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Sit seinen weiteren Ausführungen bemängelt der neutrale Diplomat weniger den Inhalt der oerfchiedentlichen deutschen  Angebote als die Form, in der diese Angebote dargebracht wurden. Die unzureichende Haltung des'Kabinetts Fehren- bach brachte eine Verschlimmerung der Lage für Deutschland   mit sich, die sich mit dem Heranahen des 1. Mai noch verschärfen mußte. Die deutschen   Vorschlage mußten den Versuch machen, möglichst die Endsumme der Pariser   Vorschläge zu erreichen, im übrigen aber nach Tunlichkeit die Leistungen Deutscylands hinauszuschieben. Jedem Kenner der diplomatischen Geschichte ist es ganz klar, daß solche Verträge nie länger als 10, höchstens IS Jahre einigermaßen feststehen. Inzwischen kann man sie durch Politik er- s ch ü t t e r n. Tie Machtverhältnisse in Europa   und der Well wer- den sich ganz gewiß im Laufe der Zeit oerschieben, und Deutschland   kann ja auch hierzu seinen Teil beitragen. Die deutschen   Vorschläge in London   sind aber von ganz anderen Erwägungen ausgegangen. Sie waren offenbar mehr auf die Wirkung auf die deutsche O e f f e n t l i ch k e i t und den Berliner   Reichstag   zugeschnitten. Die Folge war die geradezu brüske Ablehnung und schließlich das Scheitern einer Konferenz, bei der Deutschland  , rein finanziell betrachtet, sehr weitgehende Bors 6) läge gemacht hat. Das Ergebnis war dann der Empfang des Ministers Simons auf dem Berliner  Bahnhof durch eine Beifall klatschende Menge. Als ich die Nachricht davon las, empfand ich sie sehr peinlich, denn es war mir ganz klar, daß Deutschland   dieses Händeklatschen sehr teuer würde bezahlen müssen. Dann kam die Urlaubsreise des Mi- nifters nach L u g o n o, also die betonte Passivität. Damit hatte die gelbe Presse in Frankreich   die Möglichkeit, die Leiden- s ch a f t e n zu erregen, die Besonnenen zurückzudrängen und den Imperialisten Gehör zu verschaffen. Die französische Groß- i n d u st r i e, die heute über den bedeutendsten Elsenerzvorrat Europas   oerfügt, sah schon die Möglichkeit vor sich, nach dem Saar- r e v i e r auch noch das N u h r b e ck e n in ihre Gewall zu be- kommen. Ucber alles, was nun folgte, brauche ich nichts mehr zu sagen." Es ist von Jnteresie, aus diesen Ausführungen des aus- wärtigen Diplomaten zu ersehen, daß der demonstrative Emp- fang des Dr. Simons auf dem Potsdamer Bahnhof im Ausland genau die gleiche Beurteilung erfuhr, wie sie seinerzeit vomVorwärts" vorausgesagt wurde,, während die reaktionäre Presse sich an der Genugtuunt wegen des Sieges des Chauvinismus über die Vernunft berauschte. Die Ausführungen des neutralen Diplomaten gipfeln in dem Rat an den neuen deutschen   Außenminister,durch behut- same und vorsichtige Behandlung der noch offenen Problems. insbesondere der; Entwasfnungsfrage, die Stimmung allmählich zu bessern". Es müßte in Zukunft u n t e r b l e i- b e n, Schritte bei der Entente zu unternehmen, deren A b l e h- n u n g von vornherein sicher sei, und die also nur eine neue Demütigung Deutschlands   wie eine V e r s ch ä r- fung des ausländischen Mißtrauens herbeiführen könnten.
Der entführte ßischöampfer. In den letzten Tagen der vorigen Woche fand vor dem Ham- burger Schwurgericht ein Prozeß gegen den Seemann K n ü f k e n, den Matrosen H e y d e und den Schriftsteller Franz Jung   statt, die sich wegen Meuterei, schweren Raubes und Freiheitsberaubung bzw. Beihilfe zu diesen Delikten zu verantworten hatten. Der oben- teuerliche Tatbestand, den wir seinerzeit imVorwärts" mitteillen, .ist folgender: Am 21. April 1920 verlieh der FischdampferSenator Schröder" Cuxhaven   zu einer Reise nach Island  . Unter der Besatzung be- fanden sich auch Knüsten und Heyde. Kurz nach der Ausfahrt er- schien Knüfken auf der Kommandobrücke und forderte den Kapllän G e w o l d auf, in den Mannschaftsraum zu kommen. Dort waren der Angeklagte Jung sowie zwei weitere später flüchtig gewordene Männer. Auf die Frage des Kapitäns, was die fremden Leute an Bord sollten, erwiderte Knüfken, sie nähmen Besitz von dem Schiff,
' und die Fahrt werde anstakt nach Island   nach dem Weißen Meer gehen, um dort den Sowjetmann Jung und den Kommunistenführe? Appel zu landen. Die Proteste des Kapitäns wurden mit einem Hinweis auf den geladenen Revolver beantwortet. Hierauf wurden der Kapitän sowie der erste Maschinist und der erste Steuer- mann eingesperrt, und Knüfken übernahm die Führung des Schiffes. Von Murmansk   aus ging die Reise nach Petersburg  , wohin auch die Offiziere unter starker Bedeckung geschafft wurden. Die zurückgelassene Schiffsmannschaft, die sich von Knüfken im Stich gelassen sah, erhielt schließlich von den ruflischen Behörden die Cr- laubnis, zum Fischen auszufahren, und auf hoher See überwältig- ten sie Heyde und Klahn, die sich nach der Abreise des Knüfken die Führung des Schiffes angemaßt hatten, und während Heyde und Klahn in Bergen entflohen, erreichte die übrige Mannschaft am 24. Mai wohlbehalten Cuxhaven  . Heyde wurde später in Schwe» den festgenommen und kürzlich nach Hamburg   ausgeliefert. Bei der Verhandlung vor dem Schwurgericht erschien der An- geklagte Jung nicht. Gegen ihn wurde Haftbefehl erlassen. Die beiden anderen Angeklagten betonten, daß sie sich lediglich von p o- litischen Gesichtspunkten hätten leiten lassen. Der Ver- leidiger des Knüfken, Dr. Herz, trat für Freisprechung von der An- klage des Schiffsraubes unter Meuterei nach Verabredung ein und betonte, Knüfken fei unter Zubilligung mildernder Umstände, die in der politischen Ueberzegung des Angeklagten zu er- blicken seien, lediglich wegen Meuterei und Freiheitsberaubung zu verurteilen. Der Verteidiger des Angsklagtn Heyde, Rechtsanwall T i m p e, beantragte die Freisprechung Heydes. Die Geschworenen erklärten Knüfken des schweren Schiffsraubes, der Meuterei als Rädelsführer und der Freiheitsberaubung unter Ausschluß mildernder Umstände, Heyde der Meuterei und der Freiheitsberaubung unter Zubilligung mlldernder Um- stände schuldig. Das Gericht erkennt gegen Knüfken auf eine Zuchthausstrafe von fünf Jahren, Heyde auf 18 Monats Gefängnis. Unberechtigte ßorüerungen. Nach Artikel 200 des Friedensvertrages hat Deutschland   die Pflicht, der Reparationskommission auf Verlangen zu übertragen: alle Rechte oder Beteiligungen deutscher   Reichs- an gehöriger ipt öffentlichen Unternehmungen oder Kon- Zessionen in Rußland  , China  , Oesterreich-Ungarn  , Bulgarien  , der Türkei  , den Besitzungen und zugehörigen Gebieten dieser Staaten oder in Gebieten, die früher Deuffchland oder seinen Verbündeten gehört haben und auf Grund des gegenwärtigen Vertrages abge- treten werden müssen oder unter Verwallung eines Mandatars treten, sowie alle Rechte und Beteillgungen, die Deutschland   etwa selbst besitzt. Zur Durchführung dieser Bestimmung sind mehrere Bekanntmachungen über die Anmeldung und Beschlagnahme der Rechte und Beteiligungen sowie der Konzessionen im Ausland er- lassen worden. Die Reparattonskommifsion hat jetzt, wie WTB, meldet, die Ueberttagung aller ihr gemeldeten Rechte, Beteiligungen und Kon- Zessionen gefordert und außerdem dem Artikel 260 eine weitergehende Auslegung, als die deuffche Regierung es tut, gegeben. Diese weitergehenden Forderungen beziehen sich be- sonders auf die Auslegung der Begriffe Konzessionen und Rechte und Interessen sowie auf den territorialen Gellungsbereich des Ar- ttkels 260. Zu den Konzessionen rechnet die Reparattonskommission auch Bergwerke, Oelfelder und Steinbrüche. Unter den Rechten und Be- teiligungen oersteht sie sämtliche Obligationen{festverzins- liche Schuldverschreibungen) von Unternehmungen der im Artikel 260 bezeichneten Art. Ferner ist die Reparattonskommission der An- sicht, daß nicht nur die durch den Vertrag von Dersailles, sondern durch jeden zwischen den alliierten und assoziierten Mächten einer­seits und den ehemaligen Verbündeten Deutschlands   andererseits ab- geschlossenen Bertrag abgetretenen Gebiete den Bestimmungen des Artikels 260 unterliegen. Hierdurch würden in erster Linie tschechoslowakische und polnische{früher österreichische), aber auch neurumänische{früher ungarische) Werte betroffen werden. Die deutsche   Regierung hat diese Auffassung nicht an­erkennen können. Ueber die Zweifelsfragen schweben Berhand- lungen zwischen der Reparattonskommission und der deutschen Re, gierung.
Die Suelle der Verdienste für die Kreise, die heute der so vorteilhaften Körperschaftssteuer unterliegen, steckt in ihren Lieferungen, ihren Käufen, ihrem Handel verborgen. Also bestimmen wir, daß alle Wiedergutmachungen, die auf Grund des§ 19 des Protokolls in Material abgegolten wer- den müssen,'als Zuschlag zurKörperschaftssteuer gelten. Die Industrien, die keine Wiedergutmachungspflicht SU leisten haben, müssen als Zuschlag zur Körperschaftssteuer  Material zum inneren Wiederaufbau Deutschlands   liefern. Holzhandlungen mögen dann für Siedlungs- und Staatsbauten liefern, Banken müssen unent- geltlich für den Staat Gelder verwalten oder kassieren, Farbenfabriken haben Produkte zum Anstrich der Postwagen herzugeben, Elektrizitätswerke versorgen die Behörden mit Licht und Kraft usw. usw. Als Grundlage nimmt man den Umsatz oder den R o ha e w i n n. Wird es dann noch Steuerhinterziehungen geben? Selbstverständlich. Sie können aber besser kontrolliert werden. Der beste Aufpasser für die Steuerleistung des Arbeiters unb Angestellten ist heute der Unternehmer, er ist derfreiwillige" Steuererheber des Reiches. Die Steuerbehörde spart durch ihn ein ganzes Heer von Beamten. Machen wir nun um- gekehrt die Betriebs- und A n g e st e l l t e n r ä t e zu den Steuererhebern des Unternehmers. Sie haben sowie so schon auf Grund des Betriebsrätegesetzes das Recht der Bilanzeinsicht, der Betriebskontrolle. Laden wir auf sie die Pflicht ab, dafür zu sorgen, daß ein bestimmter Prozentsatz der in ihrem Unternehmen geleisteten Produkte oder Arbeit ungeschmälert dem Staat zulommti Diese Ergänzung der Körperschaftssteuer würde eine wirkliche Erleichterung der Finanzen des Reiches bedeuten, das bisher Milliarden ausgeben mußte, damit die deutsche Industrie Wiedergutmachungswaren lieferte an denen sie erheblich verdiente! Ein Einwand wird sicher gegenüber meinem Vorschlag erhoben werden, der, daß die Unternehmer die Körperschafts- steuer, die sie in Waren leisten, in die Produkte hineinrechnen, die sie verkaufen. Dem kann dadurch begegnet werden, daß die Leistungen an Körperschastssteuer, getrennt in Bar- zahlung und Warenlieferung, in den Bllanzen genauestens belegt erscheinen müssen. Das wäre ein Mittel, um aus dem Kreislauf heraus- zukommen, in dem sich jetzt das deutsche   Volk bewegt, wobei es jede Runde teuer an die Verdiener bezahlt, die am Rande , stehen und den Rahm abschöpfen.
Rückblick unü Musblick. DieGermania  " veröffentlicht heute morgen ein Gespräch mit einem neutralen Diplomaten, der in der Haupt- stadt eines neutralen Staates tätig ist. Die Ausführungen des Diplomaten beschäftigen sich mit der durch die Annahme des Ultimatums geschaffenen Lage und enthalten gleichzeitig bei aller Wertschätzung des bisherigen Außenministers Dr. Simons durch den Diplomaten eine scharfe Kritik an den Handlungen bzw. an den Unterlassungen des zu- rückgetretenen Kabinetts Fehrenbach-Simons. In den inter  - efsanten Ausführungen, die zugleich manchen beherzigen»»- Dverten Wink für das neue Reichskabinett enthalten, heißt es: Nach den Konferenzen von Bo u l o g n e und Brüssel{Juni und Juli 1920) war es schon geboten, in der Frage der Wied r- g.u t m a ch u n g, oder sagen wir ehrlich: der K r i e g s e n t s ch ä d i- gung mit deutschen   Vorschlägen an die Alliierten heran- zutreten. Man konnte hierbei in erster Linie F r a n k r e i ch zu be- friedigen suchen oder man konnte in der Hauptsache die Politik über London   führen oder endlich diesen beiden Mächten{ohne ein- seitige Verlegung des Schwerpunktes der deutschen   Bemühungen nach London   oder Paris  ) im gleichen Schritt deutsche Anregungen übermitteln. Die deutsche Politik hat sich aber für keinen dieser Wege klar entschieden, sondern, jedoch ohne sichtbares System, bald cht er, bald da. Fühlung zu nehmen versucht, wobei in einzelnen Fällen die Absicht, die eine Macht gegen die andere a u s z u s p i e- l e n, ziemlich greifbar gewesen sein soll.
Zreiburger Zrühlmg. Ans Freiburg   im Breisgau wird uns geschrieben: Wer Illusionen liebt, der sollte diese Stadt nicht bei Tage sehen. Do ist alles grell und unruhig bewegt. Alles ist voll aufdringlichem� Licht, das den Augen wehe tut und ernüchtert. Dann sieht man, daß der Münsterturm mit einem Holzgerüst verkleidet ist, das ihn wie eine spanische Halskrause kleidet. Neben dem Hauptportal liegt ein Verschlag, in dem Gerumpel aufbewahrt wird. Und die alten Heiligen auf ihren Postamenten machen erboste Gesichter, wenn ein respektloser Köter sich mit ihnen beschäftigt. Die schönen alten Häuser mit ihren bunten Farben tragen sehr prosaische Aufschriften wie:Bedeutende Preisermäßigungen" oderHeute frischer Hand- käse". Und dann allüberall Leute im Lodenkostüm, die mit vor- schriftsmäßiger Bewunderung alle Sehenswürdigkeiten anstarren. Flüchtet man danu schließlich in eine der vielen Kirchen, dann klap- pert unaufhörlich die Tür, Touristen gehen mit ihren Nägelschuhen behutsani einher und bewundern die Heiligenbilder, denen die Schweißtropfen auf der Nase perlen. Nein, nicht bei Tage soll man es sehen, man denkt zwar an Italien  , aber es ist nicht echt. Abends muß man es sehen, dann kann man den Entdecker spielen. Dann gerät man plötzlich in Gäßchen, fdie ins Dunkle laufen, man geht unter hohen Steinbogen durch und sieht plötzlich durch Gitterfenster in das Innere von altertümlichen Häusern. Irgendwo hinter einer Mauer leises Lachen und Flüstern, daß inan stehen bleibt und lauscht. Zu Fußen   läuft Wasser in einer Rinne talwärts, es läuft durch olle Straßen der Stadt und die Kinder baumeln mit den Beinen darin. Man hört sein Rauschen am Tage nicht, aber nachts wird es vernehmbar und übertönt alles. Und dann plötzlich in diese Er- Wartung hinein tönt ferne Musik, zarte abgerissene Töne, die man gern deuten möchte und die eine angenehme Melancholie wecken. In solchem Augenblick kann man sehr empfindsam werden. Langsam geht man weiter, durchs Dunkle, wenn man den Arm ausstreckt, berührt man die Mauer und wen« man aufblickt, sieht man, wie aus einem dunklen Schacht heraus ein Stück tiefblauen Himmelssammt, der mit Sternen bestickt ist. Und plötzlich weicht die dunkle Wand zurück und wird zum ungeheuren Gebirge, das emporsteigt in ungewisse Höhen. Es ist so nah, daß man es mit ausgestreckten Händen erreichen kann. Man steht und wartet auf etwas. Und sieht, wie alles verwandell ist, der Riesenturm ist eine schlanke Säule, die den Himmel trägt und auf ihrer Spitze funkelt ein Stern. Auf dem Dache des Münsters treiben die Dämonen ihr Spiel, da sieht man alle die Unholds und Gespenster, mit Fleder  - maueflüaeln und Schweinskr.pfen, wie sie munter geworden sind. Sie blähen sich aus, wippen mit den Flügeln und Köpfen, und gleich
werden sie sich aufschwingen zum Fluge über die Stadt. Ein Teufel hängt mit seinem Schwänze an der Dachrinne und schneidet der Madonna, die unter ihm auf dem Portale steht, Grimassen. Die ober lächelt, und dann rafft sie mit einer kleinen scheuen Be- wegung ihr Gewand und steigt von oben herunter, frei durch die Luft, auf den Domplatz. Und geht fort. Da aber klappern Stöcke und laute Stimmen: Herrjeses, ist das 'ne Stimmung. Und alles ist vorbei, die Gespenster sitzen ruhig auf dem Dache und die heilige Jungfrau steht wieder oben und lächelt wie alle Tage. Hans Wefemann.
Das Schillcr-Thealer führt seinen geduldigen Freunden ein buntes Spiel von Geld und Liebe vor, im Haupllitel genanntDie versilberte Braut". Diese begehrenswerte junge Dame ist schon in die Mitte der dreißiger gerückt, sie trägt einen Buckel, besitzt blin- kende Augen und brandrotes 5)aar. Darum holte sie sich bei allen Jünglingen im Dorfe einen Korb, was wiederum einen beträchtlichen Männerhaß in ihr entzündete. Da kommt an den Tag, daß diese Jungfrau Zeisig eine Erbschaft von 6ZOOO Talern macht. Sie soll das Geld erhalten, sobald sie heiratet. Heiratet sie nicht, dann werden 65 Frankfurter   Bräute das Vermögen teilen. Die Jungfrau schlägt die Bewerber aus, die nunmehr reichlich herankrauchen, den steif- beinigen Müllerknecht, den versoffenen Dorfschulzen, den Windhund von Barbier und den Tölpcl von Schlosser. Sie wirft sich aber einem wandernden Schustergesellen, der Okarina bläst und ein Stück Poet ist, sehr schnell an den Hals. Schon steht sie im Brautkranz, als der Jungfer und dem musizierenden Schuster das gefährliche dieser Verbindung plötzlich einleuchtet. Der Brautkranz wandert zu dem Nichtlein Marlens, das besser zu dem Okarinabläser paßt. Für Jungfer Zeisig stellt sich aber schon der bescheidene, hagere, geigende Schulmeister ein. Romantik von Nirgendwcmn und Nirgendwo. Dialog mit Honiaersotz. Susanne S t o l l b e r g ist bucklig, hübsch und sogar menschlich, Hann! Wolfs spielt mit Mut und Munterkeit eine klatschende Bäuerin, Alfred Braun  , der poetische Schuster, unter- liegt der allzu dickflüssigen Naivität des Dichters, des Herrn Kurt Küchler  . M. H. Die Mcde der Zukunft.Ich sehe eine neue Rasse und einen neuen Menschen vor mir, aber es ist ein Ideal, das in unserer gegenwärtigen Kleidung picht erreicht werden kann." Mit diesen visionären Worten begann der berühmte englische Schneider Henry Parkes eine. Schilderung der Mode der Zukunft, wie er sie vorausschaut.Das Modezeitalter, das jetzt seinem Ende entgegen- geht," so erklärt er,wird künfttgen Geschlechtern als das einer Menschheit mit steifem Kragen und röhrenförmigen Beinkleidern erscheinen. Aber eine neue Rasse ersteht, ein kraftvollerer Helden- hafterer, Mensch, und er wird fci  - zetzige Form der Kleidung mit Entrüstung von sich wessen. Er wird nicht emhergehen wollen in den dunklen ttüben Farben unserer Herrenkleiduug, die nur für Höhlenbewohner geschaffen zu sein scheint, sondern er wird ein Freilicht- und Freiluftteben im vollen Sonnenschein führen und in seinem Gewand dieselben strahlenden Farben bevorzugen.
Schön pi ach en sich die ersten Anzeichen dieser neuen Pracht bemerk- bar. Schlipse und Strümpfe und sogar Hosenttäger sind bereits bunter und heller geworden, und die ganze Unterkleidung zeigt eine Tendenz zu leuchtenden Tönen. Derneue Mensch" wird keine Kragen mehr tragen, diese steifen, engen Marterinstrumente, die den Hals zuschnüren und die Lebensfreude hemmen, sondern er wird um den Hals eins schönfarbige Krawatte schlingen. Er wird in Seidenstrümpfen einherschretten, die in bunter Leuchtkraft pran- gen, und er wird diesen Schmuck des Beines nicht unter falttgen Röhren verbergen, sondern knappe enganliegende Kniehosen tragen." Noch kühner ist die zukünftige Mode derneuen Frau", die Parkes voraussieht. Die Taille ihres Gewandes wird da liegen, wo die Natur sie geschaffen hat. Ihr Rock wird weite Taschen auf- weisen, so daß sie sich nicht mehr mit lächerttchen Beuteln behelfen muß. Die Hüte werden nicht mehr phantastische Gebilde einer nutzlosen Mode sein, sondern sich der Form des Kopfes anschmiegen. Parkes schließt sein Zukunftsmodenbild mit einer Aufforderung an alleneuen Männer" undneuen Frauen", ihn bei seinen Bcstre- bungen zu unterstützen. Heuschreckenplage in Europa  . Riesige Heuschreckenschwärme haben in diesen Tagen Spanien   und das französische   Rhoneqebiet beimgesucht. In Frankreich   sind 20 Ortschaften, darunter Arles  , Miramis und Jstres, auf das schwerste geschädigt. Alle landwirt- schaftliche Arbeit wurde zum Stillstand gebracht� und die Bevölke­rung hat eins dringende Bitte an die Regierung gerichtet, Truppen zu senden, die sie in ihren Maßnahmen gegen diese Plage unter- stützen. Die Heuschrecken zerstören alles, was auf den Feldern be- reits herangewachsen ist, und die Behörden senden große Mengen giftiger Gase in die betroffenen Gebiete, um diese Pest auszurotten. In Spanien   ist die Heuschreckenplage so groß, daß ein Zug zwischen Saragossa   und Escatron nicht weiterfahren konnte, weil sich auf dem Schienenweg ein Heufchreckenschwarm niedergelassen hatte und die Schienen so glitschig geworden waren, daß die Räder nicht von der Stelle kamen. In ähnlicher Weise sind auch schon Züge in Aegnpten, Italien   und anderwärts durch Heuschreckenschwärme zum Stillstehen gezwungen worden._ Kürschners Ltteratur-Kalender. Der seit langem sehnlichst er» wartete neue Kürschner Ist im Druck. Es ist erwünscht, daß die Schrift» steller. die noch keinen ssragebogen erhalten haben, umgehend die Redaktion (Berlin  \V 10, kSenthmer Str. 38) darum ersuchen. Tie Mittagsveronstaltuug im Kleinen Theater, die mit der­bem jungen(Noetbe zugeschriebenen epischen DichtungJoseph- bekannt machen wM, findet erst Sonntag, den Lg., 11'/, Uhr. statt. Ter Frauen Hausschat, betitelt sich ein demnächst im Berlage von Auer u. Co. in Hamburg   effcheiuendeS Jahrbuch für Arbeiterfrauen und -Mädchen. Die Werkbinidtagung in München   besafite sich hauptsächlich mit derD e i! t s ch e n G c w e r b e s ch a u". die 1922 in München   stattfinden soll. DaS bewährte QualitätSPrinziP wurde in dem Hauptvortrag des Stettiner MuiemnSdirektorS Walter Riezler   erneut als Richtziel ausgestellt Der Vorsitz ging von Hans Poelzig   aus Richard R i e m e r s ch m i d. den Leiter de' Münchener Kunstgewerbeschule, über, um die ganze Kraft des Bundes jür die München  « Ausstellung zusammenzusagen.