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keine �enöerung in Gberschlesien. Ein pessimistischer Lagebericht. Oppeln , 18. Mai.<WTB.) Die polnischen Insurgenten hab.en, ahrlich wie in Kattowiiz, auch vom Hauptbahnhof in Beuthen 18 L o'k o m o t i v e n g e st o h i e n. Aus den Ortschaften des Land- Ireises Beuthen werden stärkere Ansammlungen der Aufrührer gemeldet. Von einem Rückzug der Aufständischen ist bisher immer noch nichts zu merken. In, Gegensatz zu den Ankündigungen Kor- fantys haben im Kreise Gosel die Polen ihre Stellungen bei der Fähre Alt-Cojel verstärkt, indem sie neue Erdbefestigungen an- legten. Die Stadt R v b n i k wurde von den Insurgenten besetzt, die ober nach Ver Handlungen den Ort w i e d e r räumten. Wäh- reud der Anwesenheit der Aufständischen in der Stadt kam es zu A n s j ch r e i r u n g c u gegen deutschgesinnte Oberschlesier und zu Plünderungen deutscher Geschäste. Im Kreis Groß-Strehlitz scheiterte ein Torstoh der Aufrührer gegen G o g o l i n. Im Kreise Kreuzburg griffen die Polen ohne Erfolg U s ch ü tz und G o h l e an. Di� Ortschaften konnten aber gehalten werden und die Polen wurden später sogar gezwungen, Seichwitz zu räumen. Die Aufrührer wurden bei ihren Vorstößen durch Feuerwirkung aus dem Ort Przednoscze, der bereits auf polnischem Gebiet liegt, u n- t e r st ü tz t. Die Insurgenten, die die Stadt K a t t o w i tz belagern, haben neue Verstärkungen erhalten. Die polnischen Postie- rungcn in den Stadteingängen haben Barrikaden errichtet, die jeden Verkehr unmöglich machen. Die erregte Stadtbevölkerung ist heute erneut beim Kreiskontrolleur vorstellig geworden und hat stärkste Maßnahmen gegen die Insurgenten verlangt. Korfant q hat an die Direktion der oereinigten Königs- und Laurahütte eine A»fl>.rderunz gerichtet, vom 18. Mai ab auf Rechnung der polnischen Obeikontrolle von der Grube Gräsin Laura und von den Richter- schachten täglich 16 Waggons Kohle nach Sosnomice zu senden. Der Führer der Aufständischen hat Gewaltmaß- nahmen angedroht, falls sich die Verwaltung seiner Weisung nicht fügen würde. Das Kohlendepartement der Interalliierten Kommisston ist von dieser neuen Gewalttat Korsantys in Kenntnis gesetzt worden. Im Laufe des heutigen Tages sind erneut einige Gruben und Hütten, auf denen zum Teil die Arbeit wieder aufge- nommen war, st i l l g e l e g t worden, und zwar aus wirtschaftlichen Gründen und weil die Arbeitswilligen von den Insurgenten mit Gewalt von ihrer Arbeitsstätte vertrieben wurden. Lokomotivenranb der Polen . Veukhen, 18. Mai. (TU.) Im H a u p t b a h n h o f sind heute nacht durch die polnischen Aufrührer 18 Lokomotiven ge- raubt worden, auf ungefähr die gleiche Weise ausgeft'ihrt, wie der Raub in der Nacht zum 17. Mai d. I. in Kattowitz . Breslau . 18. Mai.(MTB.) Zu dem Raube von 14 Lokomotiven im Maschinenschuppen des Hauptbahnhofes in Kattowitz in der Nacht zum Dienstag, gegen den die französische Wache nicht eingeschritten war, erklärte der französische Ortskommandant, daß die Wache zu schwach(!) gewesen sei, um gegen die Uebermacht aufzutreten. Die Kattowitzer Eisenbahner haben infolge dieses Vorkommnisses abgelehnt, am Dienstag den wie üblich nach Oppeln abgehenden sogenannten Ententezug zu fahren. Sie erklärten, daß sie den Zug erst wieder abgehen lassen würden, wenn die 14 Lokomotiven zurückgegeben worden seien. kattowitz . 18. Mai.(TU.) In Hindenburg sind gestern etwa 25 Deutsche von den Aufrührern festgenommen worden. Sieben Millionen Lire für Italien . Rom . 18. Mai.(TU.) Italien erhält von der Oppelner Inter - alliierten Kommission sieben Millionen Lire Entschädi- gung bewilligt, mit denen Polen belastet wird. Vor der Absägung Le Ronds? Paris . 18. Mai.(MTB.) Der Londoner Korrespondent des Temps* berichtet: Heute, nachdem man die außerordent- liche Gefahr erkannt habe, der der Friede von Europa aus- gesetzt gewesen sei und vielleicht noch ausgesetzt werden könnte, frage man sich, warum man eine derartige Lage habe entstehen lasten können. In gewissen Kreisen führe man die Krisis zum Teil auf die. i p ä t e Volksabstimmung in Oberschlesien und zum Teil auch darauf zurück, daß man die Verwaltung der Volksabflimungs- jene RNlitärs anvertraut habe. Ein Problem von solcher politischer und juristischer Bedeutung hätte, wie man sagt, nicht militari- schen Chefs übertragen werden dürfen. (Diese Meldung des offiziösen Blattes laßt auf eine bevorstehende Abberufung Le Ronds schließen, die offenbar englischerseits verlangt wird. Die Red.) Lilesis Lilicis Haute-Sil&ie. In ihrem Aerger über die llnterhousrede Lloyd Georges hat die französische Presse allerhand giftige Bemerkungen über den eng- tischen Premierminister spritzen lassen und ihn gar lächerlich zu machen versucht. U. o. brachte sie eine in diplomatischen Kreisen ganz Europas längst bekannte Anekdote an die Oeffentlichkeit, aus der hervorgehen soll, Lloyd Georges geographische Kenntnisse seien ziemlich mangelhaft: Er habe nämlich einmal O b e r f ch l e- sien mit Eilicien(Klein-Asien ) verwechselt. Nun wäre eine solche Verwechslung sehr einfach durch einen Hörfehler zu er- klären, denn auf englisch heißt Schlesien Lilesia und Eilicien Cilicia , und beide Namen sprechen sich ziemlich gleich aus, so daß es immer- hi».' ein erklärliches Mißverständnis wäre, wenn Lloyd George , wie behauptet wird, einen Offizier, der nach Oberschlesien abgehen sollte, fragte, ob der denn türkisch könne... Aber haben denn die Herren der französischen Presse wirklich Anlaß, sich gerade in diesem Falle aufs hohe Roß zu setzen? Hat denn die französische Heeres- leitung nicht unter den Truppen, die für die Interalliierte Kam- Mission in Oberschlesien bestimmt waren, absichtlich auch Alpen - j ä g e r herangezogen, weil sie meinte, diese Spezialtruppe wäre für die Houte-Lilesie, das selbstverständlich ein gebirgereiches Land fein müßte, besonders geeignet? Ein Aufruf. Die Bereinigten Verbände heimattreuer Oberschlesier veröffent- lichen einen Aufruf, in dem es heißt:.Die ihr Oberfchlesie« schützen wollt, laßt euch alle in die L i st e n unserer Ortsgruppen e i n t r a- gen. Setzt euch nur auf Abruf hin in Marsch, damit unbe- dingt die Ordnung gewahrt bleibt. Ihr andern alle beteiligt euch an dem großen Liebeswerk für Oberschlesten. Spendet Lebens- mittel für die Notleidenden an unsere Ortsgruppen! Gebt Geld auf das Konto: Oberfchlesier-Hilfe der Dereinigten Verbände Heimat- treuer Oberschlesier bei der Bank für Handel und Industrie, Bres- lau, Ring 30." Der gute Wille der Vereinigten verbände, die Deutschen in Oberschlesien nicht im Stich zu lassen, ist anzuerkennen. Aber«s muß ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß eine Mithilfe Reichsdeutscher bei der Verteidigung Oberschlesien » gegen die In- surgenten die Einwilligung der Interalliierten Kommission voraussetzt. Besonnenheit und Kaltblütigkeit sind die besten Waffen gegen Korfanty.(Siehe auK 1. Seite.)

Die ersten ISS Millionen. Paris , 18. Mai. (EE.) Die Reparationskommission kam heute in den Besitz der deutschen Note wegen der Entrichtung der 150 Millionen Goldmark� Diese Summ? wird sich wie folgt zusammensetzen: 10 673 000 Dollar 2 000 000 Holl. Gulden 3 300 000 Pfund Sterling 6 300 000 dän. Kronen 22 000 000 franz. Frank 3 000000 schwed. Kronen 4 000 000 schw. Frank 3 300 000 norw. Kronen 3 000 000 belg. Frank 8 300 000 Pesetas Dies ergibt zum New Porker Kurse vom 13. Mai umgerechnet eine Gesamtsumme von 140 Millionen Gold mark. Die restlichen 10 Millionen ist die deutsche Regierung bereit, dorthin zu bezahlen, wohin es die Reparotionskommission bestimmt. Die oben genannte Summe kann sofort in Schecks überwiesen werden. Diese erste Milliarde wird dazu dienen, um den Zinsendienst und die Amortisation für die erste Serie der deutschen Schuldverschrei- bungen, die bis zum 1. Juli zu übergeben sind, sicherzustellen.

Die selbstmörüerische �lusfuhrabgabe. London , 18. Mai. (EP.) DieWeftminster Gazette" meldet: Infolge der Erhebung der 30proz. Ausfuhrtaxe auf deutsche Waren ist die Aufhaltung bei den Zollämtern so groß, daß viele englische Industrien Mangel an Rohstoffen haben und ihre Arbeiter an vielen Stellen bereits entlassen mußten. Eine bekannte englische Zigarettenfabrik fabriziert Zigaretten mit G o l d m u n d st ü ck. Dieses Gold kommt aus Deutschland , weil die Zufuhr nicht groß genug ist, da die Zollämter mit der Aus- lieferung rückständig sind, muhte die Firma dreihundert ihrer Arbeiter entlassen.

Niedriger hängen. Zum Internationalen Transportarbeiter« tongreh in Genf bringt dieE t o I l e B e l g e" einen Bericht, in dem sich folgende in allen Teilen erlogene Geschichte vorfindet: Ich muß Ihnen kurz über einen kleinen Zwischenfall berich- tem der die Wirkliche Denkungsweise der Deutschen offenbart. Der Präsident Bidegaray hatte dem Kongreß vorgeschlagen, in ollen Ländern eine lebhafte Propaganda zugunsten eines s e l b st ä n- digen Kuppelungssystems französischer Erfindung zu be- treiben, das, wie sich den Kongreßteilnehmern auf dem Genfer Bahrchof bei Versuchen gezeigt hat, ausgezeichnet ist. Der Apparat ist, wenn ich nicht irre, der einzige in seiner Art. Aber weil er von einem Franzosen herrührt, haben die Deutschen es mit w i l- der Energie abgelehnt, seine Anwendung bei ihnen zu empfehlen. Vergebens hat man ihnen gezeigt, daß es gelte, Menschenleben zu retten und zu schützen, Katastrophen zu vermei- den; sie wollten davon nichts hören und der Bochepräsident Döring zeigte sich als der Unversöhnlichste. Diese kleine Geschichte beweist, daß die Boches Boches geblieben sind, bleiben und bleiben werden, was sie waren, vor allem Boches und Alldeutsche , die nicht vom Schmutze zu reini- gen sind. Der Internationalismus dieser Subjekte, sagte mir einer der Kongreßoeran st alter, ist genau soviel wert, wie alles, was von ihnen kommt, es ist Ausschuß." Diese Epistel stammt zweifellos aus der Feder eines per- verfen journalistischen Onanisten, denn ein anständiger Mensch kann so nicht lügen. Der Sachverhall, um den es sich dreht, hat sich in folgender Weife abgespielt: Nicht der französische Genosse Bidegaray präsidierte den Kongreß, sondern der deutsche Genosse Döring; nicht von Bidegaray wurde die Resolution eingebracht, sondern von dem deutschen Delegierten des EGenbahneroerbandes I o ch a d e; nicht gegen die Einführung der automatischen Kuppelung wen- deten sich einige Mitglieder der deutschen Delegation, sondern ge. gen die Festlegung der deutschen Eisend ahnver- woltung auf das französische Patent; nicht gegen das französische Kuppelunzssystem wandte sich der Präsident- ring, als der Unversöhnlichste von allen, sondern dagegen, daß man mit einer solchen Resolution an den Kongreß herantrat, ohne vorher wie dies überall üblich ist unter den Vertre- tern der Eisenbahner auf dem Kongreß eine Verständigung herbeizuführen. Der Boche-Präsident hat auf dem Kongreß den Standpunkt vertreten, daß es für den internationalen Verkehr der Eisenbahn am vorteilhaftesten und zweckmäßigsten wäre, wenn in ganz Europa ein einheitliches Kuppe- lungssystem eingeführt werden könnte, weil dadurch die Mög- lichkeit geschaffen würde, das rollende Material in allen Staaten ohne besondere Schwierigkeiten zu verwenden. Woher das System komme, sei gleichgültig. Auf die Beschimpfung der deutschen Delegation brauchen wir nicht zu reagieren, es gehört wirklich unter den heutigen politischen Verhältnissen kein sehr großer Mut dazu, einen Deutschen zu be- schimpfen. Aber nützlich wäre es, zu erfahren, welcherKon- greßveran st alter" sich so wegwerfend über die deutschen Teilnehmer des Kongresses geäußert hat, vielleicht wäre es dann möglich, festzustellen, in welchem Verhältnis der HerrVer- anstalter" zu der Fabrik steht, die das französische Kuppelungs- system ausbeutet.

Kommunistische Dschenschänöung. Die englische Polizei hat bei einer Haussuchung im Zentral- bureau der Londoner Kommunisien eine Urne beschlagnahmt, die die Asche von Elenor Marx, der dritten Tochter von Karl Marx , enthielt, die die Kommunisten im Begriffe waren,»ach Moskau zu entsenden. Gegen diesen geplanten, nunmehr vereitelten schamlosen Unfug der britischen Kommunisten protestiert der Enkel von Marx . Jean Longuet , in einem entrüsteten Artikel desPopulaire". Er, der der Verstorbenen, die zugleich seine Tante und seine Pflege- mutier war, am nächsten stand und ihre Ansichten und Tätigkeit am besten kennt, bezeichnet eS als unerhört, daß die Kommunisten sich für ihre Propagandazwecke dieser Urne bedienen wollen: Glenor Marx habe auf allen Kongressen der Internationale den Kampf gegen die Anarchisten, gegen alle Zersplitterer des Proletariats, kurz gegen alle Tendenzen geführt, die heute das A und O der Moskauer Internationale seien. Er schließt seinen Protest gegen diese Aschen schändung mit den Worten, die wir restlos unterschreiben: .ES genügt nicht, daß man in Rußland sowohl die Doktrin wie auch da« Lebensbild des Gründers der Internationale verzerrt habe, um sich das Recht anzumaßen, ihn und die Seinen für eine fektische Auffassung mobil zu machen, gegen die sich seine gesamte Lehre ent- schieden wendet l' Der Salzburger Landlag beschloh einstimmig, die Abstimmung über den A n s ch l u ß an Deutschland am 2 9. Mai vorzu- nehmen.

Wie eine Revolution zugrunde ging. Unter diesem Titel hat Genasse Ed. Bernstein soeben im Verlag von I. H. W. Dietz-Stuttgart eine kleine Schrift erscheinen lassen, die die Ereignisse der französischen Revolu- tion von 1848 kritisch durchleuchtet. Die Schrift tritt gewisser- maßen in Wettbepierb mit den berühmtenKlassenkämpfen in Frankreich " von Karl Marx , hat aber vor ihr den Bor- teil größerer zeitlicher Entfernung voraus, der eine objektivere Stellungnahme gestattet. Bernstein kommt zu dem Ergebnis: Ein Sie� des revolutionären Sozialismus war 1848 in Frank- reich unmöglich. Diejenigen, die das nicht einsehen wollten, muß- t e n unterliegen, genau wie in dem viel weiter fortgeschrittenen England die Chartisten unterlagen. Nicht so unbedingt not- wendig war die Niederlage der bürgerlichen Re- publik, ihre Erdrosselung durch Louis Bonaparte . An ihr und namentlich der Art, wie sie sich vollzog, haben Mißgriffe der einen und Intrigen d:r andcrcr. ihren großen Anteil. Bernstein schließt unter Nutzanwendung auf Deutschland mit dem Hinweis auf die großen Gefahren der monarchistischen Reaktion. Die Frage der Republik ist für Deutschland die Frage seiner ganzen Existenz, feiner möglichen Zukunft. Mit Schärfe wendet er sich gegen die bürgerliche Demokratie, die dem Volke die Republik als politisches Handelsobjekt er- scheinen lasse.An der Erhaltung der Republik, " ruft er aus,hängt dein Schicksal, hängt die ganze Zukunft deines Landes!"

Fweihunüerttaufenü russische Emigranten! Einer offiziösen Auslassung der PPN. über die Frage der russischen Delegation entnehmen wir, daß diese zwar nicht als Ver- tretung des russischen Staates zu betrachten ist als diese wird allein die Sowjetvertretung anerkannt, wohl aber als Vertretung der etwa zweihunderttausenb russischen Emigran- t c n, die sich zurzeit in Deutschland befinden. Unsere alldeutsche Presse schiebt den Wohnungsmangel bekannt, lich auf die Masseneinwanderung von Ostjuden, die nicht aus dem Gebiet des russischen, sondern des polnischen Staates stammen. Es ist merkwürdig, daß diese um das Obdach des deutschen Staats. bürgers treu besorgten Patrioten noch nie eine Silbe über die zwei- hunderttausend russischen Emigranken geschrieben haben. Daß diese sich in Deutschland befinden und Obdach verlangen, scheint ihnen selbstverständlich zu sein. Wir wollen durchaus nicht gegen die russischen Emigranten in gleicher Weise Hetzen, wie die alldeutschen Blätter gegen die Ostjuden. Aber die Sympathie unserer Alldeutschen für die ersteren scheint stark damit zusammenzuhängen, daß sich unter ihnen soviele Anhänger koltschaks. Denikins und wrangels befinden, die ein ständiges Vlenschenreservoir für monarchifkfche Verschwörungen Nesern.

provinziallanütag unü Selbstverwaltung. Der Brandenburgische Provinziallandtag trat am Mittwoch im Landeshause zur Fortsetzung seiner 31. Tagung zusammen. Ihm ist als wichtigste Borlage noch der Bericht des Ausschusses über die Erweiterung der Selbständigkeitsrech-te der Provinzen zugegangen. Der Ausschuß beantragt folgenden Bs, schloß: Der Provinziallandtag wolle der Staatsregierung fem Gut- achten über den vorliegenden Gesetzentwurf dahin abgeben, daß die im Artikel 72 der preußischen Verfassungsurkunde in Aussicht genommene Erweiterung der provinziellen Selbstverwallung unter ollen Umständen nur erfolgen könne a) unter aus­kömmlicher Regelung der F i n a n z v e r h ä l t n i ff e der Provinzen und der jetzt die Provinzen gemäß§ 103 ff. der allen Provinzialordnung dotierenden Kommunaloerbände und ferner d) im Zusammenhang mit der Reform der inneren Verwaltung und der Neuordnung des Gemeindeverfaflungs, rechts. Die Regelung, die in dem vorgelegten vorläufigen Ent- wurf vorgeschlagen ist. sieht der Provinziallandtag für uns zweckmäßig und nicht durchführbar an. Der ausführliche Bericht des Ausschusses betont, daß die in Artikel 72 der preußischen Verfassung vorgesehenen selbständig zu verwaltenden Angelegenheiten nur durchgeführt werden können, wenn die Provinzen auch finanziell selbständig gemacht wür- den, was sie heute ganz und gar nicht feien. Der Staat wolle den Provinzen weitere Aufgaben übertragen, ohne ihnen zugleich eine finanzielle Selbständigkeit zu geben. Gegenwärtig seien die Pro- vinzen lediglich auf die Staatszuschüsie und auf die Leistungen der Unterverbände angewiesen. Für die Provinz Brandenburg betrage der Staatszuschuß jährlich 1(4 Millionen, was nach den heutigen Verhältnissen vollkommen unzureichend fei. Alle noch" so schönen Darlegungen über die Stärkung der Selbswerwaltung blieben leere Worte, solange die Kostenfrage nicht eine aus- reichende Regelung gefunden habe.

Lehramtsbesetzung unü Parteizugehörigkeit. Der amtliche Preußische Pressedienst schreibt: Bor einiger Zeit ist in der Preußischen Landesversamm- lung von dem Abg. L u k a s s o w i tz(Dnat.) folgende Kleine Anftage gestellt worden: In verschiedenen Gemeinden, z. B. Berlin-Niederschöneweide, wird bei Stellenausschreibungen imFreien Lehrer" das Bekennt- nis zur Sozialdemokratischen Partei als Bedingung für die Wahl des Lehrers genannt. Dieses Verfahren der betreffen- den Gemeinden verstößt gegen die Artikel 128 und 130 der Reich»- Verfassung. Ist die Staatsregierung bereit, gegen solche Mißgriffe auf das entschiedenste einzuschreiten und wie bisher die Besetzung der Stellen nach der Fähigkeit und beruflichen Bewährung vornehmen zu lassen?" Auf diese Anfrage ist von der Unterrichtsverwaltung dt« nachstehende Antwort erteilt worden: Es ist der Unterrichtsverwallung bekannt, daß in einigen wenigen(zwei?) Fällen bei Ausschreibungen von Rektor- und Lehrerstellen Meldungen von Anhängern bestimmter politischer Parteien durch Gemeindeoorstände in Zeitungen verlangt worden sind. Die Untertchtsvenvoltung steht nicht cm, solche Ausschreibungen zu bedauern und es für unvereinbar mit der Reichsverfassung zu erklären, daß die Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen Partei zur Bedingung für die Wahl eines Lehrers oder Rektors ge- macht wird. Sie bekennt sich durchaus zu dem Grundsatz, daß bei Wahlen von Lehrern und Rektoren lediglich die Befähigung und die berufliche Bewährung der Bewerber ausschlag- gebend sein dürfen. Sie gibt sich der Hoffnung hin, daß ihre heute beckwchete Stellungnahme zu der vorliegenden Anfrage ausreichen wird, die Gemeindeverwaltungen in Zukunft von derartigen nach der Rcichsverfassung unzulässigen Ausschreibungen abzuhalten." Nachwort der Redaktion:Lediglich die Befähigimg und die berufliche Eignung." Wir hören es gern. Gilt das nun aber auch im Falle Oftxowskg?