Sr. 204 38.Jahrgang Ausgabe B Nr. 101
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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutfchlands
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Montag, den 2. Mai 1921
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Belgischer Vermittlungsvorschlag.
Frankreich marschiert trotzdem!
Paris , 2. Mai. ( WIB.) Petit Parifien" meldet, die für heute gegebene Mobilmachungsorder für die Jahresklasse 1919 bleibe bestehen. Das gleiche Blatt meldet auch bereits Truppenbewegungen. So folle von Cyon ein gemischtes Kavallerieregiment mit 12 Batterien nach Candau abgehen. Weitere Truppen gingen heute von Melon nach dem Rheinland . Die fünfte Kavalleriedivision werde nach der Pfalz befördert. Meinungsverschiedenheit in London .
Der Senat der Vereinigten Staaten hat die Refolu[ land eine furze Zeiffpanne gewähren, um die Bedingungen der tion nor mit mehr als 3weidrittelmehrheit unverändert Alliierten anzunehmen und die notwendigen Bürgschaften zu stellen. angenommen. Damit ist ein Kriegszustand" für beendet er Der Oberste Rat wird die Vorschläge Jaspars morgen nachmittag flärt, der uns bedeutend erträglicher schien als der Friedens- prüfen. zustand", in dem wir uns mit unsern europäischen Nachbarn Bei dem heutigen Meinungsaustausch verlaufete, daß Cloyd befinden. Der Klang der Friedensglocken, die jenseits des George die Annahme der Borschläge Jaspars nicht abOzeans erklingen, wird für unser Ohr übertönt durch den Lärm gelehnt und zum Ausdruck gebracht habe, daß er die franzöfifchen der Trommeln und Trompeten, mit dem sich Frankreichs wohl und die belgischen Bemühungen zur Lösung der Schwierigkeiten zu ausgerüstetes Heer zu neuem Einfall in deutsches Gebiet vor- fchähen wisse; er habe sich aber geweigert, vor einer Beratung mit bereitet. Für die vollkommene Verirrung, die das Rechts- dem Kabinett eine endgültige Antwort zu geben. Das Kabinett gefühl unserer machtberauschten Gegner erlitten hat, ist es be- wünschte später die Vorschläge zu erwägen, wenn fie aufgezeichnet London , 1. Mai. ( WTB.) Der diplomatische Berichterstatter zeichnend, daß in London nur noch darüber gestritten wird, feien. ob dieser Einfall ohne vorherige Mitteilung an die deutsche Ein aus Curzon , Briand , Sforza, Jafpar und Hayashi bestehen- des„ Observer" schreibt über die gestrigen Beratungen des Oberstei Regierung erfolgen soll, oder ob es zweckmäßiger ist, dem der Redaktionsausichuk, der die Vorschläge Jaspars schrift- daß jetzt, wo die Reparationstommiffion die Gesamtverpflichtungen schriff- Rates, Italien habe die britische Ansicht unterstügt, trodenen Krieg e in ultimatum vorangehen zu lassen. Die lich fefflegen foll, beriet heute abend anderthalb Stunden und ver- Deutschlands festgefeht habe, die Konferenz entscheiden müsse, wie Anhänger des Ultimatums- das sei nicht verfannt- tragen tagte fich dann auf morgen vormittag, wo er feine Arbeit abzu- viel bezahlt werden solle. Darauf folle dann ein Ultimatum an sich zum Teil mit der Hoffnung, daß durch ihre Taktif die An- schließen hofft. wendung von militärischer Gewalt noch im letzten Augeblic London , 1. mai.( Reuter.) Der Oberste Rat hat sich Derhindert werde. Diese Hoffnung wäre jedoch nur dann ge- um 5 2hr 30 vertagt und wird morgen wieder zufammentreten rechtfertigt, wenn sich das Ultimatum auf die Zusammene faffung durchführbarer Forderungen beschränkte, nicht aber dann, wenn es Unmögliches fordert. Ein Ultimatum, das Unmögliches forderte, tönnte vielleicht von einer deutschen Regierung unterschrieben werden, die den Eintritt der gefürchte ten Sanktionen jetzt zu vermeiden fucht, aber der nicht ferne Tag, der Deutschland notgedrungen vertragsbrüchig fände, wäre dann wieder für uns ein Tag des drohenden Strafgerichts.
Die Zahlungsbedingungen.
Paris , 2. Mai. ( WTB.) Wie der Sonderberichterstatter der Havasagentur aus Condon mitteilt, haben die allierten Sachverständigen bis nach Mitternacht gearbeitet, um die neuen Zahlungsbedingungen für Deutschland festzustellen. Nach ihm soll man schließlich folgenden Plan festgestellt haben:
Deutschland foll 3 Kategorien von Bo'ns liefern. Die ersten im Werte von 12 milliarden sollen sofort ber Reparationsfommiffion überliefert werden, die fie nach dem in Spa aufgestellten Verteilungsschlüffel unter die Alliierten verteilt; aber auf das Vorzugsrecht Belgiens im Betrage von zwei Milliarden Rüdlicht nimmt. Diese Bons follen zahlbar fein in neun oder 3wölf Monaten.
Deutschland abgefandt werden. Briand habe seine Trumpftarte gespielt und erklärt, erst nach dieser Besetzung folle die Frage der Ari einer sofortigen Besegung des Ruhrgebiets ausder Bezahlung aufgeworfen werden. Dem Berichterstatter zufolge waren die gestrigen Beratungen vollkommen auf einem toten Buntt angelangt. Lloyd George schlug vor, die Sachver ständigen sollten drei Tage erhalten, um einen Blan betreffend Bezahlung und Garantien auszuarbeiten, und Deutschland folle dann ein breitägiges Ultimatum überreicht werden. Inzwifcher
dürften die Franzosen vom ersten Tage des Ultimatums ab mobilifieren, ohne erst dessen Ablauf abzuwarten., da die französische Mobilisierung zehn Tage erfordert. Diesem Borschlag von Lloyt George habe Briand eine glatte Ablehnung entgegen gefeßt, und heute müsse eine endgültige Entscheidung zwischen diesen beiden Ansichten fallen.
Lloyd George und Briand sind bei diesen Besprechungen, wir aus dem Havasbericht hervorgeht, hart aufeinander geraten. Danad den soll am 1. November 1921 emiffiert und ebenfalls der Repa- reichs feine vollständige Handlungsfreiheit wiederzunehmen. Lloyd Eine zweite Kategorie von Bons im Werte von 50 milliar- sei Briand nicht weit davon entfernt gewesen, sich im Namen Frankrationskommission überliefert werden, die sie unter die Mächte ver- George feinerfeits erklärte: Wir sind überzeugt, daß sämtliche
teilt.
Da die Franzosen nach den bestimmten Ertlärungen Briands von einem Ultimatum nichts wissen wollen, werden sie ihr Bestreben darauf richten, es überhaupt zu verhin dern, oder aber, wenn ihnen das nicht gelingt, es fo zu gestalten, daß sie hoffen können, Deutschland würde es nicht on nehmen. In das französische Programm für dieses. Ultimatum ist daher auch mit Borbedacht die Forderung aufgenommen, daß Deutschland nochmals in aller Form feine Verantwortung für die Entfesselung des Krieges anerkennen soll. Man rechnet damit, daß dieser neue Versuch, einen Gewissenszwang auszuüben, stärkeren Widerstand finden wird als selbst das un 80 neuen Milliarden Schah bons verlangen, wenn fie die Schließlich werde die Reparationskommiffion die Lieferung von Schahbons möglichste Zahlungsverlangen. In letzterer Beziehung verlautet, daß von Deutschland 276 Goldmilliarden, zahlbar in Bersicherung habe, daß der Weltmarkt sie aufnehmen und Deutschland 30 Jahren, gefordert werden sollen. Mit andern Worten: fie bezahlen fönne. Diese Bons jollen garantiert werden durch eine Frankreich will marschieren; es will sich, wenn es jetzt noch allgemeine hypothet gemäß Artikel 248 des Friedensvernicht dazu kommt, die Gründe schaffen, um später zu mar- frages aus allen Werten und Einnahmequellen Deutschlands sowie fchieren, aber es will jetzt marschieren, weil man doch nicht durch befondere Pfänder, namentlich Jolleinnahmen, deren weiß, was passieren fann, wenn die Ausführung des Planes Ertrag man auf 1 milliarde Goldmark schäht. verschoben wird.
Im Rat der Völker erhebt sich aber keine einzige mächtige Stimme, die den Alliierten zuruft: 3u dem, was ihr jetzt tun wollt, habt ihr fein Recht! Das, was ihr jetzt tun wollt, ist nackte Gewalt! Nachdem ihr einen Frieden geschaffen habt, der feiner ist, führt ihr einen Krieg, den ihr nicht wagt fo zu nennen, und der nur deshalb feiner zu sein scheint, weil fein Gegner mehr da ist, der sich mehren fann."
Auch eine& ommission für die deutsche Schuld soll in Berlin errichtet werden. Die Diskussion über die Anzahl der Jahreszahlungen, ob 30 oder 42, werde fortgesetzt.
Kreise der City wie auch die Arbeiterpartei gegen jedes Einschreiten von 132 Milliarden Goldmart, die die Reparationstommiffion der Verbandsregierungen in Westfalen sind, wie auch gegen die Zah Deutschland als seine Schulbsumme mitgeteilt hat. Die beiden Ministerpräsidenten beharrten ein jeder auf seinem Standpuntt. Die französische Auffassung
wurde nach einer Havas- Meldung folgendermaßen formuliert: De Deutschland seine Verpflichtungen nicht erfüllt hat, ist die Infraftfehung von Bergeltungsmaßnahmen gerechtfertigt und für die Verbandsregierungen geboten. Die fraanzösische Regierung mus infolgedessen alle hierfür notwendigen Maßnahmen ergreifen, und Dor allem die unverzügliche Mobilmachung der hierzu notwendigen Paris 2. Mai. ( WEB.) Der diplomatische Mitarbeiter der Mannschaftsbestände beschließen. Falls während dieser Vorberei Chicago Tribune" in London will erfahren haben, daß die im tungszeit, die unentbehrlich ist, Deutschland erneut den Versuch machen Obersten Rat vertretenen Mächte die Zahlen der Reparationskom- sollte, zu einer Beilegung zu kommen, so wird die franzömiffion, das heißt 132 Milliarden Goldmark, zahlbar in Annuitäten fische Regierung nichts dagegen haben, daß die Frage bis zum Gesamtbetrag von 270 milliarden, als die einer neuen Erwägung unterzogen wird. Vorbedingung hierfür is Und wir? Wir brauchen eine Regierung, die uns ein neuen Reparationsforderungen angenommen und das jedoch, daß Deutschland die Bedingungen der Berbandsregierungen in Beispiel gibt, unvermeidliches mit Bürde zu tragen, die nach Abkommen von Paris mit seinen 226 Milliarden fallen gelaffen vollem Maße annimmt ohne jeden Borbehalt und mit den men durchführen fann, was sie für berechtigt und notwendig hätten. etwaigen Bürgschaften. Deutschland müßte also hält, und die, mit dem Schild eines guten Gewissens gedect, für das Recht des deutschen Boltes in der Welt streiten tonn. Das deutsche Bolt ist leider nur zu sehr gewohnt, geführt zu werden, aber es muß doch wissen, wohin man es führt! Ein Ultimatum.
Jaspars Vermittlungsvorschlag.
1. unverzüglich seine Entwaffnung unter Aufsicht der 3erbandsregierungen durchführen,
2. Die von der Reparationsfommission festgesette Sahl von 132 Milliarden Goldmart annehmen, 3. im Voraus seine Einwilligung zu den 3 ahlungsbe dingungen geben, welche die Reparationstommission zur Begleichung seiner Schuld festsetzen wird,
Paris , 2. Mai. ( WTB.) Wie Pertinag im Echo de Paris" mitteilt, soll das Kompromiß, das der belgische Minister Jasper gestern vorgeschlagen hat, zunächst die angeblichen Verfehlungen Deutschlands gegen den Bertrag und gegen die in Spaund Paris getroffenen Abmachungen der Alliierten hinsichtlich der KriesgbeschulCondon, 2. mai.( Reuter.) Der Oberste Rat ist heute digten, der Entwaffnung und der Reparationen oufzählen. Sodann 4. in aller Form seine Berantwortlichkeit für die früh zusammengefrefen und hat fich bis 4% Uhr nachmittags ver- werden alle vorbereitenden Maßnahmen zur Besetzung tagt, da die finanziellen Sachverständigen ihren Bericht noch nicht des Ruhrgebiets, wie Mobilifierung und Truppenfonzentrationen, Entfesselung des Krieges anerkennen als Grundlage für fertiggestellt hatten. für angängig erklärt. Die Reparationstemmiffion erhält den Auf- die ihm auferlegten Friedensbedingungen, 5 feine Unterschrift geben unter die in Boraus von Unterdeffen erörterten die Sachverständigen Vorschläge trag, die nötigen Vorbereitungen zu treffen, um Deutschland die Jaspars, die bezweden, die Meinungsverschiedenheiten der Alliier- 3 ahlungsbedingungen und die Garantien mitzuteilen, den Verbandsregierungen festgelegten Sicherheiten, wie z. B. ten beizulegen. Anstatt vor Eröffnung von Verhandlungen mit den die die alliierten Mächte verlangen. Diese Mitteilung müsse am fofortige Zahlung von einer Milliarde Goldmart, UnteraufDeutschen sofort ins Ruhrgebiet einzumarschieren, würden danach 4. Mai an Deutschland ergehen und die in Aussicht genom- sichtstellung der Zölle, Schaffung einer Interalliiertendie Alliierten Deutschland ihre Bedingungen über- menen Maßnahmen würden nicht unterbrochen werden, wenn nicht Rommission für den deutschen Schuldendienst usw. Der Oberste Rat wird heute abend seine Entscheidung treffen. tehen, die fich auf den Befrag der vom Reparationsausfchuß bis zum 8. Mai aliem Berlangen der Alliierten Folge gegeben Sollte wider Erwarten den Wünschen der französischen Abordnung festgefehten deutschen Berbindlichkeiten, nämlich 6600 Millionen werde. Pfund Sterling, gründen. Diese Bedingungen werden von einem England gegen Ruhrkohlensteuer. nicht entsprochen werden, so hat Briand bereits gestern erflärt, daß furzfristigen Ultimatum begleitet sein. Paris , 2. Mai. ( WTB.) Wie Perfinar dem„ Echo de Baris" er nicht zögern würde, feine vollkommene Handlungs. Inzwischen würden die Alliierten die Zwangsmaßnahmen vor- mitteilt, haben die Engländer die Kohlensteuer endgültig freiheit wiederzunehmen. Auf jeden Fall wird die Frage der bereiten, um diese Bedingungen im Falle einer deutschen Ablehnung abgelehnt, die der französische Vorschlag vorgesehen hat. Per- Einberufung des Jahrgangs 1919 noch heute abend nach Schluß der durchzusehen. Nach Ablauf des Ultimatums würden die Sanffionen finar fagt, man müffe nun etwas anderes suchen, um das dadurch Sihung des Oberften Rates von Briand geregelt werden. unverzüglich in Kraft gesetzt werden. Jaspars Vorschläge ermöglichen entstandene Loch auszufüllen.
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es alfo Frantretch, feine Vorbereitungen für die Zwangs- Wie Bertinag im ,, Echo de Paris" weiter mitteilt, hat die eng maßnahmen fortzutegen für den Fall, daß Deutschland sich lische Regierung ihre Zustimmung zu der von der französischen Rewergert, der Entwaffnung, den Reparationen und den Prozessen gierung vorgeschlagene maritime Demonstration noch nicht gegen die Kriegsverbrecher zuzuftimmen. Außerdem tun die Bor- gegeben. Die englischen Minister mwollen erst am Ende des heutigen Schläge der brififchen öffentlichen Meinung Genüge, indem sie Deutsch- Montags hierüber eine Entscheidung treffen.
England schlägt 10 Tage Bedenkzeit vor. Paris , 2. Mai. ( WTB.) Um 7 Uhr haben die Minister für auswärtige Angelegenheiten sich, nachdem Lloyd George in der Nach mittagsfißung um Bedentzeit gebeten hatte, um sich mit seinen Minifterfollegen zu beraten, nochmals zufammengefunden. Hier verlangte Lord Curzon im Namen der englischen Regierung, daß