Ultimatum und Regierungsftage. Stellungnahme der Groß-Berlmer Funktionäre.
Die fozialdemotratischen Funktionäre Berlins nahmen gestern in einer überfüllten Lersawmlung im Lehrervereinshaus Stellung zur Annahme des Entente-Ultimatums und der Frage der Regierungsbildung im Reiche. Genosse Hildenbrand erinnerte in seinem Referat daran, daß nach dem S. November 1918 das ganze Volk von der Sozialdemokrcuie die Führung erwartete. Dir hatten damit die Verpflichtung übernommen, die Folgen der Niederlag« zu liquidieren. Dir haben den Krieg beendet und die schweren Daffenstillstandsbedingungen unterschrieben, denn Deutsch- land war unfähig, sich weiter verteidigen zu können. Deutsch, nationale Blätter haben das als ein Verbrechen bezeichnet.(Pfui!) Zweifellos ist der Friedensvertrag der Ausdruck imperialisti» icher Herrschsucht, aber er mußt« angenommen werden, wenn der Krieg beendet werden sollte. Sicherlich hätten auch die Rechtsparteien den Friedensvertrag unterschrieben, wenn es auf ihre Stimmen angekommen wäre. Sie konnten sich den Luxus der Ab» lehnuna leisten, weil ja die anderen unterschrieben. Wie steht es nun Mit der Ausführung des Friedensvertrages? Die Forde- rung der(Entwaffnung wünschen wir ehrlich durchgeführt zu sehen. Aber die Gerechtigkeit verlangt, daß auch die anderen Staaten zur Abrüstung schreiten.-(Lebhafte Zustimmung.) Auch die Aburteilung der Kriegsverbrecher ist durchaus erfüllbar. Wenn das Reichsgericht bisher noch keinen einzigen abgeurteilt hat, so (Nuß man mehr a« ein Zfichfwollen als ein Nichtkönnen dieser Körperschaft glauben.(Sehr richtig!) Auf die Behauptung der verflossenen Reichsregierung, daß ste die zunächst geforderten 20 Milliarden Goldmork bereits gezahlt habe, ist zu sagen, daß ste zum mindesten von ihren Gachverstän- di g en nicht gut beraten war.(Bewegung.) Der Redner kritisierte sodann das diplomatische Vorgehen der vergangenen Re> gienmg. Die Pariser Beschlüsse wurden nicht mit einem Gegen» Vorschlag beantwortet, die Londoner Konferenz wurde mit der Erklärung begonnen, daß die Pariser Deschlüsie unerfüllbar seien. Dann kamen die Schritte beim Präsidenten h a r d i n g und beim Vatikan , hardings Rat an die deutsche Regierung, neu« Vor- schlage einzureichen, wurde nicht befolgt, und nun erfolgte dos Ulti- motum, das in längerem Kampf zwischen englischen und französischen Interessen zustandeg�ommen ist. Briand bat zwar seine ganze Kraft auf die Durchführrnig der Pariser Be» schlüise gerichtet, aber er hat nachgeben müsien. Das Ultimatum versucht, wenn auch in unzureichender Weise, der deutschen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen. Die finanziellen Bedingungen des Ultimatums haben bei der SPD. -Fraktion schwere Bedenken erregt, aber der Zahlungsplan, der für die geforderten 132 Milliarden vorgesehen ist, erscheint reali» sierbor. Es gibt natürlich auch Saihverständige. die von der Un> erfüllbarkeit überzeugt sind. Es handelt sich jetzt für Deutschland darum, den restlosen Beweis zu erbringen, daß wir da» Menschenmöglichste leisten wollen. (Bravo !) Nach llstündiger Beratung hat die SPD. -Fraktion be. schlössen, dem Ultimatum zuzustimmen. Dadurch ist die Be» setzung des Ruhrgebiets verhindert worden und damit die wirtschaftlichen als auch die politischen Folgen der Besetzung. Die deutsche Wirtschast wäre durch die Berteuerung der Ruhrkohle furchtbar geschädigt worden und die Arbeits» losigkeit wäre in Deutschland ins unermeßliche gewachsen. Das zu verhindern war«in» der wichtigsten Aufgaben der deutschen Sozialdemokratie., Die Deutsche Bolksp artef war zunächst bereit, das Ultimatum zu unterzeichnen. Erst als später bekavut wurde, daß sowohl Zentrum al» SPS. und U?p. entschlossen waren.
das UMmalum anzunehmen, zogen sich die Strchemäauer au» reis agilakorischeu Erwägungen zurück, und bei der Abstimmung haben schließlich nur noch sechs ihrer Mitglieder für die Annahm« des Ultimatums gestimmt. Bei der Regierungsbildung waren wir der Meinung,.daß auch die Unabhängigen in die Regierung eintreten sollten. Die UTP. erklärte sich aber nur bereit, mit uns eine Regierung unter Ausschaltung der bürgerlichen Parteien zu bilden. Eine solch« Regierung hätte keine Mehr» h e i t im Parlament und sicherlich auch nicht die Anerkennung der Entente gefunden. Wenn unsere Genossen in der Regierung das uneingeschränkte Berttauen der Arbeiterschaft genießen, dann werden st« auch stark auftreten können.(Lebhafter Beifall.) Es folgte ein« sehr ausgiebig« und lebhafte Diskussion, an der die Genossen Klein, Schiff, Dr. Zechllu. Zmhof, Gennerl, Bernhard Krüger , Satzeusteln und Polizeiprässdent Richter teil- nahmen. Nach einem Schlußwort des Referenten Gen. Hildenbrand wurde über die Entschließung des Bezirksvorstandes abgestimmt. Ein von Schiff beantragter Zusatz(Ablehnung einer Jeden gemein- samen Regierungsbildung wtl der Deutschen volkspartel), der von mehreren Diskussionsrednern befürwortet, vom Referenten in seinem Schlußwort als unzweckmäßig bekämpft wurde, wurde in be» sonderer Abstimmung mit gewaltiger Mehrhxit angenom- mm. Sodann wurde die nachstehend« Gesamtresolutwu einstimmig angenommen. Entschließung: .Die Funktionär« der SPD . Groß-Berlins billlaen den Be» schlutz der sozialdeniakrakisch-m Reichskagsfrokkion. für die Annahme de» Entente-UMmatvms zu stimmen, da unter den angedrohten Zwangsmaßnahmen di« arbeitende Bevölkerung in erster Linie zu leiden gehabt hätte, ohne daß die Verpflichtungen Deutschlands aus dem Friedensvertrags dadurch besettigt worden wären. Angesicht« der Totsdche, daß Deutschnationale, Deutsche Volkspartei und Kam- munisten im Interesse ihrer nationalistischen und Partei. agitatorischen Hetze die Annahm« des Ulttmatum, ablehnten. war die Sozialdemokratie gezwungen, in dieReichsregie. rung einzutreten und mit die Verantwortung für die Durch» führung unserer Verpflichtungen zu übernehmen. Dies« schwere Berantwortungslast kann die Sozialdemokratie nur tragen, wenn durch eine schleunige Neubildung der preußischen Re- gierung ans der Grundlage der alten Koalition uns auch ein entsprechender Einfluß auf die Staatsverwaltung eingeräumt wird. Dabei kann nach der Stellungnahm« der Deutschen Bolls- Partei zum Ultimatum und nach ihren grundsätzlichen An» schauungen eine gemeinsame Reqiernngsblldung mit dieser Barkel weder im Reich noch in Breußen für uns in Betracht kommen. Di« Konferenz erwartet, daß die sozialdemokratischen Regierungs» Mitglieder mit allem Nachdruck dafür«intreten werden, daß die Cnt- waffnung und die sofortige Aburteilung der Srlegsverbrecher ernst- hast durchgeführt wird. Bei der Aufbringimg der finanziellen Leistungen ist in erster Linie die Belastung des Besitze» und de» Anteruehmergewinn« und der Praduttton bis an die äußerste Grenz« durchzuführen, und es ist dafür zu sorgen, daß die kopita- llstische Sleuersabotaqe der letzten Zeit mit allen Mitteln gebrochen wird. Tatkräfttge Demokratisierung der Verwaltung und Reformen der Rechtspflege sind hierfür und für den inneren Wieder- aufbau unbedingte Voraussetzungen. Bei der Durchführung einer solchen Politik wird die gesamte Arbeiterlchatt hinter der Re- gierung stehen." Daraufhin wurde die Versammlung um �12 Uhr geschlossen.
Nene Bestimmungen Sondergerichte
Der Reichstag ist gestern bis Avm 81. Mai vertagt wor» den mit dem üblichen Vorbehalt erner früheren Einberufung, falls die Ereignisse sie erfordern. Das Hauptergebnis der gestrigen letzten Sitzung vor Pfingsten, die sich infolge schwacher Besetzung des Haufes müde dahinschleppte, war die debattelose Annahme eines sozialdemokratischen Antrages, der die vielumstrittene Verordnung über die Son» dqrgerichte in wichtigen Punkten wesentlich mildert. Es ist festzustellen, daß nicht nur die Unabhängigen, sondern auch die Kommunisten wie im Ausschuß so auch im Plenum den sozialdemokratischen Antrag unterstützten, indem sie überflüssige Reden vermieden und einfach für ihn stimmten. Nachdem sie sich zwar über die Haltung der Sozialdemokrati» fchen Partei in dieser Frage den Wund arg zerrissen hatten, hiellen sie ihn im entscheidenden Augenblick geschloffen und bekannten sich damit stillschweigend zu dem Grundsatz, daß der Sperling in der shand besser ist als die Taube auf dem Dach. Auf nachträglich« Vorbehalte sind wir gefaßt, stellen aber trotz» dem diese leichte Wendung zur Realpolstik mit Befriedigung f-st. 0 Die gestrige Reichstagssitzung beginnt mit der Verweigerung der Genehmigung zur Sttafverfolgung de» Abg. Thomas(Komm.) wegen Beleidigung, Unterschlagung und Meineid»,«inem Anttag« des Gsschästsordnungeausschuffes entsprechend. Ein schleuniger Anttag ch offmann(Komm.)»erlangt di« sofortige Entlassung des Abg. Thomas(Komm.) aus der Sttafhaft in der Gefangenenanstalt Landsberg am Lech in Bayern . Abg. Brodaus(Dem.) berichtet über die Verhandlungen de» Geschäftsordnungsausschusses, der vorschlägt, dem Lnttage vi« Zu- stimmung nicht zu erteilen. Thomas soll bei der Ausforderung zum Hochverrat und Umsturz der bestehenden Staatsform auf frischer T a t ertappt sein. Wortmeldungen liegen nicht vor. Bei dar Abstimmung be- zweifett Abg. Emminger(Dayr. Bv.) die Beschlußfähigkeit de« Hauses.(Pfui-Rufe bei den Kommunisten.) Präsident Löb« stellt fest, daß das Haus befchlußunfähia ist und beraumt die nächst« Sitzung auf eine Biertelstunde später, aus läL Uhr an. Zweite Siftuttg. Präsident L ö b e»röftnet die neu« Sitzung um 2 Uhr. Neu auf die Tagesordnung gesetzt ist der Bericht de» Rechtsausschusses über den Anttag Müller- Franken(Soz.) betr. Abänderung der Ber- o r d n u n g über die Sondergerichte. Abg. Radbruch (Soz.) berichtet über die Ausschußverhandlungen. D« Außschuß st eine Entschließung vor. die im wesentlichen folgende Punkte en.. Sttaftaten, die mit der aufrührerischen Bevegung aus dem Mörz 1921 in keinerlei Zusammenhang stehen, sollen nicht mehr vor die Sondergerichte gebracht werden. Jugendliche sollen aus» schtießlich von den ordentlichen Gerichten abgeurtaill wer- b-n, es sei denn, daß ihre Sttaftat im Zusammenhang steht mit Sttaftaten Erwachsener, die vor den Sonbergerichten behandelt wer- den. Ein Verteidiger ist in ollen denienigen Fällen zu be. stesien, in denen die Bestellung im ordentlichen Bersahren notwendig wäre. E» wird sichergestellt, daß der Verteidiger ebenso früh wie im ordentliche-»erfahr« bestellt wird und«v he» gleich« Äettt
Sunkt wie im ordentlichen Berfahren die MSglichkett freier Ilten«insicht und steten Verkehrs mtt dem verhafteten Ange- klagten hat. Wettau« am wichtigsten sind die folgenden drei Bestimmungen: Di« Zett zwischen Ladung und Haupwerhandlung, bisher 24 Swn- den. muß künftig 3 Tage betragen. Ferner soll künftig unmöglich sein, daß der Angeklagte ohne Mitteilung einer Anklageschrift, ja ohne Jede Kenntnis der Beschuldigung. in die Hauptoerhandluna eintritt: die Einreichung und Mitteilung einer, wenn auch verkürzten Anklageschrift wird unbedingt vorgeschrieben. Schließlich hat sich die Beweisaufnahme, wenn nicht beide Teile darauf verzichten, auf alle vorgeladenen Zeugen und Sachverständigen und alle herbeigeschafttcn Be« w e i s m i t t e l zu erstrecken.(Der Versuch, die Bestimmung zu be- seittgen, nach der der Umfang des Beweisvsrfahrens im übrigen in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, scheiterte an der bürger- llchen Mehrheit. Im übrigen erklärten die Regierungsvertreter, daß di« Arbeit der Sondergerichte in einigen Bezirken nahezu beendet sei, in anderen bis Ende Juli voraussschtlich zu End« geführt werden könne. Anm. d. Red.) Der Ausfchußanttag wird ohne Erörterung«instimmigan- genommen. Das neue Gehührengesetz für die Auslandsbehörden geht an den Hauptausschuß. Der Gesetzentwurf über die läegelunq des Verkehr« mtt Getreide wird dem BolkewirtschafUichen Ausschuß überwiesen. Angenommen wird ein Antrag de« Ausschusse » für soziale An- gelegenhetton, di« Reichsregierung zu ersuchen, schleunigst«inen Gesetzentwurs so zeitig vorzulegen, daß noch im Laufe de» Frühjahr» ein« Gesetzesvorlage betr. Ausgestaltung der Leistungen in der Wochen Hilfe erfolgt. Es folgt die zweite Beratung«ine« Gesetzes über«in« erhöht« Anrechnung der während de» Krieg« zurückgelegten Dienstzeit derDeamten. Bei der Abstimmung über§ I bezweifelt Abg. Hoffmann (Komm.) die Veschlußsöhigkett des Hauses.— Der Präsident beraumt die nächste Sitzung auf 2 Uhr 15 Minuten an. Tagesordnung: Petttionen. Dritte Siftung. Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 2 llhr 20 Minuten. Zahsteich« Bittschriften werden ohne Aussprache erledigt. Eine. Eingabe betr. den Schutz des Saargebiets wird der Reichs» regierung zur Berücksichtigung überwiesen. Der Ausschuß zur Ausführung des Friedensvertrages fordert baldmöglichst ein Weißbuch über die Lage im Saargebiet. Nach Empfehlung de» Antrage» durch di« Abgg. Philipp(Dnat.) und Reichert(Dimt.) werden die Anträge de« Ausschusses angenommen. Damit ist die Tagesordnung erledigt. Der Präsident schlägt vor. di« nächst« Sitzung obzuhatten am Dienstag, den 31. Mai. nachmittags 8 Uhr. Er erbittet di« Ermäch» sigung, wenn die polittschen Verhältnisse tt notwendig machen, auch früher eine Sitzung einzuberufen. Nach längerer Diskussion über diesen Vorschlag beschließt das Hous dementsprechend. Der Präsident wird ermächtigt, gegebenen» falls stüber eine Sitzung einzuberufen. Der Präsident schlägt vor, auf die Tagesordnung zu setzen das Gesetz über den V o l k s e n t- scheid, das Reichsschulgesetz und da« Gesetz über den Staats» gerichtshof. � Ein Antrag Hofsmann(Konvnch auch den Lmnestieanttag
auf die Tagesordnung zu setzen, wird abgelehnt, ebenso ein Anttag desselben Abgeordneten aus Entgegennahme einer Regierungs» «rklärung. Für diesen Anttag stimmen mit den Unabhängigen und Kommunisten auch die beiden Rechtsparteien; dabei erweist sich ein Hammessprung als notwendig. Es erscheinen nur wenige Ab- ?«ordnete der Mtttelvarteien wieder im Saal, und das Ergebnis: 11 Ia-Stimmen uns 30 Nein-Stimmen ergibt eine neue Be- fchlußunfähigkeit des Hauses. Präsident Löbe: Ich halte es für selbstverständlich, daß die Regierung eine Erklärung abgeben wttd.
Die Rekchsregierung vor üem Reichsrat. In der DonnerStagfitzung de» Reickitrat» stellte sich Reichskanzler Dr. V i r t h vor Einttitt in die Tagesordnung dem Reich»« rat mtt einer kurzen Ansprache vor, in der er betonte, daß die Re- gierung noch kein P r o gr a mm vorlegen könne, daß sie aber eine Politik treiben werde, die daraus hinziele, die Zustimmung zu dem Ultimatum durch Leistungen zu verwirklichen und da» deutsche BerspreÄen ohue Vorbehalt zu erfüllen. Aller- ding» erwartet die Regierung auch die Anerkennung ibre» guten Willen« von der Gegenseite und ein ehrliche» Spiel i» Oberschlesien . Der Reichskanzler bat darum, mit ihm de» schweren Weg zu gehen und das ,Ja' der deutschen Regierung vor allen Gefahren der Störung zu bewahren. Nach dem Reichskanzler stellle sich der neue Reichsminister de» Innern Dr. Gradnauer dem Reichsrat vor und betonte, daß das Deutsche Reich immer am besten dabei fahren werde, wenn man aui di« Bedürfnisse der einzelnen Länder Rücksicht nehme. Der Vertreter Bayern » dankt« den Vorrednern und versprach die bereitwillige Mit« arbeit de» ReichSrate». Keine Streikbrecherarbeit für Eaglanö. Brüssel, 12. Mal.(MTB.)»Zudependan« velge" meldet, daß Mahlmann, der Sekretär de» Hasenarbeiterverbandes von Antwerpen , dem Sewerkschaftsavsschufse und dem Elsen- bahuerverband mitgeieill hat. daß die Hafenarbeiter von Antwerpen es ablehnen würden, nach England bestimmt« Sohle« zu löschen. Er fordert die belgischen Eisenbahner auf. die Hafenarbeiter zu unter st ützen. und e» uuwSgllch zu mache«, daß belgische Sohle nach England gelangt. Gewerkschaftskämpfe in Krankreich. Baris, 12. Mai. (EE.) Heute abend trat die stanzöfisch« Gewerkfchaftskommissiou zur Sitzung zusammen. Aus der Tage»- ordoung standen folgende zwei Punkle: 1. Die internationale Lage. 2. Die innere Lage der stanzöflschen Gewerkschafieu. Zunächst wurde der zweite Punkt beraten. Zouhanx er- griff das wort und bezeichnete es al» unmöglich, daß die Gemerk. fchaften unter den gegenwärtigen Umständen ihre Tätigkeit weiter ausüben könnten. Jede Propaganda und jede Neuanwerbung voa Mitgliedern sei unmöglich geworden, da die Gewerkschafieu bei allen Gelegenheiten auf da» unzlemeudfte angegriffen werden. Hiermit müsse aber endlich Schluß gemacht werden. Der Sekretär der Gewerkschaft Bouches du Rhone , die der kommuntstifchen Gruppe angehört, machte llouhaux zum Vorwurf, daß die Sewerk» fchaften sich ihrer Aufgabe nicht mehr bewußt feien. Auch mit der revisionistischen Richtung müsie Schluß gemacht werden. Di« Debatte wurde in der heftigsten weise geführt. Der Reichspräsident hat an den bisherigen Minister des Innern K o ch ein Handschreiben gerichtet, in dem er den Abschied au» seinem Amt genehmigt und ihm für seine geschickte und umsichtige Leitung seines Dienstbereich»,-insbesonder« auf organisatorischem Grjdletz seinen Dank ausspricht. Kasparek aus der hast entlassen. Der ehemÄige Landrat von Sangerhausen , der Unabhängige Kasparek, ist am Mittwoch aus der Haft entlassen worden. Die Verhaftung war unter der Anklage de« Hochverrats erfolgt, den Kasparek in seiner Eigenschaft al» Landrat begangen haben sollte. Die Haftentlassung zeigt, daß die Anklage schon in der Voruntersuchung zusammengebrochen ist. Trotzdem hat die deutschnotional« Press« seit Wochen über Kasparek in einem Sinn geschrieben, als ob er des Hochverrat» bereit» überführt fei. Radikal aber unorganisiert. Der Bezirksparteitag der DKPD. für Brandenburg-Berlin hat beschlossen, daß Fritz Wolf von der Reichsgewerlschaftszentrate der VKPD. sämtliche Funktionen in der DKPD. niederzulegen habe, da er bis jetzt noch keine Gelegenheit genommen hat. sich die Mtgtiedskarte der VKPv. zu be- schassen, bzw. sich zu organisieren.— Warum sollen sich auch groß« Geister wie Fritz Wolf mit solchen Kleinigkeiten abgeben? Irreführende Behauptungen. Die„Freiheit" bringt die Mel- dung— und bürgerliche Blätter reden sie ihr nach— daß nach der Neuwahl des Borstands der sozialdemokratischen Landtagssraktion Genosse Heilmann dem Vorstand nicht mehr angehört. In Wirklichkeit hat Genosse Heilmann dem Dorttond der Landtagsstak» tion auch vordem nicht angehört, weder in der Landesver- fammlung noch im Landtag. Irgendwelche politischen Schlüsse au» der Tatsache, daß er auch dem neuen Dorstand nicht angehört, find daher ganz und gar unangebracht. BeseMgle» Ausnahmerecht. Das Reichegericht bat«nsschieden, daß die im Artikel 151 Abs. 1 des bayerischen Bolkeschul- lehrergesetzes vom 14. August 1919 enthalten« Bestimmung, wonach da» Dienstverhättn!» der Volkes chullehrerinnen mit der Eheschließung erlischt, mit der Bestimmung des Ar- tikels 12 Abs. 2 der Re i ch s v« r f a s s u n g, wodurch alle Lue- nahmebestimmungen gegen weibliche Beamte beseitlgt sind, unver- einbor ist. Neoorduung des Schuhposizeiwefens. Der preußische Minister de» Innern' hat nach Abschluß eingehender Verhandlungen mit den zuständigen Ressorts Preußens und des Reiches nunmehr ange- ordnet, daß die noch im Angestelltenverhältnis befindlichen Ange- hörigen der Schutzpolizei sofort als unmittelbare Steatsbeomt« angestellt werden.__ tettte Nachrichten. Blutiger Abschluß eiuer LiebeStragödie. Im Hause Iahnstt. 7 spiett« sich gestern vormittag eine blutig« Liebesttagödie ab. Hier wohnt auf dem 2. Hof im 3. Stockwerk di« Wftwe ElisabethKalbhenn mit ihrer 24iShrigen Tochter Charlotte. Zwischen 10 und 11 Uhr vormittags«rhiett die Tochter in Abwesenheit der Mutter den Besuch ihres Bräutigams, des 29 Jahre alten Techniker» Peter Schäfer, der in der Che- mischen Fabrik im Elekttonwerk I in Ditterfeld beschäftigt war und dort wohnt«. Etwa gegen HU Uhr hörten Hausbewohner 4 Schüsse fallen, legten aber der Sache keine weitere Bedeutung bei, bis schließlich nachmittags gegen 4X Uhr die Mutter der Kakbhenn heim- kehrte und nach Oeffnüng der Wohnung ihre Tochter Charlotte und deren Bräutigam tot am Fußboden in einer Blutlache liegend auf» fand. Nach den angestellten Ermittlungen hat Schäfer seine Braut und dann sich selbst durch Schüsse aus einem Tromm ettevolvrr in die Schläfe getötet. Unmittelbar neben ihm lag die Waffe und in seiner Rocktasche fand man noch 12 Patronen. All« Umstände deuten daraus hin. daß Schäfer bereits mit der Absicht nach Berlin ge» kommen war, feine Braut und sich selbst zu töten. Der Beipeg» grund bedarf noch der Aufklärung. Die beiden Leichen wurden dem Schauhause zugeführt.