fit. 204 ♦ ZS.Fahrgaag
Heilage öes vorwärts
Montag, 2. Mai 1021
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Unsere Maifeiern.
Der Himmel meinte es gestern gut mit unseren Maifeiern. Die frühen Morgenstunden zeigten noch einige Wolkenschatten, aber dann kam die Sonne hervor, und sie ging bald so maienhast hofsnungs- freudig aus sich heraus, daß den Feiern auch nach außenhin bestes Gelingen beschieden war. Es war ein Wetter, wie es sich die Stützen der sungen Republik für die Demonstration der sieghaften Macht des sozialistischen Gedankens nur wünschen konnten, ein Wetter für flatternde Fahnen und beschwingte Hofsnungen. Wie unsere Züge durch die Straßen gingen, waren sie stille und eindringliche Werber, stärker und eindringlicher als das militaristische Trara der wilhel- minischen Epoche es jemals gewesen war. Die Verkehrsnöte erwiesen sich gestern als nicht allzu schlimm. Der Betrieb aus der Stadtbahn wurde in üblichem Umfange auf- rechterhalten. Lediglich in den Vormittagsstunden des gestrigen Sonntags mußten einige von Grünau abgehende Vorortzüge aus- fallen, da In der dortigen Betriebsmeisterei die Kohlenlader nicht zur Arbeit erschienen waren, und einige Lokomotiven infolgedessen nicht mit Kohlen versorgt werden konnten. Im Laufe des Tages wurde aber für Ersatz der aausgefallenen Arbeitskräfte gesorgt, so daß der Verkehr sich dann glatt abwickeln konnte. Die Inanspruchnahme der Stadt- und Ringbahn war gestern bemerkenswert gering. Lediglich die Rennbahnzüge nach dem Grunewald waren wie ge- wohnlich überfüllt.— Der Fernverkehr von und nach Berlin wickelte sich ebenfalls in gewohnter Weise ab. Rachstehend die Bericht« über unseve Veranstaltungen: Gewaltige vemonstrationszüge unserer Parteigenosten durchzogen Neukölln und das Gebiet von Berlin-Mitte. Außerordentlich imposant war der vom 14. Kreis(Neukölln, Britz , Buckow , Rudow ) veranstaltete. Starke Arbeiterbataillone mit Musik marschierten um g Uhr vor- mittags auf dem Hertzbergplatz und in der Kaiser-Friedrich-Stroße in Neukölln auf, um sich zu einem Demonstrationszuge von 2 5 00 0 bis 30000 Personen zu formieren. Kampfescharakter und Festlichkeit, beides kam bei diesem Massenaufgebot zum Ausdruck. Banner, Fahnen, Schilder usw. verkündeten die Maiforderungen der Arbeiterschaft und die Grundsätze der SPD . Zahlreiche Festwagen, geschmückt mit Maiengrün und anderem, besetzt mit Kindern, gekleidet in Weiß, bewegten sich im Zuge. Besonders fiel auf der Wagen der 95. Abteilung, auf dem die Freiheitsgöttin mit Maienkindcrn thronte und den Arbeitern das Panier:„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!� entgegenhielt. MilO Uhr setzte sich der Zug nach der„Neuen Welt" in Marsch. Sechs Musikkapellen und die gewaltigen Stimmen eines Männerchores gaben das Marsch- tempo an. Die Arbeiterjugend und die zahlreich mit marschierenden Kinder schritten nach den Klängen einer Mandolinenkapelle. Tau- sende säumten die Bürgersteige. Im großen Garten der„Neuen Welt" hielt Genoste Robert Breuer die Festrede. Dieser 1. Mai werde die Stunde der Wiedergeburt sein. Breuer rechnete dann ab mit den bürgerlichen Regierungen des In- und Auslandes, deren Unfähigkeit die Welt in das Elend gestürzt hat, in dem wir seit 1914 leben. Die Zweite Internationale ist nicht tot. Sie ist heute lebendiger denn je. Das haben die letzten Tage und Wochen bewiesen. Unter Hinweis auf die bald bevorstehenden Neuwahlen schloß Breuer sein. mU großer Begeisterung aufgenommene Rede.„Brüder zur Sonne, zur Freiheit" und„Die Internationale " erklangen noch von der Tribüne, dann sammelte sich der Zug aufs neue, um durch die Berliner , Boddin -, Mainzer , Prinz-Handjery- und Hermannstraße nach dem Kranoldplatz zu marschieren. Hier hiell der Kreisvorsitzende, Genoste Heitmann, eine Ansprache. Dann rückten die Abteilungen mit Musik wieder ab.— Eine große Demonstration veranstalteten ferner die Genosten IV. Kreises(Prenzlauer T o r). Die einzelnen Ab- tellungen versammelten sich an bestimmten.Plätzen und oereinigten sich dann zu einem Zuge, an besten Spitze die Arbeiterjugend mar- schiert«, und der unter den Klängen einer Kapelle durch die Haupt- verkehrsstroßen des Bezirks bis zum„Böhmischen Brauhaus" zog. Der Zug zählte an 8000 Teilnehmer und bot mit seinen roten Bannern und Fahnen ein prächtiges Bild. Im Dersammlungs- lokal mußten Tische und Stühle entfernt werden. Im großen Saale sprach Genosse Katzen st ein, während im überfüllten Garten Genoste Kreutziger den Anwesenden dieBBedeutung des Tages darlegte. Ein dritte Versammlung wurde in der großen Halle für die Arbeiterjugend und die Kinder abegholten. Hier hatte Genoste Schröter aufmerksame Zuhörer. Vor der Eröffnung der Versammlung intonierte der Sozialdemokratische Männerchor Prenzlauer Tor.Krönt den Tag" und„Em- por zum Licht". Im geschlostenen Zuge zogen die Teilnehmer zum Helmholzplatz und gingen dann nach einem Schlußwort des Gen. Kreutziger auseinander.— Die Nachmittaas-Ab endveranstaltunq im„Böhmischen Brauhaus" war überfüllt. Genoste Bauer hielt die Festrede. Turnerisch« Aufführungen und Reigentänze der Ar- beiterjugend fanden regen Beifall. Konzert und hervorragende'ge- sangliche Leistungen vom Sozialdemokratischen Männerchor Prenz- lauer Tor sorgten für Abwechselung. In SchöneHerg hatten sich in der S chl o ß b r a u er« i über 3000 Personen eingefunden, um den Genossen Eduard Bernstein zu hören, der in seiner inhaltreichen Rede u. a. etwa folgendes ausführte: Die dritte Maifeier in der deutschen Republik können wir nicht in den ungemischten Gefühlen einer Genugtuung begehen, sondern ernste Betrachtungen si»d nötig. Wenn wir nach dem Westen blicken, werden wir an die Forderungen der Wiedergutmachung erinnert. Unendlich viel ist zerstört worden, und nm wer drüben die Verhältniste kennt, weiß, was den Völkern zugefügt ist. Wtr Deutschen müsten den guten Willen zur Wiedergutmachung be- künden, aber zurzeit gibt es überhaupt keinen Menschen in Deutsch- lond, der weiß, was Deutschland leisten kann. Unter dem schönen Wort Sanktionen aber versucht Frankreich eine Rechtfertigung der Besetzung deutschen Bodens. Nachdem der Redner dann eingehend auf die Folgen zu sprechen kam, die möglicherweise der Sieg der kean,öMchen Militär- und Revanchepolitik ergeben könnte, betrach- �« er die deutsche Politik. Und er wies nach, daß die Erzpatrioten u d Erznationalen ruchlos mit dem Geschicke des deutschen Volkes lnielen und den Gcwaltspolitikern drüben Vorwand über Borwand nospi-n Daß aber die Reaktion in Deutschland wieder ihr Haupt erheben kann, ist eine Folge der Spaltung der Arbeiter. Die, welche die Spaltung betrieben haben, luden eine unaussprechliche Schuld auf sich. Wir können jetzt fragen:„Wo ist die Derschleden- � zwischen un» und der USP seitdem sie die Moskauer los- geworden sind? Die Z-' t d e r W> e de r v e r e i n, g u n g w> r d kommen aber wir können sie nicht schnell genug kommen sehen. Di« Frage der Republik ist die Frage der Existenz Deutschlands . Erleben wir eine monarchistische Reaktion, dann haben wir den � Feind im Land. Die Sozialisten des Au-llindes haben zu der SPD. vertrauen. Die englisch « G-wttkschaftsbewegung hat sich gea«n die Sanktionen erklärt. Wenn sie wollen, dann können die Ar- bester viel«zwingen, und«s wird sich bald zeigen, daß die Re-
gierungen keine Politik mehr gegen die Arbeiterschaft treiben kön- nen. Moskaus Einfluß nimmt in der Arbeiterinternationale ab. Nach Mahnungen zum treuen Zusammenhalten schloß der Redner mit hoffnungsvollen Ausblicken seine begeistert aufgenommene Mairede. In Treptow sprach am Vormittaag im Diktoriagarten unter freiem Himmel vor einer sehr zahlreichen Zuhörerschaft der Genoste Rud. Wissel!. Di« außenpolitische Lage, unter deren Druck wir diesmal die Maifeier begehen, zeigt uns— so führt« er aus— einen großkapitalistischen Konzern der Sieger. Mchr als je ist es Pflicht der Sozialisten aller Länder, am heuligen Tag« ihre Stimm« für den alten Gedanken der Völkerversöhnung und Völkerverbrüderung zu erheben. Trotz französischer Mochtpolitik und deutschem Rache- geschrei hassen wir, über die Bajonette und Kanonen hinweg die Völker zusammenzuführen. Aufs neu« bekennen wir uns auch zu den Maigedanken unserer sozialen Forderungen, die m Wirtschaft- sicher und sittlicher Hinsicht von höchster Bedeutung für die Zukunft unseres Volksganzen sind. Wir verlangen die notwendige Sicherung des kaum errungenen und schon wieder gefährdeten A ch t st u n d« n- tags. Wir treten ein für die dem Bürger- und Unternehmertum verhaßte S o z i a l i f i e r u n g, um die noch hart zu kämpfen sein wird In allen Völkern lodert die Sehnsucht nach Frieden, das Verlangen nach Gerechtigkeit und Freiheit. Allüberall sind Millionen Arbeiter und Arbeiterinnen von den uns am 1. Mai bewegenden Ideen erfüllt, die— so schloß Wistell unter stürmischem Beifall— doch einmal siegen werden. Di« Versammlung war einge- leitet worden durch das von einem Arbeitergesangverein wirkungs- voll vorgetragene„Krönt den Tag!" Der Vorsitzende schloß mit einem Hoch aus die einige internationale Sozialdemokratie, in das die Der- sammelten begeistert einstimmten. Die Genosten des Südostens versammelten sich gegen 2 Uhr am Feuerwehrdenkmal auf dem Marionnenplätz und marschierten in geschlostenem Zuge unter Vorantritt einer Musikkapelle nach dem Festlokal Viktoriagarten am Treptower Park. An der Wiener Drücke schlössen sich die Genosten von Treptow -an. Jugendliche. Kinder und Frauen in festlichem Gewände, rote Banner und Fähnchen boten ein farbenprächtiges Bild. Bis auf den letzten Platz war der geräumige Garten gefüllt. Genosse Dr. L o h m a n n hielt die mit jubelndem Beifall aufgenommene Festrede. Im Norden. Im Boigt-Theater, Badstraße, folgte die Kopf an Kopf gedrängte Meng« aufmerksam den Worten des Genosten H a e n i s ch über die Bedeutung der Maifeier. Niemals hat eine Maifeier— so führte der Redner aus— unter so ernsten Verhältnissen statt- gefunden, wie heute. Schwarze Gewitterwolken hängen ringsum am Horizont und innerpolitisch haben wir die Tatsache zu verzeich- men, daß die letzten Vertreter der Arbeiter aus der Regierung hin- ausgedrängt worden find. In so furchtbar ernster Stunde geziemt es sich nicht, überschwengliche Reden zu halten. Viele von den hier Anwesenden werden schon die erste Maifeier im Jahre 1889 mit- erlebt haben. Seit drei Jahrzehnten schon ist der dieser Feier zu- gründe siegende Gedanke, daß da» Proletariat aller Länder sich am 1. Mai zusammenfinden solle, um für Frieden und Freiheit zu demonstrieren, in die Herzen von Millionen Proletarier gedrungen. Es ist ein revolutionärer Gedanke im besten Sinne des Wortes. Allen Herrschenden zum Trotz sollte diestr Tag festgesetzt werden als ein Feiertag für das Proletariat der ganzen Welt. 1919 konn- ten wir noch durchsetzen, daß der 1. Mai zu einem Nationalfeiertag erklärt wurde. Leider haben wir erleben müsten, daß inzwischen die herrschenden Gewalten diesen Nationalfeiertag wieder beseittgen konnten. Und wir haben weiter erlebt, daß unsere Gegner ver- standen haben, wieder eine rein bürgerliche Regierung einzuführen. Für die Partei als solche ist es ganz gut, daß wir qus der Regierung heraus sind, denn so ist keine Verantwortung mehr zu tragen und wir können frisch und fröhlichs befreit von Rücksichten Agitattonspartei sein. Aber wir dürfen nicht vergesten, daß die Partei nicht Selb st zweck, sondern nur Mittel zum Zweck ist. Und von diesem Gesichtspunkt aus hätte es den Herrschenden vielleicht etwas schwerer gemacht werden sollen, uns aus den Positionen zu verdrängen. Denn es kann uns nicht gleich sein, ob ein Freund oder Feind des Volkes Minister ist. Das Er- gebnis der letzten Wahlen hat bekundet, daß viele noch immer die Sehnsucht nach den guten alten Zeiten in sich tragen. Sie sind mit den Spießbürgern dieser Stimmung durch Abgabt eines reakttonären Stimmzettels nachgekommen. Man� könnte diesen Leuten zurufen:„Was habt ihr für ein kurzes Gedächtnis!" Sie müßten doch wisten, daß die Sozialdemokraten die Regierung erst in die Hand genommen haben, nachdem das alte Regime völlig versagt hatte. Aber auch die Arbeiterklosse träat einen guten Teil der Schuld daran, daß ihre Vertreter aus den Machtpositionen herausgedrängt werden konnten. Neben dem Mangel innerer Reife hat die Zersplitterung wesentlich dazu beigetragen. Als ein erfreuliches Zeichen ist es zu begrüßen, daß die alte Sozialdemo- krarie einig und geschlosten dasteht und wir hoffen, daß die gesamte Arbeiterschaft bald zu der Erkenntnis gelangen wird, daß unsere Macht in dem Zusammenwirken aller liegt, in dem geschlossenen Kampf oegen alle unsere Feinde. So wollen wir heute am 1. Mai festen Mutes in die Zukunft blicken mit dem Bewußtsein:.Unser die Welt trotz alledem!"(Stürmischer Beifall.) Dedding. Zu einer wuchtigen Maikundgebung hatten sich die Genosten des Wedding im Patzenhofer Ausschank. Ehausteestraße, versammelt. Da der Sqal sich bei der großen Besucherzahl(zirka 3000) als zu klein erwies, wurde die Versammlung im Garten abgehalten. Nach- dem der Meineckesche Männerchor stimmungsvoll das Lied„Empor zum Licht" zu Gehör gebracht hatte, referierte Genoste Kurt He in ig. Seine Red« gipfelte in den Worten: Di« Befreiung der Arbeiter aus allem, was sie bedrückt, muß da» Werk der Arbeiter selbst sein. Dorum auf. Genosten, zur Agitation und Organisation! Auf, zur Aufklärung der gesamten Hand- und Kopsarbeiter im Sinne des Sozialismus! Dann wird der Sieg unser sein trotz alle- dem. Der Gesangverein brachte daraus:„Tord Foleson" zum Bor- trag. Mit einem begeistert aufgenommenen Hoch aus die inter - nationale Sozialdemokratie schloß die Versammlung. Die Genosten formierten sich dann zu einem Demonstrationszug bis zum Leopoldplatz, wo Genoste Heinig nochmals einige anfeuernde Worte an die Anwesenden richtete. Der Besuch der Nachmittaysveranstal- tung war ausgezeichnet. Der geräumige Garten und beide Säle konnten die Besucherzahl kaum fassen. Die Festrede hielt Genoste Dr. B e n d i n« r. Seine vortrefflichen Ausführungen fanden begeisterten Beifall. Vahlkrels ZlttNe. Vor mehr als tausend Zuhörern sprach im überfüllten großen Saal der Brauerei L ö n> g st o d t der Genoste Gustav Heller unter großem Beifall über„Die Bedeutung des Tag«»". Einleitend führte Redner aus, daß wir die diesjährige Maifeier in einer äußerst ernsten Zeit begehen. Di« innen- und außenpolttische Lage ist der- arttg. daß, wenn nicht alle» trügt, wir vor großen Ereignissen und
Umwälzungen stehen,-deren Tragweite heute noch gar nicht auszu denken ist. Mehr denn je ist es notwendig, eine Einheitsfront des gesamten Proletariats zu bilden, um diesen Kampf auch zum Vor- teil der Hand- und Kopfarbeit r führen zu können. Gerade durch die Zersplitterung der Arbeiterbewegung sei der Reaktion heute mächtig der Komm geschwollen. Nicht umsonst darf das Proletariat an diesem Tage demonstriert haben zur Eroberung der politischen Macht, die kapitalistische Gesellschaftsordnung in die sozialistisch« umzuwandeln. Aus der Erkenntnis, daß die schlechten Arbeits- bedingungen des einen Landes die Verbesserung der Arbeitsbedin- gungen im anderen verhindern, ist ja die Feier des 1. Mai geboren. Genoste Heller schloß seine«instündigen Ausführungen mit der Mahnung, daß wir dieses Jahr am 1. Mai in erhöhter Kampf- bereitschaft stehen, denn es gelte mit allen Mitteln die Republik zu verteidigen. Ein Männerchor schloß die würdige Demonstrations- Versammlung. weberwiese. Auf der Weberwiese(Frankfurter , Ecke Memeler Straße) hatten sich mehrere tausend Genossen und Genossinnen zur Maiseier ein- gesunden, die von den Arbeitersängern wirksam unterstützt wurde. Genoste K u t t n e r hielt die Festrede: Im Gegensatz zu dem tiefen Pessimismus des Bürgertums, wie er sich in dem Buche Oswald Spenglers „Der Untergang des Abendlandes " ausdrückt, feiert das Proletariat den 1. Mai als Zeichen hoffender Zukunftsbejahung. Freilich wisten wir, daß die bestere Zu- kunft nur durch schweren, opfermutigen Kampf zu erreichen ist, daß es des Einsatzes aller Kräfte bedarf, sie zu erringen. Aber gerade die schwere außenpolitische Situation beweist uns, daß es für die Rettung der Menschheit nur eine Möglichkeit gibt: den Sieg des Proletariats über die wellzerstörenden Kräfte des Imperialismus. Versagt das Proletariat, dann wird der Unter- gang des Abendlandes Tatsache. Danach hielt Genossin Wachen- heim eine Ansprache, die sich namentlich an die Frauen rich- tete. Beide Ansprachen wurden mit großer Begeisterung aufge- nommen. Die Versammlungsteilnehmer formierten sich daraus zum F e st z u g, der in stattlicher Länge mit wehenden Bannern zum Battenplatz zog, wo die Veranstaltung nach einer Schluß- anspräche des Genossen Kuttner ihr Ende fand. Moabit . Im überfüllten Saale der Patzenhofer Brauerei sprach Genostin Bohm-Schuch. Einleitend schilderte sie die schweren Bedin- gungen der Entente und brachte damit in Verbindung die Forde- rung unserer Internationale, daß nur eine Verständigung der Arbeiterschaft zwischen Entente und Deutschland zu einem wahren Völkersrieden führen könne. Mit Nachdruck wies-die Referentin darauf hin, daß die Putsche sowohl van rechts als auch von links Wahnsinnstaten sind und nur die Reaktion in Deutschland steigern. Je stärker die Reaktion in Deutschland , desto schwerer werden die Forderungen der Entente gegenüber Deutschland . Darum darf der Kampf gegen die Reaktion nicht nachlasten und es muh in Deutschland eine Regierung herbeigeführt werden, die in aller- erster Linie vom Vertrauen der Entente mitgetragen werden kann. Sie stellt die Forderung auf, kein Völkermord, da- für Kulturarbeit. Der Glaube an den Sozialismus werde uns über die heutig« schwierige Zeit hinwegtragen. Die Jugend bleibe unsere Hoffnung und Stärke. Südwesten. In der Bockbranerei sprach Rcichstagsabgeordneter Heinrich Schulz über„die Bedeutung des 1. Mai". Der Gedanke der Mai- feier gebe gerade in diesen düsteren Zeiten der deutschen Arbeiter- schaft einen haltbaren Trost. Zwar sei von den beiden großen Pa- rolen„Arbeiterschutz" und„Weltfrieden" noch nicht alles erreicht. aber dennoch dürfe man mit Befriedigung auf das blicken, was die Revolution den Arbeitern gebracht habe. Die Verwirklichung der großen sozialpolitischen Forderungen sei freilich nur auf dem Boden der Internationalität der Arbeiter möglich. Trotz aller drohenden Anzeichen, die auf«ine Verschlimmerung der Lage Deutschlands hin- deuten, sei die Durchsetzung der internationalen Ar- beiterforderungen ihrem Ziel noch niemals näher gekom- men, als gerade jetzt. Di« deutsche Arbeiterschaft werde sich setzt. wenn das Fallbeil der Entente auf unser Land niedersause, davor hüten müssen, bei der Abwehr des internattonalen Kapitalismus sich in eine Welle nationalen Chauvinismus hineinreißen zu lasten. Der deutsche Arbeiter denke nicht daran, sich das nehmen zu lasten, was ihm der 9. November 19l8 gebracht habe. Er lehne jede Beteiligung an den Bestrebungen der Rechtsparteien, die Wiederkehr der Mon- archie und der alten Unfreiheiten herbeizuführen, auf das entschie- denste ab Der Eintritt der Sanktionen werde in erster Linie das deutsche Kapital und die Steuerdrückeberger, daneben aber auch so manchen Arbeiter treffen. Aber die arbeitende Klasse, die mit dem deutschen Kapitalismus fertig geworden fei, werden auch letzten Endes über den internationalen Kapitalismus siegen.(Lebhafter Beifall.) Für den Westen fand eine gutbesuchte Festversammlung im „Nationalhof", Bülowstraße, statt. Genoste Bartels hatte hier das Referat. Er erläuterte zunächst die Bedeutung der jozialpoli- tischen Forderungen, die seit 1889 mit der Maifeier verbunden sind und die vor 30 Iahren in Deutschland eine viel größere Bedeutung hatten wie heute, wo ein großer Teil davon durchgeführt wäre. Di« Arbeiterschaft wüst« eine Rückrevidierung verhindern, insbesondere müsse sie sich gegen eine Durchlöcherung des 8-Stunden- tages mit aller Kraft wehren. Redner behandelte sodann den Ge- danken der Völterversöhnung und des Völkerfriedens und schilderte im Zusammenhang damit die schweren Gefahren, die dem deutschen Volke in diesem Tage drohen und die selbst seine Existenz in Frage stellen könnten. Rettung könne uns nur die international« Ueber- Windung des Kapitalismus und die Durchführung des Sozialismus bringen. Mit einem warmen Appell, dafür unermüdlich zu wirken, schloß Redner seine Ausführungen.— Zur Hebung der Feststim- mung trug wesentlich unsere Arbeiterjugend bei, die in frischer Be- geistcrung proletarische Kampflieder mit Lautenbegleitung zum Vor- trag brachte. 3n Charlottenburg wurde die Maifeier de» Kreise» VII ein- geleitet durch«ine imposante Fe st Versammlung auf dem Friedrich-Karl-Platz. Erregte schon der geschlossene Auf» marsch der Abteilungen Aufsehen, so zeigten die erschienenen Massen, welcher Partei sie ihre Sympathie entgegenbringen. Nachdem Ge- nasse Will den Festakt eingeleitet hatte, brachte der SPD. -Chor „Harmonie"-Charlottenburg „Die Frühlingsstürme" stimmungsvoll zum Vortrag. Genost« I. A l t m a i e r als Festredner wies auf die Bedeutung de» Tages hin, er weckt« Erinnerungen an Iaures und empfahl die bedrohlichen Zeichen der Zeit der Beachtung. Nach Uthmanns„Tord Foleson" vom Männerchor stimmte die Menge begeistert ein in ein Hoch auf die internattonale Sozialdemokratie. Es formierte sich ein D e m o n st r a t i o n s z u g. dem sich viele au» der Menge anschlössen. Nachdem der Zug die Bismarck- und Ber« liner Straße passiert hatte, wurde vom Männerchor am Wilhelm» platz noch.Krönt den Tag" angestimmt, und das Hoch auf die deutsche Republlk zeigt«, welche Kreise in der Bevölkerung gewillt