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Nr. 255 ZL. Jahrgang

Heilage öes vorwärts

GroßSerlm öerlin vor einer KohlenkataftropheZ Die Sitzung der Groß-Bekliner Verkehrsunternehmungen bei dem Neichskohlenkommissar, von der wir in der gestrigen Abend- Ausgabe berichteten, hat stattgefunden. Es handelt sich darum, fest- zustellen, ob die Verkehrsunternehmen in der Lage sind, weiter« Ein- schränkungen auf sich zu nehmen. Die Verhandlungen ergaben, daß sowohl Straßenbahn als auch Hochbahn bereits genügend Einschränkungen ihres Verkehrs vorgenommen haben, so daß weitere Einschränkungen nicht erforderlich sind. Die Gasanstalten sind noch für 10 Tage versorgt. Die Elektrizitätswerke haben sich aus Braunkohlenfeuerung«ingestellt und der weitaus größte Teil der Produktion aus der Niederlausitz geht bis auf weiteres an die öffenllichen Stromcrzeugungswerke. Das Kraftwerk Golpa ist der- ort überlastet, daß eine erhöhte Stromabgabe zurzeit nicht möglich ist. Im Vorortverkehr sollen Sonderzüge für Vergnügungszwecke, be- sonders für Rennen, wegfallen. Zu einem endgültigen Ergebnis konnte jedoch die Besprechung nicht gelangen. Der Reichskohlenkommissar wird vermutlich der Berliner Industrie vorschlagen, die Betriebe auf Nachtschicht umzu- stellen, wenn nicht ein großer Teil der kleinen und mittleren Betriebe in den nächsten 14 Tagen von der Belieferung abgeschnitten werden will. Weiterhin wird damit zu rechnen sein, daß die Gassparstunden in Berlin in strenger Weise wieder eingeführt werden, daß eventm- bis zu acht Sparstunden im Tag eingelegt werden müssen. Auch die Versorgung der Eisenbahn mit Kohle ist so gefährdet, daß zurzeit Verhandlungen zwischen dem Reichskohlenkommissar und dem Reichs- verkehrsminister über Einschränkung des Verbrauches schweben. Alles hängt davon ab, ob und wann wieder Kohle aus Oberschlesien ein- trifft, mit anderen Worten, wenn es der Entente gelingt, der wüsten Anarchie in Oberschlesien ein Ende zu machen.

Der Norö in öer Malplaquetstraße. Zehn Jahre Zuchthaus für den Täter. Die Verhandlung vor dem Schwurgericht des Landgerichts III, über deren Anfang wir in der Abendausgabe berichtet haben, brachte in ihrem Fortgang keine wesentlich neuen Momente. Sie ergab, daß der jugendliche Täter Knappe die Bekanntschaft einer Frau Köhn gemacht hatte, die aut Knappe einen derartigen Einfluß be- sessen haben soll, daß er sie in der Verhandlung als seinen bösen Geist bezeichnete, der ihm den Gedanken an den Diebstahl bei der ermordeten Chauffeursehefrau Meinhardt nahegelegt haben soll. Die Zeugin K. wies diese und andere Beschuldigungen mit größter Eni- rüstung zurück, wurde aber auf Gerichtsbeschluß nicht vereidigt. Nach dem Gutachten des Medizinalrats Prof. Dr. Strauch ist der Tod der Frau Meinhardt an Erstickung erfolgt. Die Frau befand sich in einem hochschwangeren Zustande und ist anscheinend, als sie am Boden lag, von dem Angeklagten noch in rohester Weise mit Fußtritten bearbeitet worden. Die als Zeugen vernommenen Eltern des Angeklagten bekundeten, daß dieser der vorletzte unter sieben Geschwistern sei, sich immer gut geführt habe, dann aber seit dem Verkehr mit Frau Köhn. den die Eltern vergeblich zu unter- binden sich bemüht haben, leichtsinnig geworden sei: er habe aber nicht von ihr lassen wollen. Eine ganze Anzahl von Zeugen bekundeten Vorkommnisse, die auf ein gewisses Hörigkeitsverhältnis des Angeklagten zu der Frau Bezug hatten. Was den Geisteszu- stand des Angeklagten zur Zeit der Tat betrifft, so hat Prof. Dr. Strauch kein« körperlichen noch sonstigen Anhaltspunkte dafür ge- funden, daß feine freie Willensbestimmung bei der Tat im Sinne des§ 51 ausgeschlossen gewesen wäre. Staatsanw. Dr. Schneidewin führte den Geschworenen das Entsetzliche und Grausige dieser unerhörten Tat vor Augen, die so empörend sei, daß, wenn man nur seinen Gefühlen nachgehen dürste, man in diesem Falle die Todesstrafe nicht als ungerecht empfinden würde. Die Geschworenen haben aber nicht nach dem Gefühl, sondern nach dem Recht zu urteilen und so könnten sie den Ange- klagten nur wegen Todschlags bei Unternehmung eines schweren Diebstahls schuldig sprechen. Rechtsanwalt Dr. P r ö l l bat die Geschworenen, sich los zu- lösen von der Stimmung, die die Oeffentlichkeit infolge der ent- setzlichen Tat des Angeklagten begreiflicherweise gegen ihn gewaltig eingenommen habe.

Auf Grund des Spruches der Geschworenen wurde der Ange- klagte wegen Körperverletzung mit tödlichem Erfolg unter Versagung mildernder Umstände zu 10 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt._ Erste Sutterauktion in öerlln. Ein originelles Auktionsversohren. Die Zwangswirtschaft für Butter hat am 1. Juni aufgehört, und die Verbraucher werden nun sehen, was der wiederbeginnende freie Butterhandel bringen wird. Gestern bot sich Gelegenheit, schon einer ersten in Berlin wieder stattfinden- den Butterauktion beizuwohnen. Die E. G. m. b. H.Deutscher Butterauktionsverband" eröffnete mit der Versteigerung von etwa 1200 Zentner, hauptsachlich aus Oldenburg stammender Butter einen neuen Auktionssaal, den sie im Hause Mühlenstraße 31/32 eingerichtet hat. Neu ist hier auch die Benutzung einesclektrifch-automatischen Versteige- rungsapparates", wie er in Holland schon seit Jahren bei Versteigerungen von Landwirtschaftsprödukten gebraucht wird. Die Auktionsteilnehmer sitzen in Reihen auf numerierten Plätzen und jeder Kauflustige macht schweigend sein Gebot durch bloßen Druck auf einen an seinem Platz angebrachten Knopf einer elektrischen Leitung. Sie verbindet sämtliche Plätze mit einer im Saal weithin sichtbar aufgestellten Tafel, auf der sämtliche Platznummern ver- zeichnet sind und jedesmal bei Abgabe eines Gebotes die Nummer des Bietenden elektrisch aufleuchtet. Die Tafel stellt einen großen Kreis dar, in dessen Mittelpunkt sich ein Zeiger dreht, der den aus- rufenden Auktionator erfetzt. Die Kreislinie ist in hundert Teile zer- legt, jeder Teil gilt 10 Pfennige, und der umlaufende Zeiger be- nennt durch stummen Hinweis den mit jedem Teil sich um je l0 Pfg. ändernden Bietungsbetrag. Wenn der Zeiger an denjenigen Betrag angelangt ist, den ein Kauflustiger daranwenden und bieten will, so drückt er an seinem Platz auf den elektrischen Knopf, worauf sofort der Zeiger stillsteht und die aufleuchtende Nummer den zu dem Betrag gehörenden Bieter angibt. Ausgegangen wird übrigens nicht von einem unteren, sondern von einem oberen Anfangs- preis, und der Preis wird dann nicht überboten fondern unter- boten. Ist durch ein abgegebenes Gebot der Zeiger zum Still- stand gebracht, fo gilt das als Zuschlagserteilung, und eine weitere Unterbietung ist dann nicht mehr möglich. Wer da recht billig kaufen möchte und den Zeiger noch ein Weilchen weiter laufen lassen will, kann durchzuvorkommende" Wettbewerber um die Kaufmöglichkeit gebracht werden. Wird selbst der Mindestpreis, den der Verkäufer zu haben wünscht, nicht geboten, so hemmt der Auktionator den Lauf des Zeigers und der Apparat zeigt den Warenposten alsun- verkauft" an. In der gestrigen Auktion kam das sehr oft vor. Der größere Teil der 1200 Zentner Butter, ziemlich zwei Drittel davon, blieb unverkauft, weil bei der Höhe des Mindestpreises pro Pfund anfangs 17 M., später 18 M. keine rechte Kauflust aufkommen wollte. Auf die ersten tastenden Gebote von 20 M. und 20,10 M. folgte ein rasches Abflauen. Gekauft wurde dann nur zu Preisen, die wenig über und manchmal sogar noch etwas unter den oben genannten Mindestbeträgen lagen. Auch die auf- munternde Erklärung:Wir geben die Butter nur durch diese Ver- steigerung ab, freihändig wird nichts verkauft!" hatte nicht den gewünschten Erfolg.Dann verdirbt siel" brummte ein Kaufun- lustiger, worauf prompt geantwortet wurde:Was mit der Butten wird, ist unsere Sache." Wo bleibt die billige Milch? Bis zum 1. Juni wurde!»e Berliner Bevölkerung mit Kund- gebvngen der Milch-Großhändler überschwemmt, die sich nicht genug in Rechenkunststücken und in Entrüstungen über die Preispolitik des Milchamtes tun konnten. 3,50 M., so hieß es, fei das allerhöchste, was man den Konsumenten abfo�iern dürfe. Das war vor dem 1. Juni. Heute liegen bereits Nachrichten vor, daß man, besonders im Westen Berlins , 4,50 bis 5 M. für den Liter nehme, ohne daß eine Garantie geleistet werde, daß es auch Vollmilch sei. Die Zeit wird lehren, ob das Milchamt mit seiner Preispolitik und wir mit unseren Warnungen Recht behielten. Unsere Leser aber fordern wir auf, uns Mitteilung von allen Fällen zu machen, wo für den Liter Vollmilch mehr als 4 M. genommen wird. Zum Kampfe um das Reichsschulgefeh. Der Haupivorstand der Arbeitsgemeinschaft sozial- demokratischer Lehrer Deutschlands trat am Dienstag im ReichStagsgebände im Anschluß an die erste Plenarsitzung zusammen, um zu dem Entwurf des ReichsschulaesetzeS Stellung zu

n Skine Menschenkind. III. Der Sündenfall. Von Martin Andersen Nexö . Sie starte zu ihm hinüber, ganz sonderbar war ihr zu- mut sie hielt sich versteckt hinter der blühenden Geranie, damit er sie nicht sehen solle und starte. Er packte besser zu bei der Arbeit als zu Hause, aber froh sah er nicht aus. Er hat meinetwegen hier Arbeit angenommen," dachte sie: und ein neues Gefühl durchströmte sie, während sie den Fuß- boden fegte, ein Gefühl des Stolzes. Sie war nicht länger eine, die bloß einfach mißbraucht worden war und nun in der Schande saß, sie hatte einen Sieg errungen! Worin er im Grunde bestand und wozu er vielleicht führen konnte, das machte sie sich nicht klar, sie begnügte sich mit dem Gefühl allein. Gewönlich war sie nun in der Stube und hatte die Augen bei ihm.Was sollst du denn anfangen, wenn er kommt und mit dir reden will?" fragte sie ängstlich. Sie liebte ihn ja nicht einmall Es befriedigte sie völlig, daß er hierher gewollt hatte; Verlangen danach, mit ihm zu reden, verspürte sie nicht. Er sah auch gar nicht nach dem Hause hin, sondern ging seiner Arbeit nach: zur Mittagszeit kehrte er die Schubkarre um, packte aus einem Knüpftuch Butterbrote aus und begann zu essen. Die Schubkarre wa sein Tisch. Stine konnte ihn von ihrem Platz am Tische aus sehen. Es war doch sonderbar, ihn dort so einsam sitzen und kauen zu sehen um ihret- willen, die in. seiner Mutter Hause gedient, seinen Tisch ge­deckt und sein Bett zurecht gemacht hatte! Ja, er hatte noch ein größeres und stärkeres Hausherrnrecht über sie. Stine fühlte es dunkel über sich, fühtte einen dumpfen Trieb, hin- auszulaufen und zu rufen:Bitte schön, komm herein un?, Karl!" Am folgenden Tage war er wieder da drüben bei seiner Arbett, und so ging es weiter: es hieß, er habe die ganze Erd- arbeit bei dem Villengarten übernommen und wohne in einem Strohschuppe beim Krug. Er führte seinen eigenen Haus- halt, wusch selbst auf und lebte von trockener Kost. Das mußte m tristes, einjame» Z>aM sein. Kywl Tag zv sag«!, kam

er nicht er hatte ja seine sonderbaren Ideen; vielleicht be- fürchtete er allerdings auch, daß man ihm die Tür weisen werde. Aber des Abends spukte er in der Nähe des Hauses umher. Stine war noch nicht draußen gewesen, die Angst vor dem Gerede der Leute hielt sie eingespert; aber sie spürte es an Bemerkungen der anderen Geschwister. Die kanmen ihn und wußten Bescheid, wie sie sah: sie machten einen weiten Umweg um seinen Arbeitsplatz herum. Das hatte Christian gewiß veranlaßt. Lars Peter war ärgerlich.Was zum Henker will er hier?" sagte er zu Sörine.Er macht uns vor dem ganzen Dorf lächerlich, wenn er da im Dunkeln herumrennt, man sollte doch meinen, daß er sein Test erreicht hat." Er hat's wohl gut gemeint, als er sich hier nach Arbeit umgesehen hat," sagte Sörine. Mochte es nun daran liegen, daß er der Sohn eines Hofbauern war, oder mochte sie zu schwach sein, um sich noch über etwas aufzuregen man merkte, daß sie die Dinge versöhnlich beurteilte. Gut gemeint! Danke schön..« so ein Schwachkopf! Wäre er wenigstens richtig im Kopf aber dann könnten wir sicher im Schornstein nach ihm suchen. Das Mädel muß gewiß dem lieben Gott dankbar sein, wenn er sie vor ihm bewahrt und verrückt ist sie ja auch nicht gerade nach ihm, soweit einer sehen kann. Der Henker soll wissen, wie sie sich an so einer Ablaufröhre hat verbrennen können!" * Sie saßen beim Abendbrot es gab Fischragout: es hielt schwer in diesem Sommer, etwas vom Krugwirt zu be- kommen, so daß man täglich dreimal Fisch essen mußte. Aber Sörine hatte es fertig gebracht, sich ein kleines Stück ge- räucherten Speck zu sichern sie hatte es sich sozusagen oben beim Landkaufmann erhustet: wenn der Husten sie so richtig packte, so steckte ihr der Krugwirt etwas zu, bloß damit sie sich aus dem Staube machte. Von diesem Speck hatte sie etwas dazu getan, und die kleinen Würfel gaben dem Fisch einen großartigen Geschmack nach Geräuchertem. Es lag Andacht über der Mahlzeit aus diesem Anlaß. Der Zwilling Rasmus hieß er, aber er wurde nur Ras genannt saß auf Lars Peters Schoß: er war ja der Kleinste. Die Mutter hatte sich seither nicht gemeldet, und nun hatte man ihn einmal!..- Es war ganz spaßig, wieder ein Kind auf dem Schoß zu haben. Lars Peter hatte das in den letzten Jahren jchr vemcht: Paul bildete sich ein, er je»

Donnerstag, 2. Juni 1921

nehmen. Es wurden diejenigen Mindestforderungen be» sprachen, die an ein solches AusführungSgesetz zu stellen seien, ins» besondere wurde u. a. daraus hingewiesen, dah die Gemein» schafts schule nach dem Enlwurf zu einer verkappten KonfessionS» schule werden könne, dast die Bekenninisschnlen den weltlichen Schulen gegenüber stark bevorrechtigt seien, dost die Auslegung des Begriffesgeordneter Schulbetrieb" sehr bedenklich sei, und dah inr allgemeinen der Landes gesetzgebung ein viel zu weiter Spiel« räum gelassen werde. Es sollen bestimmte Grundsätze für die erforderliche Umgestaltung des Gesetzes formuliert werden, über die in einer auf Freitag einberufenen Sitzung Beschlutz gefatzt werden soll.

Ergebnis der Elternbeiratswahlen in Neukölln. lieber das Wahlresultat vom 22. Mai d. I. wird uns von amtlicher Seite folgendes mitgeteilt: Von 46 906 eingetragenen Wählern übten 11634 ihr Wahlrecht aus 24,8 Proz. Von den abgegebenen Stimmzetteln waren 136 ungültig. Es erhielten Stimmen: UnpolitHckie christliche Listen 6535--- 447 Vertreter, Listen der Schulreformer 430 27 Vertreter, SPD . 979 36 Vertreter, USPD . 1660�47 Vertreter, VKPD . 1844---53 Ver- treter,. Die sozialistischen Parteien hatten an den Schulen mit Religionsunterricht keine Wahlvorschläge eingereicht.

Frecher Betrug auf offener Strotze. Gestern nachmittag hob das 15jährige Kontormädchen Lucie Grund im Auftrage seiner Firma bei der Filiale der Kommerz- und Disconto-Bank, Pols- damer Siratze 1, den Betrag von 2500 M. in Scheinen ab und steckte die Summe in einen Briefumschlag. In der Nähe des PoiS- damer Bahnhofes sprach sie ein Mann an, der angab, von der Bank ihr nachgeschickt worden zu sein mit dem Auftrage, das Geld noch einmal nachzuzählen. Das ahnungslose Mädchen lietz sich durch das sichere Austreten des Mannes bestimmen, ihm das Kuvert in die Hand zu geben. Gleich darauf gab der Unbekannte dem Mädchen den Briefumschlag zurück mit dem Bemerken, datz alles in Ordnung sei, und ging schnell davon. Dem Mädchen waren inzwischen aber doch Bedenken aufgestiegen, es öffnete das Kuvert und sah zu seinem Entsetzen, datz der Umschlag lediglich Papierschnitzel enthielt. Auf die Hilferufe der Bestohlenen nahmen Passanten die Verfolgung deS Täters auf, und es gelang auch einem der Verfolger, dem Arbeiter Ludwig Wcidenfeld, den frechen Burschen zu ergreifen. Er wurde nach der Potssamer Bahnbosswache geführt und hier als der 41 Jahre alte Kaufmann Alfred Balsat aus der Königsberger Stratze 121 festgestellt. Das Geld konnte dem Mädchen zurück» gegeben werden. Es gibt wieder Vollbier. Mit dem 1. Juni haben die Braue» reien das Recht erhalten, einstweilen 25 Prozent der gesamten Braumenge 12prozentig einzubrauen, während es bisher nur 8pro- zentiges Bier gab. Sllle Freunde des Gerstensaftes, die ja auch unter den Deutschnationalen nicht gerade wenig sein sollen, werden zum mindesten diese Segnung des Friedens und der Republik gerne hinnehmen. Hätten mir heute noch den Krieg, den die Deutsch - nationalen so heiß ersehnen, so würden sie ihren Durst aus der Spree löschen können. Hoffentlich behalten aber die Abstinenten nicht Recht, die da meinen, die Brotversorgung des Deutschen Reiches sei noch keineswegs so, daß sie ein höherprozentiges Bier zulasse und daß infolgedessen Frauen und Kinder unter der höheren Einbrauung des Bieres leiden müssen. Eröffnung zweier Flntzbadeaostalten. Am 1. Juni wurden die beiden Flutzbadeanstalten an der Ebertsbrücke und an der Mühlenstratze eröffnet. Die Eröffnung der übrigen Anstalten er- folgt in den nächsten Tagen, sobald die polizeiliche Abnahme durch das zuständige Wasserbaumnt bewirkt worden ist. Die BemitzungS» zeit ist bis zum Beginn der großen Schulferien einstweilen auf 12 Uhr mittag? bis 7 Uhr abends festgesetzt. Die Badepreise be- tragen 40 Pf. für Erwachsene und 20 Pf. für Kinder. Zeugen für den Vorfall am 26. April 1g20'vor dem Grundstück Wilhelmsaue 114/115 in Wilmersdorf , wobei ein Mann durch einen Messerstich getötet wurde, werden ersucht, sich bei dem Rechtsanwalt Dr. Herzfeld, Giifchiner Str. 110, nachmittags 46 Uhr, zu melden. Volkshochschule Grotz-Berlin . Heute Donnerstag, den 2. Juni. mutz der Vortrag von Herrn Seidel über Betriebsräte in der Pasteurftr. 44/46 leider ausfallen. Der nächste Vortrag findet am Donnerstag, den 9. Juni, statt. Um Oberschlesien ! Dieses Thema soll morgen Donnerstag abends 8 Uhr im Cafs Sanssouci in Potsdam in einer von den drei Regierungsparteien einberufene» öffentlichen Volks. zu groß, und genierte sich. Aber Ras konnte es wohl leiden. Meine Mutter ist nicht zu Haufe!" wiederholte er nach jedem Bissen mit tiefer Stimme... es schwebte ihm wohl noch etwas vor. Aber sonst war er sehr guter Laune. Er war drei Jahre. Deine Mutter sitzt doch da drüben," sagte Lars Peter und zeigte auf Sörine. Aber der Knabe schüttelte den Kopf. Sörine nahm mehr Fisch auf ihren Teller, das war ihre Antwort. Sie verschwendete überhaupt nicht gerade gute Worte oder Liebkosungen; aber sie sorgte ebensogut für den Zwilling wie für ihre eigenen Kinder.Sie ist ein gutes Mütterchen," sagte Lars Peter, als sie einen Augenblick in die Küche hinausging.Sie kann es nur nicht so in Worten zeigen." Er wollte gern, daß die Kinder sie lieb gewönnen. und benutzte jede Gelegenheit dazu, auf ihre guten Seiten zu zeigen... es gab ja noch allerlei Widerstände zu überwinden. Auch die Kinder hatten sie gewissermaßen lieb, mißtrauisch waren sie nicht mehr, und sie gehorchten ihr. Stines Miß- gefchick war Sörine zugute gekommen, das Mädel war nicht mehr der Kinder ein und alles. Aber das Vertrauen der Kinder hatte sie nicht, und sie ließ es sich auch nicht angelegen fein, es zu erwerben. Am glücklichsten schien sie, wenn man sie sich einspinnen ließ, und sie schien die anderen Menschen nicht zu entbehren, nicht einmal Lars Peter.Sie geht umher, als hätte sie dem Ganzen schon Lebewohl gesagt," sagte Lars Peter oft bedrückt. Aber er sagte es nicht laut. Sie waren fertig mit dem Essen; Lars Peter schaute nach dem See, es dämmerte stark.Wo mag Ehriftian bleiben?" sagte er und begann, die Pfeife zu stopfen. Das bedeutete, daß er einen Gang nach dem Hafen machen würde; in der Stube rauchte er nie, aus Rücksicht auf Sörine. In diesem Augenblick kam Christian. Er warf seine Mütze in die Ecke und schob sich auf die Bank hin: man konnte sehen, daß er kriegerisch gestimmt war. Warum kannst du nicht rechtzeittg kommen?" sagte Stine zurechtweisend: es war bald zu toll mit den Launen des Jungen! Christian antwortete nicht, fing dagegen an, in das Essen einzuhauen. Als er feinen ärgsten Hunger gestillt hatte, hob er den Kopf.Da drüben steht einer hinterm Spritzenhaus," sagte er in die Stube hinein.Er fragte mich. ob ich es nicht zu Hause sagen wollte aber ich dürfe es niemand hören lassen," sagte er. Bei den letzten Worten starrte er fchadeniroh auf Sun«. (Fortsi folgt.)