»ur Ruhe nieder. Jetzt schnitten sie das Schloß der in den Laden führenden Thür aus, beleuchteten den Raum und bekleideten sich völlig neu. Die alten Sachen packten sie zu einem Bündel zusammen und wollten gegen SV» Uhr Morgens abziehen. Durch Zufall kam um diese Zeit ein Bewohner nach Hause, der sich von dem Wächter schließen ließ. Dabei hörte dieser Geräusch in dem Laden und sah auch auf dein Hausflur in einer Ecke gedrückt einen Mann im Kaiser- rnantel. Ein Blick auf die Ladenthür erklärte die Sachlage. Der Wächter ließ den Hausbewohner als Posten vor dem wieder verschlossenen Hause zurück und brachte den Mann zunächst nach der Polizeiwache. Als er mit drei Schutzmännern zurückkehrte, wurde das Haus durchsucht. Dabei fanden die Beamten einen zweiten Dieb unter einem Waschfaß, das unter der Trepp« stand. die beiden letzten aber auf der Bodentreppe. Alle vier sind dem Polizeigewahrsam eingeliesert worden. AuS der Kanzlei heraus wurde gestern Borniittag ein Hilfsschreiber des Amtsgerichts in Moabit verhaftet. Die Ver- Haftung erfolgte auf Anordnung der königlichen Staatsanwalt- schafl am Landgcnckt l. durch Beamte der Kriniüialpolizei. Anlaß dazu hat eine Denunziation wegen unzüchtiger Handlungen an kleinen Kindern gegeben. Der Verhaftete ist pensionirter Schutzmann, der sich durch Schreibarbeit beim Gericht einen Zu- schuß zu seiner Pension erwarb. Er lebte mit seiner Frau in zwar kinderloser, doch glücklicher Ehe und war wegen seines stillen, pflichteifrigen Wesens bei Vorgesetzten wie Kollegen sehr angesehen. Was an der Denunziation Wahres ist, wird erst durch die Untersuchung festzustellen sein. Ans der Haft entlassen ist der siebzehnjährige Friedrich S z c z o d o y, der bekanntiich Ende September 1894 wegen ver- meintlicher Fundunterschlagung zu nicht weniger als einem Jahre Gefängniß verurtheilt»vnrde, weil er im Besitz eines angeblich gefundenen Dolches sich befand und in anarchi- stischen Geruch stand. Das kam so. Szczodoy hatte sich bei dem Erkenntniß«beruhigt", da er als junger, des Gesetzes un- kundiger Mann der Behauptung, daß das für ihn das Beste sei, Glauben schenkte. Szczodoy wurde daraufhin aus dem Ge- fängniß nicht entlassen. Das war mit dem Gesetz nicht in Einklang stehend, da das Erkenntniß nicht rechtskräftig war, denn auch der Vater eines Minderjährigen hat das Recht, selbst gegen seines Kindes Willen Berufung einzulegen. Von diesem Recht machte Szczodoy's Vater Gebrauch, da er das gefällte Urtel als«in ungerechtes erachtete, wiewohl er die Spielereien seines jungen Sohns keineswegs billigte. Auf Antrag des von dem Vater mit der Wahrnehmung der Vertheidigung betrauten Rechtsanwalts Dr. Herz seid ist nun am 6. d. M. der junge Mann ans dem Gefängniß entlassen, weil nach Ansicht des Gerichts keinerlei gesetzlicher Grund zu seiner BeHaltung im Gefängniß vorlag. Wir bezweifeln nicht, daß Szczodoy vom Berufungsgericht freigesprochen werden wird. Wer aber haftet für die vom 27. September bis ö. November von dem jungen Mann erlittene Hast? 2 Männer folgen Szczodoy feit dessen Entlassung aus dem Gefängniß auf Schritt und Tritt. Suchen die den für unschuldig erhttene Hast in Preußen ver- antwortlicheu Beaniten oder wollen sie dasür sorgen, daß dem jungen Menschen kein Leid geschehe? Ei» schweres«»glück trug sich auf den an der Dahme belegenen Köritzer Dampfziegelwerken zu. Als nämlich der Wächter in der zwölften Stund« seinen Rundgang durch das Etablissement machte, nahm er in der Nähe der Pferdeställe »inen starken Gasgeruch wahr, und als er darauf die Thür« öffnete, bot sich ihm ein erschreckender Anblick dar. Vier der im Stalle stehenden Pferd« lagen betäubt am Boden und in den an- stoßenden Schlafräumen fand er den Kutscher sowohl, wie die beiden Stalljungen quer auf ihre» Betten ausgestreckt und nur noch schwache Lebenszeichen von sich gebend. Beide Räume waren infolge nicht gehörigen Zudrehens der Haupt- Gasätherlampe vollständig mit Gas geschwängert. Die sofort angestellten Wieder- belebungsversuche harten zwar bei allen drei Personen Erfolg, der Kutscher wurde aber bald darauf von einem hestigen Blut- stürz befallen, weshalb man ihn sofort nach der Charitee be- fördern mußte. Dort ist er kurz nach seiner Einliefcrung ver- ftorben. Die beiden Stalljungen und auch die Pferde haben sich wieder erholt. In seiner Zelle hat sich Freitag Nacht der im Polizei- gewahrfam untergebrachte Schlosser L. erhängt. Er war wegen Diebstahlsverdach ls verhaftet worden. Die in de» letzten Versammlunge» gewählten Lokal- kommissions-Mitglieder werden gebeten, ihre Adresse bis zum Dienstag au den Genossen G u m p e l, Weinstraße 31, einzusenden. I» welcher Weise Gastwirthe die Arbeiter hintergehen wollen. ist schon oft besprochen worden. Der Restaurateur Wicht in Pankow , Kaiser- Friedrich st raße hat sich aus der bekannten PlakatiFabrik Plakate angeschafft, welche in seinem Schaufenster neben dem Plakat der Pichelsdorfer Brauerei prangen. Es soll diese„Mache" den Glauben erwecken, daß er doykottsreies Bier ausschänkt. Der Mann ist schon einmal wegen Bierunterschiebung von der Liste gestrichen worden. Wir empfehlen ihn deswegen der ganz besonderen Beachtung der Pankower Arbeiter. Polizeibericht. Am S. ds. Mts. Abends wurde in der Ratheuowerstraße ein auf Posten stehender Schutzmann durch »ine Droschke überfahren und am Kopfe und Bein verletzt.— Im Laufe deS Tages fanden fünf Brände, darunter 2 Dachstuhl- bräude, statt. Witternugvüberficht vom 10. November 1894. «seiler'Vrostiivse imi: �Viiiiiug, etil xm. Zeitweise aufklärendes, vorwiegend trübes, zunächst etwas wärmere» Wetter mit leichten Regenjällen und mäßigen südwest- lichen Winden. Bserliner Wetterbureau. Gevi;>ftks-3etttma. Sächsisches au» Spandau . Einundvierzig maifeiernde Arbeiter hatte der Ober-Wachtmeister Hentschel zu Falkenhagen inS Notizbuch eingetragen. Was hatten die Sünder begange»? Sie waren„in geschlossenem Zuge" ins Dorf eingezogen. allwo der„Zug" dem Berhängniß der obrigkeitlichen Auslösung verfiel. Außerdem wurde gegen die Siuundvierzig wegen angeblichen Vergehens gegen das preußische Vereinigesetz eine aus je 3 M. lauteude Strasverfügung«rlassen. Nachdem das Schöffengericht zu Spandau bereits den Einspruch der 41 Parteigenossen ver- worfen hatte, ist gestern von der zweiten Strafkammer des Land- gerichts II. gegenüber 16 Verurtheilten, die Berufung eingelegt hatten, das Urlheil des Schöffengerichts bestätigt worden. Frau Pastor D. Kipper, welche noch wegen eines Falles der Anstiftung zum Meineide in Haft behalten worden war, ist gestern Nachmittag aus der Haft entlassen worden. Es hat sich in diesem Falle darum gehandelt, daß eine Familie in Schlesien an die Familie der Frau Pastor Kipper Bettelbriefe gesendet haben sollte. Die schleiische Familie stellte dies in Abrede, und es wurde behauptet, daß Frau Pastor D. Kipper die Zeugin, welche sie zum Beweise für die Wahrheit ihrer Behauptung ins Feld geführt hatte, gekauft haben sollte. Frau Pastor D. Kipper hat nun im vorigen Termin am Montag erklärt, daß jsie wohl noch in der Lage sein werde, jene Briefe aus ihren Skripturen herauszufinden. Rechtsanwalt Dr. Schwindt hatte die Herber schaffung dieser Skripturen beantragt. Nachdem nun die gestrige Schwnrgerichtssitzung beendet war, wurde die Angeklagte, Frau Kipper, vorgeführt, die Briefschaften wurden ihr vorgelegt, und es gelang ihr wirklich, die die schlesische Familie belastenden Briefe heraus zu finden. Es wurde deshalb um Ve4 Uhr noch die Haftentlassung verfügt. Daß eine allzu große Empfindlichkeit in�BeleidigungS- fachen manchmal gar nicht angebracht ist, zeigte eine Privatklage des Restaurateur- S. gegen den Agenten K., welche gestern vor dem Schöffengericht verhandelt wurde. Der Agent K., welcher an den Restaurateur Forderungen hatte, verzehrte eines Tages in dem Lokale desselben mit seiner Ehefrau je eine Portion Rehbrateu& 1 Mark. Er entfernte sich ohne Bezahlung und der Restaurateur glaubte, daß die Zeche auf die Forderung abgerechnet werden sollte, da dies aber nicht der Fall war, so mahnte er ihn auf einer offenen Postkarle an die Bezahlung der zwei Mark. Slatt des Geldes erhielt er folgenden Kartenbrief:„Belästigen Sie mihr nicht in keiner Weise mehr; weder ich noch meine Frau hatten den Fraß b e st e l l t, welchen nicht Mahl mein Hund gefressen halt, für solchen Stank Wollen Sie heule Geld haben. Den Bcweiß Ihres ?futters habe ich noch von meinen Kunden, mit Ihren Hunde- utler brauchen Sie keine Bilder wollen machen. Hundefutter esse ich nicht."— Ueber diese Liebenswürdigkeiten empört, stellte S. die Privatklage an, welche einen eigenthümlichen Ausgang hatte. R.-A. Leop. Meyer trat nämlich im Interesse des Be- klagten den Wahrheitsbeweis an. Er führte eine» Zeugen vor, welcher versicherte, daß er in dem Lokale des Kläger - einmal eine Leber bekommen, die nicht einmal sein Hund habe fressen wollen. Ein anderer Zeuge soll einmal einen Hasenbraten mit bedenk- lichem staut xoüt erhalten haben. Unter diesen Umständen wurde der Angeklagte freigesprochen und der Kläger mit den Kosten belastet. Berufung gegen ein freisprechendes Urtheil haben die Genosse» M a a ß, Klose und Kroße«ingelegt. Die vor- genannten Genossen hatten nämlich vor einigen Monaten die Bevölkerung in und um Templin durch Verbreituilg mit vor- züglichen, sozialdemokratischen Agitationsschriften versehen. Das war ihr gutes Recht, zumal die Verbreitung ledig- lich in jjeschlossenenNäumen erfolgt war. Trotzdem wurden sie wegen vermeintlichen Verstoßes gegen den Rumpf des altpreußischen Preßgesetzes angeklagt, das össentliches Ver- breiten von Plakaten, Bekanntmachungen und Aufrufen von polizeilicher Genehmigung abhängig macht, und aus den 3. d. M. vor das Schöffengericht zu Templin ge- laden. Den Genossen siel es nicht schwer, ihre absolute Schuld- losigkeit auf grund der bestehenden Gesetze, insbesondere des Z43 der Gewerbe-Ordnung und K 30 des Reichs-Strafgesetzes so klar zu legen, daß selbst der Amtsanwalt ihre Freisprechung be- antragte. Das Gericht erkannte denn auch dahin, daß die An- geklagten freizusprechen und die Kosten der Staatskasse auf- erlegt werden. Die Genossen haben mit Recht gegen dies Urtheil dennoch deshalb Berufung eingelegt, weit nicht auch die ihnen erwachsenen Auslagen der Slaatskaffe aufgelegt sind. Sie sind nicht unentgeltlich nach dem Terminsort gereist— weZ« halb sollen sie, die absolut schuldlosen Staatsbürger, Auslagen machen, die lediglich infolge der Erhebung der Hinsälligen An- klage erwachsen sind? Veefs>»r»»rlttnae»r. Im Frauen- und Mädchen- Bildungsverei« dcö arbeitende» Volke? sprach in der Versammlung, welche, von einer zahlreichen Zuhörerschaft besucht, am 7. November in Schmiedet's Festsälen tagte. Genoffe Wilhelm Liebknecht über das Thema:„Die Wissenschaft und die Frau." Redner bemerkt zunächst, daß der Verdacht, in dem er eine Zeit lang gestanden, als ob er ein Gegner der Frauenbewegung wäre, un- begründet ist. Er habe nur nie zugegeben, daß die Frauenfrage unabhängig von der Arbeiterfrage gelöst werde« könne. Die bürgerlichen Bestrebungen, den Frauen eiiizelne Berufe zu erschließe», könnten die Stellung der Frau nicht ändern. Das könne nur die volle Gleichberechtigung der Frau und des Mannes bewirken, wie die Sozialdemokratie sie erstrebe. Bezüglich der Zugänglichkeit der Wissen- schaft für die Frau hätten wir einen Rückschritt gegen das Mittel- alter und das Alterthuin gemacht, wo das Recht der Frau auf die Wissenschaft gar nicht streitig war. Redner giebt Beispiele. Was ist denn Wissen? Erkenntniß der Natur und besonders des Menschen, des böchsten Wesens der Natur. Wer wollte denn sagen, daß die Frau nicht das Recht und nicht die Fähigkeit hat, sich mit der Natur und dem Menschen zu beschäftigen? Man braucht nur die Frage richtig zu stellen, um das Aberwitzige der Meinung, daß die Wisseuschast nur den Männern gehöre, klar zu machen. Eine der wichtigsten Wissenschaften, die Vethätigung aller Wissenschaften ist die der Erziehung, die Pädagogik. Und in ihr leisten die Frauen bereits seit Menschengedenken hervorragendes. Die Erziehung ist die Borbereitung zur Wissenschast. Nun steht es aber fest, daß die Mädchen in der Schule dasselbe wissenschaftliche Interesse bethäligen wie die Knabe», sogar vielfach ein größeres. Redner hat als Kind selber eine Schule besucht, in der Knaben und Mädchen mit bestem Erfolg zusammen unterrichtet wurden. Später hat er dann in Amerika dieses Erziehungssystem völlig durchgeführt gesehen. Namentlich die Erfahrungen in dem letzleren Lande haben den Vortragenden ,u der Ansicht gebracht, daß gemeinschaftliche Erziehung beider Geschlechter dir heilsamste Wirkung hat. Ein Geschlecht sucht dem andern nachzueifern, und gerade daß beide in der Zeit, wo das Geschlechtsleben er- wacht, mit einander verkehren, das beugt Verirrungen vor, zieht Lebensart bei den Jünglingen und Selbständigkeit bei den Mädchen groß. Männlichen Schutz gebrauchen die Damen in Amerika nicht. ES fällt aber auch Keinem ein.«ine Dame zu belästigen. Im Benehmen gegen Frauen sind wir Deutschen im Durchschnitt viel roher als irgend eine andere Kullur-Nation. (Zuruf: Sehr richtig! Bravo!) Die Amerikanerin ist ein selb ständiger Charakter iiifolge ihrer Erziehung, die ihr auch de, Zugang zur Wissenschaft ebenso erschließt wie dem Manne. Sie fungirt drüben bereits als Anwalt, Richter, als Bürgermeister und— ebenso wie in Rußland und der Türkei — als Arzt. Sie hat durch die That bewiesen, daß es ihr an der nölhigen Befähigung nicht mangelt. In Deutschland sind wir noch hinter der Türkei zurück. Wie kann man sagen, die Frau eignet sich nicht zur Wissenschaft, wen» man ihr den Zugang zu derselben versperrt! JedeS Kind ist ver- schieden veranlagt. Soll es gut erzogen werden, so muß der Lehrer wissenschaftlich gut durchgebildet sein, um das Ganze der Natur dem Kinde erklären zu könne». Ist nun nicht die Frau bei ihrer raschen Auffassung und größeren Geduld und Schmiegsamkeit am besten geeignet, dies« Aufgabe zu �übernehmen? In Amerika ist die Erziehung wesentlich in den Händen von Lehrerinnen. Tie Frau soll Mutter sein und dem Hause vorstehen. Jede Frau ist aber jetzt schon Erzieherin; sie hat die erste«ntscbeidende Erziehung des Kindes. Die Erziehung wird sich in Zukunft anders gestalten, ohne daß die Familie an- getastet wird. Im Gegentheil. Das Familienleben wird sich besser und zweckmäßiger gestalten als jetzt. Die Küchensklaverc der Einzelwirlhschaft wird aufhören. Das zeigen die Anfänge Amerika , die Redner kurz schildert. In bezug auf die Ehe wird es sich insofern anders gestallen, als man in einer sozialistisch- organisirten Gesellschaft nur ans Neigung Heirathen wird; und erst, wenn beide Theile wirthschaftlich und geistig frei sind, ist eine wirklich sittliche Ehe möglich. Nachdem Redner sich noch kurz resumirt, empfahl er den Frauen, sich nicht auf das andere Geschlecht zu verlassen, sondern ihre Sache selbst in die Hand zu nehmen und im Anschluß an die Emanzi- pations-Bestrebungen der Männer mitzukämpfen in dem großen Befreiungskampfe der Menschheit. Wenn es schon im„Kommu- nistischen Manifest" heißt:„Die Emanzipation der Arbeiterklasse kann nur das Werk der Arbeiter sein", so gilt das entsprechend auch von der Frau: die Emanzipation der Frauen kann nur das Werk der Frauen sein. Und ein französisches Sprichwort sagt:„Was die Frau will, das will Gott ", das heißt: das geschieht!(Lebhafter Beifall.) Auf Antrag der Frau Scholz wurde von einer Diskussion Ab- stand genommen. In einer Pause wurden mehrere neue Mit- alieder aufgenommen, worauf noch einmal die Angelegenheit de? Denkmals für Frl. Wabnitz erörtert wurde. Man regte au, das für diesen Zweck gesammelte Geld zu Unterstützungen zu ver- wenden. Das wurde jedoch nach längerer Debatte abgelehnt. Frl. Baader machte auf den englischen Unterricht aufmerksam. den im Auftrage des Verbandes aller im kaufmännischen Gewerbe beschäftigten Hilfsarbeiter die Lehrerin Fräulein Liebknecht er- theilen wird. Im Lokale„BismarckShöhe" in Charlottenbnra tagte am Freitag Nachmittag eine von etwa ISO Personen besuchte öffentliche Gastwirthe- Versammlung zwecks„Stellungnahme ziir Verlängerung des Bierboykotts." Das Referat hielt Genosse Hilpert und deckten sich seine Ausführungen im esenllichen mit denen des Stadtverordneten Henk« in der letzten Berliner Gastwirthe- Versammlung. In der Dis- kussion nahmen Z u b e i l und Greulich- Charlottenburg daS Wort. Ersterer übte scharfe Kritik an dem Verhalten der„Saal- n h a b e r" sowie einzelner Polizei-Organe und derjenigen Wirthe, welche durch ihre Mogeleien mit„Ringbier" nicht zum wenigsten dazu beitragen, den Boykott in die Länge zu ziehen. Trotz der Rath- schlage Greulichs, die Resolution, welche es jedem Wirth zur Pflicht macht, nur ringfreies Bier auszuschänken, nicht zur Abstimmung zu dringen, fand dieselbe dennoch gegen nur eine Stimme Annahme. Bei Punkt 2 der Tagesordnung:„Wie organisiren sich die Gast- und Schankwirthe in Zukunft?" ging der Referent Z u b e i l zunächst auf die schwier, gen Ver- hältnisse ein, unter denen die Wirtde auch sonst zu leiden haben, verwies ferner auf die Ungleichheiten der Polizei- stunde" und die durch sie hervorgerufenen Cyikanen der unteren Polizei- Organe. Gegen ein ihm an- ethanes Unrecht zu prozessire», sei für den Einzelnen unmöglich. die einzige Organisation der Gastwirthe, die es sich zur Aus» gäbe gestellt hat, e r n st h a f t gegen diese Scherereien Front zu machen und die auch nebenbei noch sonstige An- nehmlichkeiten wie Kranken-, Wittwen- und dergl. Unter- stützungen bietet, sei der auf dem Boden der modernen Arbeiter- beivegung stehende„Verein zur Wahrung der Interessen der Gast- und Schankwirthe für Berlin und Umgegend".(Beifall.) Eine Resolution, wodurch die Anwesenden sich verpflichteten, dieser Vereinigung beizutreten, gelangte zur einstimmigen Annahme. In Charlottenburg , wo im vorigen Jahre unsere Partei« genossen sich das erste Mal an der Stadtverordnetenivahl be- lheiligten und sofort zwei Eitze eroberten, finden am 19. Ro- vember drei Ersatzwahlen statt. Dä bereits im Borjahr« dies« drei Bezirke zu den viel umstrittenen gehörten und es fast ge- lungen wäre, unsere Kandidaten in denselben durchzubringen, so ist es erklärlich, daß die Gegner diesmal mit Hochdruck arbeiten, wobei sie allerdings das wirthschaftlich« Uebergeivicht über das abhängige Kleinbürgerthum in jeder Weise ausnützen. Unsere Genossen haben nunmehr ebenfalls mit der Agitation be- gönnen.— Am 9. November fand im Lokal„Bismarckshöhe" die erste Kommunal-Wählerversammlung statt. Das einleitend« Referat hielt Genosse O. G o e r k e. Nach Darlegung der Gründe, durch welche die aufgeklärte Arbeiterschaft bisher veranlaßt wurde, sich an der Wahl zum preußischen Landtage nicht zu betheiligen, behandelte der Redner die— wenn auch geringen— Vortheile. welche ihnen die Betheiligung an der Kommunulwahl bietet. Er geißelte die Rückgratslostgkeit der freisinnigen Vertreter im Stadtparlament, wie ihr Verhallen bei Kirchenbauten, Fest- essen u. s. w. zur Genüge bewiesen habe. Sich durch Ueber« nähme städtischer Arbeiten und unter Hintansetzung jeder Moral zu bereichern, erscheint ihnen, wie manche Beispiele beweisen, mit als der Hauptzweck ihrer Zugehörigkeit zur Stadlverwallung. G o e r k e schloß seinen beisällig entgegengenommenen Vortrag mit der Aufforderung, bis zum Tage der Wahl eine energische Agitation zu entfalten, damit Männer gewählt würden, welch« mehr Herz für ihre Mitmenschen haben, als diese Vertreter der Geld» sacksinteressen.— Auf das Referat folgte die ausführliche Bericht- erstaltung der beiden sozialdemokratischen Stadtverordneten Beyer und W e r n i ck e. Aus dem sehr umfangreichen Sündenregister der Charlottenburger Stadtvertreiung war zu entnehmen, daß sie eifrig bestrebt ist, die Gepflogenheit der Berliner Sladtverordneten-Äer» sammlungbisinskleinstenachzuahmen. Anträge aufErrichtung einer Volksbadeanstalt, von Schulbauten im Zentrum der Stadt, ausueber- nabme städtischer Arbeiten in eigene Regie oder die sonstwie geeignet wäre», der Stadtverwaltung und der Bürgerschaft Vortheile zu gewähren, fanden keine und haben auch für spater keine Ans« ficht ans Annahme, dafür werde aber bei anderen Gelegenheiten mit dem Gelbe der Stadt wenig sparsam gehaus- haltet.— An der weiteren Debatte betheiligten sich Ret mann, Sellin , Niemann und Klick. In einer Ne- solution erklärte sich die Versammlung mit den Rednern einver- nanden und für die bevorstehende Wahl mit aller Energie ein- zutreten.— Zu Kandidaten wurden prollamirt bezw. anfgestelll: für den 2. Bezirk: Buchdrucker O. Görke; für den S. Bezirk: Zigarrenhändler(früher Tischler) Sellin und für den 6. Bezirk Gastwirlh Wolter. Die nächste Kommunal- Wählerversamm- lnng findet am Mittwoch bei B r e d l o w» Augsburgerstraße Nr. 78. statt. Dviekksltett vov Nedaltttoit. Th. Striemer. Wenn Sie da» nicht vertragen können, empfehlen wir Ihnen dringend, sich ausschließlich auf die Lektüre des„Kleinen Journals" und des„Berliner Tageblatts" zu be- schränken. Für Ihresgleichen ist der„Vorwart»" denn doch zu schade. M. N. 82. Sie thun gut. weitere Schritte zu unterlassen. Da» sogen. Schmuhmacken beim Zuschneiden von Waaren ist wiederHoll als Unterschtttgung erachtet, hin und wieder ist Frei« sprechung eingetreten. A. D. 100. Sie müssen eine Berschollenheits-Erklärung versuchen. 1871. Wenden Sie sich direkt an die Postdireklion. P. 127. Beweis unter dem 3. November mit„Nein" be- antwortet. X. P. Selbstredend hat auch ein verheiratheter Mann für von ihm erzeugte unehelich« Kinder Alimente zu zahle». A. S. 57. Die Unlerschrlst bindet Sie Leider: e» findet 4tägige ttündtgungssrist statt.
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