noch ausblühen kann, so wären wir angenehm blamiert, und alles weitere würde sich glatt abwickeln. Da es in Deutschland solche Optimisten nicht gibt, müssen wir uns auf die Stunde vorbereiten, in der die Unausführbarkeit des Londoner Finanzdiktats, trotz Deutschlands bestem Willen, auch den weniger Wohlmeinenden sichtbar werden wird. Nur diese kann die Stunde der Rettung werden. Ist uns so nicht zu helfen, so ist uns überhaupt nicht zu belfen. Jetzt Nein sagen und zusehen, wie das Ruhrrevier be- setzt wird, oas heißt nicht gegen das Schicksal ankämpfen, son- dern sich ihm kraftlos preisgeben. Kämpfen: das heißt jetzt Zahlen und eine vernünftige Politik treiben. Aber ich fürchte, wenn unserem Bürgertum auch das erstere gelänge, das zweite gelingt ihm nicht. Ich darf vielleicht daran erinnern, daß ich kein grundfätz- licher Anhänger weicher Nachgiebigkeit bin. Ich glaube, kein Sozialdemokrat dürfte das fein, denn wem noch etwas Rebellenblut in den Adern fließt, dem kann das Kuschen und Parieren vor plumper Gewalt, heimischer oder fremder, nicht passen. Noch immer bin ich der Meinung, daß ein festes Nein vor zwei Jahren eine Heldentat gewesen wäre. Aber heute wäre es nur noch eine Dummheit und ein Beweis für das Gegenteil von Mut! * Die Sozialdemokratische Reichstagsfraktion tagt seit heute vormittag 10 Uhr in Gemeinschaft mit dem Parteiaus- schuß, uni zur gegenwärtigen Situation Stellung zu nehmen.
putsch bereit. In der VKPD. scheint große Neigung zu bestehen, die jetzige außenpolitische Krise zu einer Wiederholung des Märzwahnsinns zu benutzen. Die Sonntagnummer der„Roten Fahne" ist auf Beranlassung der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden, weil darin zur sofortigen Er- Hebung des Proletariats aufgefordert sein soll. Es war uns nicht möglich, ein Exemplar der Nummer zu erhalten, aber auch die Sonnabend-Abendausgabe der Zeitung zeigt, daß die „Rote Fahne" sich zurzeit ganz ähnlich gebärdet, wie in den T a g e n v o m 1 7. M ä r z a b, wo sie täglich einen hysterisch kreischenden Aufruf zu den Waffen an ihrer Spitze brachte. In der Sonnabend-Abendausgabe heißt die Schlagzeile: „Der einzige Ausweg: Proletarische Revolu- tion!". In diesem Aufruf wird u. a. gesagt: In dieser Situation muß man schon die politische Borniertheit eines Hilferding besitzen, um in weisen Ratschlägen an die Urheber dieses Chaos einen Ausweg zu suchen. Alles Geschrei der„Freiheit" und des„Vorwärts" über angebliche Putschabsichten der Kommu- nisten hilft nicht darüber hinweg, daß eine radikale Lösung die'e i n z i g mögliche ist.... Cs gilt nur, die Kräfte des Prole- tariats zusammenzufassen, die arbeitende Bevölkerung zum Kampfe gegen die Ausbeuter und die Herrschenden zu organisieren und in revolutionärer Offensive in den Kampf zn führen. Hier wird wieder einmal die„revolutionäre Offensive", d. h. Angriffs taktik gepredigt. Wenn diese Predigt ihren Zweck erfüllt hat. dann sind natürlich die armen Kommunisten von der Gegensefte nur„provoziert" worden. Mit den Deutschnationalen berühren sich die Kommunisten in der Ein- sali des Denkens. Beide glauben an ihr Allheilmittel. Nach den einen löst sich jede Krise von selbst, wenn man sich be- wafsnet und Krieg macht, nach den andern, wenn man sich bewaffnet und Revolution macht. Aber„mit der Waffe in der Hand" wird das europäische Problem nicht gelöst werden, mag da« Allheilmittel von deutschnationalem oder von kom- munistischen Quacksalbern gepredigt werden.
Das Spiel mit üem Jener. Die Deutschnationalen träumen von neuem Krieg. In der Philharmonie sprach am Sonntagnachmittag Graf Reventlow vor den �Vereinigten nationalen Verbünde- ten" über die Schuldfrage am Kriege. Es lohnt nicht, sich mit diesen Gedankengängen zu befassen, deren innerster Kern ist, daß die nationalen Älteressen höher stehen, als die Wahr -
Das*Namnsthiff*. Die deutsche Literatur hat erst verhältnismäßig spät Welt- geltung erlangt. Erst in der Zeit des Humanismus beginnen deutsche Gelehrte die Aufmerksamkeit fremder Länder auf sich zu ziehen, und das erste deutsche Buch, das einen internationalen Riesenerfolg hatte, war die mehr gelehrte als dichterische Arbeit eines tüchtigen Humanisten, Sebastian Brants „Narrenschiff". Auch heute noch, da nur noch der Forscher zu dieser weitschweifigen Reimerei greift und die mit Dürers Namen in Zusammenhang stehenden Holzschnitte uns viel mehr interessieren als der Text, lebt unbewußt im Volksmund vieles von der Sprichwörterweisheit und dem gutmütigen Spott fort, den der Straßburger Stodtschreiber über die ewig menschlichen Schwächen ausgegossen hat. Sebastian Brant , dessen Todestag flch am 10. Mai ziun 400. Male jährt, verkörpert den edelsten Typus des deutschen Humanis-. mus. Er hat viel geschrieben, lateinisch und deutsch , Verse und Prosa. Aber unsterblich geworden ist er allein durch sein„Narren- schiff", das 1494 zuerst erschien und der charakteristischste Ausdruck jener geradezu das„Narrenzeitalter" genannten Epoche ist. In Fliegenden Blättern und Traktätchen des Mittelalters, in denen Tod und Teufel die Hauptrolle spielen, tritt allmähllch der Narr auf, und in den Tagen eines steteren Geisteslebens triumphierte der stöhliche Narr über die dunkeln Dämonen. So tritt er in „Nnrrentänzen" auf, wie stüher der Knochenmann in den Toten- tünzen, und wie der unheimliche Geselle, erscheint auch sein lustige- rer Kumpan hinter� allen Ständen und allen Altern, schwingt über dem Säufer wie über dem Geizhals, ja über Kaiser und Papst seine klingelnde Schellenkappe. An diese Bilderbogen hat Brant fein Werk geschickt angeknüpft und die Satire auf alle Stände so- zusagen in ein System gebracht, indem er mehr als hundert Narren auf ein Schiff packte, um sie nach.Narragonien" fahren zu lassen. Wie sehr er das Richtige traf, das bewies der geradezu bei- spiellose Erfolg seines Buches. Es wurde überarbeitet, gekürzt berausgebracht, nachgeahmt, ins Niederdeutsche, Niederländische, Französisch«, Englische und andere Sprachen übersetzt. Seine eigentliche internationale Verbreitung aber gewann es in der latei- nischen Ueb-rtragung des Jakob Locher von 1497. Im Gewände der dnmaiigen Weltsprache hat es den ersten großen deutschen Bucherfolg errungen. Braut hat in diesem Werk zahlreiche Lesesrüchte seiner ausgebreiteten Gelehrsamkeit verarbeitet: er sammelte allerlei Sprichwörter aus dem Volksmund und bot so seinen Zeitgenossen uralte sittliche Weisheit in einer zeitgemäßen Form. Indem er mit gutmütigem Spott die Welt als ein großes Narrenhaus darstellte, gab er der damals die Well durchziehenden Stimmung einer allgemeinen Kritik den stärksten, ja einen klassischen Ausdruck.
Valuta.... Die deutsche Mark ist bekanntlich zu dem größten internationalen Spielpapier geworden, das es je gegeben hat, und in allen Ländern mit hoher Valuta hat das Spekulationsfieber die weitesten Kreise ergriffen. Näheres darüber teill Erust Schnitze
I sieit und die objektive Feststellung der Dinge. Am Schluß seiner Rede kam Reventlow aber auch auf die gegenwärtige Situation zu sprechen und sagte nach dem vorliegenden Be- richt einer Korrespondenz folgendes: „Wir dürfen jetzt nichts unterschreiben, was wir der Entente gegenüber nicht halten können.(Beifall.) Bezüglich der Entwaff- nung und der Kriegsverbrecher konnten wir auf keinen Fall unsere Unterschrift einhalten und selbst, wenn die Bayern so dumm wären, sich entwaffnen zu lassen,— soweit ich informiert bin, werden sie es nicht tun— würde die Entente doch ein paar alte Gewehre oder ein Flugzeug nach Deutschland holen, um aus diesen„Waffen- funden" ein Recht zum Einmarsch herzuleiten.(! I) Irland sollte uns in seinem Kampf um die Freiheit ein Borbild sein. Noch dazu, wenn wir bedenken, daß Frankreich heute keinen Napoleon mehr hak und Deutschland nicht mehr das kleine Preußen ist." Graf Reventlow, der als ausgebildeter ehemaliger Be- rufsoffizier die 4� Jahre des� Weltkrieges am Schreibtisch verbracht hat, wird allerdings auch den von ihm gewünschten neuen Freiheitskrieg so zu inszenieren wissen» daß ihm per- sönliche Unannehmlichkeiten erspart bleiben. Diese Sorte Kriegshetzer ist stets bereit, in Strömen das Blut— der andern zu opfern, und fei es für das wahnwitzigste und aussichtsloseste Unternehmen. Denn etwas anderes ist der von Graf Reventlow gepredigte Revanchekrieg nicht. Wenn Frankreich auch keinen Napoleon hat, Foch be- sitzt noch immer größere Aehnlichkeit mit diesem als R e v e n t- low mit einem Freiherrn v. Stein!
Der Sensationsmacher. In dem Prospekt seines neuen Blattes hat Herr Walle, der abgesägte Chefredakteur der„Deutschen Zeitung", stolz verkündet: „Jede Nummer«in politisches Ereignis." Die politischen Ereignisse sind Herrn Wulle aber schon in kürzester Zeit ausgegangen, und so hilft er sich mit dem beliebten Surrogat: aus den Fingern gesogene Schw.indelsensationen. Unter der Ueberschrift „Polizeioffizier« als Führer der Roten Anne?" behauptet Herr Wulle, den Schleier lüften zu wollen, der„um die hochverräterischen Umtriebe des Polizeimajors M ü Her- B ra n den b u rg" gehüllt ist.— Wir haben anläßlich des Falles Müller-Brandenburg mehrfach darauf hingewiesen, daß die deutschnationalen Denunziationen gegen den Chef der thüringischen Sicherheitspolizei unter der amtlichen Unter- suchung fortgesetzt in weniger zusammenschrumpfen. Noch toller als die gegen Müller-Brandenburg ausgeheckten Beschuldi- gungen deutschnationaler Spitzel ist das, was Herr Wulle zu be- richten weiß: „In der Sitzung des Aktionsausschusses der Roten Armee vom 27. Dezember 1920, nachmittags 3 Uhr. im„Englischen Hos" in der Alexanderstraße zu Berlin , wurde beschlossen, den Oberst Lange, den Letter der Sicherheitspolizei in Mecklenburg- Schwerin , sowie den Polizeimajor Müller-Brandenburg, den jetzigen Chef der. Thüringer Staatspolizei, zu Führern der Roten Armee zu bestellen. Später wurde dann das Oberkommando der Roten Armee noch durch die Zuwahl folgender früherer Offiziere ergänzt: des Hauptmanns a. ,D. Wege, des Begründers der Ossiziervereini- gung der Deutschen Republik", des Oberleutnants a. D. Krüger, des Leutnants a. D. B i e w e g, sowie der Hauptleute a. D. Koppen und von Behrfeld«. Die Meidung trägt an sich schon den Stempel der Sensation und des Schwindels an der Stirn. Wir wollen aber noch folgende Tatsachen hinzufügen: der angebliche Rote-Armee-Führer Müller-Brandenburg hat vom 9. Dezember bis 8. Januar schwer krank in Weimar im Bett gelegen, kann also an einer Sitzung am 27. Dezember in Berlin nicht teilgenommm haben. Dar Gründer der„Ossiziersvereinigung der deutschen Republik" ist kein Hauptmann Wege, sondern ist der unfern Lesern bekannte Hauptmann Meyer. Wenn die übrigen Genannten sich bisher nicht geäußert haben, so wohl deswegen, weil ihnen die Existenz des Wulleschen Sensationsblattes unbekannt geblieben sein dürste. Namentlich ist es mit dieser Hetznotiz wohl auf den Oberst Lamge abgesehen, dessen republikanische Gesinnung den monarchistischen Ehrenmännern längst ein Dorn im Auge ist. Offizier« mit republikanisch- demokra- tischer Gesinnung darf es eben nicht geben, deshalb wird jeder repu-
in„Rcclams Universum" mit. So erklärte in einer Arbeiter- Versammlung in London ein Abgeordneter, daß eine große Menge Leute für ihre Spargroschen deutsches Papiergeld aufkauf- ten, das in Riesenbelrägen über Köln hereinkäme. In den a m e r i- konischen Zeitungen findet man überall Anzeigen:„Wollen Sie schnell reich werden? Dann kaufen Sie schleunigst durch uns deutsches Papiergeld." In manchen Ländern beschäftigen sich große Organisationen mit der Valutaspekulation. So wurden in Nor- wegen Zentralstellen geschaffen, die für ihre Kunden in großem Umfang Versicherungen bei deutschen Lebensversicherungen ab- schließen. Ein Teil der Prämie wird sofort bezahlt, und so er- halten diese Spekulanten bei dem niedrigen Markkurs eine sehr billige Versicherung. In Spanien bildete sich aus dem Banco Hispano Americano und sechs anderen Banken ein Valutatrust, der die großen, dort vorhandenen Massen ausländischer Banknoten nicht weiter anhäufen will, sondern dafür Industriewerte in den betreffen- den Ländern erwirbt. Die von dieser Gruppe finanzierten Valuta- Gesellschaften gewähren den Einlieferern der ausländischen Werte entsprechende Beträge ihrer eigenen Aktien und verwenden die so erlangten Zahlungsmittel zu Beteiligungen an der ausländischen Industrie. Dabei steht natürlich Deutschland im Vordergrund. Würde unsere Valuta plötzlich wieder aus den normalen Stand gelangen, so könnte es passieren, daß ein Reisender nach vergnügt verbrachtem langen Aufenthalt— mit noch mehr Geld nach Hause kommt, als er von dort mitgenommen. So wird von einem jungen Amerikaner berichtet, der vor dem Kriege mit 10 000 Dollars eine Reise durch England, Frankreich , Spanien , Italien und Deutsch - land machte und in den einzelnen Ländern je 400 Pfund, 10 000 Frank. 5000 Pesetas. 7000 Lire und 12 000 M. ausgab, worauf ihm noch 500 Dollars übrigblieben. Er macht noch dem Kriege mit 10000 Dollars dieselbe Reise und verteilt sein Geld nach dem Wäh- rungsunterschied nun folgendermaßen: England 633 Pfund, Frank- reich 36 000 Frank, Spanien 3800 Peseten. Italien 27 000 Lire. Deutschland 185 500 M. In Deutschland läßt er sich nieder und wartet ab, bis die Währung normal wird. Erfolgt dies nach einem Jahre, in dem er 85 500 M. ausgegeben hat, so könnte er mit 100 000 M. nach Amerika zurückkehren und dort 20 000 Dollar er- halten, also das Doppelte von der Summe, mit der er die Reise antrat. Die neue« Reichen. Nachdem es die französischen Kriegsge- winnler müde geworden sind, ihre höhere Kultur durch den Ankauf von Kunstgeaenständen zu erweitern, haben sie sich neuerdings dem Sport des Sammelns von seltenen Ausgaben und kunstvoll ge- bundenen Bückern zuqewandl, zum nicht geringen Verdruß der sachkundigen Bibliophilen , die den Wettbewerb mit den geldmächti- gen Protzen natürlich nicht aufnehmen können. Die Folge dieses Kamvfes bringt sich auf den Bücherauktionen durch die Steigerung der Prelle ins Fabelhafte zum Ausdruck. So erzielte kürzlich bei dem Verkauf der Bibliothek Gomsel ein Exemplar von Baude- laires„Fleurs dn Mal" einen Preis von 16 000 Frank. Ein neun Seiten umfassendes Heft von Ana tote France, das dieser mit 15 Iahren geschrieben hat, und das den Titel„Die Leaende der heiligen Radegunde " fühtt. fand für 4500 Frank einen Lieb-
blikanifchs Offizier in einen Rote-Armee-Führer umgelogen.— Wenn Herrn Wulles„politische Ereignisse" alle von dieser Art sind, so zweifeln wir keinen Augenblick, daß er gewissen Berliner Skandal- blättern mit der Zeit erfolgreiche Konkurrenz machen wird.
Kommunisten an öer Arbeit. Graz . 9. Mai. (WTB.) In einer von der ChrifitichsoMen Partei nach Sankt Lorenzen bei Kapfenberg in Steiermark einbe- rufenen Wählerversammlung, in welcher der Landeshaupt. mann bon Steiermark Professor Dr. R i n t e l e n und Landesrct P r i e s ch i n g sprechen sollten, kam es heute vormittag zu schweren Ausschreitungen. Im Saale waren in großer Anzahl Kommu» nisten aus dem in der Nähe gelegenen Bergwert Parfchlug er- schienen, die auf den Tisch, an welchem der Landeshauptmann saß, eindrangen. Schließlich stürzten sie den Landeshauptmann vom ersten Stockwerk auf die Straße. Der Landeshauptmann konnte ssch trotz der erlittenen Verletzungen wieder erheben, doch die Menge lief ihm nach und schlug ihn zu Boden. Er wurde schwer verletzt und bewußtlos im Automobil noch Graz gebracht. Auch Landesrat Priesching wurde von den Kommunisten mißhandelt. Graz , 9. Mai. (WTB.) Die Bezirkshauptmannschaft Bruck sandte eine Abteilung Gendarmerie nach Sankt Lorenzen , wo Verhaftungen oorgenomiüen wurden. Die gemeldeten Verletzungen des Landeshauptmanns Dr. Rintelen sind schwer. Es sind hauptsächlich Kopfverletzungen. Wie verlautet, lag die Absicht vor, Rintelen zu töten. Gegen ü!e Sanktionen. Paris . 9. Mai. (WTB.) Der Allgemeine«»bester- oerband C.G.T. hat den Nationalrat auf den 12. und 13.. Mai nach Paris zusammenberufen, um gegen die Politik der Sanktionen Stellung zu nehmen. Der Verwaltungsrat will aufs neue eine praktische Lösung der Probleme suchen, die zu einem wahren Frieden führen solle, außerdem will er sich nochmals mit dem Wiederausbauprogramm beschäftigen. Am Sonntag fand in Paris eine große Kundgebung der Kommuni st en unter freiem Himmel statt. Als die Manifestanten das Weichbild der Stadt wieder betraten, kam es zwischen ihnen und der Polizei zu Zusammen st ößen, wobei beide Parteien Verwundete zu beklagen hatten. Eine große Zahl der Kommu- nisten wurde verhaftet._
Antrag Knox zurückgeftellt. London , 9. Mai. (WTB.) Reuter meldet aus Washington , daß jetzt, da die Vereinigten Staaten angenommen haben, sich inoffiziell im Obersten Rat, in der Reparationskommission und im Botschafter- rat vertreten zu lassen, die Führer des Repräsentantenhauses an- regen, die Resolution des Senators Knox, die den Krkgs. zustand mit Deutschland für beendet erklärt, solange zurückzu» stellen, bis die größeren Probleme, die aus dem Krieg hervor- gegangen sind, geklärt sind. Die Führer des Repräsentantenhauses erklären, daß diese Haltung die Zustimmung der Senats- kommiffion für auswärtige Angelegenheiten finde, und,«is einige behaupten, auch die Zustimmung des Präsidenten H a r d i n g. Paris . 9. Mai. (WTB.) Nach einem Kabeltelegraum der „Chicago Tribüne" aus Washington herrscht im Senat große Niedergeschlagenheit infolge der Zurückstellung der R-so- lution Knox. Einige Mitglieder des Senats würden sich wahrichein- lich in h e f tig en"K r i t i k e n gegen den Präfid enten und den Staatssekretär Hughes ergehen, der zusammen mit seinem hauptsächlichsten Parteigänger, Handelssekretär Hoover, als bestin:- inende Persönlichkeit in der auswärtigen Politik der Bereinigen Staaten betrachet wird._ Sunpatfen präjlöent von Ghina. Paris , S. Mai.(WTV.)„Chicago Tribüne" berichtet, daß Sunyalsen am S. Mai. von einer begeislerleu Menge begrüßt. als Präsident von China eingeführt wurde. 3n eiuer Ansprache habe er erklärt, daß die chinesische Politik unter seiner Leituvtt sich der amerikanischen mehr als bisher anpassen werde. Haber. Exemplare Baudelairefchcr Bücher mit der handschriftlichen Widmung des Versassers, der in seinen Lebenssahren ein ständiger Gast der Pariser Krankenhäuser war, wurden mit mehreren tausend Frank bezahlt. Für die oft recht bedürftigen Erben der Verfasser, deren Werke heute mit Gold aufgewogen werden, fällt natürlich nicht ein roter Centime ab. So verbringt beispielsweise der Sohn Paul Verlaines seine Tage im Schatten der Pariser- Unter- grundbahn als Bahnsteigschaffner, damst beschäftigt, die Karten der Fahrgäste zu knipsen. Die unsittliche„Carmen ". Daß der Prophet in seinem Vater- lande nichts gilt, hat auch Georges Bizet schmerzlichst er- fahren. Es bedurfte erst der Rehabilitierung im Auslande, ehe dos genialste seiner Bühnenwerke in Frankreich bodenständig werden konnte. Aus Anlaß einer Gedächtnisfeier, die in Paris angesichts der 46. Wiederkehr des Todestages des„Carmen "-Kompontsten stattfand, veröffentlicht der„Menestrel" einige interessante Einzel- Helten aus der Bühnengeschichte der Oper. Sie ging am 3. März 1875 auf der Bühne der Opera Comique in Paris zum erstenmal in Szene und wurde vom Publikum mit eisigem Schweigen emp- fangen. Man entrüstete sich merkwürdigerweise über einige Szeney des Librettos, deren Verismus die an die leichte Kost der zeitgenössischen komischen Oper gewöhnten Zuschauer verletzte. Man zic., Bizets Werk allen Ernstes der unmoralischen Tendenz, und selbst der Direktor des Theaters, Du Locle, tadelte den steten Ton und die allzu derben Wahrheiten des Textbuches. Deshalb hatte er es auch für angezeigt gehalten, einem Minister, der für die Erstauf- führung eine Loge bestellt hatte, eine Einladung zur Generalprobe zu senden, mit der Anheimgäbe, sich zunächst erst einmal in der Probe davon zu überzeugen, ob er es wagen dürste, sein« Familie den Gefahren der Erstaufführung auszusetzen. Nach dem Durchfall in Baris begab sich die Gesellschaft mit der„Carmen " auf eine Gast. spielreise ins Ausland. Zuerst wurde in Genua Station gemacht, und hier wäre bei der Aufführung Frau Galli-Mari, die die Titel- rolle gab, um ein Haar von Don Jose getötet worden. Iw letzten Akt hatte nämlich der Tenorist die Richtung des Stoßes seines Messers fcklecht abgemessen, und so aeschah es, daß die Klinge seiner „Naooja" die Wange der ersten Darstellerin der„Carmen " auf- schlitzte.
Overnhans. �-uke, Montag, wegen mebrsaLcr Evkranklmg« „Cosi fan tutte".Figaro« Hochzeit". Ansang«'/, Uhr. Lelsing-Theater. Die Sommersdielzeit beginnt am Sonnabend. 14. d. Mts., mit Otto Erich Hartleb eu«.Rosenmontag". Kunftnachrickten. Di« Eriffnung de« Berliner Schloß. m u l e u m« dürste sich noch um ewige Monate verzögern, da die Maurer- arbeiten an mehreren Stellen noch nicht fertig find. In der Protestversammlnng. die am Dienstag ist. Uhr km Ober- I'chstaal der Philharmonie gegen die neuerliche Bedrohung der Freiheit in Kunst und Wissenichait Perwnhrnna einleacn soll, werden Vertreter der Vereine, die(ich dein Goeihc-Bund für die Einberufung angelchlofien haben, zu Warte kommen. Namen« des Moethe-Bundc« wird Wolsggug Heina den in lcmrn Grundzügen bekannt gewordenen Gesetzentwurf»ach der rechtlichen, ethischen und literarische» Seite beleuchten.