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Nr. 247 ZS.Iahrgcmg

GroMerlm Die püttberge. Die Püttberge sind ein Binnendünengebiet, dns unmittelbar vor den Toren Berlin - liegt. Kurz vor dem Bahnhof Wilhelmshagen an der Vorortbahn nach Erkner durchschneidet die Bahn die Berg- kette, die sich gut erkennbar aus der Ebene hervorhebt. Vom Bahn- Hos Wilhelmshagen wandern wir durch die Wilhelmstraße bis zur Frankenbergstraße. Dieser folgen wir nach rechts bis zu ihrem Ende und stehen nun am Fuße der Püttberge. Wir sind im Gebiet des Berliner Urstromtals. Aus den vom Urstrom abgelagerten Sanden wehte der Wind, nachdem sich die Wasier verlaufen hatten, die Dünen zusammen. Die Grundbedingung zur Dünenbildung ist loser Sand; deshalb sind die Dünen nicht nur auf den Meeresstrand beschränkt, sondern bilden sich auch im Binnenlande, sobald die Ver- hältnisie hierzu geeignet sind. Vom Kamm der Püttberge sehen wir, daß ihr Steilhang gen Südost, ihr Flachhang gen Nordwest abfällt. Ersterer hat einen Neigungswinkel bis zu 22 Grad, letzterer nur bis zu 10 Grad. Da die Dünen immer auf der Seite, die dem bei ihrem Aufbau Herr- schenden Wind zugekehrt ist die Luvseite, die sanftere Böschung und auf der vom Wind abgekehrten Seite die Leeseite die steilere Böschung haben, so wisien wir, daß die Püttberge von west- lichen Winden zusammengeweht wurden. Auch jetzt herrschen die Westwinde bei uns noch vor; die Weiterbildung der Püttbergdüne ist aber nicht möglich, da ein dichter Pflanzenteppich den Sand ge° festigt hat. Hierdurch wird auch einWandern" der Düne verhütet, das bei den Dünen am Nord- und Ostseestrande so gefürchtet ist. Der höchste Punkt der Püttbergdüne liegt K9 Meter höher über dem Meeresspiegel oder 29 Meter über dem Boden des Urstromtals. Sie ist die höchste Düne in der Mark Brandenburg. Von der Höhe haben wir eine schöne Aussicht über den freundlichen Ort Wilhelms- Hägen und das weite Waldgebiet. In der Ferne tauchen die Müggel- berge, die Kranichberge und die Bergkuppen bei Fürstenwalde auf. Wir wandern über die Bahn zu den Grenzbergen, die ebenfalls Dünen sind. Sie bilden mit dem Schonungsberg und den Püttbergen im Südwesten und dem Eichberg im Nordosten einen Dünenzug, der sich von Rahnsdorfer Mühle bis Woltersdorf erstreckt. Auch die Grenzberge steigen aus der völlig ebenen Talfläche auf. Auf der Ebene ist der Waldboden grüner. Gras sprießt empor und zahlreiche Wacholderbüsche stehen zwischen den schlanken Kiefern. Auf der Düne ist dagegen der Waldboden nur mit einem dürftigen Pflanzen- wuchs bedeckt, und die Kiefern zeigen ein krüppelhaftes Wachstum. Der Talsand ist ein nährstoffreicherer Boden als der fast ausnahms- los aus Ouarzkärnern bestehende Dünensand. Auch ist im Tal der Erundwasierspiegel für die Pflanzen leichter erreichbar, während der Untergrund der Dünen wasierärmer ist. Am Eichberg können wir einen Blick in den Aufbau der Düne tun. Die unter dem Dünensand liegenden Sande und Kiese werden hier abgebaut. Hellgelb hebt sich der Dünensand von den grauen eiszeitlichen Bildungen ab. Ueber das beliebte Ausflugsziel Wolters- dorfer Schleuse wandern wir nach Erkner zurück.

ver betrogene Nletallarbelterverbanü. Fälschuug von Beitragsmarken. Ein raffinierter Betrug zum Schaden des Metallarbeiter- Verbandes führte gestern die Frau Rosa W i ch m a n n unter der Anklage schwerer Urkundenfälschung und des Bettuges, ferner den Duchdruckereibesitzer Hermann Kannenberg und den Gra- »eur Hans Stein lein unter der Anklage der Beihilfe vor die 2. Strafkammer des Landgerichts III . Der Ehemann der AngeNagten Wichmann war Hauskassierer des Metallarbeiterverbandes für den Bezirk 20. Eines Tages erschien Sie Angeklagte bei dem Angeklagten Steinlein und gab den Auf- trag, nach einer mtigebrachten Probe eine Platte fiir den Druck von Beitragsmarken des Verbandes anzuferttgen. Sie will dabei er- zählt haben, daß ihr Ehemann bei einem Unfall auf der Straßen- -ahn 800 Stück solcher Beitragsmarken verloren habe, daß sie sich in Not befänden und es ihr darauf ankomme, sich möglichst schadlos zu halten. Der Angeklagte Steinlein führte den Aufttag auch be-

ilaae öes Vorwärts

denkenlos aus, bestritt aber entschieden, irgendwelche Kenntnis von den unreellen Absichton dM Frau gehabt zu haben. Den Druck der Marken in vier Farben Wyrte der Angeklagte Kannenberg aus, der gleichfalls behauptet, nicht gewußt zu haben, zu welchem Zweck die Marken verwendet werden sollten. Frau Wichmann ließ sich eine große Anzahl solcher Marken, auf verschiedene Beträge lautend, an- fertigen, verkaufte, nachdem sie auch noch einen Gummistempel zur Abstempelung der Marken sich verschafft hatte, eine große Anzahl an Mitglieder des Verbandes auf eigene Rechnung und versuchte auch, einen schwungvollen Handel damit zu betreiben. Auf diese Weise hat sie die Verbandskasse um mehrere tausend Mark ge- schädigt. Die Angeklagte war in vollem Umfange geständig, belastete aber die beiden Mitangek'ogten, die jede Schuld bestritten. Der Staats- anwalt hielt jedoch ihre Mittäterschaft für erwiesen und beantragte gegen sie je 2 Monate Gefängnis, gegen Frau Wichmann dagegen 6 Monate Gefängnis. Der Gerichtshof ging aber über den Anttag noch hinaus, indem er erwog, daß es sich hier um einen Verband von Arbeitern handelte, der durch einen so raffinierten Betrug unter Umständen in schwere Bedrängnis geraten konnte. Frau W i ch m a n n wurde zu einem Jahre Gefängnis, die beiden Mitangeklagten zu je 6 Monaten Gefängnis verurteilt, den letzteren aber eine dreijährige Bewährungsfrist gewährt. Hefähröete Kinöerwageo. Mütter, gebt Acht! Der gewerbsmäßige Kinderwogendiebstahl ist die neueste Spezialität in der Berliner Kriminalchronik. Die Spezialistin ist ein Mädchen von etwa 25 Jahren, das mit viel Erfolg die heißen, sonnigen Tage ausnützt. Viele Eltern schicken jetzt schon etwas größere Kinder mit dem Kleinsten, das im Wagen liegt, in die öffentlichen Anlagen. Hier lauert nun die Diebin auf ihre kleinen Opfer. Sie setzt sich zu den Kindern, schmeichelt sich bei ihnen ein, spielt die gütige Fee und verspricht, ihnen einen Gummiball, eine Puppe oder was sie sich sonst wünschen, kaufen zu wollen. Hoch- erfreut gehen die Kleinen mit ihr auf ein Geschäft zu. Auf dem Wege dorthin nimmt die Diebin das Kind aus dem Wagen, den sie schiebt, heraus und übergibt es der ältesten Schwester zum Tragen, weil es ihr zu schwer werde, den Wagen mit dem Kinde zu schieben. Das eine Kind bleibt dann mit dem Kleinsten auf dem Arm zurück. Mit den anderen fährt sie weiter, bis sie eine günstige Gelegenheit findet, sie zu versetzen. Dann verschwindet sie mit dem Kinderwagen. Die Kleinen geraten dann meistens in Straßen, in denen sie sich nicht mehr auskennen. Weinend werden sie von anderen Leuten angetroffen und zur Ermittlung der Eltern nach der Revierwache gebracht. Alle Eltern werden guttun, ihre Kinder vor dieser Diebitt zu warnen. Auch andere Leute, die sich in der Nähe der Kinderplätze aufhalten, sollten auf das Treiben der Diebin achten und sie festnehmen lasten.

Leitungsrohre unü Jelübahugelekse. Ein SPD. -Vorschlag zur produktiven Erwerbslosenfürsorge. Bon den Mitgliedern der SPD. des Ausschusses für produktive Erwerbslosenfürforge ist nachstehender Antrag dem Ausschuß zur Beschlußfastung eingereicht worden: Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen, den Magistrat zu ersuchen, umgehend folgende Notstandsarbeiten aus- führen zu lasten: 1. Herausnahme der nicht im Betrieb befindlichen Leitungsrohre der Wasserleitung Steglitz » Lichtenberg . 2. Herausnahme der nicht mehr gebrauchten und teilweise überwachsenen Feldbahngeleisen auf den Rieselgütern. Durch diese Arbeiten können nicht nur Arbeitslose beschäftigt werden, sondern die Stadt würde auch durch eventl. Verkauf der jetzt so teuren Rohre und Geleise die Kosten decken und außerdem einen erbeblichen Ueberschuß erzielen können. Bei noch längerem Liegenlassen dagegen verdirbt das Material." Die Adamiten von Tegel . Die schönen Gestade des Tegeler Sees scheinen bei der enormen Hitze eine Anzahl Leute verlockt zu haben, auch die offenbar lästige Badehose fallen zu lassen und so zu baden, wie einst aucb Adam vor dem Sündensall sich im Paradies bewegt haben soll.Scham- lose Freibäder," schreibt dazu eine Berliner Korrespondenz.Die schamlosen Zustände in den Freibädern am Tegeler See veran- laßten gestern die Schutzpolizei , in Gemeinschaft mit dem Reichs-

Skine Menschenkind. Iii. Der Sündenfall. Bon Martin Andersen Nexö . Die Erwachsenen hielten sich scheu zurück und beobachteten die Fremden von weitem, am liebsten aus Fenster- und Tür- spalten. Das waren also die Kopenhagener! Sie spielten sich gehörig auf im Gelände, obwohl es nur zwei waren. Und man sagte von ihnen, wo fie erst einmal Eingang gefunden hätten, da breiteten sie sich aus wie die Wanzen und waren nicht mehr zu vertreiben. Gutes brachten sie sicherlich nicht mit! Jedenfalls hatte der große Klaus all dem Neuen nichts zu verdanken. Gut hatte er's ja nicht gehabt, seitdem der Krugwirt ihn übernahm, aber in der Regel wurde das nicht von den Leuten gesehen. Hier wurde er vor aller Augen mißbraucht. Man konnte dem Fenster nicht fernbleiben, wenn die Fuhre knirschend und kreischend durch den Sand des Hohl- wegs fuhr und der Kutscher fluchte und schrie und auf den (Zaul losprügelte: Schwester Else weinte ganz einfach, und Stine stieß das Fenster auf und schrie hinaus. Wenn Lars Peter in der Nähe war, kam er gelaufen und lief hinterher. Und es kam auch vor, daß er den Kutscher ausschimpfte, einen jungen Lümmel vom Hof drüben: aber das machte die Sache nur noch schlimmer. Es konnte nicht sonderliä, gut um die Finanzen des Krugwirts bestellt sein, da er anfing. Gartenerde von seinem Felde zu verkaufen und für die Leute Schinderfuhren zu fahren: es lag ihm sonst mehr, an sich zu scharren. Aber es verschlug nicht: er war dauernd in Geldverlegenheit. Jeden zweiten Tag mußte er anspannen und zur Stadt fahren, um tätig zu sein: und er rannte im Hafen herum und drang in die Fischer, sie müßten besser zupacken und größeren Fang schakfen. Sie sagten ja. verloren aber ihre Ruhe nicht.Das ist ja doch, als ob man seine Arbeit ins Meer schüttet," sagte Lars Peter;dann kann man die Fische ebensogut drin lasten." Die Geschichte mit seiner Frau hotte der Krugwirt noch nicht verwunden; vielleicht hotte dos ihm die Beine unterm Leibe weggeschlagcn. Auf dem. was er unternabm. lag kein Segen. Bei den Osterstürmen hatte er Fauggerätschaften ein-

gebüßt, und das Wintereis hatte ein Boot zerdrückt. Es| waren kleine Stöße, aber er schien sie nicht ertragen zu können ein neues Boot hatte er nicht anzuschaffen ver- mocht. Man hatte eins von den alten, ausrangierten wieder aufs Master setzen müssen. Eines Tages kam er mit seiner Doppelflinte vom Strande her; er hatte Seevögel geschosten. Sein großer Kopf tauchte plötzlich in der Küchentüre auf; Stine kreischte und ergriff die Mutter unwillkürlich am Aermel. So, also hier helft ihr beiden einander treu und brav," sagte er freundlich und warf ein Bündel Strandvögel auf den Küchentisch.Und Stine schreit noch immer ebenso leicht wie früher; sonst hat sie sich doch in der Welt umgesehn und die Kitzlichkeit abgelegt, soweit man verstehn kann." Er sagte das mit seinem kalten Pferdelachen, bei dem alle seine Zähne zu sehen waren.Ja, ja ich Hab eigentlich gedacht, ob Stine nicht beim Ziegelsteinabladen mit Hand anlegen könnte; den Leuten fehlt eine Hilfskraft, und sie ist da draußen ja groß und stark geworden." Damit eilte er von dannen, ohne eine Antwort abzuwarten; sein pfeifender Atem war noch in der Ferne zu hören. Stine hatte von der Stichelei des Krugwirtes noch einen brennend roten Kopf. Sie stand einen Augenblick zögernd da, dann juckte sie aus dem Raum hinter der Treppe eine Sackleinwandschürze hervor und ging träge auf die Tür zu. die Augen voll Angst. Sörine drehte sich um, die Langsamkeit des Mädels fiel ihr auf. Sie sah sie einen Augenblick an in ihrer geistes­abwesenden Art und nahm ihr die Schürze weg.Laß mich gehn!" sagte sie.. Aber er hat es ja zu mir gesagt," wandte Stine zcG- hast ein. Die Mutter sagte nichts mehr, nahm die Schurze um und ging. Stine sah ihr dankbar nach. Diesmal hatte Stine keinen Triumphzug ringsum zu Freunden und Bekannten im Dorf unternommen, sie war noch nicht vor der Tür gewesen. Lars Peter und Sörine hatten beschlossen, ihr die Blicke der Leute zu ersparen, sie sollte nicht Spießruten laufen. Sie nahm der Mutter im Hause die schwerste Arbeit ab, und das tat not; Sörine hatte nicht mehr viel Kräfte. Von den Fenstern aus hotte sie das Garne vor sich: die Hütten, aus denen die Frauen kamen, um irgend ! etwas im Sande auszuschütten und dann zu verschwinden: j den Hafen, wo die Männer sich aufhielten, und den Trocken-

Sonnabenö, 2S. Mai 1921

wasserschutz das Ufer des Tegeler Sees zwischen Tegel -Forst und Tegelort abzustreijen. Dabei wurden 14 Personen, die völlig un- belleidet bald ein Bad nahmen, bald im Walde umhertollten oder sich dort lagerten, wegen Verletzung des öffentliche» Schamgefühls festgestellt." Man sollte doch, wenn es sich nicht gerade um offenkundige liebergriffe handelt, die Nacktmenschen nicht allzu scharf anfasien. Der Bericht spricht ausdrücklich nur vomBad nehmen",umher- tollen" undlagern", Dinge, die doch harmlos genug sind. Be- kannilich badet die sittlich sehr hochstehende norwegische Bevölkerung im allgemeinen vollkommen unbekleidet, und an dem Anblick eines schönen, nackten Körpers hat noch niemand Schaden genommen. Im Anschluß hieran können wir aus einige Schreiben hinweisen, die uns aus unserem Leserkreis zugegangen sind und in denen er- bittert darüber geklagt wird, daß es gerade den vielen Minder- und Unbemittelten, den Erwerbslosen, den Frauen und Kindern des Berliner Nordens nicht erlaubt sein soll, sich in der großen Hitze. die besonders in den Mietskasernen die Menschen fast umbringt. im Tegeler See eine dringend notwendige Erfrischung zu ver- schaffen. Die eigentlichen Freibäder seien viel zu klein, die Mafien aufzunehmen. Nach einer dieser Darstellungen sind Frauen und junge Mädchen, die sich nicht legitimieren konnten, im Lastauto nach Berlin befördert worden. Es ist dringend notwendig, daß alle Seen in der Berliner Umgebung mit flachen Ufern zum Baden polizeilich freigegeben werden.

Sezirksversammlungen. Die letzte Bezirksversammlung Wedding beschäs- tigte sich mit einem Antrag der bürgerlichen Fraktion, den Magistrat zu ersuchen, auf Grund eines bestimmten Einzelfalles bei dem Mi- nister für Kunst, Wissenschaft und Volksbildung dahin vorstellig zu werden, daß die Befugnisse der Elternbeiräte klar um- grenzt und bestimmt werden. Es muß im Interesse eines gedeih- lichen Unterrichts verlangt werden, daß ihnen Eingriffe in den inne- ren Betrieb der Schule untersagt sind, und daß die Politik durchaus aus der Schule fernzuhalten ist. C o r s(Bürgerl.) begründet diesen Antrag mit einem angeblichen Uebergriff des Vorsitzenden des El- t e r n b e i r a t s in der Schule des am Herzschlag verstorbenen Ret- tors Sporleder. Der Vorsitzende des Elternbeirats dieser Schule soll insofern Schuld an diesem tragischen Tode des Rektors haben, weil er die Politik in den Schulbettieb hineingetragen und damit die Auf- regung des Rektors herbeigeführt haben soll. F a b i u n t e(USP.) untersucht an der Hand der tatsächlichen Vorgänge diesen Fall ein- gehend und weist auf die verlogene Berichterstattung der bürger- lichen Presse hin, auf die der Sprecher der Bürgerlichen hineinge- fallen ist. Genossin R i e d g e r(SPD .) weist die Vorwürfe der An- tragsteller ebenfalls sehr energisch zurück und führt einige konkrete Fälle an, aus denen hervorgeht, wie sehr die Bürgerlichen Ursache haben, ihrerseits die Politik aus der Schule zu verbannen. Auch die KPD. -Fraktion nimmt eine abweisende Stellung gegen den Antrag ein, so daß dieser gegen das Wutgeschrei der bürgerlichen Fraktion abgelehnt wird. Ferner beschäftigte sich die Versammlung mit der Nichtbestätigung von zwei besoldeten Stadträten. Nach kurzer Aussprache wird ein Antrag H e n s ch e l(USP) angenommen, in dem dem Oberpräsidenten das Recht der Bestätigung, das nur zu Miß- bräuchen führt und deshalb überflüssig erscheint, bestritten wird und Protest gegen die Maßnahmen des Oberpräsidenten eingelegt. In der Bezirksversammlung im Bezirk Fried- xichshain ging es recht lebhaft zu. Als einer der kommunilti- schein Redner von den Diebstählen im Felde sprach, rief ihm der berühmte" Pfarrer Koch zu, daß er, der Redner, sichdaß doch schon abgewöhnt habe". Als dem würdigen Pfarrer entsprechend geantwortet würde, war er aufs höchste entrüstet und rief einen Skandal hervor, der es einige Zeit unmöglich machte, die Versamm- lung fortzusetzen. Alsdann wurde beschloffen, durch den Magistrat zu veranlassen, daß die Heringsvorräte, welche die R e i ch s st e l l e für Fischversorgung durch die Firma Liebrecht u. Co. im Viehhof und anderen Stellen lagern läßt, zweckmäßig gepflegt und baldigst dem Verbrauch zugeführt werden. Ferner wurden die Arbeiter der obengenannten Firma, die der Kommission des Be- zirksamtes Auskünfte gegeben haben, dem Schutz des Magistrats empfohlen, um sie vor Maßregelung zu schützen. Die U n t e r b r i n- gung des Bezirksamts macht immer noch große Schwierig- ketten. Es besteht jedoch die Hoffnung, daß die beiden Schulhäuser, in denen sich augenblicklich Bureaus befinden, in absehbarer Zeit wieder für den Unterricht zur Verfügung gestellt werden können. Die hohen Mietkosten haben das Bezirksamt veranlaßt, dem Ma- gistrat den Plan eines Neubaues zu unterbreiten, in dem das Bezirksamt untergebracht werden soll, und das an der Frieden- stroße errichtet werden könnte. Man hofft, die Kosten von K 000 000

I platz, wo alle Kinder aus dem Dorf sich herumtrieben. Eine Anzahl von Gerüststangen war errichtet, und die Materialien häuften sich auf; einzelne Bauarbeiter waren schon bei der Arbeit: sie aßen und wohnten im Krug. Es hieß, daß es Sozis feien, die sich weigerten, im Stroh in der Scheune zu liegen und im Krug aus einer Schüssel mit dem Gesinde zu essen. Stie warf ihnen lange Blicke nach. Durch die offene Küchentür konnte sie die Mutter husten hören und sah, wie sie dem abladenden Arbeiter die Ziegel abnahm und sie dann ausstapelte. Es war eine schwere Arbeit für sie, wenn sie's nur aushielt! Der große Klaus wurde hart angespannt, den ganzen Tag gig es hin und her. Er ruhte nicht einmal aus, wenn man ab- und auflud, sondern mußte mit drei Wagen arbeiten. Nun stand er wieder fest, da oben, wo der kleine Bach über die Wagenspur rieselte. Der Kutscher ließ ihn die Peitsche spüren, daß die Schläge drüben von Rasmus Rytters Hütte her widerhallten; er hieb mit dem Stiel darauflos; und der große Klaus lag halb an der Erde, so zog er an. Aber die Fuhre bewegte sich nicht von der Stelle, die Räder saßen fest. Der Kutscher lief umher, peitscht« ihn auf Brust und Vorderbeine, war dann wieder beim Wagen, ergriff das Sitz- brett und schlug den Gaul aufs Kreuz. Stine vergaß alles und lief um den Giebel herum: sie schrie laut. Unten vom Hafen her kam Lars Peter mit langen Schritten, seine Holzschuhstiefel dröhnten.Laß das, Schinder- knecht!" rief er und schüttelte die geballte Faust in der Luft. Der große Klaus zog an, seine Vorderbeine versanken tief in dem nassen Sande.Halt den Wagen zurück, zum Henker!" brüllte Lars Peter, aber es war zu spät. Die Fuhre fiel auf das Hinterteil des Pferdes, die Geschirrstränge zerrissen. Einen Augenblick glich Lars Peter einem wilden Tiere; er sprang dem Kutscher an die Kehle: und es sah aus, als wollte er ihm den Hals zerbrechen.Vater!" brüllte Stine in höchster Angst. Dann ließ er los und ging zu dem Gaul hin: der lag auf der Seite und schnaubte, die Vorderbeine tief im Sande und die halbe Fuhr über sich. Vom Hafen und Bauplatz her kamen die Leute und halfen Lars Peter, ihn von Fuhre und Sielen zu befreien; Lars Peter grub den Sand von den Vorderbeinen des Tieres fort.Komm, alter Kamerad, wallen wieder ausstehn!" sagte er und ergriff den großen Klaus am Zaum. Der Gaul beb den Kopf und sah ihn an, legte sich dann auf die Seite und stöhnte schwer: seine Vorder» dem« Waren gebrochen.(Forts, folgt.)