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Nr.2Z5 ZS.�ahrgattg Ausgabe A Nr. 119 Bezugspreis: Siertjljäfjtl. 30, an,, moaatL 10,- M. frei ins Saus, voraus zahlbar, Post­bezug: Monatlich 10. M.,«inschl.Au- fiellunosgebühr. Untcr Kreuzband für Deutschland , Danzig . das Saar - und Msmelgebiet, sowie die ehemals beut- fchen Gebiete Polens , Oesterreich, Ungarn und Luxemburg 20, M. für das Übrige Ausland 27, M, Post. bestellungen nehmen an Oesterreich, Ungarn, Tschecho- Slowakei , Däne- mart Holland, Luxemburg , Schweden und die Schweiz . DerBorwürts* mit der Sonntags­beilageVolk und Zeit", der Unter­haltungsbeilageHeimwelt" und der VeilazieSiedlung und Kleingarten� erscheint wochentstglich zweimal Sonn- tags und Montags einmal, Telegramm- Adresse: »Sozialdemokrat Verls«-

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Ueöaktio« und Expedition: SW 68, Ändenstr.? Nernfvrslfi�t-- Nebakeio» Morivplals S< sferntpreriicr. Moristplatz 1I7SZ-S4

Freitag, den AO. Mai 19�1

VorwärtS'verlag G.m.b.H., SW 68, Ändenstr. Z Verlag. Exvrditiou und Jnferatr«. Abteilung Moristplatz

Nationalistenfturm gegen Srianö.

Wenn es bis gestern noch einen Menschen in Deutschland gegeben hat, der die Annahme des Londoner Ultimatums für einen Fehler hielt, so muß er heute eines bessern belehrt sein, wenn er die Kammerreden der Herren T a r d i e u und Bau- dry d'Asson gelesen hat. Gewiß braucht man nicht jedes Wort, dos aus solchem Mmide kommt, für bare Münze nehmen,, und wenn jene Vertreter des extremsten Nationalis- mus finden, daß die Londoner Bedingungen für Deutschland ungemein vorteilhast seien, so wird man dafür hierzulande nur ein bitteres Lächeln haben. Aber was an den Reden der Herren echt und ungekünstelt ist, das ist die grenzenlose, schäu- wende Wut über das Mißlingen ihrer gegen Deutschland ge- richteten imperialistischen Vernichtungspläne, das ist das Ge- fühl der Enttäuschung darüber, daß die erhoffte große Beute, das Ruhrrevier, auch diesmal ihren ausgestreckten Räuber- Händen entglitten ist. Liest man solche Reden, so glaubt man die ganze deutsche Tragödie von 1917/18 wiederzuerleben. Jene verhängnisvolle Weltanschauung der Brutalität, nach der dem Sieger alles erlaubt ist, jener Rausch des Machtgefühls, jene unstillbare Eier nach fremder Völker Land und Gut sie treten heute in der französischen Kammer genau so unverhüllt hervor wie damals im deutschen Reichstag. Sie haben drüben nicht begriffen, daß auch Deutschland seine Tardieu und Baudry d'Asson hatte und daß solche Politiker ein Verderben für jedes Land sind. Herr M a r g a i n e, Radikaler, Berichterstatter über den Frieden von St. Germain, erscheint gegenüber seinen Vor- rcdncrn immer noch um viele Grade gemäßigter. Aber daß sein Ausspruch, die Oberschlesier weigerten sich seit(500 Jahren, Deutsche zu sein, von der Kammer Mit feierlichem Ernst statt mit der gebührenden schallenden Heiterkeit aufgenommen wurde, zeigt doch wiederum, wie tief die Nationen in ihrem Denken und Empfinden noch voneinander getrennt sind. Herr Briand als gewiegter parlamentarischer Tal- titer läßt erst die Stürme sich austoben, bevor er zu seiner Rechtfertigung das Wort ergreift. Er wird erst heute sprechen und dabei Gelegenheit haben, sich dem Ausland als ein maß- voller französischer Politiker zu präsentieren, wozu ihm die vorangegangenen Redner die Folie geliefert haben. Die Pariser Presie hat längst den 19. Mai, den Tag der beginnen- den Kammerdebatte, als einen kritischen Tag im Kalender an- gezeichnet, aber die größere Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß Herr Driand diesen Tag und die kommenden überstehen wird. « Varl«. 19. Mai.(MTB,) Unter großem Andrang de» Publi- tum» und vor stark besetztem Hause begann heute nachmittag in der Kammer die Beratung der vorliegenden Interpellationen über die auswärtige Politik der Regierung. Als erster Interpellant führte Abg. Henry Tardieu aus, er habe vor der Abreise des Ministerpräsidenten noch London die Frage an ihn gerichtet, ob er mit den Verbündeten verhandeln wolle, damit die lückenlose Ausführung der Klauseln des Friedens- Vertrages gefordert werde und Deutschland die Zahlung seiner Schuld aufgezwungen werde, damit es mit Z w a n g s m a ß- nahmen bedroht werde, falls es sich weigere oder falls es fort- fahre, eine Politik des Feilschens zu betreiben. Man müsse die Alliierten auf ihre U n t e r s ch r i s t hinweisen. Das sei die einzige Grundlage für gesunde und normale Beziehungen. Ministerpräsi- dent Briand habe sich geweigert, ihm Antwort zu geben. Die Ereignisse hätten für ihn die Antwort erteilt. Am 1. Mai habe Deutschland die verlangte eine Milliarde Goldmark nicht gezahlt/ und nuu habe man die restierenden 12 Milliarden zur großen Schuld geschlagen. Keine Sanktion sei ergriffen worden. Die Verhandlungen mit den Verbündeten hätten schließlich mit einer rednerischen Kundgebung geendet, die ein« seltsame Der- tennung französischer Realitäten beweise, und die auf die Schwäche der sranzösischev Regierung bei der Verteidigung der Interessen des Lande» zurückzuführen sei. (Beifall und Widerspruch.) Die Regierung habe ihr« Derpflichtun- gen nicht ausgeführt, sie sei nicht zur Grundlage des Friedensver- träges von Versailles zurückgskehrt. Der Abg. Louis D u b o i s habe die Schäden Frankreichs 1919 auf 290 Millionen Franken geschätzt. Die Abschätzungen vom Oktober 1929 seien durch Miller and und Loucheur erfolgt und hätten den Bettag von 2Z2 Milliarden Papier- franke« ergeben. Augenblicklich müsse man 214 Milliarden Papierfronken in Soldmark umrechnen. Man Hab« es also mit einem Bettage von IZS Milliarden Goldmark zu tun. Diese Summe habe die französische Regierung in ihrem Meuiorandum von der Reparationstommission verlangt. Die Regierung B r i a n d s habe her Kammer als Bettag der französischen Schäden 219 Milliarden Gotdwart angegeben Me könne also die ReparnkloustowmlMon der gijaiwfrlnq der«WS»« SKSKa auf m SlüäatUa fäfr

sehen? Da Frankreich S2 Proz. dieser Summe zu fordern habe, so werde es eben nur KS Milliarden Goldmark erzielen. Nach seiner Ansicht habe also Frankreich einen V e r l u st von S9 Proz. zu verzeichnen. Tardieu fragt, welche Instruk- t i o n e n den sronzösifchen Delegierten bei der Reparattons- kommission erteilt wurden. Man solle ihm nicht erwidern, die Kom- Mission sei autonom und unabhängig. Briand selbst habe sie eineKonferenz sd referendurn" genannt. Wenn das nicht be- deute, daß die Reparationskommission von den Regierungen abhänge, dann verstehe er nicht mehr Französisch. Die Reparationskommission habe sich nach London begeben müssen, um dort das Abkommen, das abgefchlosien war, anzunehmen. Während die Regierung Briands bestätigt Hobe, daß infolge der deutschen Weigerung, das Pariser Abkommen anzunehmen, man zu dem Berttag« von Versailles zurückgekehrt sei, hätte die englische Regierung behauptet, das Abkommen von Paris allein bestehe. Infolgedessen habe die Teparationskommission die Ziffer der alliierten Forde- rungen herabsetzen müssen, damit sie ungefähr der Ziffer des Pariser Abkommens gleichkomme. Erst nach Feilschen sei die Reparationskommission zur Summe von 132 Milliarden gekommen. Weil sich die französische Regierung an das Abkommen von Paris gebunden glaubt, deshalb habe sie diese Ziffer angenommen. Tardieu fragt, ob die Kammer der Regierung deshalb das Per- .trauen ausgesprochen habe, um diese»verkrüppelte Zifs er­annehmen zu müssen. Der Abgeordnete spricht alsdann von verschiedenen Versehlungen Deutschlands . Briand habe ausdrücklich erklärt, wenn Deutschland am 1. Mai nicht 12 Milliarden gezahlt habe, dann werde es»eine starke Hand am Halskragen fassen". Deutschland habe nicht bezahlt. Man habe sich mit einem Versprechen zufrieden gegeben. Die franzö- fische Regierung habe erklärt, wenn Deutschland im Verzug sei, werde sofort das Ruhrgebiet besetzt werden. Man habe aber nichts getan, und immer wieder feien neue Konferenzen abgehalten worden. Er habe also Bedenken für die Zukunft. Jetzt lasse man durch die Zeitungen verkünden, die Sanktionen würden a u t o- m a t i s ch in Tätigkeit ttcten, wenn Deutschland nicht seinen Ver- pflichtungen nachkomme. Er befürchte ober stark, daß man in diesem Falle nur immer wieder zu neuen Konferenzen komme. (Beifall.) Das sei eine Verletzung des Friedensoer- träges, ein Richtsrfüllen der im Parlament gegebenen Ver- sprechungen. Wenn man im Namen Frankreichs gewisse Worte aus- spreche/ dann müsse man ha n d e l n, wie man gesprochen habe. Wenn man ober sein Versprechen nicht halte, vermindere man d i e Autorität Frankreichs . Clemenceau habe sich nicht vor den Vorschlägen Lloyd Georges gebeugl. Er bedaure, feststellen zu müssen, daß Lloyd George einzelne Klauseln des Friedensvertrages, namentlich aber die die Polen betteffenden. bekämpfe. Die Rede von Lloyd George sei um so überraschender, als Lloyd George feil 16 Monaten gar nichts anderes tue, als die Revision des Friedens­verlroges, der seine Unterschrist trage, zu veranlassen, und zwar immer zum Schaden Frankreichs . Weder im Kriege noch im Frieden könnten das englische und das französische Volk sich voneinander ttennen. Sie hätten einen Vertrag unterzeichnet, der sie binde, Die Politik der fortgesetzten Konzessionen habe in England gefährliche Illusionen hervorgerufen, Sie seien zum großen Teil auf die Schwäche der jetzigen Regierung zurückzuführen. Tardieu tadelte das Ministerium Driand, weil es die Jahres- klasse 1919 unter die Waffen gerufen habe, ohne zu den Zwangs- maßnahmen zu schreiten, für die man die Mann- schaften mobilisiert habe. Di« Erfahrung bestätige, daß man den französischen Standpunkt aufrechterhalten könne, ohne sich mit England zu entzweien. Der Abg. vaudry d'Asson(Royolist) ergriff nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung als zweiter Interpellant dos Wort. Der Abg. F o r g e o t(Rationaler Block) habe bewiesen, daß das Abkommen von Paris die französische Forderung v c r st ü m- m e l t habe. Hinsichtlich der Londoner Konferenz ist der Ahgeord- nett der gleichen Ansicht wie Andre Tardieu . Briand habe sich vor der Kammer und vor dem Senat verpflichtet, sofort Sank- t t o n e n zu ergreifen und das R u h r g e b i« t zu besetzen, wenn am 1. Mai Deutschland seine Verpflichtungen nicht erfüllt habe, Der 1. Mai hätte das Ziel und nicht der Beginn einer Auf- forderung an Deutschland sein müssen. Lloyd George aber habe ein neue, Ultimatum verlangt. Briand habe die Taffache hin- genommen, da» Abkomm« von London sei für Deutschland günstiger als alle vorausgegangenen. Briand habe nun nichts anderes als Papier in Händen. Das WortMobilisierung der Schuld" auszusprechen, sei eine vollstän- dige Verkennung seiner Bedeutung, wenn man kein Pfand in Hände« habe. Lex'Kaimt po&dtt-gck) g-gcn Llozd s»rs«i dtzx

kein hüler der Gerechtigkeit sei. Seit zwei Jahren wolle er Polen dem Martyrium der Bolschewisten ausliesern.(Beifall.) vriand hätte mit Belgien das Ruhrgebiet besehen müssen, trotzdem sich Engtand entgegen- gestellt habe. Die internationale Finanz und nicht England sei gegen die Besetzung des Ruhrgebietes. Die Notwendigkeit der Besetzung dieses Gebietes sei erwiesen, er sei sest davon überzeugt, daß er damit die Gefühle von 99 Proz. der französischen Nation ausgesprochen habe. Der Abg. Baudry d'Asson sagte zum Schluß, man würde ein nationales Verbrechen begehen, wenn man das Abkommen von London gutheißen würde. Oberschlesien nennt er notwendig für Deutschland , damit es wieder Kriegsmaterial herstellen könne.(!) Der Abgeordnete Margaine ergeht sich zuerst in Betrachtungen über den Wechselkurs und prüft die Frage der Deutschland aui- erlegten Annuitäten, er erinnert daran, daß England den Kohlenpreis zu einer Zeit erhöht habe, zu der es in ganz Europa an Kahlen gefehlt habe, es hätte den Kohlenpreis herabsetzen müssen, falls Kohlen in Mengen vorhanden gewesen seien, deshalb sei Lloyd George für die augenblickliche Krise verantwortlich. Roch Ansicht des Redners hätte sich Deutschland bemüht, die innere Lage Polens zu verschärfen. Seil 590 Iahren weigert« sich die Polen Oberschlesi«s, deutsch zu bleib«(!). Die Volksabstimmung habe den Polen günstigere Resultate gegeben, als Lloyd George behauptet habe. Wenn Deutschland verzweifelte An- strengungen mache, um Oberschlesien zu behalten, so tue es das, weil dieses Gebiet für Deutschland einen befestigten Platz im doppelten Sinne des Wortes, in militärischem und in industriellem, darstelle. Der Abgeordnete versuchte, seine Behauptungen über die industrielle Stärke des polnischen Oberschlesien durch Statistiken zu erhärten und erklärte, Deutschland wolle dieses Gebiet in den Dien st seines Heeres stellen. Zum Schluß sprach-er die Hoffnung aus, daß die Vereinigten Staaten mit den Alliierten zusammenarbeiten werden, um eine neue Gemeinschaft der Völker aufzurichten. Hierauf wird gegen 7 Uhr die weitere Diskussion auf morgen nachmittag 3 Uhr vertagt. * Wie derTemps " mitteilt, hat die Reparationskommission gestern die Prüfung über die Einsetzung der im Londoner Ab- kommen vorgesehenen Garantiekommission begonnen. In der Kommission werden England, Frankreich , Italien und Belgien vertreten sein. Auch die Vereinigten Staaten könnten sich, wenn sie wünschten, vertteten lassen. Es steht noch dahin, welche andere Länder in einem späteren Zeittaum in den Garanttepusschuß entsendet werden.

der Poleneinfall in Gbersihlesien Don Waldemar Ossowski. Im Auftrage der oberschlesischen Genossen und Gewerk- schaftler habe ich Mitte April eine Reise nach Italien angetreten, um die italienischen Genossen über den wirklichen Stand in Oberschlesien zu informieren. Bereits in Mailand , wo ich eine Besprechung mit den Genossen»nd Deputierten Turati, Mario Murari,. Claudio Treues, Cosalini, Bellini und Genossin Kuligahoff, als auch mit den Führern der Gewerkschaften d'Aragona . Baldini, Baldes! und Conasini hatte, erfuhr ich, daß auch Vertreter der PPS.(Polnischen Sozialistischen Partei ) vorgesprochen und gewaltiges Material, das für die Zuteilung Oberschlesiens an Polen sprach, überreicht hatten. Obne mein Zutun sind die Genossen jedoch bereits dahinter gekommen, daß die meisten polnischen Angaben falsch waren. Man sprach mir die Sympathie der italienischen Genossen aus und gab das Bersprechen, nach Kräften für das Ver» bleiben Oberschlesiens bei Deutschland eintreten zu wollen, versäumte aber nicht, gleichzeitig darauf aufmerksam zu machen, daß infolge der Spaltung der sozialistischen Arbeiter­schaft aller Einfluß auf die Regierung verlorengegangen ist. Bereitwillig nahmen derAvant!" als auch die Genossen- fchaftsblätter Artikel, die die politische und wirtschaftliche Lage Oberschlesiens schilderten und die parteiliche Haltung der fran- zösischen Besatzungsbehörden geißelten, auf. In Rom hatte ich mehrere Aussprachen mit führenden Genossen unter Leitung des Parteisekretärs Barr! mit dem Erfolg, daß man mir das von den polnischen Sozialisten unter Führung von Biniskiewisz überreichte Material vorwies. Es war leicht, den Polen Unrichtigkeiten und direkte Fälschungen nachzuweisen. Genosse Barr! erklärte mir folgendes: Die Polen haben ausgeführt, daß ihr Besuch in Rom nichts anderes bezwecke, als einen neuen Krieg zu verhindern. Zwischen dar polnischen und der französi- Im** s