßt eine Verordnung, wonach die Steuer- Pflichtigen bis zum Empsang des Steuerbescheides diejenige Ein- kommensteuer für das neue, am 1. April dieses Jahres beginnende Rechnungsjahr zu zahlen haben, die im Rechnungsjahr 1920 zu zahlen war. Diese Verordnung berührt offenbar Lohnempfänger, die dem Steuerabzug unterliegen nur dann, wenn ihre Steuerpflicht schon nach der letzten Veranlagung größer� war als der erfolgte Steuerabzug, und betrifft in der Haupf dem Lohnabzug unterliegen.

Kunögebung für Tirol. Dem Ruf des österreichisch-deutfchen Dolksbundes war gestern abend eine überaus zahlreiche Hörerschaft in den Marmorsaal des Zoologischen Gartens gefolgt. Reichstagspräsident Cothe, der zu­gleich Vorsitzender dieses Volksbundes ist, hatte a» Nachmtttag zahl- reiche Vertreter der deutschen Politik. Wirtschaft und OeffenUichkeit mit den Tiroler Abgeordnetz» Dr. Stumpf und Skeidle zusammen- gebrocht. Der Reichstagspräsident feierte in markiger Eröffnungs- rede den fast einstimmig geäußerten Willen Tirols, zum Reich zurück- zukehren. Otto Sommer st orf vom Schauspielhaus sprach einen schwungvollen Prolog Hermann Kienzels. Bei den Reden der beiden Tiroler Abgeordneten, die der christlichsoziolen Partei angehören, mußte man stellenweise lebhaft bedauern, daß der gleichfalls als Redner in Aussicht genommene sozialdemokratisch« Vizebürgermeister von Innsbruck , Genosse Rapoldi, an der Reise verhindert war. So müssen wir dagegen protestieren, daß Herr Steidle nicht nur abfällige Redensarten über das unglückselige Wien gebrauchte, sondern sich sogar zu der Behauptung verstieg, im Gegen­satz zu den anderen Nationalen Oesterreichs hätten bei der Kala- strophe die Deutschösterreicher nicht gewußt, wohin sie gehörten. Be- kanntlich lautete der' erste Beschluß der vorläufigen deutschöster- reichischen Nationaloersammlung, der auf Antrag unseres unvergeß­lichen Viktor Adler einstimmig gefaßt wurde:Deutsch - äst erreich ist-in Glied der deutschen Republik". Es folgten noch Ansprachen des Oberbürgermeisters Doeß und zweier Reichstagsabgeördneten der Rechten, worauf einstimmig eine Entschließung angenommen wurde, die darin ausklingt, daß, wenn heute das deutsche Volk im Reiche zur Abstimmung schritte, sein Votum so einhellig wie das Tirols lauten würde: Wir wollen eins sein mit euch! Auch diese Versammlung war wiederum eine ein- drucksvolle Kundgebung für die Vereinigung mit Deutschösterreich. » Reichstagspräsident Genosse Loebe ist gestern abend in das besetzte Gebiet abgereist, um dort in einer Anzahl Versammlungen zu sprechen. Unzufriedenheit in Italien . Rom . 30. April. (Frks. Ztg.") Mehrere römische Blätter, nn- dieE p o c a", und insbesondere der katholischeCorriere d'Italia", der sich neuerdings zu einem scharfen an�deutsche -r Organ entwickelt hat, benutzen die Volksabstimmung in Xtre! zit heftigen Angriffen gegen Deutschland . Die beiden ge- nannten Zeitungen führen das ganze Plebiszit auf reichsdeutsme Einflüsse, auch solche amtlicher Natur, zurück und verweisen dabei vornehmlich auf die Ansprache des Reichstagsprästdenten L ö b e. Sie erklären auch drohen!), daß die Tiroler Agitation wegen ihrer Wirkung auf Siidtir.ol die deutsch-italiettisch-n Beziehungen gc- rade in der jetzigen Weltkrise unmittelbar ungünstig beeinflussen müsse. DerCorriere d'Italia" für seinen Teil hetzt in diesem Zu- sammenhange gegen den Generalgouverneur Crodara wegen dessen angeblicher Übergroßer Rücksicht gegen die Südtiro.'er Deutschen .

Der 5kurw auf das Reichskagsgebäude vom 13. Januar 1910 hatte gestern ein Nachspiel vor der 3. Strafkammer des Lano- gerichts I. Unter der Anklage, an den damaligen Gewalttätigkeiten teilgenommen zu haben, stand der Schlosser Karl Sorge vor der Strafkammer. Die Anklage hat er selbst durch S ch w a tz h a t t' g- keit verschuldet. In dem Hause seiner Wirtin wohnte emFlrn- nachbar, von dem der Angeklagte nicht wußte, daß er Polizei-e beamter war. Diesem erzählte er, daß er bei den Vorgängen o�r dem Reichstagsgebäude hervorragend beteiligt geivefM' sei. auf der Rampe gestandeki und sich an den Exzesien beteilig! habe. Dar Gericht bestritt der Angeklagte jede Schuld. Was er dem V«, lastungszeugen erzählt habe, habe er ganz willkürlich geschildert, da er merkte, daß dieser recht viel über seine Heldentaten hören wollte. Das Gericht hielt den Angeklagten zwar für verdächtig, seine Schuld aber nicht für erwiesen und verurteilt« ihn nur wegen unbefugten Waffentragens zu 1 MonatGefängnis. welche Siraje durch die Untersuchungshaft als verbüßt erachtet wurde. Richtigstellung. In unserer gestrigen Nachmittagsousgabe war infolge eines Versehens der Oberpräsident von Pommern . Herr Lippmann, als Sozialdemokrat bezeichnet. Er ist bürger- c Steuerpflichtige, die nicht licher Demotrat, was in Pommern bereits genügt, um die I Wut der agrarischen Fronde auf sich zu ziehen.

Maiziel. Von Hans W�thmann. Kv Harke Winter hielt die eisigen Hände jjber das Cond und schlug es unerbittlich kahl. Er fing das Licht, er riß den warmen Sonnenstrahl vom himmeisbogen fort und und warf ins arme Tal Krankheit und Rot und Elend ohne Zahl und Ende. O ungestüme Frühlingssehnjucht auf der weiten Erde' O« Flamme, allen Menschen aller Länder gleich vertrau!! Glücksdnrst und Freiheilswille und du süßer Laut der brüderlichen Liebe: o. ihr sät. noch unzeschaut iu Millionen herzen euer heilige» werde! Troß oller haßgesänge, die ans herz nicht rühren. trotz aller Rot, die klirrend noch die Sellen schleift: der Wille wächst, der seine Urkraft ewig neu begreift: Ein schassend Erdenvolk zu sein! Der Wille rast und wird, mit Kraft gepaart, uns zur Erfüllung führen! Maifeierlag der Erde! Aeberall sind heut Altäre des Frühlings aufgerichtet, und wir wissen es von Land zu Land: Sein Siegeswagen ist zur Fahrt bekränzt und angespannt. die Lenker halten schon die Zügel in der starken Hand. die Räder knirschen schon, geschmückt mit Freiheitsfarben. Kranz und Ashre! Rur klar den Vlick! Rur Nor in» Zukunftsland gerichtet! Frei Ueai vor uns und schSn ins Frühlingsland die helle Vahn! Und«nsre engverschlungenen Hände werden Brücken über Land und Ozean. Denn was wir wollen, ist kein leerer Wahn: Das Ziel ist nah! Das Ziel ist klar gesichtet!

leisestes Klingen dem feinsten Ohr nur hörbar, aber es wAD stärker und stärker, und wird einst wie Iubelrus tönen. Damals in des Sozialismus Jugendzeit war über­schäumende Begeisterung zu finden, aber nur in wenigen, die aus eigener Kraft die Welt gestalten wollten. Sie waren wie Blüten, die sich allzu früh an die Sonne gewagt. Ein Winter wurde nötig mit zäher, stiller Arbeit ein Winter, der den Boden zwar reif gemacht hat, der über der Wissen- schaft aber auch manchmal des Leben vergaß. Nun brausen die Frühlingsstürme durchs Land, sie knicken manche Hoff- nung aber sie sind erfüllt von Kraft und Leben. Sie wer- den nicht mehr ruhen, es sei denn, der Sommer käme herbei. Und die Frühlingsstürme wecken wieder Begeisterung in un- feren Rechen nicht in den Wenigen, Allzufrühen, sondern in allen. Ringsum brechen die Blüten hervor ringsum ist Leben. Roch ist es ein Leben in der Seele der Menschen, dort aber ist es heiß und stark. Es wird wachsen und reifen und einen hellen Erntesommer bringen. Ja, es ist gewiß, der Sozialismus hat in seiner Entwicklung von derUtopie zur Wissenschaft" nicht hast gemocht. Er schreitet weiter von derWissenschaft zum Leben". So ruft es uns der erste Mai dieses Jahres zu der erste Mai, der ein Sonnentag ist.

Von öer Wiftensthast zum Leben. Ein Work zum 1. ZNai. Aon Dr. BictorEngelhardt. Erster Mai ist Frühlingstag: erster Mai ist!vag des Werdens. Tod und Stillstand liegen hinter uns. Blüten brechen ringsum hervor und ein Hauch von Freude umweht die Welt. Im Winter mag es gut sein, am warmen Ofen zu hocken Bücher zu lesen und Wissenschaft zu treiben, in der Blütezeit aber ist das Leben Lehrmeister, darum soll jeder- mann, der sonst über dem Sozialismus brütet, den ersten Mai im tiefsten, innersten Herzen erleben. Ihn durchschauert dann eine Ahnung von dem, was sich im Sozialismus heute nach oben ringt und was in den Büchern nicht steht. Neue Gestaltung und neues Werden. Noch ist die"Kunde davon wie

Der Kampf um die Kulturabgabe. Die Arbeitsgemein- schaft für Kunst und Schrifttum, in der die Genossen- schaft deutscher Tonsetzer, der Reichswirtschaftsverband bildender Künstler und der Schutzverbänd deutscher Schriftsteller zusammen- gefaßt sind, hat an das Reichsministerium des Innern eine Eingabe gerichtet, worin die Einwendungen des Börsenoereins der deutschen Büchhändler gegen die Einführung einer Reichs- kulturabgabe zurückgewiesen werden. Hierin wird ausgeführt, daß die Begründung des Börsenvereins eine sachliche und Verständnis- volle Würdigung der Ziele und der Bedeutung der Kulturabgabe durchaus vermissen lasse. Die erste und wichtigste Kulturaufgabe ist die Sicherung günstigster Bedingunaen für ein geistiges Schaffen in Kunst und Wissenschaft, sowie die Fürsorge für die geistig Schaf- senden selbst. Es ist eine falsche Auffassung, daß dir wirtschaftlichen Interessen des Berlegertums ohne weiteres gleichbedeutend seien mtt den kulturellen Bedürfnissen der Allgemeinheit. Die Verleger hatten geltend gemacht, daß die Kulturabgab« in Höhe von 10 Prozent auf den Absatz von Werken des Schristtums kulturschädigend wirken müsse. Demgegenüber wird darauf hin- gewiesen, daß die ungeheure Geldentwertung einen derartigen Preis- ausschlag nicht besonders fühlbar empfinden lasse. Zudem sind durch die Verlegerzuschläge und die dem Sortiment bewilligten Rabatte und besonderen Teuerungszuschläge, die heute für eineu Roman zum Lodenpreis von SO Mark ollein 13 Mark für den Sortimenter aus» machen, die Bücherpreise in ganz anderer Weise in die Höhe ge- trieben worden. Auch der Einwand, daß die Verleger den Ur. bebern im Wege der Verein barimg die Kulturabgabe enhiehm könnt», ist hinfällig, den» der Anspruch darauf soll unveräugerlich imd unverzichtbar sein.

Die zur Einziehung und Verteilung der Kulturabgabe erfor» derliche DerwaUung würde, so sagen die Verleger, den größten Tcll der Einnahmen oerschlingen. Werden die vorhandenen Steuerein- richtungen benutzt und die Urheberverbände herangezogen, so wird das keineswegs der Fall sein, wie die Wirksamkeit der Genossen- schaft deutscher Tonsetzer bereits beweist. So sehr auch die Wir-' kungen der Abgabe aus Verlag und Buchhandel zu prüfen sind, so hat doch die Eingabe des Börsenoereins jede unvoreingenommene Prüfung vermissen lasset:. Es ist undenkbar, daß in unserer Zeit mir für den gewerblichen Unternehmer geiorgt wird und daß die geistig Schaffenden bei derDerteilung der Well" wieder leer aus- gehen. Gastspiel Gutheil- Schober. Opernhaus Charlotten. bürg. Die Natur läßt sich nicht Gewall antun. Da die Carmen gesungen werden muß, so bleibt in der Leistung vvn Frau Giu- heil-Schoder ein unerlöster Rest. Ihre Stimme ist winzig geworden imd pendell zwischen Tonlosigkeit und Schrei. Der große, echo. tragende Raum der Charlottenburger Bühne verschärft das eine und verdünnt das andere, beides zum Schaden des Verständnisses van Wort und Ton. Es bleibt dennoch erkennbar und sogar bewun- deniswert, wie der Gast den Rest seines einst schönen Material» kunstvoll verwendet, wundervoller wie diese Carmen gespielt wir'' Zugegeben: es sind Vorbereitungen von weither. Fächerschlag, Fufst tendeln, Lachen und höhnische Verstellung. Dahinter steht das Raffinement und die wirkliche Leidenschaft eines Glutmenschen, Eva, Kundry, Schlange, Herodlas und Luderweib in einem glühenden Atem, Spanierin, mit der Seele tanzend, berauscht und zufrieden nur im Wechsel ihre» Liebesobjekts. Wie gerade geht sie auf ihr Ziel los. Wie stnd alle ihre Windungen berechnet, welche Weib- laune wird hier tierisch symbolisiert! Der Erdgeist geht um und tanzt durch die Luft, ansteckend, mit suggestiven Fragen, mit töd- lichem Schwert, um das feurig-rote Rosen geschlungen sind. Frau Gutheil-Schoder machte das meisterhaft und ließ fast den Flug ihrer Lenze vergessen. Neben ihr schwang ssch Laubenthal wieder in die gesunde Atmosphäre seiner outen Abende hinein. Die Kam- parserie kam ssch wohl selber spanisch vor. Wa? südliche Beweglich' feil sein sollte, wurde westlicher Tauentzienbummel mit viel Schwer- kraft und Stillstand, eine Carmen hat unter diesem Boll nie gelebt und geliebt. K. 8. Uraufführung am Stadttheater zu Münster . Am 28. Aprfr�. langte die romantische VolksoperDer Berggeist" zur UyKf- führung. Das Werk des münsterischen Komponisten K u n o S t i- 1- l i n wurde mtt einem Beifall aufgenommen, wie er in Münster noch nie erlebt war. Der von Th. Bahn stammend« Text des Rübezahl-Märchens ist ziemlich harmlos kindlich und übrigens erst nach der Komposition entstanden. Die Komposition ist durchaus ort- ginell und aus. einem Guß. Gemütstiefe, humcrdurchwehte Ton-. malerei mit sicherem Gefühl für einheitlichen Stil. DerBerggeist" ist neben.Hinsel und Grete!" die einzig- wirtliche Märchen- aper. Das große Interesse für diese Uraufführung äußerte sich besonder» darin, daß es möglich war. trotz der hier stattsinöenden Wülln«r-Woche«in volles Haus zu erzielen.... gr « MaiwlSstellung zeigt expressionistische Genwlb«; v-m Noven jvttauRay»-pari».