Nr.235 ♦ SS.�ahrgakg Musgabe A Nr. 12» Bezugspreis« SS«ttrij<ffitL30t— SJL, monatL Wt—% frei ins Haus, voraus zahlbar. Polt- jbezag: Monatlich 10,— M. einschbgu- feeOungsgebühr. Unter Kreuzband für u>euiichland.©onjig, da» Saar - und aitemefgebirt, sowie die ehemals deut schen Gebiete Polens , Oesterretch, Ungarn und Surembutg 20,— M, für das übrige Ausland 27,— M. Pofl* beftellungen nehmen an Oesterreich, Ungarn, Tschecho- Slowakei , Däne- mark, Holland , Luxemburg , Schweden und die Schweiz . Der.Vorwärts� mit der Sonntags» beilage»Soll und Reif, der Unterhaltungsbeilage»Hennwelf und der Beilage»Siedlung und Aleingorten" erscheint wochentöglich zweimal, Eon»- tags und Montag» einmal.
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Sonnabend, den Ä1. Mai 1921
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Loucheurs Verteidigung.
Paris , 20. Mai. sWTB.) In der heutigen Sitzung der Kammer ergriff zunächst der Abg. Marcel Cachin (Komm.) das Wort. Er wurde in seiner Rede wiederholt unterbrochen, und es kam zu lebhaften Auseinandersetzungen. Cachin erklärte, daß der Friedensvertrag von Versailles und die anderen Friedensver- träge sowie die später hinzugekommenen Abkommen ein Europa geschaffen haben, das sich in viel schwierigerer Lage be- find« als das Europa vor 1914. Die Entente habe nach den Worten eines englischen Journalisten Europa baltani» s i e r t. Auftellungen hätten unter dem Einfluß der internatio- nalen Großfinanz stattgesunden. Zwei Jahre nach der linterzeich- nung des Vertrages von Versailles sei zur größten Ueberraschung wieder das Wort„c a» u, belli" ausgesprochen worden. Der Redner fragte, ob man etwa geglaubt habe, die Norm für einen ' internationalen Frieden aufftellen zu können, ohne Rußland zu fragen; ob man etwa geglaubt habe, den Frieden in Europa auf- richten zu können, indem man ein Land von 1S0 Millionen Ein- wohnern außerhalb ließ; Hab« man etwa die Frage der Meer- engen und die im nahen Asien ohne Rußland lösen wollen? Seit 48 Stunden seien die Mißverständnisse zwischen dem englischen und dem französischen Ministerpräsidenten so, daß eine Srsfi, in der Allianz die Lage noch komplizierter gestaltet habe. Eachin ging alsdann dazu über, die Frage von O b e r s ch l«- s i e n zu besprechen. Er drückte die Befürchtung aus, daß die Lösung, die man finden werde, keine Friedenslösung sei, weil nicht nur der Rassenhaß den Abschluß eines Friedens schwieriger ge. stalte, sondern, weil große internationale Interessen der Schwerindustrie und der Kohlenerzeuger die Frage komplizierten. Cachin verlangte vom Ministerpräsidenten, daß er endgültig auf die Besetzung des Ruhrgebietes verzichte, die die Mobilisierung der Iahresklass« 1919 veron- laßt habe. England habe Frankreich gefragt, ob es allein in das Ruhrgebiet einziehen wolle.(Viele Abgeordnete riefen: I al I a!) Cachin erklärte zum Schluß, die jungen Leute der Iahresklafie 1919 seien schlecht in den Kasernen untergebracht und Unzufriedenheit habe sich schon gezeigt. Kriegsminister Barthou erhob Widerspruch gegen diese Ve- hauptung. Sodann ergriff der Abg. Jorgeot(Rat. Block) das Wort. Er besprach an erster Stelle den Betrag der Re- parotionsschuld Deutschlands . In seiner Umgebung Hobe man nach dem Abkommen von London den Eindruck der Erleichte- rung gehabt. Nach Prüfung der Tatsachen habe er aber Eni- t ä u s ch u n z empfunden. Die Reparationskommission habe den Betrag der Gesamtforderung der Alliierten auf 132 Milliarden fest- gesetzt. Dadurch werde die Forderung Frankreichs auf 88 Milliar- den Goldmark bestimmt. Zwischm dem, was man früher als Be- trag der Schäden erklärt habe, und dieser Summe bestehe ein solcher Unterschied, daß man der Ursache dieser Differenz nach- gehen müsse. Die Reparationskommission habe ohne Rück- ficht auf die Zahlungsfähigkeit Deutschland » den Betrag zu bestimmen. Die Herabsetzung durch die Reparatlons- kommission sei auf eine falsch« Interpretation d« Wechselkurse» zurückzuführen. Wenn man eine Schuld herabsetzen wolle, dann lasse man. den Wechselturs spielen. Aber die Reparationskom- Mission hätte Rücksicht nehmen müssen auf alle Lasten Frankreichs , die durch den Wechselkurs veranlaßt worden feien. 71S Goldmart entsprechen heute einer Pension von 2000 Frank. Aber wenn der Kurs herunterging«, so seien diese vielleicht nur 875 Frank wert, während Frankreich 2000 Frank bezahlen müsse. Sei das Ge- rechtigkeit? Noch seiner Ansicht Hobe die Reparationskommisston bei ihrer Berechnungsmethode rauge er»vir gespielt. Da» Er- gebnis sei, daß Deutschland nicht nur nicht bezahle, was es schulde. sond»rn daß Frankreich nicht einmal scheinbar so dastehe, daß es Opfs gebracht habe. Ein früherer Ministerpräsident Hab« die frem- zösifche Forderung auf 110 Milliarden Soldmark onge- geben. Niemand in Frankreich habe einen Centime mehr verlon- gen wollen, als man gerechterweise fordern könne. Aber man hätte anders kalkulieren müssen. Jetzt stelle sich die Frag«, ob das Abkommen von London gegenüber dem Abkommen von Paris ein Zurückweichen bedeute. Er antworte darauf mit ja und wolle da» beweisen. Nach seiner Ansicht müßte die deutsche Ausfuhr jährlich 30 Milliarden übersteigen, wenn die Annuit»«« des Abkommens von London höher sein sollten als die des Abkam. mens von Parts. Ein Land könne ohne Export leben, ein Land ffrew« f*«»«»apitalie» exportiere» und es sei«Lg- Sch, dich«ov flwij(li»siina bar deutsch« Mgtett
Oesterreich und Rußland hervorgerufen habe. Eng la n d habe eine Steuer von 30 Proz. auf die deutsche Ausfuhr gelegt. Dieser englische Protektionismus sei nicht günstig für Frankreich . (Beifall.) Der Redner führt die Emission der letzten Serie von Schuldverschreibungen im Betrage von 82 Milliarden an, die nur dann erfolge, wenn die Reparationskommission das für opportun halte. Er stellt sich deshalb die Frage, ob Frankreich durch das Abkommen von London genug erhalten habe, um seinen Bervslich- tungen nachzukommen. Frankreich Hobe Schulden im Betrage von ungefähr 500 Milliarden Mark. davon Kriegsschulden und Vortriegsschulden im Betrage von 133 Milliarden, kurzfristige Schulden im Betrage von 87 Milliarden, Schulden bei der Bant von Frankreich im Betrage von 28 Milliar- den, Kapitalisierung der Pension im Betrage von 80 Milliarden und Kriegsschäden im Betrag« von 140 Milliarden. Wenn der Kurs weiterfalle, dann würde auch die äußere Schuld sinken. Aber die Amputierung der Forderungen an Deutschland sei be- tröchtlich. Dann würden eben die 88 Milliarden Soldmark später nur 86 Milliarden Goldsrank betragen. Man müsse Deutschland fragen, was es besitze an Roh- Materialien für den Wiederaufbau und an Kohlen. Deutsch - land könne aber auch für Frankreich eine Handelsflott« her- stellen. Aorgeot erkennt an. daß der sozialistische Wiederaufbauplan mit Realitäten rechne. Aber aus Gefühlsgründcn sei er gegen die Verwendung der deutschen Arbeiter.(Leifall.) Im Augenblick, in dem man Deutschland sage, arbeite, exportiere, sperre England seinen Markt ab, sei es da nicht das natürliche, daß man dem deutschen Markt den französischen öffne? Aus diesem Grunde behalte er eine Zahlung in natura im Auge. Man könne auch das deutsche Papiergeld als Zahlung annehmen. Wenn Deutschland sein gesamtes Papiergeld Frankreich übermittelt habe und Frankreich noch in natura bezahle, dann könne es nicht mehr sagen: kommt und holt euch, was wir schuldig sind! Wenn Briand der Kammer nicht das Recht zuerkenne, das Abkommen von London zurückzuweisen, was sei dann aus seinem Versprechen geworden, daß die Kammer ihre Perantwortlichkeit übernehmen müsse? Die Ablehnung des Ab- kommen» von London durch dos Parlament sei weniger ernst als die Weigerung des amerikanischen Senats, den Friedensvertrag von Versailles zu ratifizieren, als die A n n u l- lierung des en g lisch- a m e ri ka n i f ch c n Schutzver- trage» und als die letzten Worte Lloyd Georges über Oberschlesien. (Beifall.) Die französische Demokratie habe das Recht, sich nicht durch das Abkommen von London zu binden, das in seinen Folgen zum Ruin des siegreichen Frankreich gegenüber einem Deutschland führen müsse, das den Kopf wieder erhöbe. Selbst mit dem Abkommen von London würde Frankreich bluten und es würde die Hälfte seines Kapitals aufwenden, um die Personen und Kriegs- schaden zu bezahlen. Das siegreiche Frankreich habe das Recht auf etwas anderes. Das Urteil seines Gewissens laute deshalb: haltet ein! und: nein! Minister Loucheur erklärte, der Abgeordnete Forgeot habe mil einem beachtenswerten Talent die politischen und finanziellen Gründe auseinandergesetzt, die ihn dazu führten, der Regierung sein Vertrauen zu oerweigern. Er wolle beweisen, daß ein« große Anzahl von Angaben, die von Tardieu und Forgeot vorgebracht wurden, unbegründet seien. Forgeot habe klar heraus gesagt, daß das Parlament dos Recht hätte, die Entscheidung der Reparationskommission, die Deutschlandübermitteltwurde.zuzerreißen. Das wäre ein ernster Akt. Er habe auch einen Irrtum begongen, als er der Reparationskommission vorgeworfen habe, sie habe nicht den Aufbauwert in Fronken berechnet. Die Pensionen seien auf einer mittleren Linie berechnet worden. Bedeutung habe nur, daß alle Schäden repariert und alle Pensionen bezahlt würden. Dubais habe eine Gesamtsumme von 128 Milliarden genannt. Forgeot habe gesogt, die Vertreter von Frankreich und Belgien hätten in der Re- parationskommission ihre Wünsche durchsetzen können. Dos Unglück aber fei. daß zwischen der Ziffer von Dubais und der Belgiens ein Unterschied bestanden habe. Einen Augenblick habe Dubais ganz allein gestanden. Könne man nun mit den 68 Milliarden Goldmark, die Frankreich erhalle, alles bezahlen? Loucheur gibt zu, daß durch den Wechselkurs eine Schwmikong von 10—20 Milliarden möglich sei. Forgeot habe als einzig Positives erklärt, die deutsche Tätigkeit müsse für den Wiederaufbau in Anspruch genommen werden, halle er es für möglich, 300 000, 400 000, 500 000 Deutsche in Frankreich arbeiten zu last«? Denn nur das allein habe einen Wert. Gewiß sei die Zahlung>» nrtur» ein ausgezeichnete« Mittel, ab« könne
«nchhtaM Frankreich da, Adfahgebiet fSr die gesamte-industrielle TckSglett gsebj«. Do» schwer K-a » für dco&Me» fbatsps.
Deutschlands werden? Es sei nicht wahr, daß England dem beut- schen Export die Grenzen verschlossen habe. England habe nur die gemeinsame Entscheidung zur Anwendung gebracht. Die Bedürfnisse Europos nach einem derartigen Kriege seien so, daß der deutsche Export die angesetzte Höhe erreichen könne, ohne daß die französische Tätigkeit beeinträchtigt werde. Aber schließlich, welche anderen Zahlungsmittel wolle man für Deutschland vor» schlagen» wenn es nicht der deutsche Export sei? Er hätte gern gesehen, wenn Forgeot etwas Praktischeres vorgebracht hätte. Die Abgabe vom deutsch « Kapital hätte nach den Berechnungen des belgischen Finanzministers Theunis nur 5— 6 Milliarden Goldmork, also kaum eine Annuität ergeben. Die Abschätzung, die die Regierung gemacht habe, beruhte auf sehr ernsten Berechnungen, aber die Erhebung vom Kapital sei ja ein Zahlungsmittel, an das man noch denken könne. Aber andere Länder wie Belgien stünden dieser Art feindlich gegenüber. Wenn Deutschland bereit sei, die vielen Milliar. den Papiermark abzugeben, was solle man damit an- fangen, solle man etwa nach Deutschland kaufen gehen? Niemand hätte«ine andere Lösung vorschlagen können, als daß das Volk, dos bezahl« müsse, durch Arbeit bezahle. Frankreich habe in London gesagt, es sei notwendig, daß die Welt der Gläubi- ger Deutschlands werde. Zum erstenmal habe man dieses Problem mit den Engländern und Belgiern besprochen und Hab« eine Lösung gefunden, die der französischen Forderung «ine Sicherheit in der Welt gebe. Tardieu habe das Doku- ment vergessen, das er mit ihm aufgesetzt habe, um die Mochtbefugnis der Reparattonskommisston zu bestimmen. Zum ersten Male habe man in London «ine Lösung zustande gebracht, die die französische Schuld garantiere. Man habe leichtfertig von der Garantie- kommission gesprochen, die die Zahlung sicherstelle. Diese Kom- Mission sei wirklich eine Gorantiekommission. Man habe auch ge- sagt, man wolle v«tschland wie die Türkei behandeln. Die Garantiekommisston habe die Aufgabe, die deutsche Schuld zu internationalisieren. Die Reparationskommission habe noch dem Dertrag von Versailles das Recht ge- habt, die Zahlungen Deutschlands hinauszu« schieben. Diese Gefahr habe man beseitigt. Frank- reich habe jetzt Deutschland gezwungen, das Maximum zu bezahlen. Niemal» sei ein andere« Zahlungsmittel, auch nicht in der Kammer, vorgeschlagen worden, als das, zu dem man jetzt gelangt sei. Deutschland müsse viel exportieren, damit es repa- rieren könne, ohne der wirffchaftlichen Tätigkeit Frankreichs Schaden zuzufügen und ohne daß das in Widerspruch steh' mit dem Wieder. aufbau der befreiten Gebiete. Minister Loucheur überläßt dem Ministerpräsidenten Briand die Sorge, in politischer Hinsicht den Kritikern zu antworten. Hierauf wurde nach einer kurzen Geschäftsordnungsdebatte die Weiterberatung auf Dienstag nachmittag vertagt.
Bmerita unterftüht England. c o n d o n. 20. Mai. (WIR.) wie.Daily News" erfährt, hat Amerika durch zwei Beamte seiner Berliner Vertretung die ober- schlesische Lage untersuch« lassen. Sie empfehlen eine Eni- s ch e i d u n g, die in all« wesentlichen Punkten mit der von Eng- land gewünschten übereinstimme.
Zrankreich fordert Stimmeneinheit. Pari», 20. Mai. (WTV.) Laut.Petit Journal" soll eine vorläusige Besprechnng in Bouiogne sofort nach Schluß d« Sommerdebatte oorau»sichtlich am komm«den Sonntag statffinden. In Bouiogne werde Briand ausdrücklich Bördel, alte mach« zu dem Stondpuntt« Lloyd George «, daß die Entscheidung über Ober- schlesieu mit Stimmenmehrheit getroffen werden soll. Die französische Regierung werde die Auffassung vertreten, daß diese Entscheidung out mit Stimmeneinheit getroff« werd« könne. Pari». 20. Mai.(MTB.) Der.Inttansigeant" glaubt zu wissen. daß die geplante Zusammenkunft des Obersten Rates vielleicht erst am S. oder 6. Juni stattfinden könne. pari«, 20. Mai. (MTB.) Zur bevorstehenden Beratung des Obersten Rate« schreibt„Figaro", es sei nicht zweifelhast, daß Lloyd George den lebhaften Wunsch habe, daß von der Besetzung des Ruhrgebietes nicht mehr gesprochen werde. Auf diesem Gebiet sei es der französischen Regierung darum unmöglich, die brittsche Regierung zu befriedigen. Deutschland müsse unter dem Druckt»« einzigen von ihm gefürchtet« Sanktion gehalten werden, wem« es das Ultimatum rächt ausführe od« wenn es Pole» an«